2022

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Aus der Forschung: Wie musikalische Bildung und kognitive Fähigkeiten zusammenhängen

Clark Young on Unsplash

„Wird mein Kind besser in der Schule, wenn es ein Instrument lernt?“ – Immer wieder wird diskutiert, inwieweit musikalische Bildung auch für andere kognitive Fähigkeiten oder schulische Leistungen von Vorteil sein kann. Forscher:innen der Hochschule für Musik, Theater und Medien in Hannover, der Goldsmiths University of London, der Macquarie University in Sydney, des Max-Planck-Instituts für empirische Ästhetik (MPIEA) in Frankfurt am Main und der University of Cambridge haben sich dieser Frage nun mithilfe einer neuen wissenschaftlichen Methode genähert. Die Ergebnisse der Studie sind soeben im Fachmagazin „Music Perception“ erschienen.

Eine wesentliche Komponente für alle kognitiven Fähigkeiten ist das Arbeitsgedächtnis, also die Fähigkeit, Dinge im Gedächtnis zu behalten und sie ohne externe Hilfsmittel wie Stift oder Papier kognitiv zu verarbeiten. Noch ist jedoch unklar, ob das Arbeitsgedächtnis universell oder bereichsspezifisch funktioniert, sprich: ob das Gehirn für Musik, Bilder, Sprache oder Mathematik dieselben Bereiche und Kapazitäten nutzt – oder verschiedene.

In ihrer Studie untersuchten die Wissenschaftler:innen insgesamt 148 Personen. Anhand sechs verschiedener Tests glichen sie das musikalische und das visuelle Arbeitsgedächtnis der Studienteilnehmer:innen mit deren Grad an musikalischer Bildung ab.

„In den bisherigen Forschungen zum Zusammenhang von musikalischer Bildung und allgemeinen kognitiven Fähigkeiten wurde das musikalische Gedächtnis häufig nicht berücksichtigt. Wir haben diese Triade nun mithilfe des ‚Causal Modeling‘-Ansatzes untersucht, einer relativ neuen wissenschaftlichen Methode, mit der man unter gewissen Voraussetzungen kausale Zusammenhänge feststellen kann“, erläutert Seniorautor Peter Harrison vom MPIEA.

Die Ergebnisse zeigen: Wenn musikalische Bildung das visuelle Arbeitsgedächtnis beeinflusst, dann über den „Umweg“ des musikalischen Arbeitsgedächtnisses. Das heißt, musikalische Bildung verbessert in erster Linie das musikalische Arbeitsgedächtnis, was dann wiederum einen positiven Effekt auf das visuelle Arbeitsgedächtnis haben könnte. Darüber hinaus ergaben die Tests, dass – andersherum – ein allgemein gutes Arbeitsgedächtnis grundsätzlich eine musikalische Bildung erleichtert.

Diese Erkenntnisse deuten darauf hin, dass es eine gemeinsame bereichsübergreifende Komponente gibt, die sowohl das visuelle als auch das musikalische Arbeitsgedächtnis beeinflusst. Ein direkter Zusammenhang zwischen musikalischer Bildung und allgemeinen kognitiven Fähigkeiten scheint dagegen eher unwahrscheinlich. Langzeitstudien, bei denen die Entwicklung musikalischer und kognitiver Fähigkeiten bei Personen mit und ohne musikalische Bildung verglichen werden, könnten diese Ergebnisse weiter konkretisieren.

Silas, S., Müllensiefen, D., Gelding, R., Frieler, K. & Harrison, P.M.C. (2022). The Associations Between Music Training, Musical Working Memory, and Visuospatial Working Memory: An Opportunity for Causal Modeling. Music Perception, 39(4): 401–420. https://doi.org/10.1525/mp.2022.39.4.401

 


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Musiktipp: Singen wir ein Lied zusammen – Mitsing-CD

Die Stiftung „Singen mit Kindern“ präsentiert in diesem Sommer ein ganz besonderes Projekt nach einer nachhaltigen musikpädagogischen Methode.

Sie bringt eine CD mit 15 zauberhaften klassischen Chorliedern unter dem programmatischen Titel „Singen wir ein Lied zusammen“ heraus. Das hochwertig illustrierte Liederheft mit den bekannten Volksliedern erschien bereits 2020. Während der Corona-Pandemie war das Singen nicht erlaubt. Die gemeinnützige Stiftung möchte damit erreichen, dass die Freude am gemeinsamen Singen der Kinder mit den Eltern und Großeltern zu Hause geweckt und wieder gesungen werden kann.

Als Projektpartner holten sie sich das Ensemble Hanke Brothers, die für eine moderne Verarbeitung von traditionellem Liedgut stehen, so swingen die Chorlieder im neuen Klangkleid. Dafür sorgen auch die vielen Bläsersätze im Uptempo.

Die Mitsing-CD ist Teil des Programms „Alle Kinder können singen“, das die Stiftung „Singen mit Kindern“ seit 2018 in Baden-Württemberg anbietet. Es umfasst Fortbildungen zum Unterrichten nach der Ward-Methode, die Veröffentlichung von Ward-Arbeitsmaterialien sowie die Herausgabe von Singheften für Kinder.

Ward ist eine Methode zum Aufbau musikalischer Fähigkeiten über die Singstimme bei Kindern ab sechs Jahren. Sie ist nach der Begründerin, der amerikanischen Musikpädagogin Justine Bayard Ward (1879-1975) benannt. Grundlage der Methode ist die relative Solmisation: Jeder Stufe der Tonleiter wird eine Silbe zugeordnet. Für jede Silbe existieren ein Handzeichen und eine Körperposition, an der diese ausgeführt wird. Auf diese Weise können Kinder die Freude am Singen entdecken und lernen auf spielerische Weise, Töne zu treffen und zu halten.

Die Mitsing-Chor-CD stellt eine perfekte Mischung aus Tradition und Moderne dar …

Die 15 Lieder der CDs wurden vom Knabenchor collegium iuvenum Stuttgart unter der Leitung von Benjamin Hartmann sowie von der Tübinger Kinderkantorei und der

Kinder- und Jugendkantorei ObererNeckar unter der Leitung von Manuela Nägele eingesungen. Von allen Liedern, außer von „Ich schenk‘ Dir einen Regenbogen“ gibt es Chor- und Instrumentenfassungen. 

Weitere Informationen über das Projekt und die Ward-Methode finden Sie hier www.singen-mit-kindern.de.

Reinhören: Singen wir ein Lied zusammen

Trackliste:

1 + 2 Singen wir ein Lied zusammen

3 + 4 Nun will der Lenz

5 + 6 Der Sitz-Boogie-Woogie

7 + 8 Es tönen die Lieder

9 + 10 Zwei kleine Wölfe

11 + 12 Komm, lieber Mai

13 + 14 Es führt über den Main eine Brücke von Stein

15 Ich schenk’ dir einen Regenbogen

16 + 17 An der losen Leine

18 + 19 Das Jahreszeiten-Lied

20 + 21 Der Mond ist aufgegangen

22 + 23 Bunt sind schon die Wälder

24 + 25 Die Gedanken sind frei

26 + 27 Come, follow me

28 + 29 Heute hier, morgen dort


Top Themen Weiterbildung

Qualifizierungshandbuch Kindertagespflege kombiniert Präsenz- und E-Learning

Scott Graham on Unsplash

Auf Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse und praktischer Erfahrungen zum digital unterstützten Lehren und Lernen haben Forschende des Deutschen Jugendinstituts (DJI) zum „Qualifizierungshandbuch Kindertagespflege (QHB)“ im Projekt QHB 3.0 insgesamt acht Module exemplarisch für die Grundqualifizierung von Kindertagespflegepersonen nach dem QHB in einem Blended-Learning-Format weiterentwickelt. Präsentiert werden die Inhalte auf der digitalen Plattform „QHB-Fachwelt“ unter www.qhb-kindertagespflege.de.

Das Beste aus beiden Welten

Blended Learning ist die systematische Kombination von Präsenz- und computerunterstützten Lernangeboten. Neben der Darstellung von neuen digitalen Lehr- und Lernmaterialien und der theoretischen Hintergründe zum Blended Learning, bietet das Portal „QHB-Fachwelt“ umfassende Informationen zum „Qualifizierungshandbuch Kindertagespflege“. Zur Durchführung der Kurseinheiten werden klassische analoge Methoden wie die Visualisierung am Flipchart und digitale Werkzeuge wie Folienpräsentation oder digitale Umfragen sowie Videokonferenzformate miteinander verschränkt. Das bedeutet auch, dass das QHB-Blended-Learning keine statische Aufteilung zwischen analogen und digitalen Anteilen vorgibt, sondern fließende Übergänge zwischen Präsenzformaten mit Anwendung digitaler Medien bis hin zu Onlineformaten ermöglicht.

Das kompetenzorientierte QHB wurde vor dem Hintergrund der dynamischen Entwicklung im Arbeitsfeld der Frühpädagogik und des Ausbaus der Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren erarbeitet mit dem Ziel, das bestehende Curriculum zur Ausbildung von Kindertagespflegepersonen zu verbessern. Das QHB erschien zuerst 2015 als Loseblattwerk und 2019 in einer aktualisierten Auflage unter dem neuen Titel „Qualität in der Kindertagespflege – Qualifizierungshandbuch (QHB) für die Bildung, Erziehung und Betreuung von Kindern unter drei“. Das abgeschlossene Projekt QHB 3.0 wurde vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) gefördert und in Zusammenarbeit mit der Friedrich Verlag GmbH umgesetzt.

Links: 

QHB-Fachwelt

Projekt QHB 3.0 - Blended Learning


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Auf den Sattel, fertig, los! - ADAC gibt Tipps, wie Kinder Fahrrad fahren lernen

goodluz - stock.adobe.com

Kinder brauchen Bewegung. Mit dem eigenen Fahrrad erweitert der Nachwuchs seinen Aktionsradius und lernt nach und nach selbstständiges und sicheres Verhalten im Straßenverkehr. Bis es so weit ist, braucht es eine Menge Übung, Zeit und Geduld. Der ADAC gibt Tipps, wie Kinder am besten den Weg von den wackeligen Anfängen bis hin zur ersten Familienausfahrt meistern.

Achtsam starten: „Wichtig ist, die ersten Fahrversuche auf dem Fahrrad langsam anzugehen. Überfordern Sie Ihr Kind nicht, aber packen Sie es auch nicht zu sehr in Watte“, rät Alejandro Melus, Verkehrsexperte des ADAC Hessen-Thüringen. „Gleich eine große Tour ist genauso kontraproduktiv, wie sein Kind aus Angst gar nicht aufs Fahrrad steigen zu lassen.“

Helm tragen: Kinder sollten bei allen Zweiradaktivitäten immer einen passenden Helm aufsetzen, so gewöhnen sie sich schon früh an den wichtigen Kopfschutz. Idealerweise haben sie ihren Helm im Fachgeschäft selbst mit ausgesucht.

Auf dem Gehweg fahren: Kinder bis zum vollendeten achten Lebensjahr müssen auf dem Gehweg radeln oder baulich von der Fahrbahn getrennte Radwege benutzen. Aber auch Kinder bis zehn Jahre dürfen auf dem Gehweg fahren. Erst danach müssen sie die Straße bzw. den ausgeschilderten Radweg nutzen. Fährt das Kind auf dem Gehweg, darf ein Elternteil auf dem eigenen Rad das Kind auf dem Bürgersteig begleiten.

Erste Fahrversuche: Je nach Entwicklungsstand und motorischer Fitness können Eltern ihren Nachwuchs mit zwei bis drei Jahren auf ein Laufrad setzen. Diese Räder, noch ohne Pedale, eignen sich hervorragend, um Balance und Kraft zu trainieren. Der spätere Umstieg auf ein „echtes“ Fahrrad fällt dann leichter.

Erstes Fahrrad: Mit etwa vier Jahren kann das Kind auf ein Fahrrad umsteigen. Wichtig ist, dass der Nachwuchs mit den Füßen sicher den Boden erreichen kann. Ein leerer Parkplatz oder eine ruhige Wohnstraße eignen sich hervorragend für die ersten Runden. Sicherheit bekommt das Kind, wenn ein Erwachsener anfangs nebenher mitläuft. Auf Stützräder am Kinderrad sollte besser verzichtet werden. Diese sorgen nur dafür, dass die Balance nicht mittrainiert wird. Beherrscht das Kind das Kurvenfahren, Anfahren und Bremsen sicher, können kleine Übungen wie Slalom oder Zielbremsen die Fähigkeiten weiter fördern. Mit der Zeit werden die kleinen Pedalritter dann immer sicherer.

Schulweg: Kinder sollten erst dann allein per Rad den Schulweg absolvieren, wenn sie die schulische Radfahrprüfung in der dritten oder vierten Klasse erfolgreich bestanden haben. Danach sind sie reif für die Teilnahme am Straßenverkehr und können Gefahren einschätzen, einhändig fahren, um Handzeichen zu geben, sowie zielgerichtet bremsen.

Ausstattung: Eltern sollten unbedingt darauf achten, dass die Kinderräder mit funktionierenden Bremsen, Licht und Reflektoren ausgestattet sind. Genügend Luft in den Reifen? Dann steht der gemeinsamen Ausfahrt nichts mehr im Wege.


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WiFF-Bundeskongress: Ganztagsangebote für Grundschulkinder zwischen Qualitätsanspruch und Ausbaubedarf

Der Rechtsanspruch auf die ganztägige Bildung und Betreuung von Kindern im Grundschulalter tritt 2026 in Kraft. Damit steht das Arbeitsfeld der Kindertagesbetreuung vor einer erneuten Ausbauwelle und vor der Herausforderung, die Qualität der Ganztagsangebote zu sichern und weiterzuentwickeln. Was macht aber einen guten Ganztag für das pädagogische Personal, Kinder und Eltern aus? Wie gelingt die Kooperation zwischen der Institution Schule sowie der Kinder- und Jugendhilfe? Und welchen Einfluss hat der Fachkräftemangel auf die Ausbaubemühungen? Dies beleuchtet der WiFF-Bundeskongress zusammen mit Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Politik und Praxis. Die Veranstaltung zielt darauf ab, einen breiten und offenen Raum für den Austausch zu schaffen.

Der WiFF-Bundeskongress findet am 15 und 16 November statt und ist als Präsenzveranstaltung geplant. Es werden ausgewählte Vorträge gestreamt. Bitte melden Sie sich vorab unter www.weiterbildungsinitiative.de/veranstaltungen zum Bundeskongress an. Die Teilnahme an der Veranstaltung ist kostenlos.

Programm (PDF)


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Kind in Kita heißt noch lange nicht weniger „Quality Time“ mit dem Kind

Sai De Silva on Unsplash

Wenn junge Kinder eine Tagesseinrichtung besuchen, wirkt sich das auch auf die Bildungsaktivitäten innerhalb der Familie aus – allerdings nur bei Müttern mit geringerer Bildung. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie, die kürzlich im Oxford Bulletin of Economics and Statistics veröffentlicht wurde.

Darin vergleichen C. Katharina Spieß (Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung BiB), Sevrin Waights (DIW Berlin) und Jonas Jessen (Viadrina Universität Frankfurt/Oder) die Zeit, die Kinder mit den Eltern und auch die Aktivitäten die Eltern mit ihren Kindern durchführen und unterscheiden dabei danach, ob die Kinder eine Kita besuchen. Basis der Analysen bilden Stichproben aus den Zeitverwendungsdaten des Statistischen Bundesamtes und repräsentativen Surveydaten.

Dabei zeigt sich zunächst, dass Mütter weniger gemeinsame Zeit mit ihrem Kind verbringen, wenn dieses eine Kita besucht. Allerdings trifft dies nicht auf die sogenannten „Quality-Time“ zu. Hier finden sich deutliche Unterschiede nach dem mütterlichen Bildungshintergrund: Mütter mit geringerem Bildungshintergrund lesen ihren Kindern nach der Kita am Nachmittag mehr vor, wenn der Nachwuchs ganztägig eine Kita besucht als Mütter mit gleichem Bildungsniveau, deren Kinder am Nachmittag nicht in der Kita sind. „Der Besuch einer Tageseinrichtung führt nicht dazu, dass Eltern signifikant weniger bildungsrelevante Aktivitäten mit ihren Kindern durchführen“, erklärt Prof. Dr. C. Katharina Spieß vom BiB und fügt hinzu. „Der Kita-Besuch fördert somit nicht nur das Kind, sondern kann auch die Erziehungsqualität von Müttern mit geringerer Bildung verbessern“. Bei Müttern mit einem höheren Bildungsabschluss gibt es diese Unterschiede nach Kita-Nutzung hingegen nicht.

Der in anderen Studien belegte Befund, wonach gerade Kinder von sozio-ökonomisch benachteiligten Familien im Hinblick auf ihre Bildungsverläufe von einer Kita-Nutzung profitieren, könnte demnach auch damit zusammenhängen, dass deren Mütter am Nachmittag mehr bildungsrelevante Aktivitäten unternehmen. Dahinter könnte die Beobachtung stecken, dass Mütter in der Kita eher auf solche Eltern-Kind-Interaktionen hingewiesen werden, welche für spätere Bildungserfolge mitverantwortlich sein können. Für Väter, die im Mittel auch weniger Kontakte zu den Fachkräften in Kitas haben, zeigt sich dies hingegen nicht. Väter verbringen ohnehin weniger Zeit mit bildungsrelevanten Aktivitäten mit ihren Kindern als Mütter. „Insgesamt zeigt sich einmal mehr die Bedeutung, dass Kitas nicht nur die Kinder per se, sondern die Familien als Ganzes adressieren“, so Studienautorin Spieß.

Hier geht es zu der Studie: DOI: 10.1111/obes.12505


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Ehrenamtliches Vorlesen stärken und Zukunftschancen verbessern

© Urban Zintel 2021
© Urban Zintel 2021

Die Unternehmerin und Autorin Tijen Onaran ist Vorreiterin im Bereich Diversität, Digitalität und Frauenrechte: Seit Juli 2022 ist die Moderatorin und Autorin nun auch das Gesicht des Ehrenamtsportals der Stiftung Lesen und setzt sich als Lesebotschafterin für die Leseförderung in Deutschland ein.

Immer mehr Kinder in Deutschland brauchen Unterstützung beim Lesen lernen. Wie aus den ersten Daten des aktuellen IQB-Bildungstrends hervorgeht, kann ein Fünftel der Viertklässler/-innen nicht richtig lesen, ein Drittel hat Probleme mit der Rechtschreibung. Den Schulen fehlen jedoch oftmals die Kapazitäten, die wachsende Anzahl der Grundschulkinder in Deutschland aufzufangen, die die Mindestanforderungen im Deutschunterricht nicht erreichen. Die Bildungsinstitutionen in Deutschland sind daher angewiesen auf Menschen, die sich ehrenamtlich in der Leseförderung engagieren. Tijen Onaran ist ein prominentes Beispiel dafür: Die erfolgreiche Unternehmerin, Moderatorin und Autorin setzt sich als Lesebotschafterin der Stiftung Lesen dafür ein, dass alle Kinder und Jugendlichen in Deutschland lesen können. Seit Juli 2022 ist sie nun auch das Gesicht des neuen Ehrenamtsportals der Stiftung Lesen.

Tijen Onaran sagt anlässlich ihres Engagements: „Durch das Vorlesen tauchen Kinder in Geschichten ein, die ihnen Zugang zu der großen weiten Welt da draußen bieten. Lesen prägt nicht nur das, was wir sagen, sondern auch wie wir es sagen. Deshalb freue ich mich sehr, ein Teil des Ehrenamtsportals der Stiftung Lesen zu sein.“

Warum ist Vorlesen für unsere Kinder so wichtig? Zu Gast: Sabine Bonewitz und Ulrike Weber von der Stiftung Lesen

Wie wichtig regelmäßiges Vorlesen und selbst Lesen können für Kinder ist, haben bereits eine Vielzahl von Studien gezeigt: Kinder, denen regelmäßig vorgelesen wird, weisen früher einen größeren Wortschatz auf, lernen selbst leichter lesen und haben bessere Noten in allen Schulfächern. Neben der sprachlichen und kognitiven Entwicklung steigert Lesen die mentale Vorstellungskraft und wirkt sich positiv auf die sozialen Fähigkeiten von Kindern aus: es fördert das Einfühlungsvermögen und das Interesse sowie das Verständnis für Andere. Ziel der Stiftung Lesen ist es, mit der Stärkung der ehrenamtlichen Leseförderung die Zukunftschancen aller Kinder in Deutschland zu verbessern.

Ehrenamtsportal: Aktiv werden als ehrenamtliche Leseförderin oder ehrenamtlicher Leseförderer
Auf dem neu gestalteten Ehrenamtsbereich auf der Website der Stiftung Lesen unter www.stiftunglesen.de/mitmachen/ehrenamtliches-engagement-fuers-lesen finden Lesepatinnen und Lesepaten und die, die es werden wollen, zahlreiche Informationen rund ums Thema und lokale Einsatzmöglichkeiten. Finanziert wird das Portal durch die Thalia Bücher GmbH, die Mitglied im Stifterrat der Stiftung Lesen ist und sich bereits seit vielen Jahren für die Leseförderung in Deutschland stark macht.


Top Themen Zeitnah

Verwahrlosung, Stress und Erschöpfung in vielen Kitas

Yan Krukov (Pexels)

Gestiegene Arbeitsbelastung, verschlechterte Rahmenbedingungen, mangelhafte Ausstattung sowie anhaltend eklatanter Personalmangel: Es braucht politische Lösungen.

Der Frage, ob Krippen bei den Kindern wie beabsichtigt Stimulation oder doch eher Stress erzeugen, ist Prof. Dr. Rahel Dreyer, Professorin für Pädagogik und Entwicklungspsychologie der ersten Lebensjahre an der ASH Berlin, bereits vor der Pandemie in einer Studie zum Wohlbefinden von Kindern im zweiten und dritten Lebensjahr in Kindertageseinrichtungen (StimtS) nachgegangen. 20 Prozent der 140 Kinder aus 35 verschiedenen Berliner Kindertageseinrichtungen zeigten während der Beobachtungen im Kitaalltag deutliche Anzeichen von Anspannung, Teilnahmslosigkeit und Niedergeschlagenheit oder traten kaum in sozialen Kontakt mit den Fachkräften oder anderen Kindern. Dabei lag die formale Qualität fast aller teilnehmenden Einrichtungen sogar im mittleren bis guten Bereich.

Seit der Pandemie hat sich die Situation dramatisch verschlechtert. Viele Fachkräfte sind aufgrund der durch Pandemie und Flüchtlingskrise weiter gestiegenen Belastungen emotional wie körperlich am Ende. Auch die Kinder zeigen zum Teil extreme Formen von Unwohlsein. Neben dem Personalmangel sind viele Gruppen überfüllt, was sowohl bei den Kindern als auch Fachkräften den Stresspegel steigen lässt und sichtbar zur Erschöpfung führt.

Die Ergebnisse der aktuellen Kita-Studie des Paritätischen Gesamtverbands unterstreichen die alarmierende Situation in den Kitas. Die im Rahmen der Pandemie nochmals gestiegene Arbeitsbelastung, die verschlechterten Rahmenbedingungen und mangelhafte Ausstattung sowie der anhaltend eklatante Personalmangel verhindern es, angemessen auf die Bedürfnisse der Kinder zu reagieren. Dazu kommt, dass in vielen Regionen ein unzureichender Personalschlüssel in den Einrichtungen vorliegt. 60 Prozent der Befragten machen deutlich, dass sie in der derzeitigen Situation nicht ausreichend auf die kindlichen Bedürfnisse eingehen können. Mehr als ein Drittel der Befragten gibt außerdem an, dass die bereitgestellten Finanzmittel nicht ausreichen, für die Kinder eine ausgewogene Ernährung zu gewährleisten.

„Wir sorgen für einen denkbar schlechten Start unserer Kleinsten ins Leben. Wir übersehen und übergehen die seelischen Bedürfnisse unserer Kinder. Das sind verwahrlosende Tendenzen, denen wir entschieden entgegentreten müssen!“ – so Prof. Dr. Michael Schulte-Markwort, Professor für Kinder- und Jugendpsychiatrie an der Medical School Hamburg.

Besorgt zeigt sich Frau Prof. Dr. Dreyer auch um die Situation der Fachkräfte: „Viele stehen kurz vor einem Burnout, sie sind körperlich und emotional am Ende. Die desaströse Situation wird zu weiteren Personalausfällen führen.“

Es fehlt eine Lobby für die Kinder, die Vulnerabelsten in unserer Gesellschaft, und für die Fachkräfte, die beide – nicht erst seit der Pandemie – Schlusslicht in der gesellschaftlichen Diskussion sind.

Dreyer und Schulte-Markwort sind sich einig: Das Wohl zu vieler Kinder scheint uns derzeit gefährdet. Die Folgen für Kinder, Fachkräfte, Eltern und die gesamte Gesellschaft sind jetzt schon durch eine Zunahme psychischer Auffälligkeiten sowie einer wachsenden Bildungslücke insbesondere sozioökonomisch benachteiligter Kinder fast irreparabel.


Top Themen Ernährung

Kita- und Grundschulessen: Eltern würden mehr Veggie akzeptieren

Conscious Design on Unsplash
Conscious Design on Unsplash

Eltern wollen für ihre Kinder eine ausgewogene Mittagsverpflegung in Kita und Grundschule. Diese sollte den Nährstoffbedarf decken und die geschmacklichen Vorlieben der jungen Mittagsgäste berücksichtigen. Fleisch gehört für die Mehrheit der Mütter und Väter dazu. Allerdings dürfte der Speiseplan deutlich mehr Vegetarisches umfassen, als aktuell in den Einrichtungen auf die Teller kommt. Insgesamt 71 Prozent der befragten Eltern sind der Meinung, dass maximal zwei Fleischgerichte pro Woche ausreichen. Dies ergab eine Umfrage des imug Meinungsforschungsinstituts im Auftrag der Verbraucherzentrale NRW zur Akzeptanz einer vegetarischen Mittagsverpflegung.

Rund 1,3 Millionen Kinder in NRW besuchen ab August wieder eine Kindertagesstätte oder eine Grundschule. Zur Ganztagsbetreuung gehört für die Mädchen und Jungen mittags eine Mahlzeit. Was ist den Müttern und Vätern beim Kita- und Schulessen wichtig? Wie oft bekommen die Kinder Fleisch – und was würden die Eltern von einem verstärkt vegetarischen Angebot halten? Dazu gaben bei einer repräsentativen Befragung insgesamt 1000 Eltern von Kita- und Grundschulkindern Auskunft.

„Am wichtigsten ist den Eltern ein ausgewogener Speiseplan und die Versorgung ihrer Kinder mit allen wichtigen Nährstoffen“, so Jonas Grauel, Leiter des Projekts „MehrWert21“ der Verbraucherzentrale NRW, das die Befragung initiiert hat. Das Projekt unterstützt Kitas und Schulen dabei, eine gesunde, nachhaltige und klimafreundliche Verpflegung umzusetzen und Lebensmittelabfälle zu vermeiden.

Kinderzeit-Podcast: Nachhaltiges Kita-Essen

DGE-Empfehlungen für Fleisch werden oft überschritten

Die Angaben der befragten Eltern zeigen, dass 41 Prozent der Einrichtungen den Kindern mindestens dreimal pro Woche Fleischgerichte servieren, bei weiteren 39 Prozent gibt es zweimal wöchentlich Fleisch. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt seit 2020 in ihren Qualitätsstandards für die Gemeinschaftsverpflegung von Kindern in der Mittagsverpflegung maximal eine Fleischmahlzeit pro Woche.

„Für die Eltern gehört Fleisch zu einer ausgewogenen Ernährung dazu, ein rein vegetarisches Essen in Kita und Schule lehnt die Mehrheit aus Sorge vor Nährstoffmängeln ab“, erläutert Grauel. Jedoch müsste Fleisch aus Sicht der Eltern auch nicht zu oft auf dem Speiseplan stehen: Insgesamt 52 Prozent der Befragten sprachen sich für zwei Fleischgerichte pro Woche aus, weitere 19 Prozent wünschten sich, dass Fleisch nur einmal oder gar nicht angeboten wird.

Gute Kommunikation ist entscheidender Faktor

„Die Befragung zeigt, dass Eltern es durchaus akzeptieren, wenn ein großer Teil der Mahlzeiten vegetarisch ist. Soll die Zustimmung gesteigert werden, ist es wichtig, dass aktuelle Ernährungsstandards und deren Hintergründe gut kommuniziert und erläutert werden“, sagt Jonas Grauel. So liefert Fleisch zwar hochwertiges Protein sowie unter anderem Vitamin B12, jedoch auch ungünstige Inhaltsstoffe wie gesättigte Fettsäuren, weshalb laut DGE insbesondere rotes Fleisch und verarbeitete Fleischwaren bei Kindern selten auf dem Speiseplan stehen sollten. Eine nährstoffreiche Ernährung ist dennoch gesichert. Da die ganz überwiegende Mehrheit der Kinder zudem zu Hause Fleisch, Wurst und Fisch isst, würden Veggie-Mittagessen in Kita und Grundschule nicht automatisch zu einer rein vegetarischen Ernährung führen.

„Für die Gesundheitsvorsorge, die Prägung von Ernährungsgewohnheiten und letztlich auch für Nachhaltigkeit und Klimaschutz gibt es in den Einrichtungen ein nicht genutztes Potenzial. Viele Eltern sind auch offener für vegetarische Angebote, als die Verpflegungsverantwortlichen in Kita und Grundschule vielleicht meinen. Allerdings muss man die Mütter, Väter und auch die Kinder in einen Veränderungsprozess einbeziehen“, so das Fazit der Verbraucherzentrale.     

Das Projekt MehrWert21 der Verbraucherzentrale NRW wird gefördert durch das Land Nordrhein-Westfalen und die Europäische Union.

Die Befragungsergebnisse zur Akzeptanz einer vegetarischen Mittagsverpflegung gibt es zum Download unter www.mehrwert.nrw/elternbefragung-ergebnisbericht

 

 


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Forscheridee: Ein Tag mit nur einem Wasserhahn

Christoph Wehrer / © Stiftung Haus der kleinen Forscher.
Christoph Wehrer / © Stiftung Haus der kleinen Forscher.

Für Kinder im Kita- und Grundschulalter

Trinkwasser aus dem Hahn ist nicht überall so selbstverständlich wie hierzulande. Selbst eine einzige Wasserquelle im Haus scheint kompliziert, oder? Machen Sie den Test und finden Sie mit den Kindern heraus, worauf sie achten müssen, wenn es einen Tag lang nur einen Wasserhahn gibt.

Sie brauchen:

  • einen für alle zugänglichen Wasserhahn, z. B. im Bad oder Garten
  • Gefäße
  • Gartenschlauch

So funktioniert’s:

  1. Alltagsbezug aufgreifen

Die meisten von uns sind es gewohnt, dass sauberes Wasser ständig und überall verfügbar ist: morgens, mittags, zwischendurch, zum Waschen, zum Trinken, in jedem Badezimmer, in der Küche, im Garten. Wasser ist so allgegenwärtig und verfügbar, dass wir nicht darüber nachdenken, wenn wir es benutzen. In anderen Teilen der Erde ist der Zugang zu sauberem Wasser nicht selbstverständlich. Manche Menschen müssen kilometerweite Wege auf sich nehmen, um an Wasser zu kommen. Daher gehen sie mit dem Wasser sehr bewusst um und überlegen sich gut, wie viel Wasser sie wofür benutzen. Sie verschwenden dabei so wenig wie möglich.

  1. Wasserhähne zählen

Wo überall in der Kita, im Hort oder in der Schule haben die Kinder Zugang zu Wasser? Wann und wofür nutzen sie Wasser? Gehen Sie einmal mit den Jungen und Mädchen durch Ihre gesamte Einrichtung, bzw. durch die Räume und Orte, die die Kinder und Sie täglich nutzen: Bad, Speiseraum, Spielzimmer, Eingangsbereich, Garten, etc. Wo entdecken die Mädchen und Jungen Wasserzugänge? Welche davon nutzen sie zu welchen Zwecken? Händewaschen, Trinkflasche auffüllen, Toilettenspülung, Pflanzen bewässern?

  1. Heute nur ein einziger Wasserhahn!

Wie wäre es, wenn die Kinder einen Tag lang das Wasser aus nur einem Wasserhahn nutzen? Überlegen Sie mit ihnen gemeinsam, für welchen Wasserhahn sie sich entscheiden und warum. Ist vielleicht der Wasserhahn im Garten am praktischsten, weil sie bei gutem Wetter fast den ganzen Tag draußen verbringen? Oder doch lieber der eine Wasserhahn im Bad, weil dort das Wasser nicht so auf die Beine spritzt und man sich nach dem Toilettengang gleich die Hände waschen kann? Auf welche Ideen kommen die Kinder? Wollen sie z. B. Eimer mit Wasser füllen und diese an verschiedenen Orten in der Einrichtung platzieren, wo Wasser gebraucht wird? Ist ein Gartenschlauch hilfreich? Wohin kippen sie das benutzte Wasser? Vereinbaren Sie gemeinsame Regeln, z. B. dass die Toilettenspülung bei diesem Versuch außen vor bleibt. Und dass die Küche für die Zubereitung des Mittagessens eine zusätzliche Wasserquelle nutzen darf.

  1. Wie war es?

Setzen Sie sich am Ende des Tages oder am nächsten Tag mit den Kindern zusammen und besprechen Sie die Erlebnisse und Eindrücke. Wie fühlt es sich an, wenn man nur von einer Stelle im Haus Wasser entnehmen kann? Welche Probleme hatten die Mädchen und Jungen? Wie konnten sie diese lösen oder wie sind sie damit umgegangen? Haben sie neue Möglichkeiten erfunden, das Wasser von dieser einen Wasserstelle an andere Orte zu transportieren? Was würde sich alles ändern, wenn die Kinder jeden Tag weniger Wasser zur Verfügung hätten?

  1. Wissenswertes für Erwachsene

Deutschland ist ein wasserreiches Land und in jedem Haushalt gibt es genügend sauberes Wasser. Allerdings haben wir es nach einigen sehr trockenen Sommern auch hierzulande mit Engpässen zu tun. So wurde auch bei uns schon in einigen Kommunen im Sommer dazu aufgerufen, die Gärten nicht zu wässern und die Autos nicht zu waschen. Auf einigen Flüssen wurde sogar die Schifffahrt unterbrochen. Es gibt allerdings Länder, die mit viel größerem Wassermangel zu tun haben. Etwa ein Viertel der Weltbevölkerung lebt in Regionen, denen Wassermangel droht. Besonders stark betroffen sind Länder in Nordafrika und im Nahen Osten, die ohnehin mit Trockenheit zu kämpfen haben.

Kinderzeit-Podcast zum Thema forschendes Lernen

Die Stiftung „Haus der kleinen Forscher“

Die gemeinnützige Stiftung „Haus der kleinen Forscher“ engagiert sich für gute frühe Bildung in den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (MINT) – mit dem Ziel, Mädchen und Jungen stark für die Zukunft zu machen und zu nachhaltigem Handeln zu befähigen. Gemeinsam mit ihren Netzwerkpartnern vor Ort bietet die Stiftung bundesweit ein Bildungsprogramm an, das pädagogische Fach- und Lehrkräfte dabei unterstützt, Kinder im Kita- und Grundschulalter qualifiziert beim Entdecken, Forschen und Lernen zu begleiten. Das „Haus der kleinen Forscher“ verbessert Bildungschancen, fördert Interesse am MINT-Bereich und professionalisiert dafür pädagogisches Personal. Partner der Stiftung sind die Siemens Stiftung, die Dietmar Hopp Stiftung, die Dieter Schwarz Stiftung und die Friede Springer Stiftung. Gefördert wird sie vom Bundesministerium für Bildung und Forschung.