Juni 2019
Stifte, Hefte und Co. – so geht’s nachhaltig in die Schule!
C.A.R.M.E.N. e.V. informiert am 9. Juli am KoNaRo in Straubing
Viele kennen das Gedränge in den letzten Tagen vor Schulanfang: Sie arbeiten die zum Schuljahresende verteilten Materiallisten für das kommende Schuljahr ab und kaufen die aufgelisteten Produkte. Häufig greifen sie zu den immer gleichen Produkten, ohne zu überlegen, ob es umweltfreundlichere oder nachhaltigere Varianten gibt. Da ist es gut zu wissen, worauf sie achten können.
Jutta Einfeldt von C.A.R.M.E.N. e.V. zeigt in ihrem Infovortrag am Dienstag, den 9. Juli um 19:30 Uhr, dass es für nahezu alle herkömmlichen Produkte nachhaltigere Alternativen gibt. Zahlreiche dieser Materialien sind als Anschauungsmaterial in einer kleinen Ausstellung an diesem Abend mit dabei.
Im Vorfeld des Vortrages können Interessierte ab 19.00 Uhr die Dauerausstellung „Nachwachsende Rohstoffe – von der Pflanze zur Nutzung“ im Erdgeschoss des SAZ frei besichtigen. Dort können sie das komplette Spektrum der Welt der Nachwachsenden Rohstoffe und Erneuerbaren Energien anhand von Produkten und Infotafeln kennenlernen.
Weitere Informationen zur Veranstaltung im Flyer (PDF)
Eine Anmeldung zur kostenlosen Veranstaltung ist nicht notwendig.
Ort: Schulungs- und Ausstellungszentrum (SAZ) des Kompetenzzentrums für Nachwachsende Rohstoffe (KoNaRo), Schulgasse 20, 94315 Straubing
Quelle: Pressemitteilung carmen-ev.de
Die Entwicklung in den ersten drei Lebensjahren
Das erste Lebensjahr
Ein Neugeborenes erlebt die Welt, wie wir den Mond bei einem ersten Besuch dort erleben würden. Alles ist neu, muss entdeckt und erkundet werden. Aus den Erkundungen werden Gesetzmäßigkeiten abgeleitet und Erwartungshaltungen gebildet, die immer wieder überprüft werden müssen. Zum Beispiel verstehen Kinder sehr früh, dass Dinge nach unten fallen. Sie beobachten dieses Phänomen immer wieder und fordern das Hinabfallen geradezu heraus, wenn sie mit Gegenständen hantieren. Doch plötzlich registriert das Kind erstaunt und überrascht, wie ein mit Helium gefüllter Ballon in den Himmel fliegt. Durch Beobachtung, Thesenbildung und –überprüfung lernt das Baby die Welt kennen.
Babys können schon sehr früh zwischen sich selbst und anderen unterscheiden. Die soziale Entwicklung des Kindes macht den ersten großen Schritt, wenn Babys sich von ihrer Bezugsperson als getrennt wahrnehmen und sich als Verursacher eigener Handlungen erkennen können. Das Baby hat erfahren, dass der Kuschelball klingelt, wenn es dagegen stößt und versucht diesen Effekt immer wieder hervorzurufen, indem es mit den Armen wedelt.
Babys lernen früh, zwischen Personen zu unterscheiden und können sich vertrauten Personen zuwenden. In der weiteren Entwicklung dieser Fähigkeit, in der Regel in der zweiten Hälfte des ersten Lebensjahres, fremdeln viele Kinder.
Zum Ende des ersten Lebensjahres beginnen die Kinder auszuloten, wie weit sie sich von der Mutter oder vom Vater entfernen können. Sie nutzen die wachsende Mobilität, die es dem krabbelnden und laufenden Kind ermöglicht, sich von den Bezugspersonen zu entfernen und zurückzukehren. Die wachsenden Erkenntnisse über die Welt und ihre physikalischen Grundfunktionen, die wachsende Kontrolle über den eigenen Körper und das Urvertrauen in die sich stets in der Nähe aufhaltenden Bezugspersonen machen es dem Kind möglich, zum Ende des ersten Lebensjahres eine basale Identität auszuprägen.
Ratschlag für das erste Lebensjahr – Reden, Reden, Reden
Es ist absolut wichtig, mit kleinen Babys zu sprechen. Reden Sie mit dem Kind also bei jeder Gelegenheit. Auch wenn es nicht antworten kann und Sie erhebliche Zweifel daran haben, dass es die Inhalte Ihrer Rede versteht – Das Kind braucht Ihre Stimme und Ihre Worte.
Das zweite Lebensjahr
Kinder im zweiten Lebensjahr gehen weiter den Gesetzmäßigkeiten der Welt auf den Grund. Sie beobachten die Erwachsenen und versuchen über Nachahmung und symbolisches Handeln den sie umgebenden Gegenständen Bedeutungen zuzuordnen.
- Wie funktioniert der Schlüssel, was macht Mama mit dem kleinen Kasten, in den sie hineinspricht oder auf dem sie herumtippt?
- Was lässt sich alles in einem Kühlschrank oder in einer Handtasche entdecken?
- Was lässt sich wie ordnen, was erzeugt welche Klänge, welche Raumerfahrungen lassen sich machen?
- Kleinkinder spielen so gern am Wasserhahn, denn Wasser fällt nach unten und bildet die perfekte Falllinie.
- Sie laufen in Räumen im Kreis, um Raumerfahrungen zu sammeln.
- Sei schlagen Dinge gegeneinander und vergleichen die Geräusche.
Dies alles sind wichtige Tätigkeiten der kleinen Kinder, weil sie mit ihrem eigenen Körper und der Welt spielen.
Sie sind dabei wenig an anderen Kindern interessiert. Sie sehen sie eher als Ding und behandeln sie auch so. Deshalb ist es möglich, dass in Krippengruppen mit Ein- bis Zweijährigen häufig gebissen oder unkontrolliert gehauen wird. Dieses ruppige Verhalten von einjährigen Kindern untereinander ist nicht als böse oder unsozial einzustufen. Es gehört zu ihrer Welterkundung, die sich bis zum Ende des zweiten Lebensjahres vorrangig auf den eigenen Körper bezieht.
Am Ende des zweiten Lebensjahres erlebt das Kleinkind ein überdimensionales Autonomie- und Omnipotenzgefühl Das Kind strotzt vor Welterfahrung und positiven Emotionen über das eigene Können und Lernvermögen. Es verteidigt aus dieser Position heraus seine vermeintliche Unabhängigkeit. „Allein“ ist ein Aufschrei, den Eltern von Kindern in diesem Alter häufig zu hören bekommen.
Ob es sich um das Eingießen von Getränken am Esstisch, das Anziehen oder das Öffnen von Türen handelt – das Kind will es alleine tun. Es nimmt keine Rücksicht darauf, ob es die für die jeweilige Handlung benötigte Fähigkeit schon jetzt besitzt oder nicht. In diesem Alter kommt es häufig zu Wutausbrüchen oder einem störrischen Verhalten. Das liegt daran, dass das Kind nun in der Lage ist, die Grenzen seiner vermeintlichen Allmacht zu erkennen und darauf mit Wut und Enttäuschung reagiert. Gegen Ende des zweiten Lebensjahres beginnt das Kind in seinen sprachlichen Äußerungen zwischen „ich“ und „du“ zu unterscheiden. Diese erste Form der Abgrenzung des eigenen Ich von dem sozialen Umfeld ist ein großer Schritt in der menschlichen Entwicklung.
Ratschlag für das zweite Lebensjahr – Ordnung und Rituale schaffen
- Schaffen Sie Ordnungssysteme im Gruppenraum, die es dem Kind erleichtern, selbst Ordnung zu schaffen.
- Spielzeuge sollten nur in überschaubarer Anzahl vorhanden sein und Ihren festen Platz haben.
- Auf Körben und Kisten hilft ein Bild mit dem Inhalt, damit immer klar ist, was in diese Kiste hineinkommt.
- Immer wiederkehrende Handlungen geben dem Kind das Gefühl, die Welt verstanden zu haben und die Möglichkeit, sich aktiv an diesen Abläufen zu beteiligen.
Das dritte Lebensjahr
Zu Beginn des dritten Lebensjahres, um den zweiten Geburtstag herum, kommt es zur Sprachexplosion. So nennen Wissenschaftler das explosionsartige Anwachsen der Sprachfähigkeit der Kleinkinder. Das Kind lernt täglich Unmengen an neuen Wörtern, bildet erst Zweiwort–, dann Dreiwortsätze und plappert den ganzen Tag. Mit der zunehmenden Sprachfähigkeit wächst natürlich auch die Intensität der sprachlichen Kommunikation. Das Kind beginnt, sich aktiv verbal mit der Welt auszutauschen, und fängt an, Fragen zu stellen.
Die „Warum-Zeit“ hat begonnen. Das Kind reagiert auf fast jede Ansprache mit der Frage: Warum? Es will Zusammenhänge erklärt haben und kann dabei noch nicht zwischen sinnvollen und nicht sinnvollen „Warum-Fragen“ unterscheiden. Außerdem macht es ihm Freude, die genervte Reaktion der Erwachsenen auf die viele Fragerei zu provozieren.
Im dritten Jahr beginnt außerdem die von vielen Eltern oft als anstrengend empfundene „Trotzphase“, die in der Fachsprache auch als Autonomiephase bezeichnet wird. Das Kind wird ohne uns ersichtlichen Grund wütend, fängt an zu schreiben, zu schlagen oder zu beißen und ist oft schwer zu beruhigen. Eltern stehen diesen Wutausbrüchen häufig machtlos gegenüber und wissen nicht, wie sie sich verhalten sollen. Doch so herausfordernd diese Phase auch manchmal für uns Erwachsenen sein mag, ist sie sehr wichtig für die Entwicklung des Kindes: Das Kind beginnt sich langsam von der engen Beziehung zu seinen Bezugspersonen zu lösen und wird immer selbstständiger. Die Auseinandersetzung mit Gleichaltrigen gewinnt an Bedeutung.
In der Kindergruppe lernt das Kind sich an Verrichtungen für die Gemeinschaft zu beteiligen. Die Ausübung von Tischdienst, Blumenpflege und die Einhaltung von sozialen Regeln sind jetzt möglich. Das Kind kann verstehen, warum es zum Beispiel zuhören muss, bevor es redet. Am Ende des dritten Lebensjahres hat das Kind die Basis einer Identität entwickelt. Es entdeckt sozusagen sein eigenes „Ich“ mit den eigenen individuellen körperlichen Merkmalen, Kenntnissen und Fähigkeiten und beginnt, von sich selbst zu sprechen – zunächst unter Verwendung des eigenen Vornamens, später in der „Ich“-Form. Es kann sich selbst auf einfache Art beschreiben, Unterschiede zu anderen erklären und einfache Verhaltensregeln in der Gruppe einhalten.
Ratschlag für das dritte Lebensjahr – Rollenspiel trainieren
Zur sozialen Entwicklung gehört es, sich in andere hineinzuversetzen. Das geht am besten, wenn man die Rolle der Person annimmt, die man verstehen möchte. Kinder spielen in diesem Alter viel und oft Situationen nach, die sie selbst erlebt haben. Sie es der Kinderarzt, die Familie beim Essen oder der Besuch im Supermarkt. Geben Sie ihrem Kind die Möglichkeit und das Material, diese Spiele auszuprobieren.
Diesen Artikel haben wir mit freundlicher Genemigung des Bananenblau Verlags aus folgendem Buch von Antje Bostelmann entnommen:
Antje Bostelmann
Das Spiel der Kleinkinder
Frühes Lernen verstehen, begleiten und fördern
Bananenblau 2019
ISBN: 978-3-942334-65-5
124 Seiten, mit DVD (48 Min. Spieldauer)
24,80 €
Wenn Kinder sauber werden sollen
Drei Jahre –ein für die Blase brisantes Alter
Mit drei Jahren kommen bei uns die meisten Kinder in den Kindergarten. Das ist ein Zeitpunkt, auf den die Eltern hinarbeiten, ihr Kind trocken zu bekommen.
Der zunehmende Druck wird spürbar und ans Kind weitergegeben. So gerät der Kindergarten im Empfinden des Kindes bereits in ein schlechtes Licht. „Wegen dem blöden Kindergarten muss ich immer auf dem Klo sitzen, ich will gar nicht mehr hin!“ Immer noch kursieren Gerüchte, dass nur „trockene“ Kinder in den Kindergarten aufgenommen werden. Das stimmt nicht. Bis vor einigen Jahre gab es Kindergärten, die sich weigerten, Kinder mit Windeln aufzunehmen. Diese Ablehnung ist und war rechtlich nie haltbar. Doch welche Eltern wollten sich schon vor dem Kindergartenstart mit den Erzieherinnen über dieses Thema streiten?
Die Situation hat sich grundlegend verändert und dadurch auch erfreulich entschärft:
- Es gibt das Recht auf einen Kindergartenplatz mit drei Jahren, egal ob tagsüber trocken oder nass (die nächtliche Situation interessiert sowieso niemanden)
- Heute werben die Kindergärten wieder um Kinder, bisweilen sogar um Zweijährige
- Die Eltern treten dank besserem Wissen über die Sauberkeits-Entwicklung selbstbewusster auf, was aber meist gar nicht nötig ist, weil auch die Erzieherinnen zu kompetenten Ansprechpartnerinnen in Sachen kindgemäße Sauberkeits-Erziehung geworden sind
- Eine Windel im Kindergarten darf kein Problem mehr sein
Die Windel ist auch im Kindergarten-Alltag wirklich kein Problem mehr – vor allem seit es Wegwerfwindeln oder sogar Windelhöschen gibt, mit denen das Kind sogar schon allein umgehen kann. Zudem ist eine Windel meist nur für kurze Zeit nötig. Denn mit drei Jahren sind tatsächlich die meisten Kinder soweit, trocken zu werden. An den dann wichtig werdenden Lernschritten fehlt es auch nicht. Modelle zum Nachahmen, wie man es richtig macht, gibt es genug. Bei der Eingliederung in die Gruppe schauen die Kleinen den Großen vieles ab, auch wann und wie man zur Toilette geht. Die Erfahrung zeigt, dass die meisten Kinder innerhalb von zwei Monaten im Kindergarten trocken werden – immer vorausgesetzt, ihre Blasen-Kontrolle ist bereits ausgereift. In den Waschräumen der Kindergärten herrscht eine positive Atmosphäre, die Kinder begleiten und unterhalten sich. Neugierde und miteinander Spaß haben stehen im Vordergrund. Ein Toilettengang ist ein „sozialer Akt“, bei dem man viel lernt, aber auch Hilfsbereitschaft erlebt und bald selbst „den Kleinen“ helfen kann.
Diese positive Lernatmosphäre braucht einen pädagogischen Schutzrahmen. So ist es ungünstig, die ganze Gruppe vor einer neuen Aktion „noch schnell aufs Klo“ zu schicken. In diesem unüberschaubaren Trubel kommt Hektik auf, die einzelne Kinder ängstigen und selbständiges Handeln blockieren kann. Selbst die Großen verlieren hierbei ihre Toiletten-Souveränität. Auch wichtig: im Alter von vier bis fünf Jahren nimmt die Scham gegenüber Erwachsenen und auch anderen Kindern deutlich zu, wenn beim Toilettengang noch Hilfe nötig ist. Die Kinder erleben ihr abhängiges Verhalten als nicht altersgemäß. Grund genug, das „Allein-auf-der-Toilette-zu-Recht-kommen“ früh zu unterstützen und durch praktische Hilfe gezielt zu fördern.
Was tun, wenn keine Blasen-Kontrolle in Sicht ist?
Jetzt muss geklärt werden, weshalb ein Kind einnässt
Einnässen – was kann das überhaupt sein?
Von einer Störung der Urinausscheidung (Miktionsstörung) spricht man, wenn aufgrund des Alters eines Kindes davon ausgegangen werden kann, dass es die Urinabgabe kontrollieren und seine Blase angemessen entleeren kann. Man sagt, ein Kind nässt ein, wenn es nach seinem 5. Geburtstag mindestens zweimal im Monat zu einer unkontrollierten Harnabgabe am Tag oder nachts im Bett kommt. Denn fünf Jahre ist ein Alter, in dem der psychische und physiologische Reifungsgrad bei über neun von zehn Kindern eine kontrollierte BlasenEntleerung möglich macht.
Einnässen kann verschiedene Ursachen haben und wird dann auch jeweils anders benannt.
Enuresis wird das Einnässen ohne funktionelle oder organische Gründe genannt. Mit Enuresis beschreibt man jede normale, weitgehend vollständige Blasen-Entleerung, die jedoch am falschen Platz und zur falschen Zeit bei einem Kind stattfindet, das seinen 5. Geburtstag hinter sich hat. Das Kind hat keine Auffälligkeiten bei der Harnabgabe selbst (keine Miktions-Auffälligkeiten). Der weitaus größte Teil der einnässenden Kinder hat eine Enuresis (80 bis 85%). Um sie geht es in den nächsten Kapiteln des Buches.
Bei Harn-Inkontinenz haben wir – klar abgegrenzt – keine normale Blasenentleerung vor uns. Sie bedingt einen ungewollten Harnabgang, der fast ausschließlich tagsüber erfolgt. Das Kind zeigt Auffälligkeiten bei der Harnabgabe (Miktions-Auffälligkeiten). Diese ungewollte Blasenentleerung wird durch körperliche Störungen (wie neurogene Blasen-Störungen, Struktur-Anomalien der Nieren oder ableitenden Harnwege oder als krankheitsbedingte Folge-Erscheinung, zum Beispiel bei Harnwegs-Infektionen, Missbildungen, Tumoren, Stoffwechsel-Störungen oder Anfallsleiden) oder Fehlfunktionen im Nieren-, Blasen- und Harnwegsbereich ausgelöst.
Zu der funktionellen Harn-Inkontinenz wird z.B. die Drang-Inkontinenz gezählt. Bei ihr kontrahiert sich die Blasenwandmuskulatur bereits, während sich die Blase füllt, was zum wiederholten Abgang kleiner Urinmengen führt, gegen die sich das Kind nur mit Haltemanövern zeitweilig wehren kann. Unterdrückt ein Kind aus verschiedenen Gründen auch bei voller Blase einen Toilettengang, bis es zu einem spontanen Harnabgang kommt, spricht der Kinderarzt von einer Harn-Inkontinenz bei Miktions-Aufschub.
Ist das komplizierte Wechselspiel zwischen Blasenwandmuskulatur und Blasen-Schließmuskel gestört, entspannt sich zum Beispiel der äußere Schließmuskel nicht während der Harnabgabe, kommt es immer wieder zu einer mehrfach unterbrochenen und unvollständigen Blasenentleerung, die für das Kind nicht mehr kontrollierbar ist. In diesem Fall spricht man von einer Detrusor-Sphinkter-Dyskoordination. Mit inkontinenten Kindern beschäftigt sich dieses Buch nicht. Für sie stehen mehrere medizinische Ratgeber zur Verfügung. Doch muss bei allen einnässenden Kindern nach dem 5. Geburtstag erst geklärt werden, ob es sich um eine Enuresis oder eine Inkontinenz-Form handelt
Was geschieht beim Kinderarzt? Standard-Diagnostik für einnässende Kinder
Nicht jeder Kinderarzt hat die gleiche Vorgehensweise, organische Ursachen für das Einnässen zu erkennen oder auszuschließen. Doch haben sich die Kinderärzte auf ein einigermaßen einheitliches Vorgehen geeinigt. Wird ein Kind bereits seit Jahren in der selben Praxis betreut, sind viele Angaben bereits bekannt und müssen zur Kontrolle des Einnässens nicht mehr speziell erhoben werden.
Zuerst wird eine Krankengeschichte (Anamnese) erhoben. An erster Stelle sind Informationen zur Sauberkeits-Entwicklung und zum Einnässen selbst nötig, zum Beispiel:
- Tageszeit des Einnässens (Wann nässt das Kind ein?)
- Miktionsfrequenz und Einnässfrequenz (Wie häufig gibt das Kind am Tag Harn ab, und wie häufig nässt es ein?)
- Phasen perfekter Blasen-Kontrolle (War das Kind bereits einige Monate trocken?)
- Mögliche Anlässe für Rückschläge (Sind Auslöser für erneutes Einnässen bekannt?)
- Miktionsauffälligkeiten tagsüber (Zeigt das Kind Haltemanöver, Anzeichen heftigen Drangs, Pressen vor der Miktion oder einen stotternden, schwachen Strahl?)
- Medizinische Komplikationen (Sind Krankheiten bekannt?)
- Bisherige Therapieversuche (bisherige Behandlungen sowie familiäre Anti-Enuresis-Programme wie Wecken, Abheben, Flüssigkeitseinschränkung etc.?)
- Einkoten (Ist die Darmkontrolle perfekt, das Absetzen des Stuhles angemessen?) Leidet das Kind unter dem Einnässen?
- Hat das Einnässen soziale Konsequenzen im Kindergarten, in der Schule, unter Gleichaltrigen?
- Liegen kritische Lebensereignisse vor? Wie bewältigt das Kind den Alltag?
- Verdacht auf psychische Störungen?
- Wie bewerten die Eltern das Einnässen? Welche Einstellung haben sie dem Kind gegenüber?
- Therapieerwartungen und Bereitschaft zur Therapiemitarbeit
- Liegen familiäre oder Eheprobleme vor?
In vielen Kinderarztpraxen lässt man das Kind mit Hilfe der Eltern ein 24-Stunden-Miktionsprotokoll anlegen. Während eines gesamten Tages werden die Uhrzeit eines jeden Toilettengangs, die jeweils abgegebene Urinmenge, die Zahl der Einnässzwischenfälle, die Trinkmenge am Messtag und Besonderheiten beim Wasserlassen notiert.
Es folgt eine pädiatrische Untersuchung. Ist man kein neuer Patient in einer Praxis, hat diese Untersuchung zumeist schon in den frühen Kindheitsjahren stattgefunden. Der Genitalbereich, die Wirbelsäule und die unteren Extremitäten werden untersucht, um Fehlbildungen und neurogene Störungen ausschließen zu können.
Immer findet eine Urin-Untersuchung statt.
Je nach Praxisausstattung und Einnäss-Situation kommt eine Ultraschall-Untersuchung zur Erfassung funktioneller Veränderungen, wie verdickte Blasenwand, Restharn und Erweiterung des Enddarms, die zu einer Kompression von Blase und Blasenhals führen kann, hinzu. Oder eine Uroflow-Untersuchung, bei der auf einem Spezialklo der ins Becken auftreffende Harnstrahl gemessen wird.
Die Standard-Diagnostik dient dem Ausschluss funktioneller und organischer Befunde, die eine Inkontinenz belegen würden. Nach diesen Untersuchungen sieht man klar, ob eine Inkontinenz-Form oder eine Enuresis vorliegt. Nur bei einem massiven Krankheitsverdacht stehen weitere Untersuchungen an.
Liegt eine Inkontinenz vor, dann wird von Kinderärzten, Kinderurologen oder Kinderpsychiatern – je nach Funktionsstörung – zum Beispiel mit unterschiedlichen Medikamenten, mittels Toiletten-Training oder mit sogenannten Biofeedback-Verfahren behandelt. Das sind medizinische Techniken, die körpereigene Aktivitäten wie zum Beispiel die Harnabgabe registrieren, verstärken und für den Patienten in visuelle (auf einem Monitor zu sehende) oder akustische (über Kopfhörer zu hörende) Signale umsetzen. So wird zum Beispiel eine Detrusor-Sphinkter-Dyskoordination mit ihrem fehlerhaften Zusammenspiel zwischen Blasenwandmuskulatur und Blasen-Schließmuskel sichtbar und kann durch eine bewusste Veränderung der Muskelarbeit immer mehr in die richtige Harnabgabekurve verändert werden. Das Kind lernt wieder, ohne Unterbrechungen und vollständig seine Blase zu entleeren.
Liegt eine Enuresis vor – also keine Fehlfunktion, Fehlbildung oder Erkrankung, die für das Einnässen verantwortlich ist – dann stehen blasenorientierte Behandlungsmaßnahmen nicht mehr im Vordergrund.
Diesen Artikel haben wir aus folgendem Buch entnommen:
Haug-Schnabel, Gabriele
Wie Kinder sauber werden können
Was Sie als Eltern wissen müssen, damit das Sauberwerden klappt
Oberstebrink
ISBN: 978-3-934333-11-6
208 Seiten, Hardcover
17,80 €
Die U3-Spielekartei - Gefühle, Rituale, Wahrnehmung
Spielideen für Kinder im Alter unter drei Jahren
ErzieherInnen brauchen Ideen, die sie schnell in die Praxis umsetzen können. Die handlichen Karteikarten von Dr. Charmaine Liebertz und der Gesellschaft für Ganzheitliches Lernen gehen genau auf dieses Bedürfnis ein. Hier gibt es eine Fülle von Spielideen z. B. zu den Themen „Gefühle“, „Rituale“ und „Wahrnehmung“ – diesmal für Kinder im Alter unter drei Jahren.
Alle Kärtchen enthalten Angaben zur Altersempfehlung, Spielerzahl und zu den Kompetenzbereichen, in denen die Kinder gefördert werden.
Dr. Charmaine Liebertz ist Heilpädagogin und Lehrerin. Sie war zehn Jahre lang wissenschaftliche Mitarbeiterin im Fachbereich Heilpädagogik an der Universität Köln. Lernen muss für sie im Einklang von Körper, Herz, Geist und Humor geschehen. Dafür setzt sie sich in der Gesellschaft für ganzheitliches Lernen e.V. ein, die sie 1996 gründete und die seit 2009 als zertifiziertes Fortbildungsinstitut anerkannt ist.
Die U3-Spielekartei - Gefühle, Rituale, Wahrnehmung
Charmaine Liebertz
Burckhardthaus
ISBN: 9783963046032
14,95 €
Mehr unter: www.burckhardthaus-laetare.de
Hygieneanforderungen in der Krippe
Wichtige Empfehlungen für die Hygiene bietet der „Leitfaden für die Anforderungen an die Hygiene in einer Gemeinschaftseinrichtung mit U3-Betreuung“. Die Broschüre des Gesundheitsamtes aus dem Main-Kinzig-Kreis bietet Entscheidungshilfen bei hygienischen Fragestellungen und vermittelt dem pädagogischen Personal Handlungssicherheit. Als „Roter Faden“ können die Fachkräfte die Leitlinie individuell anpassen, um den entsprechenden Teil des Hygieneplans zu erstellen. Die Empfehlungen zeigen, wie hygienisch einwandfreies Arbeiten mit möglichst geringem zusätzlichem Arbeitsaufwand gelingen kann.
Folgende hygienisch relevante Bereiche sind berücksichtigt:
- Wickelbereich
- Dusch-/ Waschmöglichkeit
- Sanitäre Installationen ggf. Töpfchen
- Windelabfallentsorgung
- Schlafräume
- Beruhigungssauger/Trinkflaschen mit Sauger
Hier geht es zur Broschüre
Quelle: www.mkk.de
Klecksen, Erfühlen, Welt entdecken
Ästhetische Bildung für Kinder unter drei Jahren
Kinder unter drei Jahren werden oft unterschätzt, was ihre Gestaltungsmöglichkeiten betrifft. Aber schon kleine Kinder sind Forscher und Künstler. Sie erfassen ihre Welt durch Experimentieren mit verschiedensten Materialien und schaffen so Denkstrukturen, auf die sie ihr gesamtes Leben lang zurückgreifen können. Sie erfahren Selbstwirksamkeit und erweitern ihre Handlungskompetenzen. Wie können wir Krippenkinder unterstützen, ihren Forscherdrang und ihr schier unerschöpfliches kreatives Potenzial weiterzuentwickeln? Hierfür die Rahmenbedingungen mit ansprechenden Materialien und Angeboten zu gestalten ist elementare Aufgabe der pädagogischen Fachkraft. Dabei liegt das Geheimnis einer fruchtbaren Begleitung im „Wie”.
- Was sind Ästhetik und Kreativität?
- Welche Bedeutung hat ästhetische Bildung?
- Wie gestalte ich ein Atelier in der Krippe?
- Verschiedene Methoden kennenlernen und ausprobieren
- Wertfreie Dokumentation
- Rolle und Haltung der pädagogischen Fachkraft
- Zusammenarbeit mit den Eltern
Bernadette Boos: Studium an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Stuttgart, Diplom Figurenspielerin, Theaterpädagogin, Sprachtainerin, Performancekünstlerin, Sängerin, Trainerin für NLP, Gewaltprävention und Mobbingopfer- Intervention, Themen: Migrations- und Integrationsprojekte, Inklusion, Improvisationstheater, Entdecken und Erweitern kreativer Potenziale.
Ort: Robert Schuman Haus, Auf der Jüngt 1. 54293 Trier
Zeit: 21. bis 22. Oktober 2019 von 9:00 - 17:00 Uhr
Teilnahmegebühr: 236 Euro (Bitte mitbringen Materialkosten in Höhe von bis zu 9,- Euro werden vor Ort erhoben.)
Wie wertvoll sind unsere Kinder?
Was wir tun müssen, damit sich unsere Kinder angenommen und verstanden fühlen
Immer mehr Kinder und Jugendliche fallen in ihrem Verhalten „aus der Rolle“; sei es durch plötzliche Wutanfälle, aggressive Unmutsäußerungen, tiefe Resignation oder lautes Schreien. Desgleichen nässen Kinder plötzlich wieder ein, obwohl sie schon trocken waren. Andere Kinder zeigen Sprachauffälligkeiten, ohne dass eine körperliche Ursache fest zustellen ist, oder verhalten sich planlos und hektisch, obgleich ärztliche Untersuchungen keinen Befund erbringen. Aber auch Kinder, die starken Stimmungsschwankungen ausgeliefert sind, geben ihren Eltern, Geschwistern, ErzieherInnen und Lehrerinnen Rätsel auf.
Auffällig ist, dass es bei all diesen Kindern und Jugendlichen häufig etwas Gemeinsames gibt: bestimmte Erlebnisse und Erfahrungen, die dazu geführt haben, dass sie sich in ihrer Persönlichkeit nicht angenommen fühl(t)en oder Geringschätzung erfahren mussten.
Was Kinder heute brauchen
Viele Kinder und Jugendliche erleben heutzutage, dass ihr Tagesablauf, ja selbst ihre Zukunft bezüglich Schule und Beruf schon „programmiert“ und ihre Freizeit mit Kursen oder Trainingsstunden verplant ist. Nicht selten werden Kinder damit in ihrem Kindsein beschnitten. Was Kinder und Jugendliche heute brauchen, ist einerseits ein Gefühl von Sicherheit, andererseits aber auch die Möglichkeit, selbst Erfahrungen zu sammeln und in erster Linie freie, unverplante Zeit zu erleben. Sicherheit erfahren Kinder und Jugendliche, indem sie spüren, dass sie etwas können, stolz auf sich sein dürfen und dass vor allem Erwachsene zu ihnen halten, auch wenn mal etwas danebengeht. Sicherheit ist von herausragender Bedeutung für das eigene Selbstwertgefühl, welches wiederum der Motor dafür ist, sich mit der eigenen Person und mit anderen Menschen konstruktiv auseinanderzusetzen.
Eigene Erfahrungen ermöglichen es, aktiv zu lernen, eigene Gedanken zu entwickeln und Neues auszuprobieren, ohne die Verantwortung für ein Gelingen beziehungsweise Misslingen auf andere abzuschieben. Die Sorge vieler Erwachsener, dass Kinder bestimmte Aufgaben noch nicht bewältigen könn(t)en, führt zu einem überbehütenden, überfürsorglichen Verhalten. Die Folge ist häufig, dass Kinder die Lust verlieren, sich und ihr Können auf die Probe zu stellen, wertvolle eigene Erfahrungen zu sammeln und selbstständig zu handeln.
Um aber überhaupt Sicherheit zu erlangen und eigene Erfahrungen sammeln zu können, brauchen Kinder auch und vor allem Zeit. Sie ist notwendig, um im individuellen Rhythmus – mal langsamer, mal schneller – Vorhaben zu meistern, ohne gehetzt oder ermahnt zu werden. Da durch wird es beispielsweise erst möglich, dass ein Kind seinen Wunsch, einen hohen Baum zu erklettern, ohne Druck in die Realität umsetzen kann. Auch kann es auf diese Weise seine persönlichen Vorstellungen von gut und böse, richtig und falsch in der Praxis erproben. Mit dem Gefühl von Sicherheit, der Möglichkeit, eigene Erfahrungen
zu sammeln und ausreichend Zeit zu haben, um den Alltag zu erleben, spüren die Kinder und Jugendlichen, dass es für sie einen Platz auf dieser Welt gibt.
Kindern mit Respekt begegnen
Ist es nicht gerade das, was wir den Kindern wünschen: einen Platz auf dieser Welt zu finden, sich wertvoll zu fühlen und glücklich zu sein?
Wer Kinder fragt, was ihnen an Erwachsenen gefällt und sie glücklich macht, kann aus ihren Antworten heraushören, wie sensibel Kinder ihr Umfeld wahrnehmen und beurteilen. Sie würden unter anderem sagen: „Erwachsene hören mir zu. Sie spielen und lachen mit mir, und dann ist es auch gar nicht so schlimm, wenn sie mal schimpfen. Erwachsene nehmen mich ernst und machen sich nicht über meine Sorgen lächerlich, nur weil sie meinen, sie hätten mehr Erfahrung. Sie halten auch zu mir, wenn mal etwas danebengeht oder ich mit einer schlechten Note nach Hause komme. Ihnen kann ich alles erzählen, und sie behalten es für sich. Meine Eltern sind zwar nicht gerade glücklich, wenn ich völlig verschmutzt vom Spielen komme, können aber nachempfinden, dass es mir Spaß gemacht hat, im Matsch zu graben. Sie zwingen mir kein Essen auf, sondern können damit leben, dass ich später oder weniger frühstücke. Sie lassen mich mitbestimmen und haben keinen Befehlston.“
Wer Kindern mit Respekt begegnet und ihre Einmaligkeit begreift, sieht sie als das, was sie sind: Schätze dieser Welt! Kinder möchten verstanden und angenommen werden – so einzigartig und individuell, wie sie sind!
Ich bin einmalig!
Kinder wollen Neues ausprobieren, das eigene Können auf die Probe stellen und damit Sicherheit erlangen. Erwachsene müssen ihnen ihre Wertschätzung entgegenbringen. „Wertschätzung“ bedeutet nicht mehr und nicht weniger, als den einmaligen Wert eines Kindes beziehungsweise Jugendlichen zu schätzen.
Kinder müssen zunächst die Möglichkeit haben, ihre Einmaligkeit zu spüren. Bedenkt man dies genauer, darf man sicher einmal kritisch fragen, ob denn ein zwei- oder dreijähriges Kind wirklich schon in Spielgruppen von 15 oder mehr Kindern soziale Erfahrungen sammeln muss, anstatt genügend Zeit und Ruhe zu haben, erst einmal sich selbst und sein näheres Umfeld intensiv kennenzulernen.
Der Anspruch der Erwachsenen, Kinder möglichst früh„sozial zu machen“, überfordert Kinder häufig. Wertschätzung bringen wir Kindern dann entgegen, wenn wir ihnen die Möglichkeit geben, sich individuell zu entfalten, und zwar in einer Atmosphäre, in der sie sich aufgehoben und geborgen fühlen und sie eine feste Ansprechpartnerin beziehungsweise einen festen Ansprechpartner finden, wenn sie ihn brauchen und nicht erst, wenn irgendjemand Zeit für sie hat. Kinder erfahren Wertschätzung dadurch, dass Erwachsene mit ihnen gemeinsam nach Antworten suchen und nicht durch Besserwisserei ihre Macht unter Beweis stellen, dass sie nicht durch Ironie verletzt werden, sondern echte Anteilnahme ihr Leben begleitet, dass ihre individuellen Fähigkeiten und Schwächen erkannt werden und nicht ein ständiger Geschwister- oder Freundesvergleich ihre Einmaligkeit herabwürdigt.
Erwachsene zeigen Kindern ihre Wertschätzung auch dadurch, dass die Freude an der Entstehung eines Werks oder Vorhabens mehr zählt als die Makellosigkeit eines fertigen Produkts, dass sie sich auf das magische Denken von Kindern – etwa beim Vorlesen von Märchen – einlassen und nicht alles durch das Nadelöhr einer rationalen, verkopften Erwachsenenvernunft muss, dass sie in Stresssituationen dem ungestümen Bewegungsdrang der Kinder wohlwollende Beachtung schenken und sie eben nicht immer „stillsitzen“ müssen. Sie akzeptieren die natürliche Wissbegier der Kinder und gehen offen und ohne auf schulische Leistungen zu schielen auf sie ein. Sie blocken neugierige Fragen nicht als unwichtig oder störend ab. Sie verstehen auffällige Verhaltens weisen von Kindern und Jugendlichen zuallererst als Hilferuf, anstatt diese Kinder vorschnell zu verurteilen.
Bedürfnisse und Interessen verstehen
Dort, wo Erwachsene Kindern und Jugendlichen mit Respekt und Achtung als einer Form gelebter Wertschätzung begegnen, versteht es sich von selbst, dass dieses Merkmal einer guten Beziehung keine Methode darstellt, um bestimmte Ziele zu er reichen. Eine natürliche Wertschätzung zeigen diejenigen Erwachsenen, die Kinder einfach mögen, ungestüme oder ängstliche Verhaltensweisen verstehen, Zurückhaltung oder Lebendigkeit lieben und sich dabei an ihr eigenes Kindsein erinnern. Wertschätzung verlangt von Eltern und ErzieherInnen Verständnis für die Bedürfnisse und Interessen ihrer Kinder, ein regelrechtes Eintauchen in die Kinderwelten und ein tiefes Begreifen der Bedeutung von Kinderwünschen. Dabei geht es nicht an erster Stelle darum, materielle Wünsche zu befriedigen, sondern vielmehr um Bedürfnisse zwischen menschlicher Beziehungen: den Kindern zuzuhören, ihre Äußerungen ernst zu nehmen und auch in Gesprächen „zwischen den Zeilen lesen“ zu können.
Kindern Wertschätzung entgegenzubringen sollte mit Freude und Selbstverständlichkeit zu unserer Umgangskultur gehören, genauso wie wir es für selbstverständlich halten, guten Freunden herzlich zu begegnen.
Wie du mir, so ich dir
Es ist allgemein bekannt, dass ein geringschätziger Umgang mit Kindern und Jugendlichen nicht selten dazu führt, dass diese ihre bitteren Erfahrungen an andere Weitergeben nach dem Motto: „Wie du mir, so ich dir.“ Oder: „Wenn man mich schlecht behandelt, behandle ich andere bzw. mich selbst eben genauso
schlecht!“ Richtig ist, dass es meist unbeabsichtigt und unüberlegt und sicher nicht mit böser Absicht geschieht, dass Erwachsene und Eltern geringschätzig mit Kindern umgehen. So kennen wir alle aus dem Alltag Situationen, in denen Eltern ein Kind vor anderen bloßstellen und damit seine Würde verletzen und seine Intimität zerstören. Wer sich einmal die Zeit nimmt zu zählen, wie oft wir Kinder kritisieren und wie oft wir sie loben, wird über das Unverhältnis erstaunt sein. Wertschätzung ist kein kurzes Entflammen einer „Goodwilltour“, sondern ein grundsätzliches Merkmal im gemeinsamen Leben und Lernen mit Kindern und Jugendlichen.
Die Welt der Kinder und Erwachsenen – diese eine Welt – wie sie sich uns heute mit ihrer Umweltzerstörung und Gewalttätigkeit, ihrer Überheblichkeit Schwächeren gegenüber und ihrem zunehmenden Desinteresse am Nächsten darstellt, würde sicher anders aussehen, wenn wir den Begriff der WERTschätzung stärker achten und umsetzen würden. Doch auch hier darf in der Konsequenz nicht auf globale Zusammenhänge hingewiesen und die Verantwortung abgegeben werden: WERTschätzung beginnt im Umgang mit uns selbst und im Leben mit unseren Kindern: jeden Tag und jede Stunde.
Diesen Beitrag haben wir dem Buch von Dr. Armin Krenz „Elementarpädagogik aktuell" entnommen. Das Buch ist eine sorgsame Zusammenstellung unterschiedlicher Beiträge des Autors, um fachlich berechtigte Ansprüche an die Elementarpädagogik zu begründen, zu erläutern und anhand praktischer Beispiele auszuführen. Humanistisch geprägte Grundlagen und qualitative Arbeitsimpulse ergänzen sich dabei in einer ausgewogenen Form.
Dr. Armin Krenz
Elementarpädagogik aktuell
Die Entwicklung des Kindes professionell begleiten
208 Seiten, kartoniertes Buch
19,95 €
ISBN: 978-3-944548-01-2
Mehr dazu auf www.oberstebrink.de
OECD-Studie: Mehr Geld, mehr Männer und mehr Wertschätzung
Organisation schlägt Strategien gegen den Personalnotstand an Kitas vor
Laut einer Analyse mit dem Titel „Gute Strategien für gute Berufe in der frühen Bildung“ der OECD sind die bescheidenen Gehälter für Erzieherinnen und Erzieher nur ein Grund für den Personalmangel in deutschen Kindertageseinrichtungen. Schlechte Arbeitsbedingungen, mangelhafte Anerkennung und unzureichende Aufstiegschancen seien ebenso dafür verantwortlich.
Die Gewinnung und Bindung von Fachkräften stelle im Bereich der frühkindlichen Bildung, Betreuung und Erziehung (FBBE) seit geraumer Zeit eine Herausforderung dar, heißt es in der Publikation. Den OECD-Ländern sei es zunehmend wichtig, dass FBBE-Fachkräfte ein hohes Qualifikationsniveau besäßen, doch führten Niedriglöhne, ein geringes Ansehen, fehlende öffentliche Anerkennung, schlechte Arbeitsbedingungen und begrenzte berufliche Entwicklungsmöglichkeiten dazu, dass die Personalgewinnung und -bindung sich häufig schwierig gestalte.
Dabei versuchen die Autoren vor allem Antworten auf drei Fragen zu geben:
- Was können die einzelnen Länder tun, um einen Bestand an hochqualifizierten und gut ausgebildeten FBBE-Fachkräften aufzubauen?
- Welches ist der beste Weg, um die Kompetenzen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu erhöhen, ohne dabei den Fachkräftemangel zu verstärken?
- Wie können die Länder angesichts begrenzter Ressourcen die Löhne anheben und die Arbeitsbedingungen verbessern?
Um den Herausforderungen zu begegnen, schlagen die Verfasser der Studie eine ganze Reihe von Maßnahmen vor. Neben besseren Gehältern, Aufstiegschancen und einem höheren Stellenwert des Berufs fordern sie unter anderem, dass mehr Männer für die Arbeit in den Kinderbetreuungseinrichtungen angeworben werden. Das bessere nicht nur die Personalsituation sondern auch die Entwicklungschancen der Kinder. Es werde zunehmend anerkannt, dass die Beschäftigung männlicher Fachkräfte in der frühen Bildung das Potenzial habe, die Entwicklung und das Lernverhalten der Kinder zu verbessern, heißt es dazu. In Deutschland liegt der Anteil der Männer in der Kindertagesbetreuung trotz starker Zuwächse in den vergangenen Jahren bei sechs Prozent.
Die Einführung des Rechtsanspruchs auf einen Platz in der Kindertagesbetreuung mit Vollendung des ersten Lebensjahres, die stetig steigende Geburtenrate und die zunehmende Anzahl berufstätiger Mütter hat Deutschland vor eine besondere Herausforderung gestellt. Laut der OECD-Analyse stieg die Zahl der Kinder in den Kindertageseinrichtungen von 2008 bis 2018 um über 25 Prozent von 1,56 Millionen auf 2,02 Millionen Kinder an. Die Gesamtzahl der Beschäftigten ist in dieser Zeit von 365.000 auf 596.000 gestiegen. Nach einer Schätzung der Schweizer Prognos AG könnte Deutschland bis 2025 bis zu 372.000 zusätzliche Fachkräfte und bis 2030 weitere 112.000 benötigen.
Gute Ganztagsschulen entwickeln
Zwischenbilanz und Perspektiven
Ganztagsschulen haben in den vergangenen beiden Jahrzehnten an gesellschaftlicher Bedeutung gewonnen. Nicht nur, dass die Kinder hier hoffentlich gut aufgehoben sind. Durch die Präsenz der Lehrer und pädagogischen Fachkräfte, die aktive Begleitung gemeinsamer Bildungs- und Freizeitaktivitäten der Schülerinnen und Schüler und die dazugehörigen Bildungsangebote erfahren Kinder eine Unterstützung in ihrer Entwicklung, die viele Familien so gar nicht leisten können. Insofern tragen Ganztagsschulen zu Chancengleichheit innerhalb der Gesellschaft bei. Das ist mittlerweile auch wissenschaftlich nachgewiesen.
Mit „Gute Ganztagsschulen entwickeln – Zwischenbilanz und Perspektiven“ hat die Bertelsmann Stiftung nun eine Publikation herausgebracht, die einen Überblick über die Entwicklung der Ganztagsschulen bietet. Themen sind etwa wie sich der Ausbau der Ganztagsschulen entwickelt, welche Erfahrungen Eltern, Lehrkräfte und Schulleiter sammeln, was Ganztagsschulen benötigen und welche Kriterien zur Qualitätsbeurteilung sinnvoll sind. Aber auch die Grenzen der Schulen finden Berücksichtigung.
Auf den 260 Seiten des Buches im DIN A4 Format finden sich geballte Informationen. Mit dabei sind aktuelle Forschungsergebnisse und vielfältiges Zahlenmaterial. Schulporträts und Erfahrungsberichte illustrieren die Entwicklung der Schulen. Insgesamt liest sich das Buch wie ein Plädoyer für diesen Schultyp. Es informiert zudem über die Rahmenbedingungen und darüber, wie sich eine Schule zu einer Ganztagsschule entwickeln lässt. Insofern ist das Buch auch eine gute Motivation sowie eine erste Anleitung zur Schaffung weiterer Schulen dieser Art. Damit ist es vor allem für jene am besten geeignet, die sich hier selbst auf den Weg machen wollen, aber auch für alle Interessierten und Menschen, die bereits an einer Ganztagsschule mitarbeiten. Sie finden hier viele Anregungen, die bereits bestehende Einrichtung weiter zu entwickeln und zu verbessern.
Bertelsmann Stiftung (Hrsg.)
Gute Ganztagsschulen entwickeln
Zwischenbilanz und Perspektiven
260 Seiten
ISBN 978-3-86793-788-7
28 €
Ackern für gesunde Ernährung und Nachhaltigkeit
Die „GemüseAckerdemie"
Kinder und Jugendliche verlieren zunehmend den Zugang zur natürlichen Lebensmittelproduktion und den ihr zugrundeliegenden Prozessen. Als Konsequenz daraus sinkt die Wertschätzung für Lebensmittel: Immer weniger Kinder und Jugendliche wissen, wo Lebensmittel herkommen oder haben schon einmal selber Gemüse angebaut. In Deutschland werden über 30 % aller Lebensmittel weggeworfen. Ungesundes Ernährungsverhalten und Krankheiten wie Übergewicht und Diabetes nehmen bei Kindern und Jugendlichen kontinuierlich zu.
Um dies zu ändern und die Kinder und Jugendlichen für gesunde Ernährung und Nachhaltigkeit zu begeistern wurde die „GemüseAckerdemie" gegründet. Durch den Anbau und die Pflege von bis zu 25 Gemüsearten sowie die selbständige Vermarktung der Ernte erfahren die Kinder und Jugendlichen die vollständige Produktionskette des Gemüseanbaus und entwickeln dadurch eine Wertschätzung für Lebensmittel.
So bunt wie die Gemüsearten, sind auch die drei Programmrichtungen:
- AckerSchule: ganzjähriges Programm, bei dem Schülerinnen und Schüler auf ihrem eigenen Acker ihr eigenes Gemüse anbauen
- AckerKita: ganzjähriges Programm, bei dem Kita-Kinder auf ihrem eigenen Acker ihr eigenes Gemüse anbauen
- GemüseKlasse: 20-wöchiges Indoor-Programm für Schulen. Die Schülerinnen und Schüler bauen in Indoor-Hochbeeten direkt im Klassenzimmer ihr eigenes Gemüse an.
Der Acker wird unmittelbar auf oder in der Nähe des Schulgeländes oder der Kita angelegt. Unter fachlicher und pädagogischer Anleitung startet für die kleinen Landwirte in spe die Reise. Doch ein Beet einzurichten, erzielt allein noch keine Wirkung. Der Acker wird als pädagogischer Lernort genutzt, auf dem sich Kinder und Jugendliche im Schnitt 80 bis 100 Stunden befinden. Dabei lernen sie nicht nur Gemüse kennen, sondern nehmen zum Beispiel einen Regenwurm in die Hand und erfahren, warum er für den Anbau so wichtig ist. Darüber hinaus setzen sie sich auch damit auseinander, wie die Tomaten vom Acker über den Handel auf den Teller kommen.
Die Welt der bunten Beete ist in drei Programmphasen gegliedert: Die VorAckerZeit, die AckerZeit und die NachAckerZeit. Die VorAckerZeit von Januar bis April beinhaltet die organisatorische und inhaltliche Vorbereitung: Die Lehrer*innen nehmen an der ersten Fortbildung teil und die Schul- und Kita-Kinder bekommen einen ersten Einblick in das Thema Gemüseanbau, biologische Vielfalt sowie Bodenfruchtbarkeit. Die AckerZeit von April bis Oktober ist das Herzstück des Programms: Die Arbeit auf dem Acker. Nach der Bepflanzung des Schulgartens geht es pro Woche eine Doppelstunde auf den Acker. Die Kinder pflanzen, pflegen, ernten, probieren, verwerten ihr Gemüse. Teilweise vermarkten sie es auch. Die NachAckerZeit von Oktober bis Dezember bietet einen Blick „über den AckerRand“: Hier werden Anregungen zu weiterführenden Unterrichtsthemen wie Lebensmittelverschwendung und Sortenvielfalt vertieft.
Weitere Informationen unter www.gemueseackerdemie.de