Januar 2023

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Interview: „Wir brauchen mehr Bewegung in der Ganztagsschule!“

Foto: Universität Paderborn, Besim Mazhiqi
Foto: Universität Paderborn, Besim Mazhiqi

Einschneidende bildungspolitische Reform: Ab August 2026 hat jedes Grundschulkind in Deutschland einen Anspruch auf Ganztagsbetreuung. Ziel des von der Bundesregierung beschlossenen Rechtsanspruchs ist die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie ein Beitrag zur individuellen Förderung und Chancengleichheit aller Kinder. Doch was bedeutet das für die Bewegungswelt der Heranwachsenden? Prof. Dr. Miriam Kehne spricht über die Folgen dieser Entscheidungen und fordert: „Wir brauchen mehr Bewegung in der Ganztagsschule!“ Die Sportwissenschaftlerin leitet den Bereich Kindheits- und Jugendforschung im Sport, der im Department Sport & Gesundheit der Universität Paderborn angesiedelt ist.

Frau Kehne, wie stehen Sie der Reform erst einmal grundsätzlich gegenüber?

Kehne: Das Recht, das jedes Grundschulkind ab August 2026 einen Anspruch auf eine ganztägige Betreuung hat, sehe ich persönlich als eine Chance – denn es entspricht der gesellschaftlichen Entwicklung. Ich bin selbst Mutter zweier Kinder, mein Mann und ich sind beide berufstätig. Das heißt, ich weiß sehr wohl auch aus eigener Erfahrung, dass diese Entscheidung viel zur besseren Vereinbarkeit von Familien- und Berufsleben beitragen kann. Auch soll Kindern aus verschiedenen sozialen Milieus so eine Chancengleichheit eröffnet werden, das finde ich sehr gut.

Sie beschäftigten sich tagtäglich mit der Bewegungswelt von Kindern und Jugendlichen. Was kann sich für die Heranwachsenden ändern, die ab 2026 in die Ganztagsbetreuung gehen?

Kehne: Die Bewegungswelt hat sich für viele Heranwachsende bereits verändert und diese Entwicklung wird massiv weiter voranschreiten. Natürlich gibt es auch jetzt schon Kinder, genauer gesagt jedes zweite Kind, das den ganzen Tag in der Schule verbringt. Die anderen 50 Prozent jedoch verbringen die Nachmittage außerhalb der Schule im Idealfall mit verschiedenen Freizeitaktivitäten im organisierten oder informellen Rahmen: auf der Wiese spielen, Fahrradfahren, in den Sportverein gehen und natürlich auch andere Hobbies ausüben wie ein Instrument spielen. All diese Freizeitaktivitäten im Grundschulalter könnten – in der Form, wie wir sie bisher hatten – verdrängt werden. Was die Bewegung angeht, haben wir sowieso ein Problem: Repräsentative Daten zeigen, dass sich 75 Prozent der Kinder bereits im Grundschulalter weniger als eine Stunde am Tag bewegen. Das bedeutet im Umkehrschluss: Nur eines von vier Kindern bewegt sich genug! Eine Stunde Bewegung ist übrigens das, was die Weltgesundheitsorganisation täglich empfiehlt, um einen gesunden Lebensstil zu unterstützen. Wir kennen die hohe Relevanz von Sport und Bewegung für die physische Gesundheit mittlerweile sehr gut und wissen, dass körperliche Aktivität die Entwicklung von Kindern ganzheitlich fördern kann.

Es ist die Rede von Chancengleichheit für die Kinder. Ist die denn gegeben, sobald alle Kinder in der Ganztagsbetreuung sind?

Kehne: Aus meiner Sicht besteht an dieser Stelle noch ein ganz großer Aufholbedarf: Die Politik muss das System Ganztag, das sie jetzt geschaffen hat, so ausgestalten, dass wirklich eine Chancengleichheit bestehen kann und die Heranwachsenden tatsächlich davon profitieren. Dafür müssen die Rahmenbedingungen so geschaffen werden, dass das Angebot im Ganztag eine entsprechende Qualität aufweist.

Was könnte das konkret sein?

Kehne: Im Bewegungsbereich heißt das: Die Kinder haben in der Regel einen natürlichen Bewegungsdrang, aber die Voraussetzungen, die sie mitbringen, sind sehr unterschiedlich. Das betrifft sowohl den motorischen als auch den psychosozialen Status der Kinder. Um die Potenziale von Bewegung, Spiel und Sport zu nutzen und allen Kindern die Ausbildung eines aktiven Lebensstils zu ermöglichen, benötigen wir mehr Personal, das zudem entsprechend qualifiziert sein muss. Außerdem fehlen manchmal entsprechende Räumlichkeiten für Bewegung und die Nutzung ist vor allem im Ganztagsbetrieb oftmals nur eingeschränkt möglich. Beispielsweise wenn es regnet und der Schulhof nicht genutzt werden kann. Welche Räumlichkeiten stehen den Kindern dann zur Verfügung? Weiter halte ich es für absolut unerlässlich, dass die außerschulischen Bildungsinstitutionen – wie im Bewegungsbereich die Sportvereine – aktiv in die Ausgestaltung des schulischen Ganztags eingebunden werden. Schließlich sollen die Kinder auch in der Ganztagsschule weiterhin ihren Hobbys nachgehen können beziehungsweise einen Zugang zu den außerschulischen Bildungspartnern erhalten.

Sie sind Sprecherin des Clusters „Ganztag“ im „Forschungsverbund Kinder- und Jugendsport NRW“ (FKJ). Der FKJ hat gerade ein Positionspapier zum Thema Ganztagsbetreuung herausgegeben. Wieso ist das nötig?

Kehne: Wir halten es für unerlässlich, tägliche Bewegungs-, Spiel- und Sportaktivitäten parallel zum schulischen Ganztagsausbau mitzudenken und aktiv in den Schulalltag einzubinden. Das bedeutet, nicht einfach nur das Betreuungsangebot zu erweitern, sondern wirklich auf die Interessen und Bedürfnisse der Kinder einzugehen. Es geht hier aus unserer Sicht um die individuelle motorische, emotionale, soziale und kognitive Entwicklung der Kinder.

Was fordern Sie und Ihre Kolleg*innen?

Kehne: Wir fordern: Berücksichtigt die Bewegungswünsche der Kinder! Gestaltet bewegte Schulräume! Nutzt Bewegungsangebote im Ganztag! Schafft ein bewegtes Schul- und Ganztagskonzept! Entwickelt bewegte Bildungslandschaften im kommunalen Raum! Fördert die Qualifikation für Bewegung, Spiel und Sport! Und: Sichert die Qualität von bewegten Ganztagsschulen.

Ist das denn aus Ihrer Sicht nur eine Frage von politischen Rahmenbedingungen?

Kehne: Nicht nur, aber sie sind essentiell. Sport und Bewegung haben einen sehr wichtigen Stellenwert für die gesunde Entwicklung und lebenslange Gesundheit – da spielen neben der Politik als ‚Rahmenbedingungsgestalter‘ unter anderem auch die Eltern eine wesentliche Rolle. Politiker*innen und Eltern sind also ganz zentrale Schnittstellen. Die Politik muss die Bedingungen ermöglichen, festlegen und verankern. Das ist absolut richtungsweisend, weil sonst alle anderen Akteur*innen, also Eltern, Trainer*innen, Lehrer*innen und andere Beteiligte wie freiwillige Sporthelfer*innen und viele mehr, gehindert werden. Die Eltern sind diejenigen, die ihre Kinder prägen – gerade im Bewegungskontext. Aber: Die Umsetzung, den Transfer, den können wir nur alle gemeinsam gestalten.

Welche Rolle spielt die Wissenschaft an der Stelle?

Wir wissen oft nicht so genau, wo die Stolpersteine in der Praxis liegen, was die Akteur*innen benötigen. Wenn wir in einen Dialog treten und zusammenarbeiten, dann können wir mit unserer Arbeit, der Forschung, genau dort ansetzen, wo Erkenntnisse gebraucht werden. So können wir fundiertes Wissen weitergeben. Hier setzt beispielsweise das von uns gegründete Bewegungs- Spiel- und Sportlabor besslab an. Es braucht in diesem Netzwerk aber viele Partner*innen: Politik, den organisierten Sport, die Universitäten und Hochschulen, die Eltern, das System Schule, in dem übrigens höchst multiprofessionelle Teams im Bereich Sport und Bewegung arbeiten. Wir schaffen das nur gemeinsam.

Wie sieht das System Ganztag in Ihrer Idealvorstellung aus?

Kehne (lacht): Davon sind wir leider noch entfernt, aber: In der idealen Welt müssten wir den Alltag an Grundschulen komplett anders rhythmisieren. Das bedeutet, wir würden nicht mehr unterscheiden zwischen einem kognitiven Vormittagsbereich (Deutsch, Mathe, Englisch, Sachkunde und so weiter) und einer Betreuungssituation am Nachmittag. Aus meiner Sicht wäre es sinnvoll, die Bewegung und die kognitiven Aspekte im Ganztag zu durchmischen. Wir wissen schließlich durch zahlreiche Studien, dass Bewegung für das kognitive Lernen eine hohe Relevanz besitzt: Auswendiglernen funktioniert besser, wenn man sich bewegt, also durch den Raum läuft. Nach dem Spielen draußen können sich Kinder besser auf ihre Hausaufgaben konzentrieren. Wir könnten Bewegung auch lernbegleitend sehen. Kinder entwickeln sich durch Bewegung, lernen ihre Umwelt kennen. Bewegung bringt viele Vorteile mit sich, und das ist etwas, das wir uns mehr zunutze machen sollten – und das ist aus meiner Perspektive leider immer noch nicht vollends in der Gesellschaft und auch Politik angekommen.

Weitere Informationen:

https://www.kiju-sport.nrw/wp-content/uploads/FKJ-Positionspapier-Ganztag_2022-1...Positionspapier des Forschungsverbundes Kinder- und Jugendsport NRW (PDF)

 


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70 Jahre „Schülerlotsen“ – Fokus auf die Schulwegsicherheit

Verkehrswacht

70 Jahre „Schülerlotsen“ – Fokus auf die Schulwegsicherheit

Am 14. Januar 1953 führte der Bundesverkehrsminister Hans-Christoph Seebohm den Schülerlotsendienst in der BRD ein und gab damit den Startschuss für eines der erfolgreichsten Projekte der ehrenamtlichen Verkehrssicherheitsarbeit. 70 Jahre später sichern bundesweit etwa 50.000 Verkehrshelfer gefährliche Übergänge im Umfeld von Schulen und verhindern damit wirksam schwere Unfälle. Seit den Anfängen betreut die Deutsche Verkehrswacht e.V. (DVW) das Schülerlotsen-Projekt und kümmert sich heute um die Ausstattung, unterstützt bei der Ausbildung und richtet den Bundeswettbewerb aus. Zusammen mit einer intensiven Verkehrserziehung und dem individuellen Schulwegtraining ergänzen Verkehrshelfer die Bemühungen der DVW zur Steigerung der Schulwegsicherheit.

DVW-Präsident Prof. Kurt Bodewig: „Schülerlotsen verdienen Dank und großen Respekt für ihr tägliches Engagement. Sie zeigen Verantwortung und setzen sich seit nun schon 70 Jahren ehrenamtlich für die Sicherheit ihrer Mitmenschen ein – mit Erfolg. Noch nie gab es einen schweren oder tödlichen Unfall an Übergängen, die von Verkehrshelfern gesichert werden. Das ist eine beeindruckende Bilanz und sollte Anlass sein, das ganze Thema Schulwegsicherheit noch stärker in den Fokus zu nehmen.“

Übergreifende Zusammenarbeit

Um Schülerlotsen bzw. Verkehrshelfer einzusetzen, müssen verschiedene Akteure zusammenarbeiten. Die Initiative geht meist von den Schulen und den Eltern aus, die einen Bedarf feststellen und sich oft mit Verkehrswacht, Polizei und zuständigen Verwaltungsbehörden abstimmen. Wenn sich geeignete Schülerinnen und Schüler finden, werden sie durch die Polizei ausgebildet und in der ersten Zeit begleitet. Danach organisieren die Schulen eigenverantwortlich den Dienst. Dabei kommt es auf engagierte Lehrkräfte und auch Eltern an, die das Projekt vor Ort am Leben halten. Immer öfter unterstützen auch Eltern als Verkehrshelfer die Schulwegsicherung.

Die Durchführung der Verkehrshelfer-Ausbildung orientiert sich am Leitfaden der DVW. Die Ausstattung mit reflektierender Kleidung und der bekannten Winkerkelle sowie Infomaterialien erfolgt durch den Verkehrswacht-Verlag (VMS – Verkehrswacht Medien und Service). Finanziert wird die Ausstattung seit über 30 Jahren maßgeblich vom Verband der Automobilindustrie e.V. (VDA).

Mehr Verkehr und „Elterntaxis“

Die Aufgaben der Schülerlotsinnen und -Lotsen haben sich nicht wesentlich verändert. Allerdings sind die Anforderungen gestiegen. So hat sich das Verkehrsaufkommen enorm erhöht. Während 1953 zur bundesweiten Einführung der Schülerlotsen etwas mehr als 1 Mio. PKW gemeldet waren, hat sich deren Zahl in den 60er-Jahren bereits verzehnfacht. Heute fahren mehr als 48 Mio. PKW in Deutschland. Besonders in den Städten ist die Lage angespannt. Hinzu kommt, dass viele Eltern ihre Kinder den Schulweg nicht mehr allein bestreiten lassen, sondern den Nachwuchs mit dem Auto bringen. Die sogenannten Elterntaxis sorgen dabei vor vielen Schulen jeden Morgen für ein gefährliches Verkehrschaos.

Bodewig: „Viele Eltern wollen aus Zeitnot oder Angst ihre Kinder am liebsten bis ins Klassenzimmer fahren. Dabei stellen genau diese Elterntaxis eine große Gefährdung dar. Eltern sollten sich Zeit für ein intensives Schulwegtraining mit ihren Kindern nehmen und sie den Schulweg dann möglichst allein gehen lassen. Nur so können Kinder wertvolle Erfahrungen für ihre eigenständige und sichere Verkehrsteilnahme sammeln.“

Verkehrserziehung und Schulwegtraining

Kinder sollten früh lernen, wie sie sich selbstständig und sicher im Straßenverkehr bewegen. Dafür muss die Verkehrserziehung und Mobilitätsbildung bestenfalls schon in der Kita beispielsweise mit gezieltem Bewegungstraining beginnen und sich bis in die Schule fortsetzen. Viele Ehrenamtliche in den Verkehrswachten bieten vor Ort passende Infoveranstaltungen für Eltern und pädagogisches Personal an und organisieren Verkehrssicherheitstage mit Kindern. Die Radfahrausbildung in der 3. und 4. Klasse bildet dann den Höhepunkt der schulischen Verkehrserziehung. Nach der bestandenen Prüfung sind die Kinder fit, um den Schulweg mit dem Fahrrad zurückzulegen.

Auch Eltern können schon sehr früh unterstützen, indem sie sich mit ihren Kindern bewusst durch den Verkehr bewegen und erste Grundregeln und Verhaltensweisen vermitteln. Vor der Einschulung beginnt dann das Schulwegtraining. Sobald sich die Schülerinnen und Schüler souverän zurechtfinden und sicher zu Fuß unterwegs sind, können sie den Weg zum Unterricht allein bestreiten.

Mehr zu den Schülerlotsen: https://deutsche-verkehrswacht.de/themen/lotsen-fuer-verkehrssicherheit/


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Neue Zertifizierungsmöglichkeit zur pädagogischen Fachkraft im Handlungsfeld „Kindertageseinrichtungen in Niedersachsen“

Neue Zertifizierungsmöglichkeit zur pädagogischen Fachkraft im Handlungsfeld „Kindertageseinrichtungen in Niedersachsen“

An der Universität Vechta kann nun das Zertifikat „Pädagogik der frühen Kindheit/Early Childhood Education“ erworben werden. Dieses ermöglicht den Berufszugang als pädagogische Fachkraft zum Handlungsfeld „Kindertageseinrichtungen in Niedersachsen“ – nach Absolvieren eines Assistenzjahres. Es gestattet Akademiker*innen in der praktischen Pädagogik tätig zu werden und den Stellenprofilen entsprechend zu arbeiten.

„Die Kindertagesbetreuung ist neben der Schule das größte Handlungsfeld der Erziehungswissenschaften“, erklärt Prof.in Dr.in Anke König. „Das war nicht immer so – sondern ist Ergebnis eines dynamischen sozialen Wandels, den wir seit den 2000er-Jahren erleben.“ Insbesondere die Kinder unter drei Jahren hätten dabei die Kindergartenlandschaft verändert, sagt die Universitätsprofessorin für Allgemeine Pädagogik/Frühpädagogik. „Praktische Pädagogik und erziehungswissenschaftliche Forschung sind in diesen Handlungs- und Forschungsfeldern insbesondere herausgefordert, das Aufwachsen in einer pluralen Welt zu beobachten und gute Bildungsorte für die jungen Kinder zu ermöglichen.“ Die derzeitigen Veränderungsprozesse seien komplex und müssten vielstimmig bearbeitet werden. Multiprofessionelle Teams zeichnen die Kita heute schon aus. Das System der Kindertageseinrichtungen biete daher eines der vielversprechendsten Berufsfelder der Zukunft, sagt König. „Wer Entwicklungsdynamik erleben will – kann das von den jungen Kindern lernen – und diese Erfahrungen dann auch auf der Strukturebene einbringen, um so pädagogische Einrichtungen weiterzuentwickeln.“

Das Zertifikat „Pädagogik der frühen Kindheit/Early Childhood Education“ lässt sich ideal mit dem Teilstudiengang BACS Erziehungswissenschaften an der Universität kombiniert studieren. Es eignet sich auch zur Nachqualifizierung von anderen erziehungs- und sozialwissenschaftlichen Studiengängen.

Mehr Informationen: https://www.uni-vechta.de/erziehungswissenschaften/studium/zertifikat


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Forscheridee im Januar: Mit Leichtigkeit auf dem Mond

Christoph Wehrer / Stiftung Haus der kleinen Forscher
Christoph Wehrer / Stiftung Haus der kleinen Forscher

Mit Leichtigkeit auf dem Mond

Auf dem Mond kann man meterweit springen und ohne Anstrengung schwere Sachen werfen, denn dort herrscht eine geringe Schwerkraft. Alles wiegt viel weniger als auf der Erde. Mit diesem Versuch können die Kinder die unterschiedliche Schwerkraft erkunden, ganz ohne den Mond zu besuchen.

Sie brauchen:

  • Zwei gleich große leere PET-Flaschen,
  • Wasser,
  • eine Waage

Alltagsbezug aufgreifen

Die Schwerkraft der Erde kennen wir gut, denn wir erleben sie jeden Tag. Sie „zieht“ uns stets zum Boden und wir müssen uns anstrengen, um sie zu überwinden. Sie gibt uns und allen Dingen auf der Erde ein Gewicht, das wir mit einer Waage messen können. Welche Situationen kennen die Kinder, in denen sie die Schwerkraft besonders stark spüren, z. B. beim Hüpfen, Treppensteigen oder Anheben schwerer Gegenstände? Was fällt den Kindern noch ein?

Schwerkraft auf dem Mond

Auch auf dem Mond gibt es Schwerkraft, aber sie ist viel geringer als auf der Erde. Eine Waage würde nur ein Sechstel unseres gewohnten Gewichts anzeigen und wir würden uns auf dem Mond entsprechend leicht fühlen.

Mit zwei unterschiedlich gefüllten Flaschen können die Kinder die geringe Schwerkraft des Mondes nachempfinden: Füllen Sie die Flaschen mit so viel Wasser, dass eine davon sechsmal mehr wiegt als die andere, z. B. 900 Gramm und 150 Gramm. Die Kinder nehmen nun die Flaschen in die Hände und vergleichen: Die volle Flasche stellt das „normale“ Gewicht auf der Erde dar, die sich aber auf dem Mond wie die leichte Flasche anfühlen würde.

Ideen zum Weiterforschen

Damit der unterschiedliche Füllstand der Flaschen nicht sichtbar ist, können die Kinder sie in Papier einwickeln oder sich die Augen verbinden. Natürlich können auch andere Behälter verwendet werden, z. B. mit Büchern gefüllte Rucksäcke oder mit Sand gefüllte Kartons. Das Gewichtsverhältnis sollte dabei 6:1 betragen.

Wissenswertes für Erwachsene

Schwerkraft ist der Klebstoff des Universums. Gäbe es sie nicht, dann würden wir bei jedem Hüpfer von der Erdoberfläche davon schweben. Auch unser Mond wäre schon längst in den Weiten des Weltalls verschwunden, unser Sonnensystem würde auseinanderdriften und es gäbe keine Galaxien.

Schwerkraft wirkt zwischen allen Objekten, die eine Masse haben, also aus Materie bestehen. Das bedeutet, dass nicht nur Himmelskörper Schwerkraft ausüben, sondern auch alles andere, z. B. Äpfel, Ameisen oder Sandkörner – und auch wir selbst. Sie ist aber auch eine ziemlich schwache Kraft, darum spüren wir sie nur bei Objekten, die eine außerordentlich große Masse haben, wie z. B. Sterne, Monde und Planeten.

Masse ist übrigens nicht das gleiche wie Gewicht. Die Masse gibt an, wie viel Materie ein Körper enthält. Die Masse ist daher überall gleich, egal ob auf der Erde oder auf dem Mond. Das Gewicht eines Körpers hingegen gibt die Kraft an, mit der dieser Körper von einem anderen Objekt mit dessen Schwerkraft angezogen wird. Das Gewicht hängt also davon ab, wo es gemessen wird, z. B. auf der Erde oder auf dem Mond.

Tag der kleinen Forscher

Am 13. Juni 2023 ist „Tag der kleinen Forscher“ – der bundesweite Mitmachtag für alle, die gerne forschen. Er stellt die Bedeutung des forschenden Lernens in Kita, Hort und Grundschule in den Mittelpunkt und widmet sich jedes Jahr einem neuen, spannenden Thema rund um Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik und Nachhaltigkeit. In diesem Jahr schickt die Stiftung „Haus der kleinen Forscher“ Kinder in ganz Deutschland auf eine Reise ins Weltall. Mädchen und Jungen entdecken bunte Sterne, entfernte Galaxien und schwarze Löcher. Sie verwandeln sich in Astronautinnen und Astronauten, besuchen Raumstationen oder den Mond. Das Motto: „Abenteuer Weltall – komm mit!“

Bildungseinrichtungen können das Aktionsmaterial zum "Tag der kleinen Forscher" ab dem 22. Februar 2023 kostenfrei auf hdkf.de/aktionsmaterial herunterladen oder bestellen und bekommen damit viele tolle Anregungen zum Forschen sowie Hintergrundwissen rund um das Weltall.

Die Stiftung „Haus der kleinen Forscher“

Die gemeinnützige Stiftung „Haus der kleinen Forscher“ engagiert sich für gute frühe Bildung in den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (MINT) – mit dem Ziel, Mädchen und Jungen stark für die Zukunft zu machen und zu nachhaltigem Handeln zu befähigen. Gemeinsam mit ihren Netzwerkpartnern vor Ort bietet die Stiftung bundesweit ein Bildungsprogramm an, das pädagogische Fach- und Lehrkräfte dabei unterstützt, Kinder im Kita- und Grundschulalter qualifiziert beim Entdecken, Forschen und Lernen zu begleiten. Das „Haus der kleinen Forscher“ verbessert Bildungschancen, fördert Interesse am MINT-Bereich und professionalisiert dafür pädagogisches Personal. Partner der Stiftung sind die Siemens Stiftung, die Dietmar Hopp Stiftung, die Dieter Schwarz Stiftung und die Friede Springer Stiftung. Gefördert wird sie vom Bundesministerium für Bildung und Forschung.


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Kinder erzählen Klimageschichten – kindgerechtes Wissen über den Klimawandel

Kinga Jarzynka/AWI
Kinga Jarzynka/AWI

Mit einem einzigartigen Projekt vermittelt das Alfred-Wegener-Institut Kindern wichtiges Wissen auf Augenhöhe und fantasievoll

Der Klimawandel ist eine der größten Herausforderungen, vor der alle Generationen unserer Gesellschaft stehen. Doch wie können wir auch den Jüngeren das Thema auf eine positive und kreative Art nahebringen und sie an Wissen teilhaben lassen, das ihre Zukunft beeinflussen wird? Eine Möglichkeit hat das Alfred-Wegener-Institut im Projekt „Und was kommt dann? Kinder erzählen Klimageschichten“ entwickelt. Gemeinsam mit Forschenden konnten Schul- und Kindergartenkinder ihre ganz eigenen Geschichten über die Zukunft der Arktis erzählen. Aus den Ideen ist das Kinderlied „Arktishelden“ entstanden, das Anfang Dezember erschienen ist.

Schmelzende Gletscher, Dürren oder Überschwemmungen – schon jetzt merken wir die Folgen des Klimawandels. Die Wissenschaft ist sich einig, dass die Folgen in den kommenden Jahrzehnten noch stärker werden und zukünftige Generationen vor noch größeren Herausforderungen stehen. Doch wie kann man Kindern und Jugendlichen ein so komplexes Thema wie den Klimawandel näherbringen, ohne sie in Angst und Schrecken zu versetzen und ihnen gleichzeitig zeigen, dass sie selber handeln und Lösungen finden können? Mit dem Projekt „Und was kommt dann? Kinder erzählen Klimageschichten“ hat das Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) Wissen kreativ und auf Augenhöhe vermittelt: Es bringt Kinder und Forschende zusammen, um sich gemeinsam dem Thema Klimawandel zu nähern – in Form einer Heldengeschichte.

Diese haben sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des AWI zusammen mit der Erzählkünstlerin Barbara Greiner-Burkert erdacht: Jasmin und Leon machen sich mit einem magischen Schlitten auf den Weg in die Arktis, um herauszufinden, warum es in Bremerhaven nicht mehr schneit. Auf dem Weg treffen sie Gletscher, Wale und Krebstierchen, die ihnen erzählen, wie sehr sich ihr Lebensraum verändert. Plötzlich bleibt ein junger Narwal in einem Eisloch stecken und kann sich nicht mehr alleine befreien. Wie Jasmin und Leon dem Jungtier aus der Klemme helfen, blieb der Fantasie von zehn Schulklassen und Kindergärten aus Bremen und Bremerhaven überlassen, die an dem Projekt teilnahmen und die Geschichte weitererzählten.

D!E GÄNG - ARKTISHELDEN

Um sie dabei zu unterstützen, besuchten AWI-Forschende die Kinder an jeweils zwei Thementagen im Juni 2022. Dort gaben sie eine kurze Einführung in ihre Arbeit und in die Arktis, ließen die Kleinen in Polarkleidung schlüpfen und brachten Experimente und Spiele mit. Gemeinsam mit Erzählpädagoginnen haben die Kinder die Geschichte weitererzählt und Wege gefunden, wie Jasmin und Leon dem jungen Narwal helfen konnten. Dabei waren der Fantasie keine Grenzen gesetzt, wie Projektleiterin Kinga Jarzynka vom AWI sagt: „In den Geschichten haben die Protagonisten Telefonketten gebildet, einen Aufruf per Instagram-Story gepostet, arktische und magische Tiere um Hilfe gebeten, Polarflieger, U-Boote und Heißluftballons gerufen. Es kamen Minions, Superhelden, Meerjungfrauen, Feen, Zauberer und sogar Polarforschende vor. Mit vereinten Kräften haben die Kinder es geschafft, den jungen Narwal in der Arktis zu retten.“

Die Erzählkunst erwies sich als ideales Mittel, um Kindern einerseits wichtiges Wissen über jetzt schon sichtbare sowie zukünftige Auswirkungen des Klimawandels zu vermitteln und andererseits, um von ihnen und ihren Ideen zu lernen. „Mit dem Projekt ist es uns gelungen, sehr viele Kinder an das Thema Arktis heranzuführen, sie für diese Region zu begeistern und für die dort stattfindenden Klimaänderungen zu sensibilisieren“, sagt Kinga Jarzynka. „Sie wissen jetzt, wie es in der Arktis aussieht, wer dort lebt und sogar wie Eis klingt und Meereis schmeckt. Kinder haben eine starke Vorstellungskraft und können hervorragend um Ecken denken. Und dies kam beim gemeinsamen Erzählen und Erfinden gut zur Geltung. Die Botschaft unserer Geschichte ist klar: Die Mission kann nur gelingen, wenn wir gemeinsam nach Zukunftslösungen suchen.“

Die Arktis-Geschichte wird vertont und deutschlandweit weitererzählt

Die kreativen Erzählungen der Kinder hat die Berliner Musikgruppe „D!E GÄNG“ in einem Lied vereint, das am 2. Dezember auf allen digitalen Streaming- Diensten erschien: In „Arktishelden“ vertonen die Musiker nicht nur die am AWI entstandene Geschichte, auch viele Ideen der Kinder sind in das Lied eingeflossen. „Die Idee traf bei uns auf offene Türen und wir haben gerne für die kleinen Projektteilnehmer:innen getextet und komponiert“, so die Band. D!E GÄNG wird das Lied am 18. Dezember bei einem Konzert im Holzmarkt in Berlin zum ersten Mal live spielen. Kinga Jarzynka wird das Projekt und die Arktis-Geschichte des AWI bei der Veranstaltung vorstellen.

Doch nicht nur Schulen und Kindergärten in Bremen und Bremerhaven konnten die Arktis-Geschichte weitererzählen: Im Oktober rief das AWI zu einem bundesweiten Erzählwettbewerb auf. Insgesamt beteiligten sich 25 Klassen und Kindergärten mit kreativen Video-, Audio- und Textbeiträgen. Den ersten Platz belegte die 4. Klasse der Giersbergschule in Siegen mit einer Hörgeschichte, in der niemand Geringerer als der Weihnachtsmann den Kindern und dem Narwal zu Hilfe eilt. Der Gewinn ist ein Besuch von AWI-Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern.

Wissenschaftsjahr 2022 - Nachgefragt!

Das Projekt „Und was kommt dann? Kinder erzählen Klimageschichten“ ist Teil des Wissenschaftsjahres 2022 – Nachgefragt! vom Bundesministerium für Bildung und Forschung. Dieses widmet sich den Themen, die Bürgerinnen und Bürger ganz persönlich beschäftigen. Bei der zentralen Mitmachaktion, dem Ideenlauf, konnten sie ihre Fragen für die Wissenschaft einreichen. Vertreterinnen und Vertreter aus Wissenschaft und Gesellschaft bündelten die Fragen in Clustern und ergänzten sie in einem Ergebnispapier mit fachlichen Informationen. Antje Boetius, Direktorin des AWI, war eine von dreizehn Forschenden im Science Panel, das die Perspektive der Wissenschaft vertrat. Das Ergebnispapier liefert neue Impulse für zukünftige Forschung und Forschungspolitik und wurde bei der Abschlussveranstaltung des Wissenschaftsjahres im November 2022 an das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und die Allianz der Wissenschaftsorganisationen übergeben. Diese überprüfen nun, wie der Input der Bürgerinnen und Bürger zukünftig genutzt werden kann. Das Ergebnis dieser Prüfung soll im Sommer 2023 der Öffentlichkeit vorgestellt werden.

Weiterführende Informationen:

Alles zum Projekt „Und was kommt dann? Kinder erzählen Klimageschichten“: https://www.awi.de/projekt-klimageschichten.html


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BMBF startet Kampagne zur Bildung für nachhaltige Entwicklung

Noah Buscher on Unsplash

Stark-Watzinger: Kritisches Denken für nachhaltige Entwicklung fördern

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) startet im Januar seine Kampagne zur Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE). Ziel der neuen Kampagne ist es, den Austausch über BNE zu fördern, das Netzwerk zu erweitern und das Thema sichtbarer zu machen.

Dazu erklärt Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger:

„Bildung für nachhaltige Entwicklung soll Menschen zu zukunftsfähigem Denken und Handeln befähigen. Das ist angesichts der großen Herausforderungen wie dem Klimawandel wichtiger denn je. Mit unserer neuen Kampagne wollen wir konkrete Handlungsmöglichkeiten aufzeigen, erfolgreiche Projekte und die Gesichter dahinter vorstellen und so kritisches Denken für nachhaltige Entwicklung fördern. Wir sind überzeugt, dass Bildung der Schlüssel für nachhaltiges Handeln ist. Das Motto der Kampagne lautet daher: ‚Lernen. Handeln. Gemeinsam Zukunft gestalten.‘ BNE soll im gesamten Bildungssystem verankert werden. Mit der Kampagne und unserem Engagement in diesem Jahr wollen wir diesem Ziel ein großes Stück näherkommen.“

Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) versetzt Menschen in die Lage, Entscheidungen für die Zukunft zu treffen und dabei abzuschätzen, wie sich eigenes Handeln auf künftige Generationen oder das Leben in anderen Weltregionen auswirkt. Das 2020 gestartete UNESCO-Programm BNE 2030 zielt darauf ab, die strukturelle Verankerung von BNE im gesamten Bildungssystem voranzubringen. In Deutschland wird BNE auf der Grundlage des Nationalen Aktionsplans Bildung für nachhaltige Entwicklung umgesetzt.

Die neue Kampagne des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) trägt zu den übergreifenden Zielen des Programms BNE 2030 und des Nationalen Aktionsplans bei. Prominente Gesichter wie beispielsweise Julia Kleeberger, Gründerin und CEO der Organisation Junge Tüftler, und die ehemalige TV-Moderatorin Janine Steeger, die die Plattform Futurewoman ins Leben gerufen hat, unterstützen die Kampagne. Auf der neuen Webseite bne-jetzt.de erzählen sie ihre persönliche Geschichte: warum Nachhaltigkeit in ihrem Leben eine zentrale Rolle spielt, wie sie sich für das Thema einsetzen und an welchen Vorbildern sie sich orientiert haben.

Die Auftaktveranstaltung findet am 23. Januar 2023 im Museum für Naturkunde in Berlin statt und wird per Livestream übertragen.

Weitere Informationen

www.bne-jetzt.de