Februar 2023

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Forschung: BesserLesen: Leseförderung durch App und KI-gestützte Spracherkennung

Emily Wade auf Unsplash

Die Technische Universität Braunschweig hat im Verbund mit der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) und der Technischen Universität München (TUM) beim Bundesministerium für Bildung und Forschung Mittel für das Validierungsprojekt BesserLesen in Höhe von 1,317 Millionen Euro eingeworben. Ziel des Verbundprojekts ist die Bereitstellung einer demonstrativen App, die in ein didaktisches Gesamtkonzept zur kooperativen Leseförderung für Kinder im Grundschulalter eingebettet ist. Für die deutsche Sprache ist eine derartige Anwendung bislang nicht verfügbar.

Dabei kommt eine KI-basierte automatische Aussprachebewertung zum Einsatz, die Lernen im individuellen Lerntempo ermöglicht und durch gezieltes Feedback zur Verbesserung der Lesekompetenz von Kindern beitragen soll. Verbund-Projektleiter Professor Tim Fingscheidt vom Institut für Nachrichtentechnik der TU Braunschweig betont die Wichtigkeit der langjährigen Vorarbeiten: „Die bereits an der TU Braunschweig entwickelte automatische Spracherkennung ist die Grundlage. Diese soll im Rahmen des Projekts mit Algorithmen zur Bewertung der Aussprachequalität beim Lesen kombiniert werden.“ Der Anteil der TU Braunschweig an der Zuwendung des BMBF beträgt 673.000 Euro.

Zur Aussprachequalität beim Lesen gehört zunächst primär die Lautformung, also z.B. ob der Doppellaut „eu“ im Wort „Leute“ richtig ausgesprochen wird. Ebenfalls wird die Intonation untersucht, also die Sprachmelodie. Am Ende eines Fragesatzes sollte die Stimme beispielsweise angehoben werden. Schließlich wird auch der Lesefluss bzw. die Sprechgeschwindigkeit automatisch vermessen.

Diese Kerntechnologie entfaltet sich über die App im Rahmen eines kooperativen Leseförderkonzepts, das an Grundschulen umgesetzt und evaluiert werden soll. Die Leiterin des Teilprojekts an der LMU München, Prof. Uta Hauck-Thum, fokussiert dabei auf ein verändertes Verständnis des Lehrens und Lernens in der digitalen Welt: „Es geht uns nicht nur darum, Technologien weiterzuentwickeln, sondern auch Unterricht als solchen.“ Die App wird darüber hinaus auch für das eigenständige Lernen zu Hause konzipiert.

Erkenntnisse aus dem Vorhaben können genutzt werden, um durch den Einsatz digitaler Medien herkunftsspezifische Bildungsungleichheiten zu verringern. PD Dr. Jana Heinz leitet das Teilprojekt an der Technischen Universität München. Sie betont, dass mit der App die Chancengleichheit und Bildungsteilhabe von Schülerinnen und Schülern verbessert werden soll. Die Ergebnisse werden Erziehenden und Lehrenden in der Aus- und Weiterbildung zur Verfügung gestellt.


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Kinderzeit-Podcast: Herausforderungen als Kita-Leitung

Kinderzeit – der Kita–Podcast für Erzieher:innen in Krippe, Kindergarten und Schule

Dies ist eine ganz besondere Folge des Kinderzeit-Podcasts. Sie wurde als Live-Podcast im Rahmen des Kita-Onlinekongress aufgezeichnet. Es geht um die Herausforderungen als Kita-Leitung. Darüber sprechen wir mit Saskia Franz vom Kindergarten St. Franziskus in Benningen. Es geht um Fachkräfte-Mangel, Leitungsaufgaben und pädagogische Konzepte. Viel Spaß beim Hören!

Kinderzeit-Podcast: Herausforderungen als Kita-Leitung

Diese Folge wird euch präsentiert von HABA PRO – Ihrem kompetenter Ausstatter für Krippen, Kindergärten, Horte und Schulen www.haba-pro.com

Shownotes:

Kongressbeiträge Kita-Onlinekongress

https://kita-onlinekongress.de/kongressbeitraege/

Kindergarten St. Franziskus in Benningen

https://im-kirchtal.de/

Gastbeitrag über die Herausforderungen als Kita-Leitung

https://www.kinderzeit.de/news-detail-weiterbildung/kita-leitung-spagat-zwischen-alltagsbelastungen-und-zukunftsanforderungen.html

Welche Voraussetzungen brauche ich als Leitung?

https://www.herder.de/kiga-heute/leitungsheft/archiv/2019-12-jg/1-2019/welche-persoenlichen-und-fachlichen-kompetenzen-brauche-ich-als-leitung-fragen-von-leitungseinsteigerinnen-1/

Umfrage unter Kita-Leitungen


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Jedes Kind braucht eine Zukunft! – Deutsches Kinderhilfswerk und UNICEF Deutschland geben Motto zum Weltkindertag 2023 bekannt

Der diesjährige Weltkindertag am 20. September steht unter dem Motto „Jedes Kind braucht eine Zukunft!“. UNICEF Deutschland und das Deutsche Kinderhilfswerk fordern mit diesem Motto ein stärkeres politisches Engagement für eine gerechte und lebenswerte Zukunft junger Menschen. Zur Halbzeit bei der Umsetzung der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung appellieren die beiden Organisationen, das globale Versprechen einzuhalten, kein Kind zurückzulassen.
 
Das Erreichen der 17 nachhaltigen Entwicklungsziele („Sustainable Development Goals“, SDGs) ist in Gefahr – und damit auch die Verwirklichung der Kinderrechte, denn jedes der in der Agenda 2030 verankerten Ziele hat eine zentrale Bedeutung für Kinder und ihr Wohl. Bereits vor der COVID-19-Pandemie zeichnete sich ab, dass die bisherigen Fortschritte nicht ausreichen, um die Agenda 2030 zu verwirklichen. Die Folgen von Konflikten – insbesondere die gravierenden Auswirkungen des Ukraine-Krieges –, von Klimawandel, Pandemie sowie der Wirtschafts- und Energiekrise gefährden das Erreichen der SDGs nun zusätzlich und bedrohen die Entwicklungschancen zahlreicher Kinder und Jugendlicher weltweit und in Deutschland.
 
„Wie weit die Welt bei der Umsetzung der nachhaltigen Entwicklungsziele bisher gekommen ist, lässt sich daran ablesen, wie es Kindern heute geht. Mehr Kinder als je zuvor leiden an Hunger oder wachsen in Armut auf. Gleichzeitig haben weniger junge Menschen Zugang zu guter Bildung oder medizinischer Versorgung. Die Zeit drängt. Wir müssen jetzt deutlich mehr Anstrengungen und Investitionen in ihre Bildung, Entwicklung und ihren Schutz geben – in Deutschland und jeder Region der Erde“, sagt Christian Schneider, Geschäftsführer von UNICEF Deutschland.
 
„Als Kinderrechtsorganisation müssen wir insbesondere in der politischen Debatte in Deutschland eine geradezu sträfliche Vernachlässigung der Belange junger Menschen wahrnehmen. Kinderinteressen werden systematisch ausgeblendet, obwohl sie als ein vorrangiger Gesichtspunkt ins Zentrum politischen Handelns gehören. Dafür braucht es dringend die Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz, eine aktive Politik zur Überwindung der Kinderarmut in Deutschland sowie eine deutliche Stärkung der demokratischen Beteiligungsmöglichkeiten von Kindern und Jugendlichen“, sagt Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.
 
Zum Weltkindertag am 20. September 2023 werden bundesweit zahlreiche Initiativen mit lokalen Demonstrationen, Festen und anderen Veranstaltungen auf die Situation der Kinder und ihre Zukunft aufmerksam machen. Parallel zum Weltkindertag ziehen die Vereinten Nationen am 19. und 20. September 2023 beim zweiten SDG-Gipfel in New York eine Halbzeitbilanz der bisherigen Umsetzung der Agenda 2030. Dabei wird es auch darum gehen, wie die Umsetzung der SDGs in der zweiten Halbzeit beschleunigt werden kann.
 
UNICEF Deutschland und das Deutsche Kinderhilfswerk ermutigen die Bundesregierung, sich weiter für die Umsetzung der SDGs stark zu machen. Aus Sicht der Organisationen muss die Politik Kinder sowie ihre Rechte dabei mehr als bisher in den Mittelpunkt stellen und vor allem Mädchen und Jungen stärken, die strukturell benachteiligt sind, wie Kinder in ärmeren Haushalten, geflüchtete und migrierte Kinder oder auch Kinder mit Behinderung. Einen wichtigen Beitrag dazu können unter anderem die Einführung der geplanten Kindergrundsicherung, der Aktionsplan „Neue Chancen für Kinder in Deutschland“ und die Umsetzung der feministischen Entwicklungs- und Außenpolitik leisten. Um langfristig stabile und zukunftsfähige Gesellschaften zu entwickeln, sollten zudem alle Kinder von klein auf beteiligt und darin bestärkt werden, ihre Meinung zu Gehör zu bringen.

 


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Von der Erde bis zum Mars: Der „Tag der kleinen Forscher“ will 2023 hoch hinaus

„Christoph Wehrer / Stiftung Haus der kleinen Forscher“

Kitas, Horte und Grundschulen in ganz Deutschland sind eingeladen unter dem Motto „Abenteuer Weltall – komm mit!“ am 13. Juni den „Tag der kleinen Forscher“ zu feiern. Kindgerechte Forscherideen und spannendes Wissen rund um das Thema Weltall liefert das kostenfreie Aktionsmaterial der Stiftung „Haus der kleinen Forscher“. Erzieherinnen und Erzieher sowie Grundschullehrkräfte können dieses ab sofort unter www.tag-der-kleinen-forscher.de bestellen. Zudem sind Kinder aufgerufen, ein Missionslogo für eine echte Forschungsrakete zu entwerfen.

„Sobald es draußen dunkel wird, suchen Kinder oft den Mond am Himmel. Dann fragen sie sich: Warum ist der Mond mal hell erleuchtet und riesengroß, mal nur halb und manchmal überhaupt nicht am Himmel zu sehen? Wenn Kinder in den Nachthimmel blicken, stellen sich ihnen viele spannende Fragen“, sagt Michael Fritz, Vorstandsvorsitzender der Stiftung „Haus der kleinen Forscher“. „Ich lade alle Kitas, Horte und Grundschulen ein, diesen Fragen auf den Grund zu gehen, gemeinsam zu philosophieren und das Abenteuer Weltall zu erleben.“

 

 

Tag der kleinen Forscher 2023 - Bestellstart des Aktionsmaterials

Der Aktionstag richtet sich in diesem Jahr am Wissenschaftsjahr 2023 – Unser Universum aus. Für eine entdeckungsreiche Reise Richtung Mars stellt die Stiftung „Haus der kleinen Forscher“ kostenfrei Material und Ideen zur Verfügung. Pädagogische Fach- und Lehrkräfte aus Kitas, Horten und Grundschulen können ab sofort die „Tag der kleinen Forscher“-Ausgabe des Stiftungsmagazins „Forscht mit!“ online unter www.tag-der-kleinen-forscher.de bestellen. Einrichtungen, die die Zeitschrift bereits regelmäßig erhalten, bekommen ihr Exemplar voller Anregungen und Hintergrundwissen zum Thema Weltall in diesen Tagen automatisch zugestellt.

Auf der Aktionswebsite findet sich in diesem Jahr eine besondere Forscheridee: Wie gestalte ich ein Missionslogo für eine echte Forschungsrakete? Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und die Stiftung „Haus der kleinen Forscher“ laden alle Kitas, Horte und Grundschulen ein, ihr eigenes Missionslogo für eine echte Forschungsrakete des DLR zu gestalten. Also an die Stifte, fertig, los! Bis zum 15. April 2023 kann an der Malaktion teilgenommen werden. Alle Informationen sind auch unter www.tag-der-kleinen-forscher.de zu finden.


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SEITENSTARK-GÜTESIEGEL geht in die zweite Runde

Deutschsprachige Kinderwebseiten sind ab sofort herzlich eingeladen, sich für das SEITENSTARK-GÜTESIEGEL zu bewerben. Bei der erfolgreichen Premiere im Dezember 2022 wurden 31 herausragende Kinderwebseiten ausgezeichnet. Das Gütesiegel wird von dem gemeinnützigen Verein Seitenstark e.V. verliehen.

Bis zum 20. April 2023 können Anbietende ihre Kinderwebseite beim SEITENSTARK-GÜTESIEGEL einreichen. Ein Prüftool mit Know-how und Praxistipps bietet allen Kinderseiten die Möglichkeit eines intensiven Selbstchecks und kann jederzeit – auch unabhängig von einer Bewerbung – genutzt werden. Die Vergabe des Gütesiegels erfolgt in einem dreistufigen Verfahren und basiert auf vom Seitenstark e.V. erarbeiteten „Qualitätsstandards für digitale Kindermedien“ und „Leitlinien für Empfehlenswerte Online-Angebote für Kinder“. 

 Mitglieder der Vergabejury sind:

  • Sebastian Gutknecht, Direktor der Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz
  • Verena Knoblauch, Grundschullehrerin, Medienpädagogische Beraterin für Grund- und Mittelschulen, engagiert beim Institut für zeitgemäße Prüfungskultur
  • Kirsten Kramer, stv. Direktorin der Thüringer Landesmedienanstalt
  • Darja Martens, stv. Geschäftsführerin der Kindersuchmaschine Blinde Kuh e.V.
  • Anke Meinders, Geschäftsführerin der Kindersuchmaschine fragFINN e.V.

Das Projekt SEITENSTARK-GÜTESIEGEL wird vom Bundesfamilienministerium (BMFSFJ) im Rahmen der Initiative Gutes Aufwachsen mit Medien gefördert.

 

 

 

Über Seitenstark e.V.

Der Seitenstark e.V. engagiert sich seit 2007 für die Umsetzung der Kinderrechte im digitalen Bereich. Er ist gemeinnützig und als Träger der freien Jugendhilfe anerkannt. Seine Mitglieder sind Menschen aus den Bereichen Kindermedien, Medienpädagogik und Bildungsarbeit. Der Verein macht gute digitale Kindermedien in der Öffentlichkeit bekannt und fördert ihre Vernetzung untereinander. Das geschieht insbesondere durch die organisatorische und finanzielle Unterstützung des 2003 gegründeten Seitenstark-Netzwerks. Darüber hinaus fördert der Verein den Erfahrungsaustausch und Wissenstransfer zwischen Betreiber:innen digitaler Kindermedien, zum Beispiel durch die Organisation von Mediencamps und Fachtagungen. Durch Fortbildungen und Veranstaltungen für und mit Schul- und Bildungsträgern leistet er einen Beitrag zur schulischen und außerschulischen Medienkompetenzbildung. Seit 2022 vergibt er das SEITENSTARK-GÜTESIEGEL an geprüfte Kinderwebseiten.

Mehr dazu: https://seitenstark.de


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SOS-Kinderdorf-Expertin: "Schule muss völlig neu gedacht werden"

Rainer Kurzeder/SOS-Kinderdorf
Rainer Kurzeder/SOS-Kinderdorf

Die Folgen der Corona-Pandemie führen bis heute zu psychischen Belastungen bei fast drei Viertel aller Kinder und Jugendlichen in Deutschland. Zu diesem Ergebnis kam der Abschlussbericht "Gesundheitliche Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche durch Corona" einer Interministeriellen Arbeitsgruppe aus Bundesfamilienministerium und Bundesgesundheitsministerium. Die Kommission empfiehlt der Politik, insbesondere sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche stärker zu unterstützen: "Der Bericht macht wissenschaftlich fundiert deutlich, welche Bedarfe es bei Kindern und Jugendlichen in Folge der Pandemie-Jahre gibt. Ein großer Schwerpunkt ist der Bereich Mental Health, was ich aus meiner beruflichen Praxis nur unterstützen kann", erklärt Karolin Kroggel, Schulsozialarbeiterin bei SOS-Kinderdorf Berlin. Sie wurde als Expertin zu diesem Thema auch im zuständigen Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gehört. "Schule muss nach der Pandemie völlig neu gedacht werden. Die Kinder wieder ans Lernen zu gewöhnen ist sehr schwierig. Viele fühlen sich abgehängt und leiden unter Verhaltensauffälligkeiten."

Wo liegen die größten Bedarfe für junge Menschen nach Corona?

Karolin Kroggel: Aktuell geht es bei einigen Kindern und Jugendlichen weniger um Lücken in Schulfächern oder Bildungsdefizite, als vielmehr darum, deren psychische Gesundheit wieder herzustellen. Wir müssen dafür sorgen, dass sie wieder einen Schutzraum haben, in dem sie Erfolge sammeln können, in dem sie gemäß ihrer Bedürfnisse individuell gefördert werden. Und das passiert gerade nicht überall. Ich beschreibe das den Kindern als eine Art Nebel, in dem sie sich bewegen.

Können Sie das genauer erklären?

Wie sollen Grundschulkinder, die psychisch nicht stabil sind, das Einmaleins lernen? Erst muss sich dieser Nebel lichten, um an etwas anknüpfen zu können. Die Wissenschaft bestätigt, dass vor allem Kinder aus bildungsarmen Familien betroffen sind.

Sie plädieren in diesem Zusammenhang für die Stärkung der Psychohygiene

Richtig. Hygienemaßnahmen waren während Corona überall präsent. Aber von Maßnahmen zum Schutz der psychischen Gesundheit von Kindern war kaum die Rede. Corona hat mit den Kindern viel gemacht, sie fühlten sich benachteiligt und stark verunsichert, weil vieles verboten war. Viele junge Menschen leiden seither unter Angststörungen, Depressionen oder diversen Verhaltensauffälligkeiten. Zur Gesundheit gehört auch Resilienz, sprich Achtsamkeit und Reichtum sich selbst gegenüber. Dort gibt es genauso Förderbedarf.

Wie hat sich der Schulalltag seit Corona verändert?

In der ersten Zeit nach den Lockdowns und Schulschließungen war die Kommunikation untereinander ziemlich aggressiv. Unsere Themen waren daher Gewaltprävention und auch gewaltfreie Kommunikation. Viele Kinder und Jugendliche hatten Schwierigkeiten, ihre Gefühle zu benennen. Wir haben auch verstärkt Identitätskrisen bemerkt, vor allem bei Mädchen, die sich zum Beispiel nicht mehr getraut haben, die Masken abzunehmen, weil sie sich ohne hässlich fühlten.

Und aktuell?

Aktuell bemerke ich sehr viel schul-distanziertes Verhalten, sprich, die Kinder und Jugendlichen wollen nicht lernen. Sie haben Angst davor, den Lernstoff nicht zu verstehen. Die Kinder wieder ans Lernen zu gewöhnen, ist schwierig. Auch die Beratung von Lehrkräften und Quereinsteiger*innen hat zugenommen, viele fühlen sich überfordert.

Welche Bedeutung messen Sie dem schulischen Klima zu?

Eine extrem hohe. Kinder sehnen sich nach coolen Chill-Ecken und sie vermissen diese wunderbaren Momente, mal gemeinsam abseits des Schulalltags auf einem Weihnachtsbasar im Schulhof zu stehen. Das Gemeinschaftsgefühl ist durch Corona verloren gegangen und viele Schulen tun zu wenig dafür, dies wieder herzustellen. Das würde den Kindern das Gefühl geben, dass sie beteiligt werden und ihren Raum mitgestalten dürfen.

Wie können kurzfristige Hilfsangebote aussehen?

Niedrigschwellige Hilfen können zum Beispiel von der Schulpsychologie kommen - und zwar an der Schule oder der Kita. Zuerst müssen die Kinder, die Bedarfe haben, benannt werden und dafür brauchen wir Fachkräfte, die sie im Blick haben und dann Diagnosen stellen. Selbst Kinder oder Jugendliche mit suizidalen Gedanken haben keine Möglichkeiten, schnell einen Therapieplatz zu finden, daher müssen wir verlässlich überbrücken. Ich selbst habe gute Erfahrungen damit gemacht, Kindern und Jugendlichen oder deren Eltern in Erziehungs- und Familienberatungen zu vermitteln, zum Beispiel Erziehungs- und Familienberatungsstellen. Das ist für den Übergang zu einer Therapie erstmal besser als nichts.

Das Bundesfamilienministerium startet 2023 das Modellprogramm "Mental Health Coaches" an Schulen. Ein guter Schritt?

Absolut. Vor allem, wenn wir Strukturen nutzen, die bereits vorhanden sind. Warum sucht man nicht Schulsozialarbeiter*innen, denen man eine solche Ausbildung anbietet und finanziert? Dadurch gibt man Fachkräften einen Anreiz, eine Stelle anzunehmen und gleichzeitig nutzt man Strukturen, die es eh schon gibt. Ich weiß nicht, wie sinnvoll es ist, einen Mental Health Coach für fünf Schulen zu haben. Mental Health hat schließlich etwas mit Vertrauen und Beziehungsarbeit zu tun.

Was müsste sich langfristig in unserem Schulsystem ändern?

Schule muss völlig neu gedacht werden. Wir müssen viel mehr fächerübergreifend und projektbezogen arbeiten, mit Expert*innen aus unterschiedlichen Professionen. Es wäre eine deutliche Entlastung, wenn Fachkräfte aus Bereichen wie IT, Psychologie, Handwerk oder Grafikdesign in den Schulalltag miteinbezogen oder Kaufleute aus Führungsetagen die Schulleitungen entlasten würden. Wir müssen multiprofessioneller und interdisziplinärer denken.

Dem Lehrermangel würde dieses Modell obendrein entgegenwirken

Das ist Teil meines Ansatzes. Wir müssen auch dafür sorgen, dass die Arbeitsbedingungen für die Fachkräfte so aufgestellt werden, dass diese auch wieder Spaß an ihrer Arbeit haben. Viele Lehrkräfte sind schlichtweg überlastet. Sie haben hohe Ansprüche und merken, dass sie es nicht schaffen, die Kinder zu fördern und ihrer hohen Verantwortung gerecht zu werden.

Abschlussfrage: Ihr persönlicher Wunsch für die Schule von morgen?

Ich wünsche mir, dass Kinder und Jugendliche gern zur Schule gehen und Freude am Lernen haben, weil sie merken, dass man dort gesehen wird, selbstwirksamer werden kann, Freunde findet. Dazu müssen Lerngruppen kleiner werden, aber das ist nur einer von vielen Bedarfen. Am Ende sollten doch wir Erwachsenen den Kindern und Jugendlichen eine Stimme geben, um auf diese Frage zu antworten.


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Forscheridee im Februar: Handschuhbox zum Selberbauen

Handschuhbox zum Selberbauen

Mit einer selbstgebastelten Handschuhbox können Kinder ihre Feinmotorik ausprobieren und lernen wie Astronauten und Astronautinnen Proben und Objekte im Weltall untersuchen. Die selbstgebastelte Box kann Kindern außerdem helfen, die Rolle der Handschubox für Wissenschaft und Forschung besser zu verstehen.

Sie brauchen:

  • Einen etwas größeren Karton
  • Breites Klebeband
  • Einweghandschuhe
  • Frischhaltefolie

Alltagsbezug aufgreifen

Rufen Sie den Kindern ein paar Experimente in Erinnerung, die sie bereits gemeinsam durchgeführt haben, und bei denen Flüssigkeiten und pudrige oder körnige Substanzen wie z. B. Mehl oder Salz verwendet werden. Hier bei uns auf der Erde bleiben diese Materialien in ihrem jeweiligen Behälter, solange wir nichts mit ihnen machen. Und wenn doch einmal etwas umkippt, kann man es schnell aufwischen oder -fegen. Aber wie sieht das auf der Raumstation und in Schwerelosigkeit aus? Dort würde alles frei umherschweben und könnte großen Schaden anrichten. Die Astronautinnen und Astronauten selbst könnten verletzt werden, wenn z. B. säurehaltige oder giftige Materialien in Mund, Nase oder Augen geraten, aber auch die elektronischen Geräte, die überall in der Raumstation sind, könnten durch Nässe oder feine Krümel beschädigt werden, die sich in den Zwischenräumen festsetzen.

Darum wird an Bord der ISS eine sogenannte Handschuh-Box zum Experimentieren verwendet. Aus dieser Box kann nichts ungewollt herausgelangen und somit auch keinen Schaden in der Schwerelosigkeit anrichten.

 

Tag der kleinen Forscher 2023 - Forschen mit der Handschuh-Box

Bau der Handschuh-Box

Schauen Sie sich gemeinsam mit den Kindern die Bilder der Glove-Box auf der ISS und der selbstgebauten Handschuh-Box an. Besprechen Sie gemeinsam, welche Schritte für den Bau so einer Box nötig sind:

  • Deckel abschneiden,
  • Zwei Löcher für die Handschuhe hineinschneiden und die Handschuhe mit Klebeband an den Öffnungen befestigen,
  • Eine „Schleuse“ (Öffnung, Klappe) in den Karton schneiden, durch die Dinge hinein- und herausgebracht werden,
  • Die Oberseite des Kartons mit Frischhaltefolie verschließen und gegebenenfalls festkleben.

Dabei gibt es viele Möglichkeiten: Die Handschuhe können z. B. seitlich oder vorne am Karton angebracht werden. Die Handschuhe könnten durch ein Paar abgeschnittene Ärmel eines ausrangierten Pullovers verlängert werden, um mehr Bewegungsfreiheit zu haben. Die Schleuse zum Einbringen von Materialien kann an der Seite des Kartons angebracht werden oder die Kinder konstruieren einen durchsichtigen Deckel zum Aufklappen. Diskutieren Sie gemeinsam, sammeln Sie die Ideen der Kinder und probieren Sie verschiedene Varianten aus.

Experimentieren in der Handschuh-Box

Wenn die Box fertig ist, müssen die kleinen Nachwuchs-Astronautinnen und Astronauten erst einmal üben, darin Experimente durchzuführen. Das ist nämlich gar nicht so einfach! Fangen Sie mit einfachen Tätigkeiten an, z. B. Wasser von einem Glas in ein anderes umzufüllen, Sand durch ein kleines Sieb sieben, ein Blatt Papier falten, ein leeres Marmeladenglas auf- und zuschrauben usw. Welche Ideen haben die Kinder noch und was fällt ihnen an Tätigkeiten ein, die sie häufig beim Experimentieren durchführen? Vielleicht möchten sie auch versuchen, ihr Lieblingsexperiment von Anfang bis Ende in der Kiste durchzuführen?

Ideen zum Weiterforschen

Wenn die Kinder ihre Handschuh-Box ausgiebig ausprobiert haben, haben sie sicher viele Ideen zur Verbesserung. Was möchten sie verändern oder ergänzen? Hier ein paar Vorschläge:

  • Die Kinder können auf beiden Seiten Handschuh-Öffnungen anbringen und zu zweit am gleichen Experiment arbeiten.
  • Der Boden des Kartons kann durch eine Plastikfolie vor Nässe und Schutz geschützt werden.
  • Anstelle eines Kartons können sie eine transparente Kunststoffbox verwenden.

Wissenswertes für Erwachsene

Die Schwerkraft hat großen Einfluss darauf, was für Werkstoffe wir herstellen können, denn viele Materialien bestehen nicht aus reinen Substanzen, sondern aus Mischungen. Wichtige Beispiele sind Metalllegierungen, also Mischungen unterschiedlicher Metalle, und Beton, ein Gemisch aus Zement, Sand, Kies und Wasser. Bei der Herstellung solcher Mischungen treten durch die Schwerkraft verschiedene Effekte auf, z. B. setzen sich schwerere Substanzen unten ab und leichte steigen auf. Das können wir auch im Alltag sehen: Geben wir Zucker in den Tee, so sinkt er zum Boden des Bechers, und in einem Glas Sprudelwasser sehen wir die Luftblasen nach oben steigen. Bei der Herstellung von Metall, Beton und anderen Werkstoffen treten ganz ähnliche Effekte auf, die das Mischen erleichtern oder auch behindern können. Deshalb ist die Forschung in der Schwerelosigkeit für die Weiterentwicklung von Werkstoffen so hilfreich.

Die Handschuh-Box ist übrigens keine Erfindung der Raumfahrt. Sie wird schon seit langem immer dort in der Forschung und Fertigung eingesetzt, wo gefährliche oder besonders empfindliche Substanzen eingesetzt werden.

Tag der kleinen Forscher

Am 13. Juni 2023 ist „Tag der kleinen Forscher“ – der bundesweite Mitmachtag für alle, die gerne forschen. Er stellt die Bedeutung des forschenden Lernens in Kita, Hort und Grundschule in den Mittelpunkt und widmet sich jedes Jahr einem neuen, spannenden Thema rund um Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik und Nachhaltigkeit. In diesem Jahr schickt die Stiftung „Haus der kleinen Forscher“ Kinder in ganz Deutschland auf eine Reise ins Weltall. Mädchen und Jungen entdecken bunte Sterne, entfernte Galaxien und schwarze Löcher. Sie verwandeln sich in Astronautinnen und Astronauten, besuchen Raumstationen oder den Mond. Das Motto: „Abenteuer Weltall – komm mit!“

Bildungseinrichtungen können das Aktionsmaterial zum "Tag der kleinen Forscher" ab dem 22. Februar 2023 kostenfrei auf hdkf.de/aktionsmaterial herunterladen oder bestellen und bekommen damit viele tolle Anregungen zum Forschen sowie Hintergrundwissen rund um das Weltall.

Die Stiftung „Haus der kleinen Forscher“

Die gemeinnützige Stiftung „Haus der kleinen Forscher“ engagiert sich für gute frühe Bildung in den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (MINT) – mit dem Ziel, Mädchen und Jungen stark für die Zukunft zu machen und zu nachhaltigem Handeln zu befähigen. Gemeinsam mit ihren Netzwerkpartnern vor Ort bietet die Stiftung bundesweit ein Bildungsprogramm an, das pädagogische Fach- und Lehrkräfte dabei unterstützt, Kinder im Kita- und Grundschulalter qualifiziert beim Entdecken, Forschen und Lernen zu begleiten. Das „Haus der kleinen Forscher“ verbessert Bildungschancen, fördert Interesse am MINT-Bereich und professionalisiert dafür pädagogisches Personal. Partner der Stiftung sind die Siemens Stiftung, die Dietmar Hopp Stiftung, die Dieter Schwarz Stiftung und die Friede Springer Stiftung. Gefördert wird sie vom Bundesministerium für Bildung und Forschung.


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Forschung: KI und Robotik in der frühkindlichen Bildung

Alena Darmel
Alena Darmel

Welche Methoden helfen pädagogischen Fachkräften bei der Bildungsarbeit zu Künstlicher Intelligenz (KI) & Co.? Wie können Kinder auf die technologischen Entwicklungen von morgen vorbereitet werden? Nach einem Jahr Entwicklungsprozess im europäischen Forschungsprojekt „I’m not a Robot – Working with artificial intelligence in early childhood education“ wurden zwölf pädagogische Toolboxen von Pädagog*innen der Klax Berlin gGmbH und ihren Projektpartnerorganisationen erprobt. 

In dem europäischen Wissenschaftsprojekt entwickeln die Vytautas-Magnus-Universität aus Litauen, die Freie Universität Bozen-Bolzano aus Italien, die öffentlichen Kindertagesstätten Holluf Pile-Tingkær aus Dänemark und der Bildungsträger Klax Berlin gGmbH aus Deutschland pädagogische Werkzeuge für den Einsatz von und Umgang mit KI in der vorschulischen Bildung. In Form von Toolboxen und einer online Fortbildungsplattform für pädagogische Fachkräfte werden die Werkzeuge für Bildungseinrichtungen in ganz Europa kostenfrei nutzbar gemacht. 

An dieser Kooperation wird deutlich: Wissenschaft wird längst nicht mehr nur in universitären Institutionen betrieben. Die Einbeziehung der Expertise aus der Berufspraxis hat sich etabliert und wird gleichwertig in die Bearbeitung von Forschungsfragen miteinbezogen. So wurde in den Klax Kindergärten und in den Einrichtungen der Projektpartner in Italien, Litauen und Dänemark bis Ende Dezember 2022 geforscht, inwiefern Aufbau, Inhalt und Design der bisher entwickelten Toolboxen im praktischen Kitaalltag anwendbar sind. Das professionelle Feedback aus der Erprobungsphase dient einerseits als Beweis für hypothetische Annahmen aus der Wissenschaft.  Andererseits bringen das Wissen und die Perspektive der Praktiker*innen die Forschung mit neuen Denkanstößen weiter.

Mehr zu dem Projekt „I’m not a Robot – Working with artificial intelligence in early childhood education” finden Sie auf der Webseite https://www.im-not-a-robot.eu/de.

 


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Projektideen: Mit Sonnenduschen das Selbstbewusstsein von Kindern stärken

© Fotos: AdobeStock/Monkey Business

Mit Sonnenduschen das Selbstbewusstsein von Kindern stärken

Neugier, Offenheit und Toleranz für sich und andere: Das sind die wichtigsten Werte, die wir Kindern vermitteln können. Ravensburger und der Deutsche Kitaverband haben deshalb in ihrem zweiten gemeinsamen Projekt eine Handreichung für pädagogisches Fachpersonal entwickelt, die dabei hilft, diese Werte spielerisch im Kita-Alltag zu verankern. Themenauswahl und Ideen basieren auf dem Buch „Mutig, stark und selbstbewusst“ der erfolgreichen Kindersachbuchreihe „Wieso? Weshalb? Warum?“. Das Ideenpapier stellen die Kooperationspartner allen interessierten kostenlos zum Download bereit.

Wie kann man Kinder dabei unterstützen, Stärke und Selbstbewusstsein zu entwickeln und gleichzeitig ihre Toleranz für Vielfalt fördern? Und wie lassen sich Werte wie Toleranz und Selbstvertrauen in konkreten Spielen oder Projekten vermitteln? Das waren die zentralen Fragen bei der Entwicklung der Arbeitsbroschüre. Entstanden ist ein Ideenpapier mit leicht umsetzbaren Initiativen und Anregungen. Es wurde – aus der Praxis für die Praxis – von sieben Erzieherinnen und einem Wissenschaftsjournalisten entwickelt.

Die Broschüre gliedert sich in fünf Themenbereiche: Diversität, Selbstbewusstsein, Angst, Mut und Vertrauen. Zu jedem Thema finden sich Hintergrundwissen, pädagogische Impulse und Projektideen. Die Ideen sind vielfältig und reichen von einem Mut-Parcours, über Bewegungsspiele, das Basteln eines wertschätzenden Mobiles bis hin zu Spielen für einen bewussten Umgang mit der Sprache. Um eine positive Grundeinstellung zu fördern, gibt es zum Beispiel die Projektidee „Sonnendusche im Morgenkreis“. Bei dieser stellt sich ein Kind die Mitte. Die anderen Kinder erzählen reihum, was es besonders gut kann. Nach jedem Lob klatschen alle Kinder in die Hände.

„Neben dem Elternhaus sind Kitas das wichtigste Lern- und Erfahrungsumfeld für Kinder. Deshalb freuen wir uns, im Deutschen Kitaverband einen Kooperationspartner gefunden zu haben, mit dem wir wichtige Themen unseres Programms auf spielerische Weise in Kitas erlebbar machen können“, sagt Katrin Fürst, Programmleitung „Wieso? Weshalb? Warum?“ der Ravensburger Verlag GmbH.

„Kitas fördern als Bildungseinrichtungen schon früh das Zutrauen in die Fähigkeiten und die Selbstständigkeit der Kinder. Ich bin froh, dass der Ravensburger Verlag dieses gesellschaftlich relevante Thema aufgreift. Sowohl das Buch als auch die Umsetzungsideen für die Kitas sind sehr gelungen“, sagt Waltraud Weegmann, Bundesvorsitzende des Deutschen Kitaverbands.

Unter dem Motto „Spielerisch die Welt entdecken“ lädt die Kindersachbuchreihe „Wieso? Weshalb? Warum?“ seit 25 Jahren Kinder dazu ein, sich mit verschiedenen Themen aus ihrer Alltags- und Interessenswelt zu beschäftigen. Dabei werden immer wieder neue Themen mit aktueller gesellschaftlicher Relevanz aufgegriffen, so auch beim Titel „Mutig, stark und selbstbewusst“. Das Ideenpapier steht auf den Internetseiten des Ravensburger Verlags hier zum Download bereit.

Interview: Resilienz der Kinder im Kita-Alltag stärken

Streit mit dem besten Freund, Stress, Leistungsdruck, Tod des geliebten Hamsters – jeden Tag stehen Kinder vor den unterschiedlichsten Herausforderungen des Alltags. Pädagogin und Bestsellerautorin Inke Hummel erklärt, warum es gut ist,  Emotionen im Kita-Alltag zu integrieren und zuzulassen. 

Wie wichtig ist es, dass Kinder zuhause aber auch in der Kita ihre Gefühle ausleben und ausdrücken können?

Erfreulicherweise ist das Bewusstsein für kindliche Gefühle deutlich gewachsen. Früher wurden Gefühle eher abgetan mit Sätzen wie „Du musst nicht traurig sein“, „Du darfst nicht wütend sein“ oder „Reiß dich mal zusammen“. Heute wird schon häufiger nach den Ursachen für die Wut gefragt. Das liegt auch daran, das wissen wir heute, dass ein guter Zugang zum eigenen Seelenleben für die psychische Entwicklung von Kindern immens wichtig ist. Dazu gehört eben auch, Gefühle anzusprechen und ihnen einen Platz einzuräumen.

Wie können pädagogische Fachkräfte im Kita-Alltag Räume für Gefühle schaffen?

Es beginnt mit einem Bewusstsein für unseren Körper. Dafür braucht es Bewegungsräume, in denen Kinder erfahren können, wie viel Kraft sie mit Schlägen haben oder wie es sich anfühlt, eine Angst zu überwinden. Auch Alltagsroutinen wie die Frage „Wie fühlt ihr euch?“ im Morgenkreis oder auch Themenwochen zu Gefühlen oder den Umgang miteinander sind wichtige Bausteine für einen offenen Umgang mit Emotionen im Kita-Alltag.

Warum sollten Kinder lernen, ihre Gefühle in Worte zu fassen?

Damit Kinder ihre persönlichen Empfindungen beschreiben können, müssen sie in sich hineinspüren und überlegen wie die Wut, Angst oder auch Traurigkeit entstanden ist. Das dafür nötige Bewusstsein ist sehr wichtig, um an den Ursachen zu arbeiten und Lösungsstrategien zu finden. Worte sind dafür nur eine Möglichkeit. Ich bin ein großer Fan der Visualisierung von Gefühlen, zum Beispiel durch Smileys oder Gesten. Das erleichtert gerade kleinen Kindern den Zugang zu ihrer Gefühlswelt. Auch Kinderbücher bieten Gelegenheit über Gefühle ins Gespräch zu kommen.

Wie wichtig ist das Gefühl von Akzeptanz für Kinder, gerade in Situationen, in denen ihre Gefühle wild durcheinander gehen?

Die Kinder sollten auf jeden Fall spüren, dass sie aufgrund ihrer Wut nicht weniger akzeptiert und geliebt werden. Auch das Erzeugen von Schamgefühlen ist völlig kontraproduktiv. Natürlich ist es wichtig, Wut nicht unkontrolliert rauszulassen, sondern einen Umgang damit zu finden, der für sich und andere gut funktioniert. Dabei brauchen Kinder unsere Begleitung und unser Vertrauen, dass sie auch andere Lösungen für ihre Wut finden können. Von diesen Strategien für Wut und Co profitieren Kinder ihr Leben lang.

Was macht es mit Kindern, wenn sie sich in ihren Gefühlen gesehen und verstanden fühlen und einen guten Umgang mit Emotionen lernen?

Das Bewusstsein für Gefühle stärkt Selbstsicherheit der Kinder, ihre Bindung zu Eltern und pädagogischen Bezugspersonen und macht sie resilienter. Das hat wiederum sehr positive Auswirkungen auf die Fähigkeiten mit Stress und Ausnahmesituationen umzugehen. Es macht uns als Menschen lebensfit – bis ins Erwachsenen-Alter hinein. Und nicht zu vergessen, gestärkt in den eigenen Gefühlen kann ich auch empathischer auf meine Mitmenschen eingehen.

Der Deutsche Kitaverband, Bundesverband freier unabhängiger Träger von Kindertagesstätten e.V., gegründet im September 2018, ist das Sprachrohr der freien Kita-Träger in Deutschland und vertritt deren Interessen auf Kommunal-, Landes- und Bundesebene. Weitere Informationen unter https://www.deutscher-kitaverband.de/

Die Ravensburger AG ist eine internationale Unternehmensgruppe mit mehreren renommierten Spielwarenmarken. Ihre Mission lautet: „Wir inspirieren Menschen zu entdecken, was wirklich wichtig ist.“ So fördern Ravensburger Angebote das Miteinander, vermitteln Wissen und soziale Fähigkeiten, bieten Entspannung und schaffen bleibende Erinnerungen. Die bedeutendste Marke des Unternehmens, das Ravensburger blaue Dreieck, ist eine der führenden europäischen Marken für Spiele, Puzzles und Kreativprodukte sowie für deutschsprachige Kinder- und Jugendbücher. Weltweit werden Spielwaren mit dem blauen Dreieck verkauft. Zudem erweitern die internationalen Marken BRIO und ThinkFun das Angebot der Unternehmensgruppe. Ravensburger ist seit seiner Gründung 1883 ein Familienunternehmen, geprägt von Tradition und gewachsenen Werten. 2021 erwirtschafteten 2.413 Mitarbeiter einen Umsatz von 636 Millionen Euro. https://www.ravensburger.de


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Brandbrief vom Fachkräfteverband Niedersachsen-Bremen: Massive Personalkrise in Kitas- Welche Konsequenzen zieht die Politik?

In Niedersachsen und bundesweit spitzt sich die Personallage so zu, dass im Zuge des Fachkräftemangels in vielen Einrichtungen die Betreuungszeiten der Gruppen eingekürzt, die Anzahl der zu betreuenden Kinder eingeschränkt und stellenweise Gruppen zusammengelegt und andere geschlossen werden. Viele Familien haben keinen Betreuungsplatz, obwohl mittlerweile einige Neubauten von Einrichtungen zu verzeichnen sind. Bestandseinrichtungen sind veraltet, doch das Geld für Modernisierungen fehlt.

Wir vom Kita-Fachkräfteverband stellen fest, dass der Fachkräftemangel ein Versäumnis der Politik ist. Seit mehr als 10 Jahren wird von verschiedenen Akteuren aus der Praxis auf dieses Problem hingewiesen und es wurden entsprechende Maßnahmen gefordert. Nun ist da: Die große Personalkrise in den Einrichtungen. Gleichzeitig stehen wir vor der Problematik der Abwanderung der Fachkräfte in andere Berufe und die Verrentung vieler pädagogischer Fachkräfte. Das Personal wird von rechts nach links geschoben - damit wird versucht die Situation für den Moment zu entschärfen.

Es muss dringend eine Fachkräfteoffensive her. Und das ist weit mehr als nur eine Stellschraube, welche nun gedreht werden muss! Städte wie Delmenhorst und Stade greifen nun zur Selbsthilfe, bereits in diesem Jahr wird damit gestartet, die Ausbildung von Erzieher:innen zu vergüten und das aus eigener Tasche! Denn eine Refinazierung, welche durch das NKitaG geregelt ist, gibt es dafür nicht! Gleiche Überlegungen gibt es auch in anderen Städten und Kommunen. Doch diese finanzielle Hürde alleine zu stemmen wird kaum möglich sein. Und hier sehen wir die Verantwortung beim Land Niedersachsen.

Das Land muss dahingehend eine Offensive starten und diese Ausgaben seitens der Kommunen und Städte refinanzieren. Als ersten Schritt begrüßen wir die Ausbildungsvergütung, welche im August 2023 vom Land Niedersachsen starten soll. Doch leider gilt dies nur für die Erstausbildung. Nach unserem Kenntnisstand kann die Erzieherausbildung damit nicht finanziert werden, aber sind es nicht solche, die wir dringend benötigen?

Der Wunsch nach Änderung des Berufsbildungsgesetzes auf Bundesebene, um eine duale Ausbildung möglich zu machen, wird immer lauter. Erschwerend kommt hinzu, dass Fachkräfte aus anderen Ländern hier in Deutschland nur erschwert oder gar keine Anerkennung bekommen. Hier ist eine Entbürokratisierung von Nöten.

Bei einer Ausbildungsoffensive darf die Qualität in der Ausbildung nicht leiden, um dem Fachkräftemangel entgegen zu wirken.

Wir benötigen Zeit und Geld für unsere Kitas, um wieder Bildungsarbeit zu leisten, Fachpersonal in entsprechender Qualität auszubilden und bezahlen zu können und nicht länger Verwahranstalten zu sein. Das ganze Konstrukt der frühkindlichen Bildung droht massiv zu kollabieren! Es ist ein Flächenbrand der kaum noch zu löschen ist! Wenn jetzt nicht langfristige Lösungen kommen, dann ist es für uns alle zu spät.

Daher fordern wir von der Politik, dass sie sich mit den Akteuren der frühkindlichen Bildung und Wissenschaft auseinandersetzen und gemeinsam nach Lösungsstrategien gesucht wird. Hierzu sollten die bestehenden Expertisen genutzt werden.

Brandbrief des Kita-Fachkräfteverbandes Niedersachsen-Bremen