Bewegung ist Voraussetzung für Entwicklung und Wachstum

Wie wir Kinder in Aktion bringen

In den vergangenen Jahren haben viele verschiedene Stimmen die Wichtigkeit der Bewegungsschulung im Vorschulalter hervorgehoben. Dabei liegt die Betonung auf der Bewegung als wichtigste Grundlage der kindlichen Wahrnehmungen und Erfahrungen. Gerade durch Bewegung erfährt das Kind sich selbst und nimmt seine Umwelt wahr, so dass es mit dieser in Interaktion treten kann. Es schafft dadurch die Voraussetzungen für neue Erfahrungen und kann seine geistigen Handlungen und motorischen Aktivitäten, die Bewegungen, ständig erweitern und aufbauen, also lernen.

Die räumliche Orientierungsfähigkeit

Bewegungen sind durch den Raum bestimmt, in dem wir sie ausführen. Wir können uns zur Decke strecken oder nahe am Boden bewegen, mit kurvigen oder gradlinigen Wegen den Raum durchmessen, uns um etwas herumbewegen und vieles mehr. Wir wissen, wie hoch wir springen müssen, um ein Hindernis zu überwinden, oder wie tief wir uns bücken müssen, um etwas vom Boden aufzuheben. Wenn wir ein Ziel ansteuern wollen, fixieren wir es mit den Augen, werden uns der Lage und Distanz bewusst und können es so auf direktem Weg „zielgerichtet“ erreichen. Die räumliche Orientierungsfähigkeit ist sehr stark von visuellen Wahrnehmungen abhängig, da wir vor allem mit unseren Augen räumliche Vorstellungen schaffen. Vor allem die Feinabstimmung von Bewegungshandlungen gelingt leichter, wenn sie visuell kontrolliert werden kann. Beteiligt sind daran aber auch andere Sinnesorgane. So ist es selbst mit geschlossenen Augen oder in dunklen Räumen möglich, die Körperposition aufrecht zu erhalten oder einen Finger, bzw. die Hand zielsicher zur Nase führen. Geräusche und Töne können uns Auskunft geben über räumliche Kriterien wie Entfernung, Höhe und Tiefe. Der Muskelsinn liefert uns Rückmeldung über die Lage unseres Körpers und stellt damit die Beziehung zum Raum und unseren Aktionen (Aktivitäten) sowie zur Stellung im Raum her.

 

Den Raum erkunden

Die Kinder bewegen sich (laufen, gehen, hüpfen, krabbeln etc.) vorwärts, rückwärts oder seitwärts durch den Raum und erfahren so seine Ausdehnungen. Als Erweiterung können die dreidimensionalen Raumebenen und ihre Ausdehnung hinzugenommen werden. Zur Einführung eignet sich ein Schaumstoffwürfel, mit dem die Ebenen erfahren werden können. Denn die Flächen des Würfels und die des Raumes weisen Gemeinsamkeiten auf. Diese gilt es im Spiel und zunächst verbal herauszufinden. Danach werden die Erfahrungen in den Raum und in die Bewegung übertragen. Da stehen Flächen „senkrecht“, die Würfelseiten und die Wände des Raumes. Da „liegen“ Flächen, sind waagerecht, die Ober- und Unterseite des Würfels, die Böden und die Decke. Die Kinder können diese Flächen am Würfel und dann im Raum zeigen oder berühren. Dann können sie sich ebenso positionieren, sie stehen mit ihren Rücken parallel zur Wand oder liegen auf dem Boden. In einem nächsten Schritt halten die Kinder dabei die Arme so, dass zugleich zwei Ebenen nachgestellt werden (etwa senkrecht und waagerecht). Auch schräge Linien sind in einem Raum zu finden. Es können die Diagonalen sein, aber auch schnell gebaute Rutschen (Bank in eine Sprossenwand einhängen). Kurvige Raumlinien (halbrunde Bodenmarkierungen) und runde (Kreise oder Reifen) sollten mit einbezogen werden. Rund sind meistens die Augen der Schaumstoffwürfel, Sie könnten als visuelle Bezugspunkte dienen.

Schattenlauf

Auf allen geraden Linien soll mit dem rechten Bein gehüpft werden, auf allen Bögen und Kreisen mit dem linken. Die Kinder bilden Paare. A führt B zu vielen senkrechten Linien, dann wird die Führung gewechselt und B zeigt A viele waagerechte Elemente. Ein Kind „geht“ (läuft) eine Figur (Kreis, Dreieck, Zahl, Buchstabe o. ä.), das andere beobachtet und versucht dann dies nachzuvollziehen. Die Kinder können auch gleich hintereinander gehen, um die Figuren zu erkennen.

Die Lokomotive

Mehrere Kinder stehen in einer Reihe hintereinander. Gemeinsam sollen sie Raumwege gehen. Hierbei empfiehlt es sich, einen Bezug zu dem Vorderen herzustellen. Kleine Stäbe, Tücher oder Seile können dazu dienen und gleichzeitig helfen, den Abstand zum vorderen Kind einzuhalten.
Die Kinder stellen sich vor, sie seien Teil einer Lokomotive, die sich ganz gleichmäßig durch den Raum bewegt. Der Lokomotivführer bestimmt die Raumwege. Er bewegt sich im Zick-Zack durch den Raum, immer nur auf kurvigen Wegen, nur auf bestimmten Linien oder Ähnlichem Ganz wichtig ist, dass jedes Kind einmal Lokomotivführer sein darf.

Der Zauberkreis

Mit einer Zauberschnur, die alle Kinder halten, wird ein Kreis gebildet. Die Schnur kann ganz hoch oder tief gehalten werden, in Kniehöhe oder tiefer, so dass einige darüber springen oder darunter her kriechen können. Der Kreis kann ganz weit werden (alle Kinder gehen einige Schritte rückwärts) oder ganz eng (dicht zusammenrücken).
Hierbei können auch die Begriffe „zu etwas hin, von etwas weg, über etwas darüber und unter etwas hindurch“ eingeflochten werden. Ebenso wie die Zuordnungen „hinter, neben, vor, um, in, über, unter, zwischen, außerhalb“: ein Kind steht in dem Kreis oder außerhalb, neben dem Spielleiter oder  läuft um den Kreis herum …

Musikstopp

Es wird ein Laufrhythmus gespielt oder mit einer Handtrommel vorgegeben, zu dem sich die Kinder frei bewegen. 
Wenn die Musik stoppt, werden Aufgaben gerufen, wie z. B.:

alle laufen:      

  • zur Bank
  • über die Matte
  • unter dem Seil hindurch

alle stellen sich:          

  • vor A
  • hinter B
  • neben C
  • um D herum …

Zwei kleine Mitmachgeschichten bringen den Kindern bestimmte Begriffe näher. Worte wie „groß“ und „klein“ sind noch einfach zu verstehen. Schwieriger wird es bei Begriffen wie „hoch“ und „tief“, „weit“ und „eng“ oder „nahe“, „flach“ und „steil“.

Die Tiergeschichte

„Bei unserem Spaziergang in der Natur können wir viele Tiere bewundern. Wenn wir mit ihnen umgehen wollen, müssen wir versuchen, so zu werden wie sie. Wir strecken uns und werden so groß wie ein Pferd, kauern uns zusammen und werden so klein wie ein Hamster und rund wie Igelchen. Wir springen so hoch wie ein Eichhörnchen und versuchen uns wie eine Schlange zu „schlängeln“ und bewegen uns so weich und lautlos wie eine Katze …“

Die Schiffsgeschichte

„Wir wollen mit dem Schiff fahren. Wir sehen es noch weit entfernt von der Anlegestelle, aber es kommt schnell näher und wir können einsteigen. Dazu geht es erst einen langen, aber breiten Steg entlang, auf dem wir gut spazieren können. Doch aufgepasst, da kommt eine ganz schmale Stelle; wie gut, dass sie nur kurz ist, wir müssen sehr vorsichtig hinüber. Auf dem Schiff ist alles ganz flach, wir können uns gut umsehen und ansehen. Da führt die steile Treppe zum Sonnendeck hinauf, die wir nur auf allen Vieren überwinden können. Auf dem Sonnendeck schläft ein Passagier auf einer Liege, um ihn nicht zu stören, schleichen wir auf Zehenspitzen an ihm vorbei …“

Die Hindernisbahn

Es wird eine Hindernisbahn gebaut. Alle zur Verfügung stehenden Geräte können eingesetzt werden: Kästen zum darüber Steigen; Bänke zum Durchkriechen; Hütchen zum Herumlaufen, Stühle, Tische, Seile, Teppichfliesen etc. Die Kinder können diese Hindernisse ausprobieren und auf unterschiedlichen Wegen ­durchlaufen. Wird der Parcours für alle verbindlich festgelegt, eignet sich hier wieder eine Bewegungsgeschichte.

Der Verkehrspolizist

Ein Kind steht als Verkehrspolizist in der Mitte des Raums, die anderen sind auf die vier Ecken verteilt. Der Verkehrspolizist gibt durch Armzeichen bekannt, welche Kinder die Ecken tauschen sollen. Er kann dazu auch noch die Bewegungsart auswählen.

Seilornamente

Mit Springseilchen werden Figuren auf den Boden gelegt (Kreise, Vierecke, Schnecken, Zahlen, Buchstaben oder ähnliches). Die Kinder balancieren darüber und erspüren die Figuren. Wenn sie es mit geschlossenen Augen probieren, können sie die Figuren erraten.
Barfuß üben (Hinweis: Reizvoll und effektiv ist es hier barfuß zu üben, dann ist es gleichzeitig eine taktile und Gleichgewichtsschulung. Wenn die Füße dann auch noch die Figuren legen würden, stärkt es nebenbei die Fußmuskulatur.) Die Seilchen werden lang auf den Boden gelegt und die Kinder springen oder hüpfen darüber: vorwärts, rückwärts, seitwärts, auf einem Bein, mit Richtungswechsel.

Heiße Reifen!

Viele Reifen liegen auf dem Boden. Die Kinder laufen zu einer Musik oder einer anderen Begleitung durch den Raum, um die Reifen herum, ohne sie zu berühren. Stoppt die Musik, sucht sich jedes Kind einen Reifen („Häuschen“) und setzt sich hinein. Acht Reifen liegen hintereinander. Zwischen ihnen ist ein Abstand von rund 30 bis 50 cm. Die Kinder laufen „Slalom“ um die Reifen herum. Sie springen in die Reifen mit: Schusssprüngen, Hasenhüpfern, vorwärts hinein, rückwärts hinaus …
Die Reifen werden zu einem großen Kreis gelegt. Die Kinder laufen oder hüpfen um den Kreis, auf ein Zeichen erfolgt ein Richtungswechsel. 
Paarweise: Ein Kind im Reifen, hält diesen etwa auf Bauchhöhe fest und wird von einem anderen Kind, das den Reifen außen hält, geführt (als Vorstellungshilfe dienen Hinweise auf Autos oder Pferde mit Reitern). Es müssen bestimmte Raumwege oder Linien eingehalten werden. Auf ein Signal „parken“ alle (setzen sich hin), es erfolgt der Partnertausch. Es können auch Fortbewegungsarten angegeben werden.
Wichtig ist, dass die „Autos“ oder „Gespanne“ andere nicht behindern oder anstoßen dürfen; aber auch die Paare umsichtig miteinander umgehen!
Die Aufgabe wird schwierig, wenn sich beide Kinder in den Reifen stellen, da dann die Anpassung aneinander und an den Reifen wesentlich besser funktionieren muss.

Der Ballon platzt

Alle Kinder stehen im Kreis, ganz dicht zusammen, die Hände locker gefasst. Sie stellen sich vor, dass sie alle Teil eines Ballons wären. Der imaginäre Ballon ist noch sehr klein. Der Spielleiter gibt das Kommando zum Aufpumpen. Der Ballon wächst und wächst (durch Rückwärtsschritte wird der Kreis immer größer). – Bis er platzt! – Das Signal dazu sollte zunächst von dem Spielleiter gegeben werden und orientiert sich an den ausgebreiteten Armen der Kinder, die dann die Hände lösen. Nun laufen alle Kinder durcheinander oder bewegen sich ganz wild. Wenn die Einzelteile des Ballons lange genug durch den Raum „gewirbelt“ sind, fallen sie auf den Boden und bleiben liegen. Das Hinlegen der Kinder sollte zu Anfang auch durch den Spielleiter gesteuert werden. Später können Kinder die Signalgebung übernehmen.

Diesen Artikel haben wir aus folgendem Buch entnommen:

Gefühl bis in die Fingerspitzen
Körpererfahrung in Kindergruppen
Falkenberg-Gurges, Gabriela
Burckhardthaus
3 bis 6 Jahre
96 Seiten, 9,90 €
ISBN: 9783944548104
Mehr auf www.oberstebrink.de

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