Forscheridee: Entscheidet immer die Mehrheit?

Christoph Wehrer / © Stiftung Haus der kleinen Forscher.
Christoph Wehrer / © Stiftung Haus der kleinen Forscher.

Entscheidet immer die Mehrheit?

Ist es immer fair, wenn die Mehrheit entscheidet? Welche Arten von Mehrheiten gibt es überhaupt? Starten Sie eine Abstimmung mit den Kindern!

Sie brauchen:

Muggelsteine, Kuscheltiere oder andere Gegenstände, die das Abzählen und Vergleichen der Mengen erleichtern

So funktioniert’s:

Alltagsbezug aufgreifen

Aus ihrem Alltag kennen die Kinder zahlreiche Situationen, in denen sie einzeln oder als Teil der Gruppe Entscheidungen treffen: Was wollen wir heute machen? Wohin soll der nächste Ausflug gehen? Oder wer darf zuerst auf die Schaukel und wann wechseln sich die Kinder ab? Auch in der Familie oder mit Freundinnen und Freunden müssen die Kinder gemeinsame Entscheidungen treffen. Wie wird z. B. zu Hause bestimmt, was es zu essen gibt oder welcher Film geguckt wird? Und wie einigen sich die Kinder untereinander, wenn keine Erwachsenen dabei sind?

Wählen und Mitbestimmen | Demokratische Entscheidungen üben mit Kindern

Mitbestimmen: Welche Möglichkeiten gibt es?

Fragen Sie die Mädchen und Jungen nach eigenen Beispielen, bei denen sie mitbestimmen durften. Sprechen Sie darüber, ob den Kindern daran etwas nicht gefiel, z. B. ob sie das Ergebnis ungerecht fanden und welche Lösung sie sich stattdessen gewünscht hätten. Gemeinsames Abstimmen ist nur eine von mehreren Möglichkeiten, um als Gruppe zu einer Entscheidung zu kommen. Fallen den Kindern noch andere Varianten ein? Sie könnten z. B. Lose ziehen und so den Zufall entscheiden lassen. Oder Abzählreime verwenden oder eine Flasche drehen. Alternativ könnten sie auch ein Kind festlegen, das für alle bestimmen darf – und diese Rolle abwechseln. Welche Ideen finden die Kinder aus welchem Grund gut oder auch am besten?

Zoo, Wald oder Spielplatz?

Führen Sie nun gemeinsam mit den Kindern eine Abstimmung durch. Zum Beispiel: Welchen Ausflug würden sie gerne gemeinsam machen? Nutzen Sie dafür Muggelsteine, Kuscheltiere oder andere Gegenstände, die das Abzählen und Vergleichen der Stimmanzahl bzw. Mengen erleichtern.

Stehen bei der Abstimmung zwei Alternativen zur Wahl, z. B. ein Ausflug entweder in den Zoo oder in den Wald, dann ist die Mehrheitsfindung einfach. Sind nämlich mehr als die Hälfte der Kinder für den Zoo, hat diese Option die einfache Mehrheit. Bei mehreren Möglichkeiten – z. B. Zoo, Wald oder Spielplatz – gewinnt bei einfacher Mehrheit die Option, die mehr Stimmen bekommt als jede andere. Zu welchem Ergebnis kommen die Kinder?

Bekommt eine Option eine deutliche Mehrheit, können die Kinder das Ergebnis meist gut akzeptieren. Fällt dieses sehr knapp aus, dann müssen alle auf den Spielplatz, obwohl mehr als die Hälfte nicht dorthin wollte. Ist das gerecht? Was halten die Mädchen und Jungen von dieser Mehrheitsregel?

Mehr als die anderen? Oder genügend viele?

Die Frage, welche Art von Mehrheit bei einer Wahl gelten soll, ist genauso wichtig wie die Abstimmung selbst. Sie sollte vor der Wahl gemeinsam ausgehandelt werden. Wie also möchten die Kinder ihre nächste Gruppenentscheidung treffen?

Für eher unbedeutendere Fragen reicht bei einer Abstimmung vielleicht die einfache Mehrheit, das geht schnell und ist unkompliziert. Bei anderen Themen kann eine qualifizierte Mehrheit die bessere Lösung sein, z. B. eine Zweidrittelmehrheit. Sie ist aufwendiger, weil es z. B. mehrere Wahldurchgänge und Diskussionen geben kann, bis die nötige Mehrheit zusammenkommt. Probieren Sie diese Variante ebenfalls aus:

Vor der Abstimmung wird zunächst festgelegt, wie viele Stimmen eine Option mindestens erhalten muss, damit die Entscheidung dafür gültig ist. Sind z. B. 15 Kinder in der Gruppe, müssten bei einer Zweidrittelmehrheit mindestens 10 von ihnen für eines der Ausflugsziele stimmen. Nutzen Sie beim Abstimmen auch hier verschiedene Gegenstände, um die Zahlen greifbarer zu machen. Wie verläuft die Abstimmung? Und finden die Kinder es so gerechter?

Wissenswertes für Erwachsene

Kinder sollten früh ermutigt und unterstützt werden, sich an Entscheidungen zu beteiligen. So können sie ihren Alltag mitgestalten und erfahren Selbstwirksamkeit.

In einer demokratischen Gesellschaft, in der sich Menschen an (politischen) Entscheidungen beteiligen, sind Mehrheiten sehr wichtig. Oftmals werden Entscheidungen nach dem Mehrheitsprinzip getroffen. Allerdings gibt es unterschiedliche Mehrheiten. Insbesondere unterscheidet man bei Wahlen und Abstimmungen zwischen absoluter, relativer und qualifizierter Mehrheit.

Die absolute Mehrheit ist erreicht, wenn eine Person oder eine Partei mehr als die Hälfte aller Stimmen bekommt. Ein Beispiel: 10 Stimmen werden bei der Abstimmung für den nächsten Kita-Ausflug abgegeben. Auf den Wald entfallen 6 Stimmen, auf den Zoo 3 Stimmen und auf den Spielplatz 1 Stimme. Das Ausflugsziel "Wald" hat die absolute Mehrheit, nämlich mehr als die Hälfte aller Stimmen.

Die relative Mehrheit ist dann erreicht, wenn eine Person oder Partei zwar die meisten Stimmen erreicht, aber nicht mehr als die Hälfte aller Stimmen. Beispiel: Wieder gibt es 10 Stimmen. Auf den Wald entfallen 4 Stimmen, auf den Zoo 3 Stimmen und auf den Spielplatz auch 3 Stimmen. Das Ausflugsziel "Wald" hat zwar nicht mehr als die Hälfte der Stimmen, hat aber von den Auswahlmöglichkeiten die meisten Stimmen und somit die relative Mehrheit.

Bei manchen Abstimmungen muss eine sogenannte qualifizierte Mehrheit erreicht werden. Bei diesen Abstimmungen ist vorher festgelegt, wie groß die Mehrheit sein muss, damit ein Beschluss gültig ist. Zum Beispiel gibt es die Zweidrittelmehrheit oder Dreiviertelmehrheit. Wenn diese Mehrheit nicht erreicht wird, wird erneut abgestimmt.

Offenen Online-Kurs „Partizipation von Kindern

Von einfachen Fragen an Kinder bis hin zu Kinderparlamenten – Partizipation ist vielfältig und komplex. Kinder in Entscheidungen miteinzubeziehen ist gar nicht so einfach. Machen Sie den Anfang mit dem kostenlosen Offenen Online-Kurs „Partizipation von Kindern“ der Stiftung „Haus der kleinen Forscher“: Wir helfen Ihnen dabei einen Anfang zu machen: Was heißt Kinderpartizipation eigentlich genau? Wo steht unsere Kita? Wie legen wir los? Sie erhalten Ideen aus Theorie und Praxis, die Sie direkt mit dem Team und den Kindern ausprobieren können.

Die Stiftung „Haus der kleinen Forscher“

Die gemeinnützige Stiftung „Haus der kleinen Forscher“ engagiert sich für gute frühe Bildung in den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (MINT) – mit dem Ziel, Mädchen und Jungen stark für die Zukunft zu machen und zu nachhaltigem Handeln zu befähigen. Gemeinsam mit ihren Netzwerkpartnern vor Ort bietet die Stiftung bundesweit ein Bildungsprogramm an, das pädagogische Fach- und Lehrkräfte dabei unterstützt, Kinder im Kita- und Grundschulalter qualifiziert beim Entdecken, Forschen und Lernen zu begleiten. Das „Haus der kleinen Forscher“ verbessert Bildungschancen, fördert Interesse am MINT-Bereich und professionalisiert dafür pädagogisches Personal. Partner der Stiftung sind die Siemens Stiftung, die Dietmar Hopp Stiftung, die Dieter Schwarz Stiftung und die Friede Springer Stiftung. Gefördert wird sie vom Bundesministerium für Bildung und Forschung.

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