2019

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Wie denken Computer?

Europäisches Projekt hilft Grundschülern, diese Frage zu beantworten

Ein europäisches Konsortium aus estnischen, finnischen, griechischen und deutschen WissenschaftlerIinnen traf sich an der Hochschule Ruhr West, um das Projekt Computational Thinking and Acting (COTA) zu starten. Das Projekt untersucht, wie Kinder im Grundschulalter lernen können, auf welche Art und Weise Computer alltägliche Herausforderungen und Probleme lösen.

‚Computational Thinking‘ beschreibt Kompetenzen, die man benötigt, um Informations- und Kommunikationstechnologien zielführend für Problemlösungen einzusetzen. Das Projekt COTA hat sich zum Ziel gesetzt, diese Kompetenzen in den Schulklassen 3 bis 6 zu schulen. Damit sollen Kinder bestmöglich auf zukünftiges Arbeiten und Lernen vorbereitet werden. „Wir haben bereits vielfältige Erfahrungen, wie Kinder diese Kompetenzen sogar schon im Kindergarten erlernen können”, sagt Dr. Jan Pawlowski, Professor für Wirtschaftsinformatik an der Hochschule Ruhr West und Koordinator für die deutsche Projektbeteiligung. Zudem wird der Ansatz des ‚Physical Computing‘ umgesetzt. Die Idee dahinter ist, dass Kinder reale Situationen (als in der physischen Welt) erleben und entdecken und daraus Probleme am Computer lösen. Zum anderen sollen die Ergebnisse ebenfalls physisch sichtbar und erlebbar sein wie etwa mithilfe von Robotern. „Wir wollen keine Situationen schaffen, in denen Kinder nur vor dem Rechner sitzen. Die Kombination von physischen und Computer-Aktivitäten soll zur Aktivierung der Kinder führen”, so Prof. Pawlowski.

Zu diesem Zweck werden in dem Projekt nun neue Vorschläge für Curricula (Lehrpläne) entwickelt: Es werden nicht nur Vorschläge für einen klassischen Informatikunterricht entwickelt, sondern vielmehr, wie Computational Thinking in andere Fächer wie Musik, Kunst oder Sachkunde eingebunden werden kann. Dafür werden Lernszenarien und -materialien für LehrerInnen entworfen, die frei verfügbar und kostenlos nutzbar sind.

Dazu kommt der Wissenstransfer zwischen europäischen Ländern. „Wir können noch viel voneinander lernen“, so Pawlowski. „Gerade in Finnland finden wir viele erfolgreiche Beispiele, die wir auch in anderen Ländern umsetzen wollen.“ COTA wird also konkrete Lösungen für LehrerInnen und SchülerInnen entwerfen und Schulen auf die Zukunft der Digitalisierung vorbereiten.

Das Projekt „Computational Thinking and Acting“ läuft über drei Jahre.

Kontakt für interessierte Schulen:

Hochschule Ruhr West
Prof. Dr. Jan Pawlowski
Telefon: 0208 882 54 810
E-Mail: jan.pawlowski@hs-ruhrwest.de

Quelle: Pressemitteilung Hochschule Ruhr West

 


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Wenn Kinder oft unkonzentriert und abgelenkt sind

Foto von Katerina Holmes von Pexels

Erfolgreich durch die Grundschule

Ablenkbarkeit gehört zu den häufigsten Gründen, weshalb Kinder von ihren Eltern in Praxen und Instituten vorgestellt werden. Die Eltern wurden zum Beispiel von der Lehrerin auf Konzentrations-Probleme ihres Kindes aufmerksam gemacht. Oder sie haben selbst beobachtet, wie leicht sich ihr Kind von den Hausaufgaben ablenken lässt.

Erhöhte Ablenkbarkeit und Konzentrations-Probleme sind das Gleiche. Die Lehrer schildern das Problem meist so: „Ihr Kind lässt sich von allem ablenken, es schaut ständig zum Mitschüler, der hinter ihm sitzt, es kramt oft in seinem Schulranzen. Ihr Kind bekommt oft nicht mal die Fragestellung mit. Andere Kinder sind mit der Aufgabe schon halb fertig, bevor Ihr Kind überhaupt angefangen hat.“

Dabei ist es wichtig, sich die Situation genauer anzuschauen: Es gibt Kinder, die vom ersten Schultag an abgelenkt sind. Bei anderen Schülern dagegen bestand die Ablenkbarkeit schon vor Schulbeginn. Außerdem kommt es vor, dass die Problematik erst im Laufe der Grundschulzeit auffällt, etwa in der zweiten oder dritten Klasse.

Dann wiederum gibt es Kinder, bei denen die Ablenkbarkeit in den meisten Schulfächern vergleichbar stark ausgeprägt ist – und Kinder, bei denen ein Konzentrationsdefizit ausschließlich in bestimmten Fächern vorkommt. Das sind dann meist die wenig geliebten Fächer und die, in denen die Noten schwächer sind.

Bei manchen Kindern ist die erhöhte Ablenkbarkeit tagesformabhängig, bei anderen ist sie ständig zu beobachten.

Gründe für eine Über-Erregung des kindlichen Nervensystems
Es gibt viele Faktoren, durch die das Nervensystem von Kindern überreizt werden kann. Dazu können gehören:

  • Belastungen der Mutter während der Schwangerschaft:
    • Körperliche Belastungen, z. B. Infektionen, Gestose, die Einnahme von Medikamenten (Antibiotika, wehenhemmende Mittel)
    • Psychische Belastungen, z. B. Partnerschafts-Konflikte
  • Rund um die Geburt: z. B. Medikamentengabe während der Geburt, Besonderheiten bei der Geburt (Zangengeburt, Saugglocke, Kaiserschnitt), Verlegung des Neugeborenen auf die Intensivstation/Kinderklinik, Trennung von der Mutter
  • Körperliche Erkrankungen der Eltern: z. B. Migräne
  • Psychische Beeinträchtigungen: z. B. depressive Verstimmung, Ängste
  • Paarkonflikte der Eltern
  • Eltern-Kind-Konflikte
  • Geschwisterkonflikte
  • Als belastend empfundene Lebenssituationen: Kindergartenwechsel, Umzüge, Schulwechsel, Krankheiten von Familienmitgliedern, Verlust von Freunden oder Verwandten, Geburt von Geschwistern
  • Körperliche Faktoren beim Kind: z. B. Blockaden im Bereich der Halswirbelsäule, Nahrungsmittel-Unverträglichkeiten, Impfreaktionen, Nährstoffmangel, Flüssigkeitsmangel

Auch wenn die Suche detailliert betrieben wird, kommt es vor, dass man keine offensichtlichen auslösenden Faktoren und Zusammenhänge findet. Wenn mögliche Ursachen für die Überreizung des kindlichen Nervensystems gefunden werden, bedeutet das noch nicht, dass sie ausschlaggebend für die Ablenkbarkeits-Problematik sind.

Eine erhöhte Ablenkbarkeit findet man in unterschiedlichen Ausprägungen:

  • Ruhiger Typ: Viele dieser Kinder suchen während des Schulunterrichts andere Beschäftigungen, z. B. Comic lesen, Stifte spitzen und ordnen, malen, aus dem Fenster schauen (und vorbei fliegende Vögel zählen). Diese Kinder verhalten sich in der Regel unauffällig und zurückhaltend und stören nicht den Unterricht. Das Hauptproblem liegt darin, dass der Schüler durch seine Ablenkbarkeit den Unterrichtsstoff verpasst und sich mündlich wenig beteiligt.
  • Impulsiver Typ: Hier sind die Kinder in der Regel lebhaft und zappelig. Sie können kaum eine Minute lang ruhig sitzen, rutschen auf dem Stuhl herum, stehen immer wieder auf, reden pausenlos während des Unterrichts, lenken Mitschüler ab, rufen ungefragt dazwischen und halten sich nicht an Klassenregeln. Dabei stören sie den Unterricht, mitunter auch massiv.

Erhöhte Ablenkbarkeit bereits vor Schuleintritt

Es ist ein Unterschied, ob ein Kind bereits im Kindergarten als leicht ablenkbar auffiel, oder ob die Ablenkbarkeit erst während der Schulzeit auftritt.
Im Kindergarten fällt die verkürzte Aufmerksamkeits-Spanne eines Kindes zum Beispiel am ehesten während des Stuhlkreises oder bei geführten Gruppenaktivitäten (wie Weben, Malen, Basteln, Puzzle legen) auf. Manchmal berichten Erzieherinnen, dass ein Kind immerzu zwischen den Aktivitäten wechselt und sehr wenig Ausdauer beim Spielen zeigt. Erschwert wird die Verhaltens-Einschätzung in Kindergärten, in denen es wenig Struktur gibt und überwiegend Freispiel angeboten wird. In dieser Gemeinschaft fällt ein leicht ablenkbares Kind kaum auf, weil es seine Beschäftigungen selbst wählen kann.

Frühe Zeichen für Ablenkbarkeit

  • Haben Sie Ihr Kind bereits im Kleinkind- und Kindergartenalter als leicht ablenkbar empfunden?
  • Kam es vor, dass Ihr Kind bei gemeinsamen Mahlzeiten am Tisch oft nicht mitbekommen hat, was gerade gesprochen wurde?
  • Zeigte es nur wenige Minuten Ausdauer beim Spielen oder suchte es sich häufig eine neue Beschäftigung?
  • War Ihr Kind immer schon besonders verträumt?
  • Konnte sich Ihr Kind oft zwei Sachen gleichzeitig nicht merken, z. B. dass es außer Brötchen auch noch vier Stück Kuchen beim Bäcker holen sollte?
  • Hatten Sie den Eindruck, dass Ihr Kind vergesslicher wirkte als gleichaltrige Kinder?

Eine Ablenkbarkeit, die bereits im Kleinkind- oder Kindergartenalter ausgeprägt war, kann durch die Schulsituation noch verstärkt werden. Bei einer Überreizung des Nervensystems, die schon vor der Schulzeit existierte, ist das Erregungsniveau des kindlichen Nervensystems sehr hoch. Entsprechend unruhig, nervös und unkonzentriert verhalten sich die Kinder dann in der Schule. Sie reagieren mitunter unwillig und gereizt. Eine erhöhte Ablenkbarkeit kann also Ausdruck eines längerfristig gestressten Nervensystems sein.

Erhöhte Ablenkbarkeit mit Schuleintritt

Bei vielen Kindern stellt sich ein Konzentrations-Problem erst während der Schulzeit ein. Es kann bereits in den ersten Schulwochen auftreten oder auch erst nach dem ersten Schuljahr.

Besonders bei Jungen kommt es häufiger vor, dass der Wechsel vom Kindergarten in die Schule eine hohe Anpassungsleistung erfordert. Viele Jungen erleben die Einschulung als Herausforderung und fühlen sich in ihrem Freiheitsdrang beeinträchtigt. In der Schule wird erwartet, dass sie stundenlang auf einem Stuhl sitzen bleiben, dass sie ruhig und aufmerksam zuhören, dass sie ordentlich und sauber schreiben und dass sie sich mit vielen neuen Mitschülern vertragen. Es kann mitunter einige Wochen oder Monate lang dauern, bis sich ein Kind an die neue Situation gewöhnt hat. Deshalb kann es vorkommen, dass die Konzentrations-Probleme anfangs nicht bemerkt werden.

Häufig kommt es vor, dass Jungen bei der Einschulung in ihrer feinmotorischen Entwicklung noch nicht so weit sind wie gleichaltrige Mädchen. Weil im Kindergarten ihr Interesse an Malen und Basteln meist noch nicht so groß war, fällt es ihnen anfangs schwer, den Stift richtig zu halten, Buchstaben zu schreiben, Zahlen zu malen, sauber mit Schere und Klebstoff zu arbeiten. Das kann die Aufmerksamkeit beeinträchtigen. Wenn die Umstellung vom Kindergarten auf die Schule die Hauptursache ist, nimmt die Ablenkbarkeit normalerweise in wenigen Wochen an Intensität ab – sobald sich nämlich die Anpassungs-schwierigkeiten gelegt haben.

Eine erhöhte Ablenkbarkeit kann auch durch einen Lehrerwechsel ausgelöst werden – etwa dann, wenn die Klassenlehrerin längere Zeit krank ist und Vertretungslehrer eingesetzt werden müssen. Das kann ein Zeichen dafür sein, dass der Schüler die Beziehung zur neuen Lehrperson als problematisch empfindet. Die Fähigkeit, sich gut zu konzentrieren und die Aufmerksamkeit ganz dem Schulstoff zu widmen, setzt voraus, dass das Kind sich in der Klasse mit Lehrer und Mitschülern sicher fühlt. Wenn die Lehrerin als übermäßig streng, ungerecht oder wenig einfühlsam für die Bedürfnisse der Schüler erlebt wird, kann das eine erhebliche Verunsicherung eines Kindes zur Folge haben. Diese Unsicherheit kann einen beträchtlichen Teil der Aufmerksamkeit des Schülers binden.

Es ist aber auch denkbar, dass die seit einem Lehrerwechsel aufgetretenen Konzentrations-Probleme weniger mit dem Wechsel zusammenhängen als mit der Tatsache, dass der Schulstoff schwieriger geworden ist.

Kinderzeit-Podcast: Hochbegabung in der Kita. Zu Gast: Ulrike Krause

Konzentration und Motivation

Immer wieder kommt es vor, dass Eltern in der Praxis erklären: „Mein Sohn hat eigentlich keine Konzentrations-Probleme, denn ich bekomme ja mit, dass er sich durchaus konzentrieren kann, wenn er sich für etwas interessiert.“ Wie passt das zusammen?

Es ist wichtig zu wissen, dass Konzentrations-Probleme bei Kindern immer motivationsabhängig sind. Das heißt, ein Kind kann sich gut konzentrieren, wenn es seine Beschäftigung selbst gewählt hat, wenn es zum Beispiel Lego baut oder mit dem Computer spielt. Dagegen kann es demselben Schüler schwer fallen, im Unterricht auch nur fünf Minuten lang bei der Sache zu bleiben – einfach, weil ihn das Thema nicht so sehr interessiert.  Konzentrations-Probleme von Kindern sind in der Regel nicht die Folge einer verminderten geistigen Leistungsfähigkeit. Die Konzentrationsfähigkeit der leicht ablenkbaren Kinder ist nur stärker motivationsabhängig als bei anderen gleichaltrigen Kindern.

Je nach Fach motiviert
Julian
, acht Jahre alt, zweite Klasse, arbeitet im Sachkunde-Unterricht gut mit –  ebenso in Mathematik. Dabei zeigt er Einsatzfreude, Leistungsbereitschaft, aktive Mitarbeit und trägt mit konstruktiven Ideen positiv zum Unterricht bei. Im Deutsch- und Englisch-Unterricht sieht das allerdings ganz anders aus: Hier zeigt er eine deutlich erhöhte Ablenkbarkeit, bleibt kaum ruhig auf dem Stuhl sitzen, äußert seine Unlust etwas mitzuschreiben und unterhält sich statt dessen lieber mit seinem Banknachbarn über die aktuellen Fußballergebnisse. Wenn die Klasse aufgefordert wird, eine schriftliche Aufgabe zu erledigen, braucht Julian ewig, bis er seine Arbeitsmaterialien einsatzfähig vor sich liegen hat. Mitunter haben seine Klassenkameraden bis dahin die Aufgabe schon halb fertig.

Es ist auch denkbar, dass die Motivation für ein Schulfach nichts mit dem Interesse am Fach zu tun hat, sondern von außen gesteuert wird. Zum Beispiel kann ein Schüler in einem bestimmten Fach sehr aufmerksam mitarbeiten, weil er seine Lehrerin besonders mag. Er möchte durch seine aktive Beteiligung am Unterricht ihre Zuwendung gewinnen.

Dagegen ist ebenso denkbar, dass dieser Schüler für seine Klassenlehrerin wenig Sympathie empfindet und es sich in seinen Augen nicht lohnt, sich für ein Lob von ihr anzustrengen. In diesem Fall ist der Schüler wahrscheinlich in den Fächern, die seine Lieblingslehrerin unterrichtet, ausgesprochen aufmerksam, in den Fächern seiner Klassenlehrerin dagegen ziemlich ablenkbar.

Mögliche Ursachen

Eine erhöhte Ablenkbarkeit hat meist mehrere Ursachen, die zur Entstehung und Aufrechterhaltung der Konzentrations-Probleme beitragen:

  • Teilleistungsstörung (Lese-/Rechtschreibschwäche und/oder Rechenschwäche)
  • Wahrnehmungsstörung (visuell und/oder auditiv)
  • Depressive Verstimmung
  • Anpassungs-Probleme nach einschneidenden Lebens-Veränderungen
  • Leistungsängste/Prüfungsängste
  • Angststörung
  • Schulische Überforderung
  • Schulische Unterforderung
  • Rechts-Links-Blockade
  • Blockaden im Bereich der Halswirbelsäule (z. B. KISS-Syndrom)
  • Nahrungsmittel-Unverträglichkeit
  • Flüssigkeitsmangel
  • Nährstoffmangel (Vitamine/Mineralstoffe/hochwertige Fettsäuren)

Diesen Artikel haben wir aus folgendem Buch entnommen:

Erfolgreich durch die Grundschule
Wie Sie Ihr Schulkind unterstützen und motivieren können
Birgit Sesterhenn/Katrin Edelmann
Oberstebrink
208 Seiten, 22,90 €
ISBN 9783934333437
Mehr auf www.oberstebrink.de


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Schulprobleme haben viele Ursachen

Erkennen ist der erste Schritt zur Besserung

Häufig kommt es vor, dass sich Eltern zum Beispiel über die mangelnde Konzentrationsfähigkeit ihres Kindes beklagen: „Würde sich mein Kind besser konzentrieren, hätte es weniger Schwierigkeiten in der Schule.“ Auf die Frage, warum sich das Kind so schlecht konzentrieren könne, heißt es dann meist, das Kind sei selbst schuld, weil es sich im Unterricht so unruhig und zappelig verhält. Dabei wissen die wenigsten Eltern, dass der Lernerfolg eines Kindes von einer ganzen Reihe von Faktoren ungünstig beeinflusst werden kann. Dazu gehören unter anderem:

  • Stress, der sich auf die geistige Leistungsfähigkeit auswirkt
  • Nahrungsmittel-Unverträglichkeiten, die zu starken Konzentrations-Problemen führen können
  • Blockaden in der Halswirbelsäule
  • Mangelnde Zusammenarbeit der beiden Gehirn-Hälften

Hinzu kommt die Tatsache, dass es unterschiedliche Lerntypen gibt. Es gilt also, sich genauer mit den möglichen Ursachen zu beschäftigen, um geeignete Lösungen zu finden.

Die Wirkung von Stress auf die geistige Leistungsfähigkeit

Wie funktioniert unser Gehirn in Stress-Situationen?

Die Zusammenarbeit der beiden Gehirn-Hälften kann durch Stress-Faktoren sehr stark beeinflusst werden. Man nimmt an, dass in Stress-Situationen die Funk­tion des Corpus callosum beeinträchtigt ist – mit der Folge, dass der Informa­tionsaustausch zwischen den beiden Hemisphären nur reduziert stattfindet.

Unsere uralten Überlebensinstinkte: Fight, Flight, Freeze

An zentraler Stelle unseres Gehirns befindet sich unser Überlebens-Kontro­ll­zentrum, in dem emotionale Erinnerungen gespeichert sind: die Amygdala, der sogenannte Mandelkern. Sie ist an komplexen Gehirnfunktionen wie Lernprozessen, Gedächtnisbildung, Emotionen (z.B. Furcht) und der Ver­haltenssteuerung beteiligt. Wenn wir einen Reiz wahrnehmen, der von diesem spezifischen Teil unseres Gehirns als möglicherweise gefährlich oder bedrohlich eingeordnet wird, wird das Fight (Kampf)-Flight (Flucht)- oder Freeze (Erstarren)-System aktiviert. Die Amygdala spielt eine zentrale Rolle bei der Entstehung und Steuerung von Emotionen. Vor allem durch Furcht oder Angst ausgelöste Verhaltensweisen werden durch diesen Mechanismus aktiviert.

Die meisten Tierarten verfügen über ein bis zwei typische Überlebenstechniken: Droht Gefahr, greift der Tiger an (Fight), die Gazelle rennt weg (Flight) und der Käfer stellt sich tot (Freeze). Uns Menschen stehen grundsätzlich alle drei Verhaltensweisen zur Verfügung. Welches Überlebensmuster gerade zum Einsatz kommt, wird oft unbewusst gesteuert und hängt von der Situation und dem jeweiligen Erfahrungsschatz des Betreffenden ab.

Welche Stress-Faktoren können das Zusammenspiel beider Gehirn-Hälften verschlechtern?

  • Gefühl der Überforderung (z. B. durch eine schwierig erscheinende Aufgabe oder Zeitmangel)
  • Emotionale Belastung durch Konflikte (z. B. mit Mitschülern, Lehrern, Eltern, Geschwistern)
  • Körperliche Faktoren (z. B. Müdigkeit durch Schlafmangel)
  • Nährstoffmangel (z. B. Vitamin B, Zink, Magnesium)
  • Heftige Gefühle (z. B. Angst, Ärger, Wut)
  • Mangelndes Gefühl von Sicherheit (z. B. Angst vor der Trennung der Eltern)

Welche Reaktionsketten werden ausgelöst, wenn wir gestresst sind?

Die Nebennieren sind unter anderem zuständig für die Produktion und Ausschüttung der beiden Stresshormone Adrenalin und Cortisol.

  • Adrenalin sorgt dafür, dass sich der Herzschlag erhöht, der Blutdruck ansteigt, die Pupillen sich vergrößern, der Blutzuckerspiegel ansteigt und sich bestimmte Muskelgruppen anspannen.
  • Cortisol hemmt das Immunsystem, damit es im Körper nicht zu Entzündungsreaktionen kommt. Außerdem sorgt es dafür, dass Blutzucker (Glucose) freigesetzt wird.

Durch diese Hormone wird in Stress-Momenten oft die Gedächtnisleistung reduziert: Ein dauerhafte Überproduktion von Cortisol, etwa nach lange andauernden traumatischen Erfahrungen, kann das Kurzzeitgedächtnis langfristig beeinträchtigen – es wird vorübergehend außer Kraft gesetzt. Der Körper hat dann ständig den Eindruck, es liege ein bedrohlicher Zustand vor. Dann sind am ehesten nur noch die Verhaltensmuster abrufbar, die beim letzten Mal aktiviert wurden, als man sich in einer vergleichbaren Situation befand.

Beispiel: Wenn man beim letzten Mal in einer bedrohlich erscheinenden Situation weggerannt ist, dann wird man diesmal wahrscheinlich ähnlich reagieren. Dieser Mechanismus spielte früher eine wichtige Rolle und war überlebensnotwendig, wenn der Mensch erheblichen körperlichen Gefahren ausgesetzt war.

Heute ist das nur noch selten der Fall. Mittlerweile geht es nicht mehr ums Überleben, sondern darum, wie man herausfordernde Situationen  erfolgreich meistern kann.

Instinktive Reaktion auf Stress

Wenn der Blutfluss zum Frontal-Hirn eingeschränkt ist, fließt mehr Blut zum Hirnstamm und zum limbischen System. Diese beiden entscheiden dann instinktiv, wie man in so einer Stress-Situation reagiert. Jegliches Denken und Analysieren fällt hier aus – und das ist gut so. Stellen Sie sich zum Beispiel vor, Sie stünden in der Wüste einem Löwen gegenüber und fingen dann erstmal an,  lange über den optimalen Fluchtweg nachzudenken. Der Löwe würde vermutlich nicht warten, bis Sie mit dem Nachdenken fertig sind. In Stress-Situationen handeln wir instinktiv.

In extremen Stress-Situation kann es auch zu einer Anspannung von Schulter-, Nacken- und Gesichtsmuskulatur kommen. Mitunter können diese Symptome chronisch sein. Der Unterschied zwischen Entspannung und Anspannung ist meist nicht mehr erkennbar.

Nahrungsmittel-Unverträglichkeiten

Auch Nahrungsmittel-Unverträglichkeiten und/oder falsche Ernährung können die geistige Leistungsfähigkeit – und damit den Lernerfolg – beeinträchtigen.

Allergie oder Nahrungsmittel-Unverträglichkeit?

Wer auf ein Nahrungsmittel allergisch reagiert, erlebt in der Regel unmittelbar nach dem Genuss dieses Nahrungsmittels eine Sofortreaktion. Menschen, die z. B. auf Nüsse allergisch reagieren, beschreiben als erste Reaktion bereits ein pelziges Gefühl im Mund, sobald sie die Nuss kauen. Bei einer Allergie werden Immunglobulin-E-Antikörper produziert, die eine akute Sofortreaktion zur Folge haben.

Bei einer Nahrungsmittel-Unverträglichkeit (-Intoleranz) treten die Symptome typischerweise nicht unmittelbar nach dem Verzehr eines Nahrungsmittels auf. Es kann eine halbe bis zu 72 Stunden dauern. Das bedeutet: Ein auslösender Faktor für den heutigen Migräne-Anfall eines Kindes kann der Kakao gewesen sein, den das Kind vorgestern Nachmittag getrunken hat.

Eine Nahrungsmittel-Intoleranz geht mit der Bildung von Immunglobulin-G-Antikörpern einher, die gegen das betreffende Nahrungsmittel gebildet werden. Die dadurch ausgelösten Beschwerden treten meist erst Stunden oder sogar Tage später auf.

Im Unterschied dazu werden bei einer Allergie Immunglobulin-E-Antikörper produziert, die eine akute Sofortreaktion zur Folge haben.

Durch eine Immunglobulin-E-Antikörper-Bestimmung gegen Nahrungsmittel in Form einer Blutuntersuchung kann lediglich festgestellt werden, ob eine allergische Reaktionsbereitschaft gegen ein Nahrungsmittel besteht. Damit kann nicht überprüft werden, ob eine Nahrungsmittel-Intoleranz (Unverträglichkeit) vorliegt.

Weizen-Unverträglichkeit

Weizen zählt in unserer Ernährung in den westlichen Ländern zu den häufigsten Nahrungsmitteln und ist Bestandteil der meisten Mahlzeiten. Weizen ist eine der Hauptzutaten in Brot, Keksen, Kuchen, Pizza und Nudeln.       

Nach Ergebnissen amerikanischer Studien haben bis zu 15 Prozent aller Menschen eine Weizen-Intoleranz. Häufige Symptome sind eine erhöhte Ablenkbarkeit, Konzentrations-Probleme, impulsives und aggressives Verhalten, Stimmungsschwankungen. Weitere mögliche Symptome: Appetitlosigkeit, Blässe, Bauchschmerzen, Kopfschmerzen, Hautekzeme, Verdauungsprobleme wie Blähungen und Durchfall, Gliederschmerzen, Muskel- oder Gelenkschmerzen, eine erhöhte Erschöpfbarkeit und niedrige Eisenwerte im Blut. Dabei treten meist nicht alle Symptome auf, sondern nur einzelne.

Wie kann man testen, ob eine Weizen-Unverträglichkeit eine Rolle spielt?

Am sinnvollsten ist unseres Erachtens ein vierwöchiger Auslassversuch. Das bedeutet, dass für diesen Zeitraum Weizenprodukte komplett gemieden werden. Vor Beginn und erneut in der letzten Woche der Auslassdiät sollten Sie die bestehenden psychischen und körperlichen Beschwerden notieren. Dadurch können Sie bei sonst vergleichbaren Lebensumständen ermitteln, welchen Unterschied eine weizenfreie Ernährung macht, und ob es sich lohnt, künftig Weizen durch andere (weizenfreie) Produkte wie etwa Reis, Mais, Kartoffeln zu ersetzen.

Weitere Test-Möglichkeiten: Kinesiologische Testung, Bioresonanz-Testung, Blutuntersuchung in Form einer Immunglobulin-G-Bestimmung.

Laktose-Unverträglichkeit

Milch enthält Laktose (Milchzucker). Damit Milchzucker verdaut werden kann, ist das Enzym Laktase notwendig. Wenn entweder das Enzym Laktase nicht vom Körper produziert wird oder die Laktase im Darm nicht aktiviert wird, kommt es durch den fehlenden Abbau von Laktose häufig zu Beschwerden beim Verzehr von Milch oder Milchprodukten. Typische Symptome – wenn auch nicht die alleinigen Auslöser – für eine Laktose-Intoleranz: Einschlafstörungen, Kopf- und Bauchschmerzen, Migräne, Verdauungsstörungen aller Art (etwa Blähungen, Durchfall, Verstopfung, Völlegefühl etc.), Neurodermitis, Alpträume, Nachtschreck (Pavor nocturnus), Ängste, depressive Verstimmungen.

Eine Ursache für eine Laktose-Intoleranz (Milchzucker-Unverträglichkeit) ist ein angeborener (primärer) Laktosemangel. Das ist häufig bei Asiaten und Afrikanern der Fall. Dieser genetisch bedingte Mangel ist in Europa eher selten. Die häufigere Ursache für eine Laktose-Intoleranz ist eine erworbene ­(sekundäre) Laktose-Unverträglichkeit. Sie kann durch eine Darmfunktions-Störung ausgelöst werden, so dass das vorhandene Enzym Laktase nicht aktiviert werden kann.

Wie testet man eine Laktose-Intoleranz?

Dazu gibt es verschiedene Möglichkeiten. Auch hier ist eine effektive Methode der Auslassversuch. Dabei wird über einen Zeitraum von etwa vier Wochen komplett auf Milch und alle Milchprodukte verzichtet, die Laktose enthalten. Das bedeutet, dass Nahrungsmittel, die Kuhmilch, Ziegenmilch und Schafsmilch enthalten – wie Käse, Sahne, Joghurt, Kuchen und Kekse, Saucen etc. – in dieser Zeit nicht gegessen werden sollten. Laktosefreie Milch und Milchprodukte, die mittlerweile von mehreren Firmen hergestellt werden, gibt es in großen Supermärkten oder in Naturkostläden.

Vorteile der Auslassdiät sind, dass keine nennenswerten Kosten entstehen. Außerdem ist eine Beurteilung möglich, welche Auswirkungen laktosehaltige Nahrungsmittel auf das emotionale und körperliche Wohlbefinden haben.

Weitere Test-Möglichkeiten: Kinesiologische Testung, Bioresonanz-Testung, Blutuntersuchung auf Immunglobulin-G-Antikörper gegen Milchprodukte.

Mit einem Blutzucker-Laktose-Test oder einem Wasserstoff-Atemtest auf Laktose (H2-Atemtest) kann zwar getestet werden, ob und in welchem Umfang die Laktose (der Milchzucker) im Darm des Patienten gespalten wird, es wird jedoch nicht festgestellt, ob eine Antikörperbildung (Immunglobulin G) gegen Milchprodukte erfolgt ist. Das heißt, dass ein negatives Testergebnis nicht bedeuten muss, dass Milchprodukte vertragen werden. Ein weiterer Nachteil ist die hohe Laktose-Belastung im Rahmen der Testung (die einem Liter Kuhmilch entspricht), die oft Verdauungsprobleme auslöst.

Kiss-Syndrom

Der Begriff Kiss-Syndrom ist eine Abkürzung für Kopfgelenk-Induzierte Symmetrie-Störung (KISS). Es handelt sich dabei um eine Fehlstellung im Nacken, die durch eine Verschiebung im ersten und zweiten Halswirbel bedingt ist. Durch die beiden obersten Halswirbel ist die Wirbelsäule gelenkig mit dem Schädel verbunden. Der Bereich der Kopfgelenke steht in enger Verbindung mit den vegetativen Steuerungszentren des Gehirns.

Das Kiss-Syndrom gilt nicht als Krankheit, sondern als Steuerungsstörung.

Zu den häufigeren Ursachen für ein KISS-Syndrom zählen Besonderheiten bei der Geburt wie die Saugglocken- oder Zangengeburt, die Beckenendlage, Notfall-Kaiserschnitte, ein hohes Geburtsgewicht (über 4.000 g) und auch genetische Faktoren.

Bei den meisten Kindern besteht demnach das KISS-Syndrom bereits seit der Geburt. Zu typischen Beschwerden können ständiges Schreien und Schlafprobleme im Baby-Alter gehören.

Bei einem Teil der Kinder bildet sich die Fehlstellung im Laufe der Entwicklung auch ohne Behandlung zurück, bei anderen Kindern ist eine osteopathische oder auch krankengymnastische Behandlung erforderlich.

Typische Symptome bei einem KISS-Syndrom

  • Haltungsschwäche (hängende Schultern, schiefe Körperhaltung)
  • Auffälligkeiten beim Gangbild
  • Neigung zu ständigem Stolpern und Stürzen
  • Koordinations-Schwierigkeiten
  • Probleme beim Fahrradfahren und Balancieren
  • Schwierigkeiten im Bereich der Feinmotorik (Basteln, Knöpfe schließen)
  • Kaum leserliches Schriftbild
  • Abneigung gegen Malen und Basteln
  • Körperliche Unruhe und Zappeligkeit
  • Konzentrations-Probleme
  • Erhöhte Ablenkbarkeit
  • Verminderte Ausdauer
  • Neigung zu Impulsivität
  • Stimmungsschwankungen
  • Neigung zu Wutanfällen
  • Sprachentwicklungs-Verzögerungen
  • Ein- und Durchschlafprobleme
  • Lese-/Rechtschreibprobleme

Weil diese typischen Symptome aber auch durch viele andere Faktoren bedingt sein können, kann erst durch eine osteopathische Untersuchung geklärt werden, ob die Beschwerden durch ein KISS-Syndrom mit verursacht sein können.

Diesen Artikel haben wir aus folgendem Buch entnommen:

Erfolgreich durch die Grundschule
Wie Sie Ihr Schulkind unterstützen und motivieren können
Birgit Sesterhenn/Katrin Edelmann
Oberstebrink
208 Seiten, 22,90 €
ISBN 9783934333437
Mehr auf www.oberstebrink.de




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Bildungsangebote im Übergang von der Kita zur Grundschule

Selbstbildung als kollegiale Herausforderung

Broschüre gratis zum Download

Der Stellenwert einer abgestimmten, aber auch frühzeitigen Förderung im Übergang zur Grundschule ergibt sich dabei auch aus der in den vergangenen Jahren nachweislich deutlich angestiegenen Heterogenität der Kinder. Diese Heterogenität ist Chance und Herausforderung zugleich. Um eventuell notwendige Förderbedarfe im Vorfeld zu erkennen, werden in den Kindertageseinrichtungen durch Beobachtungs- und Entwicklungsverfahren entsprechende individuelle Förderbedarfe abgeleitet. Ziel ist es nicht, dass alle Kinder das Gleiche tun, sondern dass alle Kinder die Unterstützung, Ermutigung und Herausforderung erhalten, die ihre individuelle Entwicklung anregt und fördert. Individuellen Förderbedarfen Rechnung zu tragen, ist ein Beitrag zur Chancen- und Bildungsgerechtigkeit. So können bei aller Verschiedenheit der Kinder gute Voraussetzungen für das weitere Lernen geschaffen werden.

Die Broschüre richtet sich daher insbesondere an pädagogische Fachkräfte in Kindertageseinrichtungen, in deren Verantwortung die Umsetzung des Schulvorbereitungsjahres liegt, aber auch an die an die Lehrkräfte in den Grund- und Förderschulen, welche daran anknüpfend die Bildungs- und Erziehungsprozesse aufgreifen und im Anfangsunterricht fortsetzen.

Folglich ist dieses Material auch zum gemeinsamen Fachaustauch/Dialog sowie für Fortbildungen beider Institutionen geeignet.