2019

Top Themen Zeitnah

Kinder leiden am stärksten unter dem Klimawandel

Jedes heute neugeborene Kind werde im Alter von 71 Jahren in einer um 4 Grad wärmeren Welt leben, heißt es in dem Bericht des Konsortiums. Die Erderwärmung und die damit einhergehenden extremeren Witterungsbedingungen führen zu Unsicherheiten in Bezug auf Ernährung und Wasser, sich ändernden Mustern von Infektionskrankheiten und einer weniger sicheren Zukunft. Ohne beschleunigtes Eingreifen wird diese neue Ära die Gesundheit der Menschen in jeder Phase ihres Lebens bestimmen.

Dass gerade Kinder am stärksten vom Klimawandel betroffen sind, erklärt Nick Watts, der Chef des Lancet-Konsortiums auch damit, dass ihr Körper und ihr Immunsystem noch in der Entwicklung sei und die Schäden der Kindheit ein Leben lang bleiben könnten. Auch die Ernterückgänge und die damit einhergehende Unterernährung träfen die Kinder am stärksten. Hinzu kämen Erkrankungen, die durch den Klimawandel begünstigt werden wie das Dengue-Fieber oder die Cholera. Aber auch der Ostsee nimmt eine Gruppe von Bakterien, die Vibrionen, zu. Die Erreger können Magen-Darm- und Wundinfektionen verursachen.

Ein zweiter Weg - der den globalen durchschnittlichen Temperaturanstieg auf „weit unter 2 ° C“ begrenzt - sei möglich und würde die Gesundheit eines heute geborenen Kindes während seines gesamten Lebens verändern. Wenn die Gesundheit in den Mittelpunkt des bevorstehenden Übergangs gestellt werde, ergäben sich enorme Vorteile für die Öffentlichkeit und die Wirtschaft, da sauberere Luft, sicherere Städte und eine gesündere Ernährung erforderlich seien.

Mutige neue Ansätze für Politik, Forschung und Wirtschaft seien erforderlich, um den Kurs zu ändern. Eine beispiellose Herausforderung erfordere eine beispiellose Reaktion. Es werde viel Arbeit von den derzeit lebenden 7,5 Milliarden Menschen erfordern, um sicherzustellen, dass die Gesundheit eines heute geborenen Kindes nicht von einem sich ändernden Klima bestimmt wird.

Foto: WetterOnline, Quelle: Pressemeldung WetterOnline.


Top Themen Gesundheit

Aktion Mütze – Kindheit ohne Kopfzerbrechen

Kinder leiden unnötig unter Kopfschmerz

Evaluation belegt Wirksamkeit eines Programms zur Kopfschmerzprävention in der Schule

Über 70 % der Schülerinnen und Schüler in Deutschland leiden unter wiederkehrendem Kopfschmerz. Migräneattacken und Kopfschmerz vom Spannungstyp ließen sich häufig vermeiden. Das folgt aus der Begleitforschung zur bundesweiten „Aktion Mütze – Kindheit ohne Kopfzerbrechen“. Die Initiatoren von „Aktion Mütze“ erproben seit 2014 eine Unterrichtseinheit zur Kopfschmerzprävention in siebten Klassen. Nun haben sie erste Analysen zur Wirksamkeit ihres Programms vorgelegt.

Sechs Monate nach Durchführung der Unterrichtseinheit haben sich bei 66,5 % der kopfschmerzbetroffenen Schülerinnen und Schüler, die das erworbene Wissen anwenden, die Beschwerden verbessert. Bei den Befragten, die das bereitgestellte Arbeitsheft „Mütze hat den Kopfschmerz satt“ weiterhin nutzen, berichten sogar 87,7 % von einer Verbesserung.

Im Rahmen des Programms „Aktion Mütze – Kindheit ohne Kopfzerbrechen“ werden weiterführende Schulen bundesweit eingeladen, kostenfreies Unterrichtsmaterial für ihre siebten Klassen zu bestellen. Die Unterrichtseinheit vermittelt Schülerinnen und Schülern, Lehrkräften und Eltern das nötige Wissen, um Migräneattacken, Kopfschmerz vom Spannungstyp und Kopfschmerz bei Medikamentenübergebrauch wirksam vorzubeugen.

Um dauerhaft leistungsfähig und schmerzfrei zu arbeiten, ist das Gehirn auf die regelmäßige Aufnahme vollwertiger Kohlenhydrate angewiesen. Darum spielen Essen und Trinken bei der Prävention von Kopfschmerzen eine wichtige Rolle. Regelmäßige Schlafenszeiten sorgen ebenfalls für einen ausgeglichenen Energiehaushalt. Auf der anderen Seite müssen Belastungen, sei es durch Arbeit, Sport oder die Nutzung von Bildschirmmedien, vernünftig dosiert werden. Ein übervoller Terminkalender begünstigt das Auftreten von Kopfschmerzen – selbst dann, wenn ausschließlich schöne und spannende Beschäftigungen geplant sind. Das Erlernen einer Entspannungstechnik hilft auch dann zur Ruhe zu kommen, wenn Sorgen, Anstrengung und Zeitdruck unvermeidbar sind.

Kein Auslöser sorgt allein für einen Anstieg von Kopfschmerzbeschwerden. Nicht allen Belastungen können wir aus dem Weg gehen. Deswegen lernen die Schülerinnen und Schüler bei „Aktion Mütze“, sich genau zu beobachten und herauszufinden, was bei ihnen Kopfschmerzen auslöst oder vorbeugen hilft. Begleitet von der sympathischen Figur „Mütze“ erstellen sie einen individuellen Plan für ihr Verhalten im Alltag. Bei Beschwerden können die Kinder und Jugendlichen mithilfe eines Kopfschmerzfragebogens bestimmen, unter welcher Art von Kopfschmerz sie vermutlich leiden.

Die wichtigsten Inhalte der Unterrichtseinheit vermittelt auch der „Mütze“-Comicfilm, der kostenfrei im Internet anzusehen ist. Damit können selbst Kinder, Jugendliche und Familien erreicht werden, die nicht an „Aktion Mütze“ teilnehmen. Viele der „Aktion Mütze“ fördernden Krankenkassen stellen ihren Versicherten außerdem das Mut- und Mitmachheft „Mütze hat den Kopfschmerz satt“ kostenfrei zur Verfügung. Diesen Ratgeber können Familien zuhause gemeinsam durcharbeiten. Aktion Mütze“ wird noch bis 2020 fortgeführt.

Mütze hat den Kopfschmerz satt – Der Comicfilm gegen Migräne und Kopfschmerzen

Weitere Informationen

Quelle: Pressemitteilung Zentrum für Forschung und Diagnostik bei Implantaten, Entzündungen und Schmerzen (ZIES) gemeinnützige GmbH


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Die Quelle der Gesundheit – Das salutogenetische Prinzip

© Tomsickova/Fotolia

Die Salutogeneseforschung (von: salus, lat.: gesund, Unverletztheit, Heil, Glück; genese, griech.: Entstehung = Gesundheitsentstehung) fragt nach den Quellen der Gesundheit. Sie versucht herauszufinden, wie der Mensch die Kraft gewinnen kann, mit sich selbst und seinen Lebensbedingungen, mit Umwelt und verfügbarer Zeit zu Recht zu kommen. Statt der Suche nach Störungen und Defekten wird die Analyse bzw. Erforschung der Bedingungen für Gesundheit bedeutsam. Diese Fähigkeit, sich mit Problemen sinnvoll auseinanderzusetzen, trägt zur Lebenstüchtigkeit bei.

Dem Geheimnis der Gesundheit auf der Spur

Der amerikanisch-israelische Medizinsoziologe Aaron Antonovsky, Begründer der Salutogeneseforschung, der im Rahmen von Stressstudien Aspekte der Gesundheit untersuchte, vergleicht das Leben mit einem Strom: Keiner geht sicher am Ufer entlang, das Wasser kann verschmutzt sein, der Fluss hat Gabelungen, gefährliche Stromschnellen und Strudel. So entstehen vielfältige Stresssituationen. Um diese zu bewältigen, ist Sinnhaftigkeit ein wichtiger salutogenetischer Faktor. Nach Erkenntnissen der Psychoneuroimmunologie wird dadurch das Immunsystem gestärkt und Stress gemindert…

In Forschungen über den Zusammenhang von belastenden Faktoren (Stress, Extremsituationen, Traumata, seelische Grausamkeit) mit Gesundheit und Krankheit erkannte Antonovsky, dass wir uns weniger an krankmachenden Ursachen, sondern vielmehr an den Ursprüngen der Gesundheit orientieren sollten… Wie gelingt es dem Menschen, mit Kränkungen und Enttäuschungen, mit Beeinträchtigungen und Störungen so umzugehen, dass er sie überwindet, dadurch sogar gesünder wird?

Als Zeitzeuge des Zweiten Weltkrieges erlebte Antonovsky, dass viele seiner Verwandten und Bekannten unsägliches Leid und schwerste Traumatisierungen durch den Holocaust erlitten und trotzdem nahezu vollständig genesen konnten. Wesentliche Gesundheitsressource sei dabei ein Kohärenzgefühl durch das Erfahren guter Beziehungen. Dazu gehört, die eigene Lage zu verstehen, und die Überzeugung, das Leben gestalten zu können, auch der Glaube, dies habe einen Sinn. Die Überlebenden sahen ihre Situation als gegeben und aufgegeben an, man habe sich mit ihr auseinanderzusetzen – in einem auf Sinn hin orientierten Kohärenzsinn. Antonovsky geht davon aus, „dass Heterostase, Ungleichgewicht und Leid inhärente Bestandteile menschlicher Existenz sind, ebenso wie der Tod.“

Gesundsein bemesse sich an der Fähigkeit, mit heterostatischen Einflüssen umzugehen, sei Ausdruck der Überwindungsfähigkeit von Krankheitstendenzen, fremden Einflüssen, Attacken und Ähnlichem mehr.

Ein Kernaspekt des salutogenetischen Prinzips ist die Fähigkeit des Menschen mit Unerwartetem umzugehen und dabei stärker zu werden. Stress und Konflikte müsse man auszuhalten lernen und nicht in jedem Fall vermeiden. So kann der Mensch seine körperliche und seelische Belastbarkeit spüren und ausbauen. Durch einen starken Kohärenzsinn fühlt er sich mit den Lebenszusammenhängen in ihrer Komplexität verbunden (Kohärenzgefühl),

  • versteht, was in der Welt geschieht (Verstehbarkeit),
  • ist in der Lage das Verstandene umzusetzen und zu gestalten (Gestaltbarkeit),
  • gestaltet, was ihm sinnvoll erscheint (Sinnhaftigkeit).

Auf der Grundlage dieser salutogenetischen Prinzipien kann, auch nach Erkenntnissen der Hirnforschung, jeder sein „Wachstums- und Entwicklungspotential zur Entfaltung bringen.“ (G. Hüther, Raus aus der Demenzfalle, 2017, S. 49)

Der Sozialwissenschaftler Oskar Negt erwähnt in seiner autobiografischen Spurensuche, wie er „Überlebensglück“ aus dem Erlebten gewinnt (O. Negt, Überlebensglück, 2016). Er will wissen, warum aus „schmerzhaften Erfahrungen und schrecklichen Erlebnissen“ nicht zwangsläufig Beschädigungen der Person erfolgen, die einen Opferstatus lebenslang festschreiben, sondern wie es gelingen kann, eine zuversichtliche Lebenseinstellung zu erlangen und sich als autonomes Subjekt zu empfinden. Dabei greift er immer wieder auf Antonovskys Gesundheitsmodell zurück und plädiert gegen die „Entwertung des Lebens“ und soziale Kälte und für ein zuverlässiges Verbinden mit Schwachen, Ohnmächtigen und Verfolgten. Je stärker der Mensch diese Verbundenheit erlebe, desto klarer werde auch sein Gefühl der Sinnhaftigkeit.

Gesundsein durch das Gefühl für den Sinnzusammenhang

Eine entscheidende Bedingung für Gesundsein ist also der Kohärenzsinn: Der Mensch kann die Welt verstehen, sie als sinnvoll wahrnehmen und in ihr handeln – gerade auch in schwierigen Situationen, bei denen es nicht sofort Lösungen gibt. Er ist Gestalter der Verhältnisse, nicht Opfer und verwirklicht sich selbst, was schon Pestalozzi in seinen „Nachforschungen über den Gang der Natur in der Entwicklung des Menschengeschlechts“ feststellte: Er kann sich zum „Werk seiner selbst“ machen.

Gesundheit als dynamisches Geschehen

Im salutogenetischen Modell bedeutet Gesundheit mehr als die Abwesenheit von Krankheit. Das dynamische, vernetzte Geschehen beinhaltet

  • körperliches Wohlbefinden,
  • eine positive Grundhaltung zur Welt,
  • Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten und
  • Sinnfindung im Handeln.

Gesundheit ist mehrdimensional, von sozialen und ökologischen Faktoren sowie eigenen Widerstandsressourcen bestimmt. Der Mensch hat die Fähigkeit, sich mit unerwarteten Ereignissen auseinanderzusetzen und stärker zu werden durch Stress, Belastungen und Konflikte: diese „Heterostase“-Prozesse erweitern die körperlich-seelischen Belastungsgrenzen.

Statt Erklärungen gibt es ein offenes Modell der Ermöglichung: Erzieher, Kind und Eltern können miteinander lernen, ein gutes Gefühl der Verbundenheit und eine positive Grundhaltung gegenüber der Welt ausbilden. Ursachen werden gemeinsam erkannt, verstanden und gedeutet und – soweit möglich – auch erklärt: So entsteht das Kohärenzgefühl, dessen Komponenten – Verstehbarkeit, Handhabbarkeit und Sinnhaftigkeit der Welt – nur theoretisch unterschieden, in der Praxis aber unlösbar miteinander verbunden sind.

Das Kind – ein guter Schwimmer?

Antonovsky fragt: „Wie wird man, wo immer man sich in dem Fluss befindet, dessen Natur von historischen, soziokulturellen und physikalischen Umweltbedingungen bestimmt wird, ein guter Schwimmer?“

Nach dieser Metapher kann ein gefährlicher Flusslauf entschärft, aber auch das Kind zu einem guten Schwimmer gemacht werden. Durch Erziehung ist es so zu unterstützen, dass es die Welt als verstehbar, sinnhaft (bedeutsam) und handhabbar erlebt: Wenn ich mich nur genügend anstrenge oder mich ernsthaft interessiere, kann ich verstehen, was mir begegnet. Die Welt als geordnet und strukturiert wahrzunehmen und nicht als chaotisch, willkürlich, zufällig oder unerklärlich, ist entscheidend für das Sich-gesund-Fühlen. Wer über ein hohes Maß an Verstehbarkeit verfügt, für den werden Schwierigkeiten entweder vorhersehbar, oder sie sind, sollten sie tatsächlich überraschend auftreten, einzuordnen und zu erklären.

Das Gefühl von Sinnhaftigkeit oder Bedeutsamkeit beschreibt, in welchem Ausmaß man seinem Leben Sinn geben kann. Sind es die Probleme und Anforderungen wert, Energie in sie zu investieren? Dass man sich für sie einsetzt? Dass sie eher willkommene Herausforderungen sind als Lasten, die man gern los wäre?

Geschieht etwas Tragisches, zum Beispiel ein Unfall, der Tod eines Nahestehenden, die Notwendigkeit einer schweren Operation oder der Verlust des Arbeitsplatzes, wird man nicht nur Angst, Trauer oder Wut empfinden, sondern sich auch fragen: Was bedeutet das Ereignis für mich, für meine Entwicklung? Wie kann ich meinem Leben dadurch einen neuen Sinn geben? Unglückliche Erfahrungen können als persönliche Herausforderung empfunden werden.

Das Gefühl der Handhabbarkeit macht bewusst, was man kann und was nicht. Dem Nichtkönnen gegenüber steht die Aussage: ‚Ich könnte, wenn ich wollte.’ Man erlebt die Welt und sich selbst als handhabbar, als ‚manageable’. Dazu gehört die Überzeugung, dass Schwierigkeiten zu überwinden und geeignete Ressourcen aufzubauen sind, um den Anforderungen zu begegnen. Verfügbar sind dabei eigene Erfahrungen oder solche, die von anderen eingebracht werden – vom Ehepartner, von Freunden, vom Arzt, von Gott.

Das Kohärenzgefühl – als Erlebnis von Verstehbarkeit, Sinnhaftigkeit und Handhabbarkeit der Welt – entwickelt sich besonders in der Kindheit. (Opp 2018, S. 9) Daher kommt dieser Zeit auch entscheidende Bedeutung für die Gesundheit im späteren Leben zu.

Der therapeutische Erzieher wird für das Kind die Umgebung so gestalten, dass sie dessen Bedürfnis nach einem strukturierten Lebensraum entspricht mit Kontinuität, Rhythmus und Wiederholung. Das schafft Freude und Dankbarkeit, Erzieher und Kind fühlen sich wohl. Wohlbefinden bewegt zu geordnetem, schöpferischem Tun, gibt dem Kind Sicherheit und stärkt seine Fähigkeit zur „Selbstregulation“.

Im zwischenmenschlichen Beziehungsraum wirkt die haltgebende Kraft des erzieherischen Vertrauens. Diesen „Inneren Halt“ (Moor) können wir im autonomen – spontan-tätigen und rezeptiv-empfangenden – Leben und Lernen des Kindes beobachten (diagnostizieren) und verstehen lernen. Die ordnende und aufbauende Kraft gegenseitigen Vertrauens wirkt in heterostatischen Prozessen heilend und führt zur Frage nach reflexiver Professionalität, Selbstbildung und Selbsterziehung von Arzt und Erzieher.

Aspekte der Resilienzforschung

Im Zusammenhang mit der Salutogenese steht die Resilienz (engl. resilience = Spannkraft, Elastizität, Widerstandsfähigkeit). Sie bezeichnet eine stabile Entwicklung der Persönlichkeit trotz ungünstiger Erfahrungen und Belastungen.

Resilienzforschung bestätigt die pädagogische Erfahrung, dass enger, vertrauensvoller Kontakt und verlässliche Beziehungen entscheidend sind für eine autonome, selbstregulierende Entwicklung in Auseinandersetzung mit der Lebenswelt. Der Erzieher ermöglicht und vermittelt Sinn, Halt und Schutz, aber auch den „Glauben und die Hoffnung, dass sich die Dinge letztlich zum Guten wenden“. Solche Orientierungsbegriffe einer sinnvollen erzieherischen Begleitung sind nicht ohne optimistische Grundhaltung des Erziehers denkbar. 

Beispiel

Maria, 18 Jahre alt, steht kurz vor dem Abitur und möchte später im naturwissenschaftlichen Bereich forschen. Sie besucht Freunde in M., erleidet dort einen schweren Brechdurchfall, der zu Herzstillstand und damit zum klinischen Tod führt. Nach etwa zehn Minuten konnten ärztliche Wiederbelebungsversuche ihr Leben retten. In wenigen Minuten war aus der klugen und strebsamen jungen Frau ein Pflegefall geworden: Sie leidet unter einer diffusen Hirnschädigung. Ausgeprägte Funktionsstörungen führten zur Beeinträchtigung von Wahrnehmung und Bewegung, des Lesens, Schreibens und ganz besonders von Rechnen, Planen und Ausführen von Handlungsfolgen. Sie hatte keine Vorstellungen von Mengen, Reihungen und Zuordnungen, konnte sich kaum konzentrieren; Antrieb, Motivation und Kritikfähigkeit waren nur spurenhaft vorhanden. Die Behandlung in psychiatrischen Einrichtungen und rehabilitative Maßnahmen haben lediglich geringen Erfolg, nach etwa einem Jahr werden sie eingestellt, Maria kommt „austherapiert“ nach Hause. Den Eltern wird empfohlen, sie in die Werkstufe der Lebenshilfe-Schule für Geistigbehinderte zu geben, damit sie dort lebenspraktische Fähigkeiten lerne.

Auf der Basis guter Beziehungen und in einer gelösten Atmosphäre beginnen wir im Einzelunterricht mit einem flexiblen heilpädagogischen Programm: Übungen mit Montessori-Materialien, rhythmisch-musikalische Übungen nach Mimi Scheiblauer, basale Wahrnehmungs- und Bewegungsübungen, lebensbezogene und sprachbegleitende rhythmische fein- und großmotorische Übungen, die auch die Mutter zuhause sorgfältig weiterführt.

Maria lernt mit Händen und Sinnen die Welt (wieder) zu entdecken, entwickelt – zunächst auch bei intensiver körpernaher und sprachbegleitender Führungshilfe – bald positive Lebensbewältigungsstrategien. Ihre praktische Problemlösungsfähigkeit nimmt erstaunlich zu: Wir gehen zusammen zur Tür und sprechen dazu, wir sehen die Tür, das Schlüsselloch, stecken den Schlüssel herein, drehen den Schlüssel um. Maria ahmt das Vorbild nach und versucht die Übungen alleine, dann auch variiert. Wir begleiten ihre ersten selbstständigen Handlungen und Handlungsfolgen, die noch recht unkoordiniert erfolgen, sprachlich unterstützend. Erste gelingende Handlungen wecken Potenziale und Ressourcen. Maria erprobt ihr Können an Widerständen, Handlungsmuster lernt sie auf neue Situationen zu übertragen. Mit ungeahnter Willenskraft bindet sie sich in die überschaubare Lebenswelt ein. Ihre Autonomie nimmt zu, sie fängt an, sich an alte Denkmuster und sprachliche Ausdrucksweisen zu erinnern und kommt nach etwa drei Monaten Schulbesuch ohne Hilfe mit dem Zug in unsere etwa 15 Kilometer entfernte Einrichtung.

Nach gut einem halben Jahr wird sie aus der Schule entlassen, weitere sechs Monate später schreibt sie ihrem Erzieher einen relativ gut leserlichen Brief: „Ich kann gar nicht richtig ausdrücken, wie sehr ich mich freue, Ihnen schreiben zu können!! Nur wie ich beginnen soll, weiß ich nicht so recht. Es gibt so viel zu schreiben, viele Probleme von ‚damals’ sind heute fast schon unglaublich für mich, etliche Dinge sind zur Normalität und zur Selbstverständlichkeit geworden, von denen ich einmal dachte, dass ich sie nie mehr erlernen könnte! Aufgrund der Wahrnehmungsstörungen, die ich noch habe, bin ich schon eingeschränkt: Ich brauche mehr Zeit mich zurechtzufinden in neuen Situationen und fremder Umgebung als andere Menschen, und ob sich da noch viel bessern wird bei mir ist fraglich! Durch Zufall habe ich Herrn N. kennengelernt, der nun schon längere Zeit regelmäßig zu mir nach Hause kommt und ‚Rechnen’ mit mir übt. Eigentlich ist es viel mehr als nur Rechenunterricht, denn er hat mir wieder ein Verständnis für Mengen, Maße, Längen und deren Zuordnung untereinander nahegebracht! Ich bin sehr froh, dass Herr N. die Geduld hat mit mir zu lernen, und ich merke, dass ich dadurch auch in anderen Bereichen mehr Sicherheit bekomme. Das Schriftbild lässt ja leider noch zu wünschen übrig, aber ich hoffe, dass Sie den Brief doch noch lesen können und dass ich Ihnen noch öfter schreiben darf.“

Maria beendete eine Ausbildung zur medizinischen Bademeisterin und Masseurin erfolgreich, wurde zunächst als Praktikantin und später in einem Bezirkskrankenhaus fest angestellt.

Fragen wir nach dem Grund des heilpädagogischen Erfolges, waren es die haltgebenden Übungs- und Lerninhalte, die nach und nach systematisch den (Wieder)Aufbau der bio-psycho-sozialen Strukturen ermöglichten. Entscheidend aber für „Inneren Halt“ dürfte die Beziehung zwischen Maria und ihrem Erzieher gewesen sein, durch die ein situationsorientiertes methodisches Vorgehen möglich wurde. Der Erzieher regte in einer Atmosphäre des Vertrauens autonomes, sich selbst regulierendes Lernen an, indem er eine für die Entwicklung günstige Umgebung schuf und Gegenstände so vorbereitete, dass sie – allen Widerständen zum Trotz – zu verinnerlichen waren. Erzieher und Lernende bildeten in der Erziehungssituation eine Ganzheit im Dialog, Maria konnte ihre Kräfte an Widerständen erproben, in alte Bindungs- und Handlungsmuster (wieder) hineinwachsen und sich so weiterentwickeln.

Zahlreiche Studien zur Lebensqualität von Kindern zeigen, dass diese trotz mancher Risikofaktoren (Alkoholismus in der Familie, Armut, Gewalt, Vernachlässigung, schlechte Ernährung, unhygienische Verhältnisse) eine Widerstandkraft entwickelten, die allen Gefährdungen trotzte. Dabei erwies sich der Faktor „Qualität der menschlichen Beziehung“ als ausschlaggebend, der in seiner salutogenetischen Bedeutung stärker sein kann als Vererbung und Milieu. Erlebt ein Kind eine vertrauenswürdige Beziehung, auch nur zu einem einzigen Menschen, die sich durch

  • Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit,
  • wohlwollende Zuwendung und
  • Respekt vor der eigenen Würde,

auszeichnet, kann es sich nach seiner Sinnperspektive seelisch-geistig gesund entwickeln.

Literaturhinweise:

Antonovsky, A. (1997): Salutogenese. Zur Entmystifizierung der Gesundheit. Tübingen

Hüther, G. (2017): Raus aus der Demenz-Falle. Wie es gelingen kann, die Selbstheilungskräfte des Gehirns rechtzeitig zu aktivieren. München

Klein, F. (2018a): Inklusive Erziehung in Krippe, Kita und Grundschule. Heilpädagogische Grundlagen und praktische Tipps im Geiste Janusz Korczaks. München

Negt, O. (2016): Überlebensglück. Eine autobiografische Spurensuche. Göttingen

Opp. G. (2018): Wenn Kinderseelen leiden …, In: SPUREN – Sonderpädagogik in Bayern, 61. Jg., S. 7-15

Diesen Artikel haben wir aus folgendem Buch entnommen:

Therapeutische Erziehung
Resiliente Erziehung in Familie, Krippe, Kita und Grundschule
Neuhäuser, Gerhard, Klein, Ferdinand
Oberstebrink
192 Seiten, 25,00 €
ISBN: 9783963046056
Mehr dazu auf www.oberstebrink.de




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Mach mit, bleib fit!

Arbeitsheft für die 3. bis 5. Klasse

Der Konsum ungesunder Nahrungsmittel hat gravierende Folgen für die Gesundheit und zählt zu den drängenden gesellschaftlichen Problemen unserer Zeit. Gerade Kinder sind leichte Opfer. Deshalb ist es wichtig, sie frühzeitig für eine gesunde Ernährung zu begeistern. Das Arbeitsheft de Umweltinstitut München e.V. unterstützt LehrerInnen dabei. Außerdem schult es den kritischen Blick auf die im Supermarkt angebotenen Nahrungsmittel und beleuchtet die Auswirkungen der industriellen Landwirtschaft auf Tiere und Umwelt. Als Beispiel einer nachhaltigen Form der Lebensmittelproduktion stellt es den Ökolandbau vor. Zahlreiche Bilder, Aufgaben und Aktionsvorschläge laden zum Entdecken, Mitmachen und Erleben ein. Denn eine gesunde Ernährung mit ökologisch produzierten Lebensmitteln macht vor allem Spaß und schmeckt.

Das Arbeitsheft gibt beim Umweltinstitut München e.V. kostenlos oder gegen eine freiwillige Spende zu bestellen:

http://www.umweltinstitut.org/ueber-uns/infomaterial/landwirtschaft.html

Hier geht es zum kostenlosen Download als PDF


Top Themen Gesundheit

A·D·S-Kinder besser verstehen

Einige Gedanken zur Fassade, zu Hintergründen und Symptomen

Um A·D·S und A·D·S-Kinder richtig zu verstehen, sollten Sie einen Blick hinter die Fassade des A·D·S tun. Denn es reicht nicht aus, lautes, störendes Verhalten, Hyperaktivität, mangelnde Ausdauer und Konzentrations-Probleme unter den eher stigmatisierenden Begriffen „Zappelphilipp“, „Hans-Guck-in-die-Luft“ oder „Bösewicht“ zusammenzufassen. Seit dem Erscheinen von Struwwelpeter 1847 von dem Nervenarzt Dr. Hofmann haben wir vieles dazugelernt und erforscht.

Wir lernen Kinder mit ihren Familien oft erst kennen, wenn sie schon eine Odyssee durch verschiedene Therapien und Beratungen hinter sich haben und manchmal bereits mehrere Diagnose-Etiketten erhalten haben. Sind sie verhaltensgestört? Schlecht erzogen? Krank? Dumm? Oder doch nur faul? Warum sind die Beurteilung und das Verhalten so unterschiedlich? Viele Eltern können sich auf das Urteil der ErzieherInnen oder der LehrerInnen keinen Reim machen, weil sie ihr Kind in den Beschreibungen vom Verhalten im Kindergarten oder der Schule überhaupt nicht wiedererkennen. Kann es sein, dass sich ihr Liebling so unmöglich benimmt? Warum hat die Erzieherin Bedenken wegen des bevorstehenden Einschulungs-Termins und empfiehlt dringend eine Spieltherapie? Ihr Kind ist doch nicht verrückt oder minderbemittelt! Sollen sie sich Sorgen machen oder einfach über die Einwände hinwegsehen? … 

Von außen betrachtet… stehen die besonders anstrengenden Verhaltensweisen im Vordergrund: zappelig, chaotisch, explosiv, rücksichtslos mit anderen, schnell gelangweilt, unmotiviert zum Lernen, trödelig beim Arbeiten, schusselig, vergesslich, ungeduldig, laut … Solche Beschreibungen sind für Kinder mit A·D·S nicht untypisch. Die Kinder werden schnell als „Zappelphilipp“ und „Bösewicht“ einsortiert – und den Eltern wird ein Versagen in der Erziehung angelastet.

Die „Verhaltens-Fassade“ – also das von außen erkennbare Verhalten – verführt viele zu so schnellen Urteilen. Die Verhaltens-Auffälligkeiten treten in unterschiedlicher Ausprägung auf: Von leicht bis sehr stark und individuell sehr verschieden. Aber bei fast allen rufen sie ähnliche Reaktionen hervor: 

  • Klagen von den Lehrern
  • Forderung nach mehr und besserer Erziehung
  • Druck, mehr für die Schule zu üben
  • Hilflosigkeit und Verzweiflung bei den Eltern
  • Manchmal schlechtes Gewissen wegen eigener Überreaktionen
  • Ausgrenzung in Gruppen

Wenn man nur die äußeren Erscheinungs-Formen und Verhaltens-Auffälligkeiten betrachtet, wird schnell der Ruf nach mehr und besserer Erziehung und kompetenteren Eltern laut. Leider bleiben auch viele Fachleute an dieser vordergründigen Betrachtungsweise hängen und vergessen, genauer hinzuschauen und die Diagnose A·D·S in Erwägung zu ziehen. Die Eltern eines Kindes erlebten zum Beispiel wie sie als Eltern in Frage gestellt wurden. In den Spielsituationen in der Beratungsstelle wurde die Problematik des Kindes nicht so deutlich, weil sie sich mit der Therapeutin in einer „1:1-Situation“ befand und keine echte Leistungs-Anforderung zu bewältigen hatte. Auch das ist für Kinder mit A·D·S relativ typisch: Im engen Kontakt mit einem Erwachsenen oder auch im Spiel mit nur einem Kind können sie sehr aufmerksam, motiviert und liebevoll sein. Es ist ihnen möglich, ihre Intuition, Cleverness und Phantasie einzusetzen. Denn es ist wenig Ablenkung da, die sie aus dem Konzept bringen könnte. Und vor allem können sie die Situation und ihre Bedingungen gut überschauen. Das ist der Grund, warum dieses Kind sich in der Beratungsstelle ganz anders verhalten hatte als zu Hause oder im Kindergarten. Entsprechend anders fiel auch das Urteil der Therapeutin aus: „Nicole ist ein liebenswertes Mädchen mit altersentsprechendem Spielverhalten“. Nicoles Ablenkbarkeit, Impulsivität und Hyperaktivität kommen in der Gruppe und in für sie zunächst „reizintensiven“ Situationen mehr zum Tragen als in der überschaubaren familiären Welt oder in den Stunden mit der Kinderfrau, die durch intensive Zuwendung gekennzeichnet sind.

Die positiven Eigenschaften eines solchen Kindes bleiben in der Beurteilung leider vielen verborgen. Sie sehen nur das expansive, aneckende Agieren, das besonders in Gruppen, in der Schule oder bei bestimmten Anforderungen zu enormen Schwierigkeiten führt – und sie ziehen die falschen Schlüsse. Die ausschließliche Betrachtung des störenden Verhaltens ist vergleichbar mit dem Blick durch eine Milchglasscheibe. Man kann nur die Konturen der dahinterstehenden Person erkennen. Die Besonderheiten der Persönlichkeit – und vor allem die Ursachen und Bedingungen des einzelnen für sein Verhalten bleiben verborgen. Die Ursache des auffälligen Verhaltens und der möglicherweise zusätzlich bestehenden Entwicklungs-Defizite kann in neurobiologischen Besonderheiten in der Informations-Verarbeitung liegen. Deshalb kann man bei einigen Kindern mit ausgeprägtem A·D·S manchmal erst einen klaren Blick hinter die Fassade A·D·S erhalten und sich ein Bild über die individuellen Begabungen und persönlichen Stärken machen, nachdem zunächst die Stoffwechsel-Situation durch Medikamente (Stimulantien) optimiert worden ist (…). Bei diesen Kindern mit einem sehr ausgeprägten A·D·S verändern wir durch die Medikamente nie die Persönlichkeit, wir beeinflussen nur die Aufmerksamkeits-Funktionen und ermöglichen den Kindern eine bessere Informations-Verarbeitung. So erhalten sie die Möglichkeit, Signale aus ihrer Umgebung gezielter zu registrieren und ihrem Entwicklungsstand entsprechend zu nutzen und zu verarbeiten. Sie bekommen damit fast gleich gute Chancen, ihre Fähigkeiten einzusetzen, wie andere Kinder ohne A·D·S auch. Nicht nur wir, sondern viele Therapeuten, die seit Jahrzehnten A·D·S-Kinder behandeln und in ihrer Entwicklung begleiten, berichten immer selbst sehr fasziniert von dem „gewissen Etwas“ und dem hohen Maß an Kreativität, Ideenreichtum und Sensibilität dieser Kinder, sobald man einen Blick hinter die vordergründige Fassade des A·D·S gewinnt.

A·D·S: Ein Blick hinter die Fassade

In den neurologischen und psychologischen Untersuchungen und Testungen erweitern wir den Blickwinkel und bekommen ein genaueres Bild über den Arbeitsstil, die Begabungen, die individuellen Stärken und Schwächen und über die Ursachen der Verhaltensweisen. In den Untersuchungs-Situationen können wir viele von den Eltern, LehrerInnen und ErzieherInnen beschriebenen Verhaltensweisen nachvollziehen. Bei Aufgaben, die ein genaues Zuhören und/oder Hinschauen erfordern, fällt der oberflächliche, impulsive und flüchtige Arbeitsstil auf. Die Kinder produzieren dadurch viele „Schusselfehler“, sind unorganisiert, verwirrt und schnell frustriert. Die Ablenkbarkeit wird umso größer, je mehr Reizangebot zur Verfügung steht. Es ist dann auch nicht verwunderlich, dass die Kinder viele Informationen nicht richtig aufnehmen oder schnell vergessen.

Sie träumen dann vor sich hin, starren Löcher in die Luft, trödeln oder werden zappelig. Sie bekommen Einzelheiten und Signale der anderen teilweise nicht mit und reagieren falsch. Das Rad der negativen Lernerlebnisse dreht sich immer schneller. Am einfachsten ist es dann, den Anforderungen direkt auszuweichen oder sie zu verweigern. Würde es Ihnen nicht auch so gehen?

Trotz ihrer flüchtigen Arbeitsweise ist es immer wieder erstaunlich, wie gut die meisten dieser Kinder trotzdem in den Entwicklungs-Tests abschneiden. Beim schnellen Erfassen von logischen Zusammenhängen sind sie oft besonders fit. Sie können sehr schnell, kreativ und ideenreich Aufgaben lösen. Wenn ihnen etwas besonders gut gefällt, sind sie Feuer und Flamme und lassen sich dann kaum bremsen. Sie zeigen – oft zur Überraschung der Eltern – ungeahnte Fähigkeiten... 

Die 10 wichtigsten Symptome bei A·D·S

Auch wenn wir bei jedem Kind ein individuelles Entwicklungs- und Begabungs-Profil finden und selbstverständlich – wie bei allen anderen Störungen oder Krankheiten auch – sehr unterschiedliche Ausprägungsgrade des A·D·S sehen, gibt es Gemeinsamkeiten in den zutage tretenden Auffälligkeiten, die die Diagnose „A·D·S mit oder ohne Hyperaktivität“ ausmachen.

Hier eine kurze Zusammenstellung der zehn wichtigsten Symptome bei A·D·S:

1) Unaufmerksam und ablenkbar

Driftet mit der Aufmerksamkeit ab
Wechselt den Brennpunkt des Interesses

2) Hyperaktiv und/oder verträumt

Immer auf dem Sprung
Schaut Löcher in die Luft und träumt

3) Impulsiv

Handelt, ohne nachzudenken
Lebt Gefühle sofort aus
Abwarten fällt schwer

4) Vergesslich und schlechtes Kurzzeitgedächtnis

Vergisst schnell, besonders alltägliche Dinge
Alles, was nicht spannend ist, ist schnell aus dem Sinn
Verliert oft seine Sachen

5) Wirkt zerstreut oder chaotisch

Wenig Überblick und geringe Eigenorganisation

6) Regeln einhalten – eine der schwersten Übungen

Eigensinnig
Will nur seinen Willen durchsetzen
Alles und nichts wird endlos diskutiert

7) Arbeitsverhalten lässt zu wünschen übrig

Kein Überblick und wenig Strategie
Anfang ist schwer – lieber alles auf die lange Bank schieben

8) Stimmungslabil: Berg-und-Tal-Fahrt der Emotionen

Schnell gereizt und auf 180 – oder zu Tode betrübt
Stehaufmännchen: Kann auch schnell vergessen und Enttäuschungen wegstecken

9) Selbstwert-Gefühl im Keller

Manchmal nach außen „Powerman“ oder Clown – allerdings mit hochsensiblem Kern

10) Sozialverhalten – oft eine Katastrophe

Mangelnde Einschätzung von sich und den anderen
Integration in eine Gruppe – meist schwierig
Bekommt schnell die Rolle eines Außenseiters zugeschrieben

Darüber hinaus stößt man oft auf noch weitere mögliche zusätzliche Auffälligkeiten – nämlich Lern- und Entwicklungs-Probleme aufgrund von Wahrnehmungs-Verarbeitungs-Störungen – zum Beispiel:

  • Auffällige Körper-Wahrnehmung mit Auffälligkeiten in der Motorik (Schrift, Balancieren, Feinabstimmungen)
  • Auffällige Seh-Wahrnehmung mit Lese- und Schreibproblemen
  • Auffällige Hör-Wahrnehmung mit Auffälligkeiten in der Sprachentwicklung und Sprachverarbeitung und/oder Rechtschreibstörung

Diesen Artikel haben wir aus folgendem Buch entnommen:

Das ADS-Buch
Neue Konzentrationshilfen für Zappelphilippe und Träumer: Das OptiMind ® -Konzept
Aust-Claus, Elisabeth, Hammer, Petra-Marina
Oberstebrink
ISBN 9783980449366
Umfang: 320 Seiten

Kennen Sie auch Kinder, die ständig auf Hochtouren laufen, sich leicht ablenken lassen, ungeduldig und impulsiv reagieren, unorganisiert und chaotisch wirken, dauernd in Aktion sind und immer sofort ausflippen? Kinder, die zerstreut und vergesslich sind, nicht zuhören und „auf Durchzug“ schalten, vor sich hin träumen, nie fertig werden, oft ein „Brett vor dem Kopf“ haben und abwesend wirken? Die einen sind die hyperaktiven „Zappelphilippe“, die anderen die „Träumer“: Kinder mit A.D.S (Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom). Sie sind meist intelligent, phantasievoll, kreativ und oft sogar hochbegabt. Aber sie können die Flut von Eindrücken, die laufend auf sie einstürmen, nicht richtig filtern, sortieren und verarbeiten. Das führt schnell zum Chaos im Kopf. Deshalb flippen A.D.S-Kinder leicht aus – oder sie schalten einfach ab. Das führt zu Stress in der Familie, im Kindergarten und in der Schule. Das A.D.S-Buch zeigt, wie Sie A.D.S-Kindern helfen können, ihr Leben erfolgreich zu meistern. Mit OptiMind® – dem Team-Konzept für Eltern, Lehrer, Therapeuten. Das erste Buch aus kinderärztlicher und psychotherapeutischer Sicht – für die hyperaktiven „Zappelphilippe“ und die „Träumer“. Mit vielen Fallbeispielen und Checklisten, Plänen und Anleitungen.


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Gutes Essen schmackhaft machen

Gemeinsame Mahlzeiten zu Hause und in der Kita

Gemeinsames Essen ist wichtig. Es stärkt das Gemeinschaftsgefühl und fördert die aktive Auseinandersetzung mit Nahrungsmitteln. Dabei ist es gar nicht so einfach, alle an einen Tisch zu bekommen. Dazu und zu vielem anderen gibt die Verbraucherzentrale NRW einige Anregungen.

Feste Mahlzeitenstruktur

Feste Essenszeiten strukturieren den Tag und vermitteln Kindern Sicherheit. Für eine positive Essatmosphäre ist es wichtig, die Mahlzeiten klar von den übrigen Aktivitäten abzugrenzen. Die Mahlzeiten sollten einen festen Beginn und ein festes Ende haben. Damit wird auch Daueressen vorgebeugt. Essensfreie Zeiten von mindestens zwei Stunden zwischen den Mahlzeiten, in denen nur kalorienfreie Getränke zur Verfügung stehen, unterstützen diesen Rhythmus. Auf der anderen Seite ist es wichtig, den Kindern ausreichend Zeit zum Essen zu lassen. Kinder sollten nicht für schnelles Aufessen gelobt werden.

Auffälligkeiten im Essverhalten

Wenn Kinder über längere Zeit nur sehr wenig oder nur bestimmte Lebensmittel essen, aber auch wenn sie extrem viel in sich hineinstopfen können dies Anzeichen für Störungen im Essverhalten sein. Hierbei handelt es sich meist um vorübergehende Auffälligkeiten, die zum kindlichen Entwicklungsprozess gehören. Werden Kinder schwach oder antriebslos, oder stimmt das Gewicht nicht mehr, sollten Eltern mit dem Kinderarzt klären, was zu tun ist.

Essen als Beziehungsregler

In Familien wird die Essensversorgung oft auch zum Anlass, um Zuneigung zu zeigen („extra für dich“), aber auch um Konflikte auszutragen („dann ist Nachtisch gestrichen“). Solche Faktoren haben Einfluss auf die Entwicklung des Essverhaltens bei Kindern und können Störungen befördern.

Gegensteuern in Problemsituationen

Wichtig ist, auf die spezielle Esssituation nicht übermäßig zu reagieren. Solange das Gewicht stimmt, sich das Kind gesund entwickelt und aktiv ist, besteht kein Anlass zur Sorge. In der Regel wird der Nährstoffbedarf durch die verspeisten Lebensmittel gedeckt. Problemphasen legen sich auch oft wieder. Vorsichtigen und zurückhaltenden Essern sollten wir nicht zu viele neue Lebensmittel auf einmal anbieten, sondern immer nur eines ab und zu in kleinen Mengen. Eine gute Mischung mit vertrauten Speisen, regelmäßige gemeinsame Mahlzeiten, mit gutem Vorbild vorangehen und Kindern beim Essen und Probieren viel Zeit lassen – dies sind die richtigen Zutaten zur positiven Veränderung von Essverhalten. Ansonsten gilt: bei Tisch nicht mit Süßem oder mit dem Nachtisch locken oder damit bestrafen. Kindern auch keine Extrawurst bieten, da dies meist nicht erforderlich ist. Alle sollten zudem solange am Tisch sitzen bleiben, bis das Essen beendet ist. Keinen Druck auf Kinder ausüben, sondern sie stattdessen zum Essen ermuntern.

Viel- oder Wenigesser

Solche Kinder benötigen regelmäßige Mahlzeiten. Sie sollten nicht zwischendurch essen, vor allem keine Süßigkeiten oder sattmachende Getränke konsumieren. Beim Essen solltenwir darauf achten, dass Kinder nicht durch andere Dinge abgelenkt werden, damit sie sich besser aufs Essen konzentrieren und Hunger- oder Sättigungssignale wahrnehmen können. Die meisten Menschen mögen einige Lebensmittel nicht. Zuhause und in der Kita sollten solche Abneigungen respektiert werden.

Weitere Infos, wie Esssituationen in Kitas gestaltet werden können, damit Kinder gesund aufwachsen gibt es unter www.kita-schulverpflegung.nrw.

Quelle:  Pressemitteilung Verbraucherzentrale NRW

 


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Hygieneanforderungen in der Krippe

Wichtige Empfehlungen für die Hygiene bietet der „Leitfaden für die Anforderungen an die Hygiene in einer Gemeinschaftseinrichtung mit U3-Betreuung“. Die Broschüre des Gesundheitsamtes aus dem Main-Kinzig-Kreis bietet Entscheidungshilfen bei hygienischen Fragestellungen und vermittelt dem pädagogischen Personal Handlungssicherheit. Als „Roter Faden“ können die Fachkräfte die Leitlinie individuell anpassen, um den entsprechenden Teil des Hygieneplans zu erstellen. Die Empfehlungen zeigen, wie hygienisch einwandfreies Arbeiten mit möglichst geringem zusätzlichem Arbeitsaufwand gelingen kann.

Folgende hygienisch relevante Bereiche sind berücksichtigt:

  • Wickelbereich
  • Dusch-/ Waschmöglichkeit
  • Sanitäre Installationen ggf. Töpfchen
  • Windelabfallentsorgung
  • Schlafräume
  • Beruhigungssauger/Trinkflaschen mit Sauger

Hier geht es zur Broschüre

Quelle: www.mkk.de


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Gewünschte Impfquoten bei Schulanfängern noch nicht erreicht.

Impflücken bei Masern sind weiterhin zu groß

Das geht aus neuen Auswertungen zu Impfquoten hervor, die das Robert Koch-Institut (RKI) am 2. Mai 2019 im Epidemiologischen Bulletin veröffentlicht hat. Zwar haben 97,1 Prozent der Schulanfänger die erste Impfung bekommen. Bei der entscheidenden zweiten Masernimpfung gibt es große regionale Unterschiede, so dass auf Bundesebene die gewünschte Impfquote von 95 Prozent noch nicht erreicht wird. Nach den neuen Daten des RKI sind gut 93 Prozent der Schulanfänger 2017 zweimal gegen Masern geimpft. Die Impfungen gegen Diphtherie, Tetanus, Keuchhusten oder gegen Kinderlähmung haben bei den Schulanfängern im dritten Jahr in Folge abgenommen.

Ziel des Bundesgesundheitsministeriums ist es, dass die Masern-Impfung in Kindergärten und Schule verpflichtend werden. Trotz aller Aufklärungskampagnen sind die Impfquoten in den vergangenen Jahren nicht entscheidend gestiegen. Um die Viruserkrankung auszurotten ist eine Impfquote von 95 Prozent notwendig.

Dem Robert Koch-Institut wurden für 2018 insgesamt 543 Masernerkrankungen übermittelt, im laufenden Jahr sind es bereits mehr als 300 Fälle. Fast die Hälfte der Erkrankten sind junge Erwachsene. Das weist auf die großen Impflücken in diesen Altersgruppen hin. Die Ständige Impfkommission empfiehlt für die nach 1970 Geborenen, die Impfung nachzuholen, wenn im Impfpass keine oder nur eine Masernimpfung aus der Kindheit vermerkt ist oder der Impfstatus unklar ist.

Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), betont, wie wichtig es ist Impflücken im Kindesalter, aber auch bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen, zu schließen. Zum Schutz vor Masern sei nicht nur der rechtzeitige Aufbau des Impfschutzes bis zum Ende des zweiten Lebensjahres von Bedeutung, sondern dass auch Erwachsene, die nach 1970 geboren sind, ihren Impfschutz gegen Masern überprüfen lassen. Das BZgA richtet sich mit den Informationsmaßnahmen gezielt an Eltern und an nach 1970 geborene Erwachsene. Und es bietet Informationsmaterialien für Multiplikatoren an, um das öffentliche Bewusstsein für das Thema Impfen zu stärken.

Ergebnisse der bundesweiten Repräsentativbefragung der BZgA zeigen, dass vor allem Ärzte bei der Aufklärung zu gesundheitsrelevanten Themen eine Schlüsselrolle einnehmen. Ein persönliches Gespräch mit einer Ärztin oder einem Arzt halten 97 Prozent der Befragten für geeignet, um sich über Impfungen im Kindes- und Erwachsenenalter zu informieren.

Das Robert Koch-Institut hat anlässlich der diesjährigen Impfwoche am 30. April 2019 eine nationale Konferenz zur „Elimination der Masern- und Röteln in Deutschland“ veranstaltet. Ein Schwerpunkt stellte die Qualität der Surveillance dar. Das Krankheitsgeschehen gut zu überwachen, sei eine Voraussetzung, um Infektionsketten schnell erkennen und unterbrechen zu können.

Zudem sei die Qualität der Überwachung ein zentrales Kriterium der Weltgesundheitsorganisation, um die Ausrottung zu bestätigen. Dafür darf Masernstamm nicht länger als zwölf Monate im Land zirkulieren. Das Nationale Referenzzentrum für Masern ist am Robert Koch-Institut angesiedelt, ebenso wie die vom Bundesministerium für Gesundheit berufene Nationale Verifizierungskommission Masern/Röteln (NAVKO), die jährlich einen Bericht zum Stand der Masern-Elimination erstellt. Die Kommission empfiehlt in ihrem jüngsten Bericht vom September 2018: „Angesichts der unbefriedigenden Situation bei der Masern- und Rötelnelimination regt die NAVKO ein personell und finanziell stärkeres Engagement aller Beteiligten am Impfwesen in Deutschland an.“