2019

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Spiele und Aktionen im Schnee

Eis und Schnee

Wie herrlich, wenn es draußen schneit und die Seen zugefroren sind! In vielen Städten ist das eher eine Seltenheit, deshalb muss schnell reagiert und ein Fest organisiert werden, dessen Vorbereitung nicht so aufwendig ist. Die Einladung erfolgt rasch telefonisch und mitgebracht wird, was gerade im Haus ist. Wer mit der Kindergartengruppe feiert, fragt einige engagierte Eltern, ob sie kurzentschlossen mit in den Schnee ziehen können.

Wem schon ein paar Tage vorher bekannt ist, dass sich eine Kaltfront nähert, kann das Fest auch etwas vorausplanen und den Kindern eine ganz verrückte Einladung mitgeben: Der Mini-Zettel mit dem Einladungstext wird in eine Klarsichtfolie eingerollt und in einem Eiswürfel eingefroren. Allerdings ist in diesem Fall nicht ganz sicher, ob alle Eiswürfel heil zu Hause ankommen, da garantiert einige im Mund der Kinder verschwinden werden! Auf der Einladung steht, dass die Kinder und Erwachsenen in warmer Kleidung zum Fest kommen und möglichst ein Paar Ersatzhandschuhe und ein zweites Paar Socken mitbringen sollen, denn erfahrungsgemäß bleibt bei Spielen im Schnee die Kleidung nicht ganz trocken.

Weil Kinder trotz der vielen Bewegung schneller frieren als Erwachsene, ist es eine gute Idee, für eine warme Ecke zu sorgen. Solch eine Wärmequelle könnte eine Tonne sein, wie sie Gleisarbeiter benutzen, es genügt aber auch ein stabiler Abfalleimer aus Stahl, in dem ein kleines Feuerchen gemacht wird, an dem sich die Gäste aufwärmen können. Die Dekoration des Festplatzes rund ums Feuer erfolgt während des Festes. Hier gibt es auch leckere, warme Getränke zum Aufwärmen und etwas zum Naschen, denn Bewegung an frischer Luft macht hungrig: Heißer Kakao oder Früchtepunsch sind im Winter sehr beliebt, Laugenbrezeln oder Plätzchen schnell aufgebacken oder besorgt. Die meisten Einrichtungen haben einen großen Vorrat an festen Plastikbechern, die nach der Aktion gespült und wieder verwendet werden können.

Wenn einige Eltern kleinere Geschwisterkinder mitbringen, werden ein paar der angebotenen Spiele natürlich speziell für die Kleinen variiert. Bei kleineren Kindern ist es noch wichtiger, sie in Bewegung zu halten, damit ihnen nicht kalt wird. Man kann zum Beispiel eine Schatzsuche veranstalten, wobei ein Luftballon, eine farbige Murmel oder ein bunter Tischtennisball die Suche nicht ganz so schwer machen. Zieht man mit mehreren Kindern los, wird so lange gesucht, bis jedes Kind einen kleinen Schatz hat. Wer schon selbst etwas gefunden hat, darf den anderen beim Suchen helfen, das fördert ganz nebenbei soziales Verhalten. Je nachdem, wie hoch der Schnee liegt, können die Kinder auch versuchen, in die Fußstapfen ihres Vordermannes zu treten. Schaffen sie das schon?

Schauen Sie sich die im Folgenden beschriebenen Spiele auf Möglichkeiten einer Vereinfachung für kleine Kinder an. Die Kleinen und Großen müssen ja nicht die ganze Zeit miteinander spielen. Vielleicht nimmt sich eine Mutter oder ein Vater zwischendurch der jüngeren Bande an und probiert mit ihnen eine einfachere Spielvariante aus.

Spiele im Schnee

Kugelwettkullern

Der frische Schnee fordert dazu heraus, eine große Schneekugel zu rollen. Es werden mehrere Mannschaften zu je ca. acht Kindern gebildet, die in einem Abstand von jeweils fünf großen Schritten voneinander entfernt in einer Reihe hintereinander stehen. Auf ein Signal hin beginnt jeweils der hinterste Spieler einer Mannschaft eine Kugel zu formen, die er dann zu seinem Vordermann hinrollt. Dieser übernimmt die Kugel und rollt sie weiter zum nächsten Mitspieler seiner Mannschaft. Ist die Kugel schließlich beim Vordersten angelangt, muss dieser die inzwischen schon recht groß gewordene Schneekugel bis zur ungefähr zehn Schritte entfernten Ziellinie rollen. Die Mannschaft, deren Kugel als erste durchs Ziel rollt, hat gewonnen.

Als weitere Hürde könnte die Kugel zunächst um den eigenen Körper herumgerollt werden müssen, bevor sie an den nächsten Mitspieler weitergegeben werden darf. Wird die Kugel zu groß für den letzten Spieler, helfen alle Kinder seiner Mannschaft mit, sie ins Ziel zu rollen.

Bleib von der Kugel weg

Je zwei Kinder rollen eine Schneekugel und lassen sie zwischen sich auf dem Boden liegen. Dann fassen sie sich an den Händen und versuchen auf ein Signal hin, sich gegenseitig zur Kugel hinzuziehen.

Ältere Kinder spielen dies gerne als Wettspiel: Dann scheidet der Partner, der die Schneekugel berührt hat, aus. Die Sieger kämpfen in den nächsten Runden so lange miteinander, bis zum Schluss nur noch ein Gewinner übrig ist.

Bei kleineren Kindern endet das Spiel meistens so, dass ein Partner auf der Nase liegt und sich eine wilde Schneeballschlacht anschließt. Wenn auch Erwachsene mitspielen und die Kinder erleben, dass diese nicht weinen, wenn sie Schnee ins Gesicht bekommen, bleiben in der Regel nur ganz wenige Kinder übrig, die es nicht leiden können, wenn sie mit Schnee beworfen werden.

 Schneemänner

Ganz bestimmt kommt im Laufe des Festes irgendeiner auf die Idee, aus den heil gebliebenen Schneekugeln einen Schneemann zu bauen, der mit Möhren, Ästen oder anderen Gegenständen, die man in der Nähe findet, verziert werden kann. Dabei muss es aber nicht bei einem Schneemann bleiben, andere verrückte Schneegestalten leisten ihm sicher gerne Gesellschaft: Ob Riesenschneehühner oder flotte Schneeautos, jeder darf nach Lust und Laune bauen!

 Schneefestung

  • Zielscheiben oder Stöckchen

Schneekugeln können auch zu einer Festung aufgebaut werden. Die Festung besitzt Schießscharten. Dort halten die Ritter auf ein Signal hin drei Minuten lang Zielscheiben oder Stöckchen hoch. Sie selbst nehmen hinter dem Schneewall Deckung. In diesen drei Minuten, die ein unparteiischer Erwachsener an- und abpfeift, werden die Ritter von einer gleich großen Gruppe Angreifer mit Schneebällen beschossen. Die Ritter merken sich, wie oft ihre Zielscheibe bzw. ihre Stöckchen getroffen wurde/n. Ist die Zeit um, werden alle Treffer zusammengezählt und in den Schnee geschrieben. Dann werden die Rollen getauscht.

Welche Angreifergruppe konnte die meisten Treffer landen?

Mit älteren Kinder, denen es nichts ausmacht, von einem Schnee­ball getroffen zu werden, kann das Spiel auch ohne Zielscheiben oder Stöckchen gespielt werden. Jeder Ritter, der von einem Schneeball getroffen wurde, ist verwundet. Nach zwei Treffern scheidet er aus.

Zielwerfen

  • Holzleisten, Winkel, Tacker, Stifte, Messer oder Cutter

Wem das Spiel „Schneefestung“ zu wild ist, der kann sich auch ein anderes Ziel aussuchen, das mit Schneebällen beworfen werden soll. Das trainiert die Feinmotorik und hält warm. Als Ziel könnten zum Beispiel Figuren aus Pappe dienen. Die Schneebälle bleiben daran haften und bilden so eine schöne Dekoration. Allerdings muss diese Aktion gut vorbereitet werden, denn die Pappfiguren würden sonst viel zu schnell aufweichen und umkippen. Deshalb werden sie mit Holzleisten auf der Rückseite verstärkt und mit einem Winkel versehen, sodass sie fest im Schnee stehen. Am besten eignen sich dazu große Waschmaschinen- oder Kühlschrankkartons. Die Händler sind meist froh, wenn sie diese nicht selbst entsorgen müssen.

Die Umrisse der Figuren werden mit einem Stift aufgemalt und anschließend mit einem Messer oder Cutter ausgeschnitten. Vor allem große Tiergestalten sehen gut aus, und es gibt ja einige Tiere, die während der Wintermonate weiß sind, wie zum Beispiel Schneeeule, Eisbär, Schneehase oder Fuchs. Auch die „wilden Kerle“ aus dem Buch von Maurice Sendak und andere selbst kreierte Gestalten machen sich gut. Später können sie dann mit viel Gebrüll umtanzt werden, das hält warm.

Eismänner

  • Eimer, Wasser, evtl. Pinsel und umweltfreundliche Farbe

Wenn man bei Frost Schneemänner oder die mit Schneebällen beworfenen Gestalten aus dem vorhergehenden Spiel vorsichtig mit Wasser übergießt, bildet sich an deren Oberfläche eine Eiskruste. Schon so sehen die Eisfiguren toll aus. Gibt man zusätzlich etwas umweltfreundliche Farbe ins Gießwasser, wirken sie noch skurriler.

Großen Spaß macht es auch, diese Figuren mit den Farben richtig zu bemalen. Wenn man sie dann am nächsten Tag noch einmal besucht, kann man sich dabei über das gelungene Fest unterhalten.

Schneeballtitschen

Dieses Spiel ist dem Tontaubenschießen abgeguckt. Da Kinder in der Regel noch nicht so gut zielen können, werfen sie die Schneebälle so hoch sie können in die Luft und die Erwachsenen versuchen mit ihren Schneebällen, die der Kinder zu treffen. Wenn sich die Kinder ebenfalls im Zielwerfen üben wollen, wird eine Dose oder ein ähnlicher Gegenstand auf einen Schneehaufen gesetzt, der mit Schneebällen abgeschossen werden soll.

Hase und Jäger

Ein paar Kinder sind die Hasen, die in einem abgegrenzten Spielfeld herumflitzen. Aber da kommen schon die Jäger (die Erwachsenen) mit ihren Schneeballwurfgeschossen und versuchen, die Hasen zu treffen. Gelingt es ihnen oder sind die Hasen geschickter, schlagen einen Haken und sind auf und davon?

Viel Spaß macht es den Kindern auch, wenn die Erwachsenen die Hasen und sie selbst die Jäger sind. Da die Kinder in der Regel in der Überzahl sind, wird es ihnen gemeinsam vielleicht gelingen, alle Hasen zu treffen. So mancher Erwachsene läuft dann zur künstlerischen Höchstform auf und sinkt theatralisch zu Boden.

Wenn alle Hasen am Boden liegen, kommen die Kinder meistens neugierig näher, um zu gucken, ob den Erwachsenen nicht vielleicht doch etwas zugestoßen ist. Dann kann man sie sich gut schnappen und „einseifen“. Wie beruhigend, dass nach dem Spiel heißer Kakao und nicht der Kochtopf auf die Hasen wartet!

Schneerätsel

Am Aufwärmfeuer gibt es neben warmen Getränken auch kleine Rätsel zu lösen:

  1. Mal ist es hart, mal bricht es, bei Sonne wird es flüssig.
                Eis
  2. Erst sitzt er im Gras, aber bald ist er verschwunden.
                Raureif
  3. Womit kann man kein Wasser tragen: mit einem Becher, einer Tasse oder einem Sieb?
                Mit einem Sieb
  4. Wie kann man dennoch Wasser mit einem Sieb transportieren?
                Wenn es gefroren ist
  5. Womit kann man Eis am besten essen: mit dem Messer, der Gabel, der Zunge oder dem Löffel?
                Mit der Zunge oder einem Löffel

Diesen Artikel haben wir aus dem Buch von Eckart Bücken „Feste für das Kinderjahr“ entnommen.

Feste für das Kinderjahr
Mit Kindern Feste vorbereiten und feiern
Eckart Bücken
Burckhardthaus-Laetare
ISBN 9783944548159
9,90 €
Mehr dazu auf www.oberstebrink.de


Top Themen Gesundheit

TigerKids – das Programm für Kindergesundheit

Materialien kostenlos beziehen

Das Projekt "TigerKids - Kindergarten aktiv" mit den drei wichtigen Säulen Ernährung, Bewegung und Entspannung wurde von der Stiftung Kindergesundheit am Dr. von Haunerschen Kinderspital der LMU Münchent mit weiteren Experten wie dem Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit entwickelt. Das Programm soll konkrete Hinweise zur Realisierung von gesunder Kindererziehung bieten.

Finanziell unterstützt wurde TigerKids von der Gesundheitsinitiative "Gesund.Leben.Bayern." des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Gesundheit. Die Evaluation des Interventions-
programms wird zusätzlich durch das Münchener Zentrum für Gesundheitswissenschaften und das Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert. Durch zusätzliche Beratung der Kindergärten hat die AOK Bayern die Pilotphase des Projekts unterstützt.

TigerKids ermöglicht sowohl Kindern als auch ErzieherInnen viele positive Erfahrungen und bewegt die gesamte Familie. Alle haben Spaß an Bewegung/Entspannung und einer gesunden, leckeren Ernährung.

TigerKids hat erfreulicherweise mit der AOK - Die Gesundheitskasse einen starken Partner gefunden, wodurch das Projekt bundesweit in derzeit etwa 5.500 Kindergärten und somit für etwa 300.000 Familien umgesetzt werden kann. Damit dies gelingt, wurden bereits mehr als 20.000 Erzieherinnen geschult. Es beteiligen sich die AOKs aller 16 Bundesländer, so dass mit Hilfe der AOKs vor Ort innerhalb der nächsten drei Jahre mehrere Tausend Kindergärten erreicht werden können! Dadurch gewinnt TigerKids im Vergleich zu anderen Initiativen eine neue Dimension, weil erstmals über regionale oder landesspezifische Einzelprojekte hinaus versucht wird, substantielle Verbesserungen in der Gesundheitsförderung deutscher KiTas in der Breite zu etablieren.

Die Bausteine des TigerKids-Programms sind so gestaltet, dass sie problemlos und dauerhaft in den Kindergartenalltag integriert werden können. 

Ziele des Programms: 

  • Mehr frisches Obst und Gemüse essen, mehr energiefreie & ungesüßte Getränke konsumieren und eine gesunde Brotzeit in den Kindergarten mitbringen
  • Mindestens eine Stunde täglich bewegen, weniger inaktive Freizeitbeschäftigung ausüben und sitzende Tätigkeiten reduzieren
  • Den Wechsel von Bewegung und Entspannung wahrnehmen, Fantasie entfalten & eigenes Gestaltungsvermögen fördern und Entspannungsfähigkeit verbessern


Zu diesem Zweck gibt es das Tigerkids Material
TigerKids-Materialbox
Kindergärten, die am Projekt teilnehmen, arbeiten mit je einer TigerKids-Materialbox pro Betreuungsgruppe sowie einem Holzzug pro Einrichtung. Die Kosten dafür übernimmt die AOK.
Jährlich werden von Präventionsfachkräften der AOK alternierend Elternveranstaltungen zu Ernährung und Bewegung/Entspannung, sowie ein Workshop für die Erzieherinnnen gehalten.

Sie enthält Tiger-Handpuppe, einen Tigerkids-Holzzug, einen Leitfaden für Erzieherinnen und Elternbriefe.

Leitfaden für Erzieherinnen:
Ein Ordner mit sieben Themenheften dient als zentrales Werkzeug zur Umsetzung des Programms im Kindergarten. Die Erzieherinnen finden in den Heften die wichtigsten Projekt- und Fachinformationen zu den Themen Bewegung/Entspannung und Ernährung im Kindergartenalter wieder. Weiterhin enthalten sie Tipps und Materialien zur Integration der Eltern in das Programm sowie viele praktische Spiel- und Übungsbeispiele bzw. jahreszeitlich passende Aktionen, um die Kinder für mehr Bewegung, Entspannung und eine gesündere Ernährung zu begeistern.


Tipp-Cards und Elternbriefe:
Beide Materialien sind wichtige Informationsquellen für die Eltern. Tipp-Cards sind wie bunte Postkarten, auf denen wichtige Hinweise rund um Bewegung /Entspannung und gesunde Ernährung kurz und knapp dargestellt sind. Auf der Vorderseite sind Teile eines großen Tiger-Motivs abgebildet. Alle Tipp-Cards lassen sich zu einem großen Tiger-Puzzle mit drei mobilen Tigern zusammensetzen. So sammeln Kinder die Karten, weil sie die Tiger haben wollen und "nebenbei" lesen die Eltern immer mal wieder die Infos auf der Rückseite vor. Ausführlichere Informationen erhalten die Familien halbjährlich über die Elternbriefe.

Quelle: www.tigerkids.de

 

 


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Bewegung ist Mangelware!

Warum sich Kinder zu wenig bewegen

In der Kindheit ist der natürliche Bewegungsdrang am stärksten ausgeprägt. Aber die Kinder unserer Informationsgesellschaft bewegen sich heute nur noch halb so viel wie vor 20 Jahren! Und zwar nicht etwa weil ihr Bewegungswunsch nachgelassen hätte, sondern weil wir nachlässig mit diesem ihrem existentiellen Bedürfnis umgehen. Unsere Umwelt bietet den Kindern immer weniger Freiräume, in denen sie ungestört und ungestraft nach Herzenslust toben und matschen, ihre Kräfte messen, ihre Grenzen spüren, ihre Fein- und Grobmotorik entwickeln und sich spontan auf neue Menschen zu bewegen können.

Vor allem in Großstädten ist der Erfahrungs- und Bewegungsraum von Kindern Mangelware geworden. Auf den wenigen freien Grundstücken, wo Kinder noch etwas entdecken und erkunden könnten, machen sich zunehmend Büro- und Gewerbegebiete breit. Und die oftmals unattraktiven Spielplätze können Großstadtkinder nur unter großen Gefahren allein aufsuchen. Sie sind auf Erwachsene angewiesen, um Spielplätze sicher zu erreichen und dort geschützt zu spielen. Und wann sie ihren Spiel- und Bewegungsdrang ausleben können, hängt zunehmend vom Zeitplan der Eltern ab.

Die Folge ist, dass immer mehr Kinder zum „Spiel-doch-was-in-deinem-Zimmer“ verdonnert werden. Aber auch hier sieht es in punkto Bewegungsfreiraum nicht rosig aus: Große Wohnungen sind teuer, kleine Wohnungen oft ungünstig geschnitten, das Kinderzimmer ist eng und vollgestellt, das Elternschlafzimmer dagegen hell und geräumig. Und wenn das Kind auf dem wenigen verbliebenen Platz im Zimmer mal freudig mit dem Seilchen hüpft, dann folgt bald die Ermahnung: „Denk an die Nachbarn!“ Kinder, die viel drinnen spielen, sind in ihrer sozialen Entwicklung benachteiligt. Sie können keine spontanen Bekanntschaften machen oder eigenständig neue Freundschaften schließen. Stattdessen müssen Spielkameraden nach Hause bestellt werden.

Aber nicht nur im Elternhaus, auch in Kindergärten und Schulen ist wenig Platz für Bewegung. Die Außenflächen sind klein, oftmals zubetoniert, die Gruppen- und Klassenräume beengt. Viele Pädagogen begegnen dem natürlichen Bewegungsdrang der Kinder mit Disziplinregeln. Aber dies kann nicht die Lösung sein, denn Bewegungsmangel ist folgenreich!

Immer mehr Kinder fallen durch Haltungsschwäche, Übergewicht und Konditionsschwäche auf. Einverstanden, wir wollen keine Generation von Spitzensportlern ausbilden, aber rückwärts oder auf einer Linie laufen, das sollten unsere Kinder schon noch können! Warum? Weil dies Ausdruck eines gut entwickelten Gleichgewichtssinns ist. Ohne ihn wären wir nicht in der Lage, aufrecht zu gehen, uns im Raum zu orientieren und unsere innere Balance zu finden. Wir gerieten aus dem Lot!

Bewegungsmangel schürt auch Aggressionen. Die Gewalttätigkeiten nehmen unter Kindern stetig zu. Kein Wunder, in engen Kinderzimmern und Gruppenräumen staut sich die natürliche Bewegungsenergie. Geballt und unkontrolliert bricht sie aus: Bei Konflikten wird nicht mehr lange gefackelt, man schlägt einfach zu! Aus nervösen Zappelphilippen werden dann kleine ‚Rambos‘, die um jeden Preis ihre angestauten Kräfte messen wollen.

Kinder brauchen eine bewegte Kindheit. Sie brauchen ausreichend Freiraum, um vielfältige Primärerfahrungen zu sammeln. Ihre gesunde ganzheitliche Entwicklung hängt davon ab, wie viel Körpererfahrungen sie machen. Denn schließlich trainiert Bewegung nicht nur die Muskulatur, sondern auch Geist und Psyche! Sie vermittelt Raum- und Zeiterfahrungen, die für die intellektuelle Entwicklung bedeutsam sind. In der Bewegung lernen Kinder, ihren Körper im Raum und innerhalb der Gruppe zu koordinieren, sich selbst und andere einzuschätzen. Alle Kinder machen durch Bewegung ihre ersten Erfahrungen mit sich und ihrem Lebensraum. Sie greifen nach ihren Fingern und Füßen und nach den ersten Gegenständen, krabbeln vor- und rückwärts, bis sie gehen, hüpfen und laufen können. Schritt für Schritt erschließen sie sich Raum und Zeit, Chancen und Grenzen, die verlockende Welt des Neuen, des Lernens.

Kinder brauchen also zu Hause, im Kindergarten und in der Schule viel Platz und Zeit für Bewegung! Denn Bewegung ist Leben, ist das Tor zur Welt des Lernens. Bewegung ist ein wesentlicher Bestandteil zur ganzheitlichen Entwicklungsförderung!

Bewegung bedeutet:

  • Überschüssige Energie abbauen
  • Sauerstoff tanken
  • Mit sich und anderen ins Gleichgewicht kommen
  • Raum und Lage erfahren
  • Aggressionen abbauen

 Die kleinen Springteufel

Welches Kind spielt nicht gerne den kleinen ‚Springteufel‘, der auf Kommando in die Höhe schnellt? Zunächst machen sich die Kinder auf ihrem Stuhl ganz klein, so als säßen sie in einem ‚Spielkästchen‘, das heißt, sie ziehen die Beine an, runden den Rücken ab, beugen den Kopf nach unten und sind ganz still. Wenn sie das vereinbarte Signal – z. B. einen Buchstaben, eine Zahl, ein Wort oder Geräusch – hören, schnellen sie mit erhobenen Armen hoch und strecken und dehnen ganz genüsslich ihren Körper. Dann nehmen sie wieder ihre Ausgangsposition ein.

Tipp

Es können auch mehrere Kinder eine kleine ‚Springteufel-Gruppe‘ bilden, indem sie sich zunächst an den Händen festhalten und dann auf Signal gemeinsam die Arme hochstrecken.

Alter: ab 3 bis 6 Jahre, Sozialform: Einzelspiel, Material: Stühle

Die Raum-Roboter kommen!

Jeweils drei Kinder bilden eine Gruppe. Zwei Kinder, die zu Robotern erklärt werden, stellen sich Rücken an Rücken. Aufgabe des dritten Kindes ist es, die beiden Roboter durch den Raum zu dirigieren, indem es die Schultern der Roboter antippt. Berührt es die rechte Schulter eines Roboters so bewegt er sich rechts gehend durch den Raum und zwar solange bis er ein weiteres Tastsignal erhält. Wird er an der linken Schulter berührt, so geht er links herum durch den Raum. Werden beide Schultern gleichzeitig angetippt, so geht der Roboter geradeaus. Ein leichtes Antippen des Kopfes bedeutet: Stop, bitte stehen bleiben.

Ziel des Spieles ist es, beide Roboter so durch den Raum zu steuern, dass sie sich irgendwann gegenüber stehen und sich freundlich mit Handschlag begrüßen. Nun kann ein Rollentausch erfolgen.

Tipp

Nutzen Sie die Freude der Kinder, Roboter nachzuahmen. Denn bei diesem Spiel sammeln sie wertvolle Raum-Zeit-Erfahrungen.

Alter: ab 5 bis 10 Jahre, Sozialform:Gruppenspiel

Diesen Artikel haben wir aus dem Buch von Dr. Charmaine Liebertz mit dem Titel „Spiele zum ganzheitlichen Lernen“ entnommen. Das Buch ist bei Burckhardthaus-Laetare erschienen.

Charmaine Liebertz
Spiele zum ganzheitlichen Lernen
Bewegung, Wahrnehmung, Konzentration, Entspannung und Rhythmik in der Kindergruppe
Broschur, 96 Seiten
ISBN: 9783944548166
13 €
Mehr dazu auf www.burckhardthaus-laetare.de


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Lernen über die Sinne

Bewegung als Grundlage

Wir lernen über unsere Sinne. Sie ermöglichen es, die für alle Erfahrungen nötigen Eindrücke von Umwelt und eigenem Körper wahrzunehmen und zu verarbeiten. Schon im Mutterleib reagiert der Fötus auf Außenreize, vor allem durch den taktilen Hautreiz und durch das vestibuläre System, das über Lage und Druckverhältnisse Auskunft gibt. Diesen Sinnesempfindungen in der ersten Lebensphase wird eine entscheidende Bedeutung, nicht nur für den sensorischen, sondern auch für den kognitiven und sozial-emotionalen Bereich, zugeschrieben.

Bewegung ist Erfahrung - Geleitet von Wahrnehmungen

Um die Sinnesreize aufzunehmen und ohne Störungen zu speichern, sind motorische Aktivitäten unersetzliche Bedingung. Ein Kind ist von Anfang an bewegungsfreudig. Es untersucht ganzheitlich, mit all seinen Sinnen und körperlichen Möglichkeiten die Umwelt, differenziert sie und erschließt sie sich im Laufe seiner Entwicklung. Kindliche Bewegungen sind am Anfang ungenau und unkoordiniert. Sie werden erst im Zuge der Entwicklung und durch ständiges Üben sparsam und genau, also ökonomisch und präzise.

Im Vorschulbereich lässt sich die Bedeutung für die Entwicklung an vier Faktoren deutlich machen:

  1. aus biologischer Sicht, also für den Muskel- und Skelettapparat, liegen im Alter von 3 bis 6 Jahren wichtige Wachstums- und Entwicklungsabschnitte, die durch Bewegungsschulung entscheidend beeinflusst werden können.
  2. auf psychologischer Ebene sind die Wechselwirkungen des Körperlich-Motorischen mit dem Geistig-Seelischen sicherlich unzweifelhaft. Bewegungsgeschickte Kinder können sich besser in ihrer Umwelt zurechtfinden, was sich wiederum positiv auf das Selbstwertgefühl und das Selbstbewusstsein auswirkt.
  3. die kognitive oder intellektuell geistige Entwicklung wird entscheidend über frühere Bewegungserfahrungen gesteuert. Nur in der motorischen Auseinandersetzung mit der Umwelt können sich geistige, also Denkentwicklungen vollziehen.
  4. auch die soziale Entwicklung ist nicht unabhängig von der motorischen. Motorisch ungeschickte Kinder haben in der Kinder- und Erwachsenenwelt mehr Schwierigkeiten, sie stoßen eher auf Ablehnung und dies wiederum wirkt sich negativ auf die motorische Entwicklung aus, da das Kind wichtige neue Bewegungsanregungen, zum Beispiel durch das Gruppenspiel und die aktive Auseinandersetzung mit seiner Umwelt nur schwerlich und unzureichend erfährt.

Selbstwert durch Bewegung

Wir brauchen also grundsätzlich Wahrnehmungsfähigkeiten und koordinative Leistungen für das Erlernen von Bewegungen. Für beide Teile sind Wachstum und Reifung wesentlich, jedoch ebenso wichtig ist das Einüben und beständige Wiederholen und Ausprobieren dieser Fähigkeiten. Das Vorschulalter nimmt hier als frühes Lernalter eine wichtige Stellung ein, damit solche Bewegungserfahrungen gemacht werden können.

Vorschule als Erfahrungsfeld

„Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr!“

Gelingt es in dieser frühen Phase vielfältige Anreize zu geben und so eine ganzheitliche, sinnvolle und sinnenvolle Basis zu schaffen, ist dies eine gute Voraussetzung für jedes Kind, sich den zukünftigen Aufgaben und Anforderungen, nicht nur für das Bewegungslernen, gewachsen zu fühlen.

Dies gilt zunächst für den Schritt ins Schulleben. Die ungewohnt vielen kognitiven Leistungen, die Konzentration und Kooperation sind deutlich leichter zu bewältigen, wenn man sich in seinem und mit seinem Körper wohl fühlt und Kraft, Ausdauer, Beweglichkeit und das Können oder die Bereitschaft hat, gerne diese vielen neuen Herausforderungen zu meistern.

Die Sinne

Welche Reize führen eigentlich zu den Reaktionen des Körpers?

Welche Wahrnehmungsfähigkeiten werden nun für die Bewegungserfahrungen eingesetzt?

Es lassen sich hierfür fünf Analysatoren unterscheiden.

  1. Der visuelle Analysator oder der Gesichtssinn.

Damit wird alles registriert, was wir mit unseren Augen erfassen können. Dadurch wird das zentrale, räumliche, farbliche und periphere Sehen ermöglicht. Durch so genannte Fotoreize werden zum Beispiel Bewegungen und Konturen fixiert.

  1. Der akustische Analysator oder Gehörsinn

Er registriert Schallwellen und Frequenzen. Dadurch werden Töne und Geräusche für uns unterscheidbar und wahrnehmbar.

  1. Der taktile Analysator oder Tastsinn

Er vermittelt uns Informationen darüber, wie sich etwas anfühlt, aber auch über Oberflächenbeschaffenheiten, Temperatur, Schmerz, Druck und Berührungen aller Art. Systeme dieser gerade beschriebenen Wahrnehmungen sind die Exterozeptoren (äußere Reizaufnehmer) im Gegensatz zu den Intro- oder Propriozeptoren (innere Reizaufnehmer), welche die körperinneren Wahrnehmungen aufzeigen. Hierzu gehören:

  1. Der vestibuläre Analysator oder Gleichgewichtssinn

Damit wird die Lageveränderung des Körpers im Raum ausgeglichen, so dass es möglich ist, auch in sehr schwierigen Positionen (etwa auf einem Bein stehend) und Situationen (etwa in einer fahrenden Bahn stehend) eine aufrechte Position einzuhalten.

  1. Der kinästhetische Analysator oder Muskel- und Bewegungssinn

Er registriert Muskelveränderungen und gibt uns dadurch das Gefühl von Spannung und Entspannung. Er vermittelt uns Ausdehnungen und Positionen unseres Körpers im Raum, die für motorische Aktivitäten und für das Bewegungsempfinden notwendig sind.

Einzelne Fähigkeiten führen zu einem harmonischen Ganzen

Die Wahrnehmungsfähigkeiten sind Voraussetzung und Bedingungsfaktoren für die koordinativen Fähigkeiten.

Koordination lässt sich mit „Zusammenordnen“ übersetzen. Gemeint ist damit das Zusammenspielen und Anpassen von Muskeltätigkeiten, die durch das zentrale Nervensystem gesteuert werden.

Koordinative Fähigkeiten sind ein Sammelbegriff für verschiedene Einzelfähigkeiten. Sie sind ein „theoretisches Konstrukt“ in dem Versuch die einzelnen Leistungen dieses komplexen Gefüges zu systematisieren. In der älteren Fachliteratur findet man hierfür häufig die Begriffe Gewandtheit oder Geschicklichkeit. Beide reichen aber nicht aus, um die vielfältigen Vorgänge der Koordination zu beschreiben. Die koordinative Fähigkeiten sind an allen motorischen Aktionen beteiligt und werden deshalb „leistungsbestimmende Faktoren“ genannt. Je präziser das System der Koordination arbeitet, desto besser gelingen die unterschiedlichen Bewegungen. Daher lassen sich koordinative Fähigkeiten definieren als das harmonische und möglichst ökonomische Zusammenwirken von Muskeln, Nerven und Sinnen zu zielgenauen, gleichgewichtssicheren Bewegungsaktionen und schnellen, situationsangepassten Reaktionen.

Die Voraussetzungen hierfür sind

  • das rechte Kraftmaß, das den Bewegungsumfang und die Bewegungsgeschwindigkeit bestimmt
  • die richtige Muskelwahl, die die Bewegungsführung und -richtung beeinflusst
  • die Fähigkeit zu schnellem Wechsel von Muskelspannung und -entspannung als Voraussetzung für die motorische Anpassung. (vgl. Kiphard 1983).

Bessere Fähigkeiten, bessere Lösungen

Die koordinativen Fähigkeiten werden als sensomotorische Prozesse verstanden (das heißt auf Sinnen und Bewegungen basierend), die jedoch eng an geistige und psychische Faktoren gebunden sind. Hierzu gehören differenzierte Wahrnehmungsleistungen, Konzentration, Aufmerksamkeit und Entscheidungsvermögen (Bewegungsvorausnahme) sowie Willenseigenschaften und die Motivation.

Die Fähigkeiten zur optimalen Steuerung und Regelung von Haltungen und Bewegungen ermöglichen also die schnelle, genaue und zweckmäßige Lösung motorischer Aufgaben und begrenzen diese gleichzeitig auch. Mangelnde koordinative Fähigkeiten beeinflussen Tempo, Qualität und Dauerhaftigkeit motorischer Bewegungen. Sie sehen dann ungezielt, langsam und wenig schön aus und das Erlernen neuer Bewegungen ist eingeschränkt.

Wesentlich ist insgesamt die genaue Abgestimmtheit der Bewegung, die auch als „Bewegungsgefühl“ bezeichnet werden kann. Erst wenn das „Gefühl bis in die Fingerspitzen“ erfahren ist, werden die Bewegungen diese Harmonie ausstrahlen und sie tragen dann zur Entwicklung aller motorischen und geistigen Fähigkeiten bei.

In der Fachliteratur gibt es eine Menge unterschiedlicher Definitionsversuche der so vielschichtigen oder komplexen Fähigkeiten. Hierbei ist die Anzahl der Einzelfähigkeiten nicht einheitlich angegeben. Als gebräuchlich und allgemein anerkannt lassen sich fünf grundlegende koordinative Fähigkeiten unterscheiden. Es sind die

Gleichgewichtsfähigkeit: das Einhalten oder Wiederherstellen des Gleichgewichts während oder nach Bewegungshandlungen. Dies spielt eine führende Rolle, ohne Gleichgewicht keine Bewegung (Gehen, Laufen oder Stehen). Reaktionsfähigkeit: das zweckmäßige, situationsangemessene Bewegungshandeln auf ein Signal hin (wobei das Signal erwartet oder unbekannt sein kann).

Reaktionsfähigkeit: das zweckmäßige, situationsangemessene Bewegungshandeln auf ein Signal hin (wobei das Signal erwartet oder unbekannt sein kann).

Rhythmusfähigkeit: das Erkennen und Umsetzen der Wechsel in der Dynamik einer Bewegung; sowohl visuell als auch vor allem akustisch sollen die Bewegungsrhythmen erfasst werden. Räumliche, zeitliche und Kraft-Parameter von Bewegungsabläufen, wie: hoch – tief, lang – kurz, Spannung – Entspannung, schnell – langsam.

Räumliche Orientierungsfähigkeit: die Wahrnehmung der eigenen Körperposition in Relation zur Erdoberfläche, das richtige Einschätzen der Bewegung im Verhältnis zu Raum, Zeit und gegebenenfalls auch zum Gerät oder zu anderen Personen

Kinästhetische Differenzierungsfähigkeit: das erreichen von Genauigkeit und Ökonomie der Bewegungen, die Feinabstimmung von Einzelbewegungen etwa des Kopfes, der Hand oder des Fußes, die Einschätzung von Körperhaltungen sowie die Muskelspannungsempfindung.

Erst einzeln, dann zusammen

Wichtig ist, dass diese koordinativen Fähigkeiten nicht unabhängig voneinander zu betrachten sind, sondern immer in vielfältiger Weise untereinander in Beziehung stehen.

Diesen Artikel haben wir aus folgendem Buch entnommen:

Gefühl bis in die Fingerspitzen
Körpererfahrung in Kindergruppen
Falkenberg-Gurges, Gabriela
Burckhardthaus
3 bis 6 Jahre
96 Seiten, 9,90 €
ISBN: 9783944548104
Mehr auf www.oberstebrink.de




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Bewegung und Rhythmus – die Spielekartei

Ideen für eine gute Körperwahrnehmung

Bewegung ist ein Grundbedürfnis jedes Kindes

Die Spielekartei Bewegung und Rhytmus

Bewegung ist ein Grundbedürfnis. Doch in der heutigen Zeit werden wir dem nur noch selten gerecht. Laut der aktuellen KIGGS-Studie zur gesundheitlichen Lage der Kinder und Jugendlichen in Deutschland des Robert Koch Instituts sind weniger als ein Drittel der Jungen (29,4 Prozent) und Mädchen (22,4 Prozent) zwischen drei und 17 Jahren wenigstens eine Stunde am Tag körperlich aktiv. So viel Sport am Tag empfiehlt die Weltgesundheitsorganisation Heranwachsenden.

Die Spielekarteien der Gesellschaft für ganzheitliches Lernen e.V. sollen dazu beitragen, dass Kinder in Bewegung kommen. Hier finden sich 50 bewährte Spiele aus dem langjährigen Erfahrungsschatz von Dr. Charmaine Liebertz. Sie fördern Kinder in ihrer Entwicklung auf vielfältige, kreative Weise und sind unmittelbar in der Praxis einzusetzen.

Praktische Karteikarten, klare Spielbeschreibungen, übersichtliche Darstellung (Spielart, Alter, Teilnehmerzahl, Zeit, Material) und zusätzlich zu jedem Spiel die Kompetenzbereiche – alles auf einen Blick!

Dr. Charmaine Liebertz ist Heilpädagogin und Lehrerin. Sie war zehn Jahre lang wissenschaftliche Mitarbeiterin im Fachbereich Heilpädagogik an der Universität Köln. Lernen muss für sie im Einklang von Körper, Herz, Geist und Humor geschehen. Dafür setzt sie sich in der Gesellschaft für ganzheitliches Lernen e.V. ein, die sie 1996 gründete und die seit 2009 als zertifiziertes Fortbildungsinstitut anerkannt ist.

Die Spielekartei Bewegung und Rhytmus
Charmaine Liebertz
Burckhardthaus
ISBN: 9783944548234
14,95 €
Mehr unter: www.burckhardthaus-laetare.de

Hier finden Sie zwei Spiele aus der Kartei zum kostenlosen Download.

Download-Spielekartei-Bewegung.pdf (196,3 KiB)

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Erfahrungen machen Kinder stark

So finden Kinder ihren Weg und nehmen ihr Leben in die Hand

Kinder stärken und sie in ihrer Entwicklung unterstützen. Das ist der Weg, Kinder körperlich, geistig und seelisch zu erziehen. Bewegung und selbst gemachte Erfahrungen sind wichtige Vorraussetzungen, damit Kinder zu starken Persönlichkeiten werden, die sich nicht in Angst, Gewalt oder Sucht flüchten.

Mario (6 Jahre alt) wirkt bei allen Aktivitäten gehemmt und ängstlich. Er ist immer auf dem Rückzug: „Ich weiß nicht.“ · „Ich will nicht.“ · „Ich kann nicht.“ So lauten seine häufigsten Antworten.

Seine Mutter hat den Eindruck:

„Er traut sich nichts zu, in keinem Bereich. Unabhängig davon, ob es um Geschicklichkeit, Ideen, Beweglichkeit oder Durchsetzungsvermögen geht.“

Die Erzieherin hat beobachtet:

„Er bremst sich regelmäßig selbst aus. Ihm passiert es nie, dass er mal ganz spontan, quasi aus Versehen, bei einem Spiel oder beim Quatsch mitmacht.“

Der Grundschullehrer berichtet:

„Irgendwas lässt ihn vor jeder Initiative zurückschrecken. Ich glaube, er traut sich noch nicht mal über einen eigenen möglichen Einsatz nachzudenken. Und dann macht er halt gar nichts. Nur wenn er die Pflicht und den Druck spürt, bringt er seine Aufgabe hinter sich. Und zwar mit möglichst geringem Einsatz“.

Mario selbst meint:

„Alle wissen schon lange vor mir, wie man was richtig macht. Da fange ich erst gar nicht an, weil ich natürlich nicht weiß, wie es geht. Weil ich bestimmt einen Fehler mache oder was kaputt geht und es nie so gut wird wie das, was ich bei den anderen Kindern sehe.

Wer Hilflosigkeit gelernt hat, hat Angst vor neuen Erfahrungen.

Mario hat – wie erschreckend viele Kinder Angst davor, etwas falsch zu machen. Er sieht bei Aktionen seine Chancen nicht. Viel eher erwartet er automatisch einen Misserfolg – auf alle Fälle ein schlechteres Abschneiden gegenüber den anderen Kindern. Er geht davon aus, bereits verloren zu haben, bevor er sich überhaupt einer Situation stellt. Einen Erfolg oder einen Sieg hält er für ganz ausgeschlossen. Vor diesem Hintergrund ist es nur folgerichtig, dass er jeden eigenen Aufwand ablehnt. In seinen Augen birgt jeder Einsatz das Risiko, dass wieder etwas schiefgehen könnte und zumindest er selbst danach wieder maßlos enttäuscht sein wird. Es liegt außerhalb seiner Vorstellungen, dass etwas, was er macht oder anregt, Anerkennung verdient, einfach gut ist und auch er damit zufrieden sein könnte. Deshalb scheut Mario vor dem kleinsten Hindernis zurück – in seinen Augen scheint es ja auch unüberwindbar.

Wer Angst hat, braucht neue Erfahrungen, um keine Angst mehr zu haben.

Marios schlechte Erfahrungen prägen sein Verhalten so stark, dass er erstarrt und innerlich immer am gleichen Punkt stehen bleibt. Deshalb kann er von sich aus gar nicht in die Situation kommen, neue – mal positive – Erfahrungen zu machen. Er verbaut sich die Chance umzulernen, kann aber nichts dafür. Hier braucht er Hilfe.

Fachleute sagen: „Mario hat Hilflosigkeit gelernt. Und jetzt macht sein angstgeprägtes Verhalten ihn neuen Erfahrungen gegenüber lernresistent.“ Das heißt: Seine Furcht vor neuen angstmachenden Erlebnissen ist so groß, dass er auf sein angstbeschwichtigendes Verhalten – etwa sich bei Anforderungen zurückziehen oder sich bei Anfragen tot stellen – nicht verzichten kann. Hier mal anders zu reagieren wäre jedoch die einzige Voraussetzung für einen echten Umlernprozess. Die Erfahrung: „Es hat geklappt, es war sogar gut“ wäre ungeheuer wichtig für ihn. Aber Angst verhindert solche ermutigenden Erfahrungen. Es ist verhängnisvoll: Er braucht neue Erfahrungen, um Angst mehr zu haben. Diese Erfahrungen zu machen verhindert jedoch seine übergroße Angst. Ein echter Teufelskreis, aus dem Fachleute aber Ausstiegsmöglichkeiten anbieten können.

Verschiedene Disziplinen wählen heute für diese aus der Not entstandene stark einschränkende Erlebnisarmut eine interessante Herangehensweise – für Sie deshalb interessant, weil Sie hier wichtige Bestandteile der Resilienzförderung wiederfinden.

Folgende Gedanken zur Steigerung der psychischen Widerstandsfähigkeit kommen hier im therapeutischen Umfeld zum Tragen:

  • Erwachsene mit ihrem Erfahrungsvorsprung sollten über genug Ressourcen verfügen, um ein für das Kind günstiges Lebens- und Lernumfeld zu arrangieren, in dem Entwicklungsanreize entstehen können.
  • Geeignete Entwicklungsanreize sind Einladungen an die Kinder, auszuwählen und Schritt für Schritt weiterzugehen.
  • Die Erfahrungen müssen umorganisiert werden, damit sie das Kind bereichern, es lebensbejahender und handlungsfähiger werden lassen.
  • Es geht nicht darum, eine Verhaltensänderung herbeizuführen – nach dem Motto „Das Kind muss sich ändern, sonst gar nichts.“
  • Die Aufgabe ist nicht, das Kind besser an seine Umgebung anzupassen – sondern die Umgebung so zu verändern, dass das Kind es in ihr leichter hat, seinen eigenen Weg zu finden.
  • Nach dieser Anregung begleiten die Erwachsenen nur noch. Sie ermutigen zum Weitergehen, indem sie darauf achten, die Lebensbedingungen weiterhin attraktiv, herausfordernd, beeinflussbar und belohnend für das Kind zu organisieren. Es kommt darauf an, welche eigenen Gestaltungsmöglichkeiten das Kind darin wahrnimmt.

Der Sozialpädagoge Klaus Wolf beschreibt diesen pädagogisch-therapeutischen Schritt als „andereEntwicklungsbegleitung ...

  • weg von Erziehung durch Belohnung, Strafe und Reglementierung
  • hin zu einer Erziehung, die entwicklungsfördernde Lebensbedingungen arrangiert und tragfähige wechselseitige Beziehungen anbietet
    – das lässt Stärke spüren!

Es geht nicht darum, ein Kind nach einem vorher festgelegten Bild zu formen. Es geht nicht etwa um die Fabrikation des zuverlässigen oder normalen oder gesunden Menschen. Es geht einfach nur darum, die eigene, auch die „eigenartige“ Entwicklung eines Kindes zu begleiten und zu fördern, damit es zu seiner eigenen Form kommt.

Wir sagen: „Damit es seinen Weg findet.“ Und zwar mithilfe erwachsener Vorbilder und Strukturen, die mehr Orientierung geben und genügend Freiraum für eigene Erfahrungen lassen.

Mario in unserem Beispiel hat seinen Weg noch nicht gefunden. Vor diesem Problem stehen viele Kinder. Ihre Erwartung, dass bei ihnen auch mal was klappen könnte, ist viel zu klein. Deshalb gehen sie vorsichtshalber allen möglichen Erlebnissen aus dem Weg. So bleiben dann auch die wider Erwarten guten Erfahrungen aus – und gefühlsmäßig ist alles beim Alten geblieben.

Erst speziell für sie geschaffene Situationen mit sorgfältig „handverlesenen“ Entwicklungsanreizen helfen solchen Kindern, die fehlenden Erfahrungen nachholen und genießen zu können. Dann kann ihre „E-Kette“ in Gang kommen. Dabei geht es um den engen Zusammenhang zwischen Erwartungen, Erlebnissen, Erfahrungen und den sie begleitenden Emotionen, die allesamt immer tiefer in die Sackgasse hineinführen können, aber natürlich – beginnend an einem neuen Startpunkt – auch zielsicher wieder heraus.

Was hat Mario und Kinder wie ihn bisher davon abgehalten, ihren Weg zu finden?

Vieles spricht dafür, ...

  • dass er dauernd gegen „fremde“ Erwartungen ankämpfen musste und seine eigenen stattdessen zu kurz kamen.
  • dass er mit zu hohen Anforderungen konfrontiert wurde.
  • dass er keinen Spielraum hatte, seinen Lösungsweg zu versuchen, weil immer die effizienz- und zielorientierte Messlatte der Erwachsenen an sein Handeln angelegt wurde.
  • dass stets möglichem „Misslingen“ vorgebeugt, „Unnötiges“ ausgelassen, vorschnell eingegriffen und dauernd verbessert wurde.
  • dass er also ständig daran gehindert wurde, überhaupt mal einen eigenen Weg zu suchen.

Wir haben aus unseren vielen Beratungsgesprächen einige beeindruckende Gedanken solch verunsicherter Kinder zusammengestellt, die ihren eigenen Weg noch finden müssen und dazu Unterstützung brauchen:

  • „Ist überhaupt irgendwas richtig an mir? Wenn, dann kenne ich es nicht.“ (Fabian, 7 Jahre alt)
  • „Was wäre, wenn mal niemand dazwischen gehen würde? Wenn ich nur mal so was machen würde, einfach so, ohne Überlegen? Das wäre bestimmt von Anfang an eine Katastrophe. Manchmal denke ich, die Welt wäre danach überhaupt nicht mehr in Ordnung.“ (Laura, 6 Jahre alt)
  • „Ich weiß noch: Früher war ich mal besser drauf. Da habe ich mir immer vorgestellt, auf einem Pferd, das ich gezähmt habe und das mir gehört, durch die Wildnis zu reiten. Heute bringe ich keinen Tag hinter mich, an dem nicht tausend Leute an mir rumverbessern, mir aus der Patsche helfen wollen und mir sagen, dass sie jetzt für mich noch zu retten versuchen, was zu retten ist. Ohne die ganzen Helfer wäre ich dann wohl nicht mehr zu retten!“ (Svetlana, 12 Jahre alt)

Sich so schwach zu erleben, macht anfällig: Für noch mehr Angst, für gewalttätige Verzweiflung – und für alles, was einem ein besseres Leben verspricht und einen seine eigene Schwäche vergessen lässt. Zumindest auf Zeit.

Werden Lebens- und Lernfelder geschaffen, die wieder andere Erfahrungen zulassen, können diese besonders belasteten Kinder, wie auch Mario, sich mit professioneller Hilfe selbst entdecken und ihre Umwelt anfangen mitzugestalten. Dann kann auch Svetlana wieder auf ihr Pferd steigen und losreiten ... Marios Reaktionen konnten das Gefühl, nichts machen zu können, recht gut erklären und – wegen ihrer Heftigkeit – auch besonders klar seine Notsituation zeigen. Er hatte aufgrund seiner Angst und seiner Erfahrungen – die diese Angst immer wieder bestätigen – den Weg gewählt: „Wer nichts macht, kann auch nichts falsch machen.“

Das ist ein Trugschluss. Denn Inaktivität kann keine Verbesserung bringen – noch nicht mal eine Veränderung. Marios passives Verhalten wird ihm von seiner gesamten Umgebung – seinen Eltern, Freunden, im Kindergarten, in der Schule usw. – immer zum Vorwurf gemacht.

Das ist schlimm. Doch noch schlimmer ist es, dass das Gefühl, zur Inaktivität verdonnert zu sein, ein Gefühl ist, bei dem man sich selbst unglücklich, hilflos und schwach vorkommt. Wie will man so seinen Weg und sich selbst finden?

Sich schwach zu erleben macht anfällig – für Angst, Gewalt und Sucht.

Das Unglück, von sich aus nicht aktiv werden zu können und seine Stärken nicht zu kennen, findet man bei Kindern, denen Hilfestellung bei der Bewältigung wichtiger Entwicklungsaufgaben fehlt, wie der Psychologe und Pädagoge Klaus Fröhlich-Gildhoff in einem Trainingsmanual für Erzieherinnen beschreibt:

  • Stärkung von Selbstbewusstsein und Selbstwirksamkeitsgefühle,
  • Anregungen, auf etwas von sich stolz sein zu können,
  • Neugierde für sich selbst zu entwickeln, um sich selbst besser kennenzulernen und sich dessen bewusst zu werden, was man schon alles kann,
  • Sensibilisierung für die Selbst- und Fremdwahrnehmung von Gefühlen, das bedeutet, auch eigene Gefühle ausdrücken zu können,
  • Umgang mit Konflikten: Aufzeigen und Einüben von Verhaltensalternativen und Methoden zur Selbststeuerung.

Diesen Artikel haben wir folgendem Buch entnommen:

Stark von Anfang an
Kinder auf dem Weg zur Resilienz begleiten
Haug-Schnabel, Gabriele
Schmid-Steinbrunner, Barbara
Oberstebrink
ISBN: 9783934333451
20,00 €


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Das Rhythmiksortiment für eine faszinierende Reise in die Welt der Bewegung und Musik

Wie beeinflusst die Musik die Bewegung? Wie lässt sich Bewegung in Musik übersetzen? Und wie können wir gemeinsam musizieren und tanzen? Mit dem Rhythmiksortiment erkunden die Kinder spielerisch die Welt der Musik, der Bewegung und des Tanzes. Das regt alle Sinne an. Zudem unterstützt Rhythmik die Entwicklung des Selbstbewusstseins, die Motorik und etliche kognitive Fähigkeiten. Durch die Koordination und Kooperation im Spiel mit den anderen werden auch die sozialen Verhaltensweisen gefördert.

Das Rhythmiksortiment besteht aus: 12 Baumwollseilen, 120 Spanstäbchen, 14 Holzkugeln, 12 Balancierstäben, 2 Handtrommeln, 3 Paar Rasseln, 12 Moosgummibällen,12 Gymnastiksäckchen, 12 Quadrattüchern, 12 Quadratplatten, 6 Schellenbändern, 6 Paar Klanghölzern, 1 Schellenkranz, 1 Triangel, 12 Rhythmikbändern, 12 Stofftüchern, 8 Egg-Shakern.

UVP 477 €


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Bewegung ist Voraussetzung für Entwicklung und Wachstum

Wie wir Kinder in Aktion bringen

In den vergangenen Jahren haben viele verschiedene Stimmen die Wichtigkeit der Bewegungsschulung im Vorschulalter hervorgehoben. Dabei liegt die Betonung auf der Bewegung als wichtigste Grundlage der kindlichen Wahrnehmungen und Erfahrungen. Gerade durch Bewegung erfährt das Kind sich selbst und nimmt seine Umwelt wahr, so dass es mit dieser in Interaktion treten kann. Es schafft dadurch die Voraussetzungen für neue Erfahrungen und kann seine geistigen Handlungen und motorischen Aktivitäten, die Bewegungen, ständig erweitern und aufbauen, also lernen.

Die räumliche Orientierungsfähigkeit

Bewegungen sind durch den Raum bestimmt, in dem wir sie ausführen. Wir können uns zur Decke strecken oder nahe am Boden bewegen, mit kurvigen oder gradlinigen Wegen den Raum durchmessen, uns um etwas herumbewegen und vieles mehr. Wir wissen, wie hoch wir springen müssen, um ein Hindernis zu überwinden, oder wie tief wir uns bücken müssen, um etwas vom Boden aufzuheben. Wenn wir ein Ziel ansteuern wollen, fixieren wir es mit den Augen, werden uns der Lage und Distanz bewusst und können es so auf direktem Weg „zielgerichtet“ erreichen. Die räumliche Orientierungsfähigkeit ist sehr stark von visuellen Wahrnehmungen abhängig, da wir vor allem mit unseren Augen räumliche Vorstellungen schaffen. Vor allem die Feinabstimmung von Bewegungshandlungen gelingt leichter, wenn sie visuell kontrolliert werden kann. Beteiligt sind daran aber auch andere Sinnesorgane. So ist es selbst mit geschlossenen Augen oder in dunklen Räumen möglich, die Körperposition aufrecht zu erhalten oder einen Finger, bzw. die Hand zielsicher zur Nase führen. Geräusche und Töne können uns Auskunft geben über räumliche Kriterien wie Entfernung, Höhe und Tiefe. Der Muskelsinn liefert uns Rückmeldung über die Lage unseres Körpers und stellt damit die Beziehung zum Raum und unseren Aktionen (Aktivitäten) sowie zur Stellung im Raum her.

 

Den Raum erkunden

Die Kinder bewegen sich (laufen, gehen, hüpfen, krabbeln etc.) vorwärts, rückwärts oder seitwärts durch den Raum und erfahren so seine Ausdehnungen. Als Erweiterung können die dreidimensionalen Raumebenen und ihre Ausdehnung hinzugenommen werden. Zur Einführung eignet sich ein Schaumstoffwürfel, mit dem die Ebenen erfahren werden können. Denn die Flächen des Würfels und die des Raumes weisen Gemeinsamkeiten auf. Diese gilt es im Spiel und zunächst verbal herauszufinden. Danach werden die Erfahrungen in den Raum und in die Bewegung übertragen. Da stehen Flächen „senkrecht“, die Würfelseiten und die Wände des Raumes. Da „liegen“ Flächen, sind waagerecht, die Ober- und Unterseite des Würfels, die Böden und die Decke. Die Kinder können diese Flächen am Würfel und dann im Raum zeigen oder berühren. Dann können sie sich ebenso positionieren, sie stehen mit ihren Rücken parallel zur Wand oder liegen auf dem Boden. In einem nächsten Schritt halten die Kinder dabei die Arme so, dass zugleich zwei Ebenen nachgestellt werden (etwa senkrecht und waagerecht). Auch schräge Linien sind in einem Raum zu finden. Es können die Diagonalen sein, aber auch schnell gebaute Rutschen (Bank in eine Sprossenwand einhängen). Kurvige Raumlinien (halbrunde Bodenmarkierungen) und runde (Kreise oder Reifen) sollten mit einbezogen werden. Rund sind meistens die Augen der Schaumstoffwürfel, Sie könnten als visuelle Bezugspunkte dienen.

Schattenlauf

Auf allen geraden Linien soll mit dem rechten Bein gehüpft werden, auf allen Bögen und Kreisen mit dem linken. Die Kinder bilden Paare. A führt B zu vielen senkrechten Linien, dann wird die Führung gewechselt und B zeigt A viele waagerechte Elemente. Ein Kind „geht“ (läuft) eine Figur (Kreis, Dreieck, Zahl, Buchstabe o. ä.), das andere beobachtet und versucht dann dies nachzuvollziehen. Die Kinder können auch gleich hintereinander gehen, um die Figuren zu erkennen.

Die Lokomotive

Mehrere Kinder stehen in einer Reihe hintereinander. Gemeinsam sollen sie Raumwege gehen. Hierbei empfiehlt es sich, einen Bezug zu dem Vorderen herzustellen. Kleine Stäbe, Tücher oder Seile können dazu dienen und gleichzeitig helfen, den Abstand zum vorderen Kind einzuhalten.
Die Kinder stellen sich vor, sie seien Teil einer Lokomotive, die sich ganz gleichmäßig durch den Raum bewegt. Der Lokomotivführer bestimmt die Raumwege. Er bewegt sich im Zick-Zack durch den Raum, immer nur auf kurvigen Wegen, nur auf bestimmten Linien oder Ähnlichem Ganz wichtig ist, dass jedes Kind einmal Lokomotivführer sein darf.

Der Zauberkreis

Mit einer Zauberschnur, die alle Kinder halten, wird ein Kreis gebildet. Die Schnur kann ganz hoch oder tief gehalten werden, in Kniehöhe oder tiefer, so dass einige darüber springen oder darunter her kriechen können. Der Kreis kann ganz weit werden (alle Kinder gehen einige Schritte rückwärts) oder ganz eng (dicht zusammenrücken).
Hierbei können auch die Begriffe „zu etwas hin, von etwas weg, über etwas darüber und unter etwas hindurch“ eingeflochten werden. Ebenso wie die Zuordnungen „hinter, neben, vor, um, in, über, unter, zwischen, außerhalb“: ein Kind steht in dem Kreis oder außerhalb, neben dem Spielleiter oder  läuft um den Kreis herum …

Musikstopp

Es wird ein Laufrhythmus gespielt oder mit einer Handtrommel vorgegeben, zu dem sich die Kinder frei bewegen. 
Wenn die Musik stoppt, werden Aufgaben gerufen, wie z. B.:

alle laufen:      

  • zur Bank
  • über die Matte
  • unter dem Seil hindurch

alle stellen sich:          

  • vor A
  • hinter B
  • neben C
  • um D herum …

Zwei kleine Mitmachgeschichten bringen den Kindern bestimmte Begriffe näher. Worte wie „groß“ und „klein“ sind noch einfach zu verstehen. Schwieriger wird es bei Begriffen wie „hoch“ und „tief“, „weit“ und „eng“ oder „nahe“, „flach“ und „steil“.

Die Tiergeschichte

„Bei unserem Spaziergang in der Natur können wir viele Tiere bewundern. Wenn wir mit ihnen umgehen wollen, müssen wir versuchen, so zu werden wie sie. Wir strecken uns und werden so groß wie ein Pferd, kauern uns zusammen und werden so klein wie ein Hamster und rund wie Igelchen. Wir springen so hoch wie ein Eichhörnchen und versuchen uns wie eine Schlange zu „schlängeln“ und bewegen uns so weich und lautlos wie eine Katze …“

Die Schiffsgeschichte

„Wir wollen mit dem Schiff fahren. Wir sehen es noch weit entfernt von der Anlegestelle, aber es kommt schnell näher und wir können einsteigen. Dazu geht es erst einen langen, aber breiten Steg entlang, auf dem wir gut spazieren können. Doch aufgepasst, da kommt eine ganz schmale Stelle; wie gut, dass sie nur kurz ist, wir müssen sehr vorsichtig hinüber. Auf dem Schiff ist alles ganz flach, wir können uns gut umsehen und ansehen. Da führt die steile Treppe zum Sonnendeck hinauf, die wir nur auf allen Vieren überwinden können. Auf dem Sonnendeck schläft ein Passagier auf einer Liege, um ihn nicht zu stören, schleichen wir auf Zehenspitzen an ihm vorbei …“

Die Hindernisbahn

Es wird eine Hindernisbahn gebaut. Alle zur Verfügung stehenden Geräte können eingesetzt werden: Kästen zum darüber Steigen; Bänke zum Durchkriechen; Hütchen zum Herumlaufen, Stühle, Tische, Seile, Teppichfliesen etc. Die Kinder können diese Hindernisse ausprobieren und auf unterschiedlichen Wegen ­durchlaufen. Wird der Parcours für alle verbindlich festgelegt, eignet sich hier wieder eine Bewegungsgeschichte.

Der Verkehrspolizist

Ein Kind steht als Verkehrspolizist in der Mitte des Raums, die anderen sind auf die vier Ecken verteilt. Der Verkehrspolizist gibt durch Armzeichen bekannt, welche Kinder die Ecken tauschen sollen. Er kann dazu auch noch die Bewegungsart auswählen.

Seilornamente

Mit Springseilchen werden Figuren auf den Boden gelegt (Kreise, Vierecke, Schnecken, Zahlen, Buchstaben oder ähnliches). Die Kinder balancieren darüber und erspüren die Figuren. Wenn sie es mit geschlossenen Augen probieren, können sie die Figuren erraten.
Barfuß üben (Hinweis: Reizvoll und effektiv ist es hier barfuß zu üben, dann ist es gleichzeitig eine taktile und Gleichgewichtsschulung. Wenn die Füße dann auch noch die Figuren legen würden, stärkt es nebenbei die Fußmuskulatur.) Die Seilchen werden lang auf den Boden gelegt und die Kinder springen oder hüpfen darüber: vorwärts, rückwärts, seitwärts, auf einem Bein, mit Richtungswechsel.

Heiße Reifen!

Viele Reifen liegen auf dem Boden. Die Kinder laufen zu einer Musik oder einer anderen Begleitung durch den Raum, um die Reifen herum, ohne sie zu berühren. Stoppt die Musik, sucht sich jedes Kind einen Reifen („Häuschen“) und setzt sich hinein. Acht Reifen liegen hintereinander. Zwischen ihnen ist ein Abstand von rund 30 bis 50 cm. Die Kinder laufen „Slalom“ um die Reifen herum. Sie springen in die Reifen mit: Schusssprüngen, Hasenhüpfern, vorwärts hinein, rückwärts hinaus …
Die Reifen werden zu einem großen Kreis gelegt. Die Kinder laufen oder hüpfen um den Kreis, auf ein Zeichen erfolgt ein Richtungswechsel. 
Paarweise: Ein Kind im Reifen, hält diesen etwa auf Bauchhöhe fest und wird von einem anderen Kind, das den Reifen außen hält, geführt (als Vorstellungshilfe dienen Hinweise auf Autos oder Pferde mit Reitern). Es müssen bestimmte Raumwege oder Linien eingehalten werden. Auf ein Signal „parken“ alle (setzen sich hin), es erfolgt der Partnertausch. Es können auch Fortbewegungsarten angegeben werden.
Wichtig ist, dass die „Autos“ oder „Gespanne“ andere nicht behindern oder anstoßen dürfen; aber auch die Paare umsichtig miteinander umgehen!
Die Aufgabe wird schwierig, wenn sich beide Kinder in den Reifen stellen, da dann die Anpassung aneinander und an den Reifen wesentlich besser funktionieren muss.

Der Ballon platzt

Alle Kinder stehen im Kreis, ganz dicht zusammen, die Hände locker gefasst. Sie stellen sich vor, dass sie alle Teil eines Ballons wären. Der imaginäre Ballon ist noch sehr klein. Der Spielleiter gibt das Kommando zum Aufpumpen. Der Ballon wächst und wächst (durch Rückwärtsschritte wird der Kreis immer größer). – Bis er platzt! – Das Signal dazu sollte zunächst von dem Spielleiter gegeben werden und orientiert sich an den ausgebreiteten Armen der Kinder, die dann die Hände lösen. Nun laufen alle Kinder durcheinander oder bewegen sich ganz wild. Wenn die Einzelteile des Ballons lange genug durch den Raum „gewirbelt“ sind, fallen sie auf den Boden und bleiben liegen. Das Hinlegen der Kinder sollte zu Anfang auch durch den Spielleiter gesteuert werden. Später können Kinder die Signalgebung übernehmen.

Diesen Artikel haben wir aus folgendem Buch entnommen:

Gefühl bis in die Fingerspitzen
Körpererfahrung in Kindergruppen
Falkenberg-Gurges, Gabriela
Burckhardthaus
3 bis 6 Jahre
96 Seiten, 9,90 €
ISBN: 9783944548104
Mehr auf www.oberstebrink.de


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Vom Spiel zur Spielaktion – Eine psychomotorische Turnstunde

Das spielerische und freie Tun ist die maßgebende Zielsetzung. Auf der, hier nicht näher zu erörternden, Grundlage dieser Motopädagogik, sind die folgenden praxisnahen Berichte und Beschreibungen zu sehen.

Kinder im Kindergartenalter brauchen Gelegenheit für großräumige Bewegungen, mit einem großen Freiraum für spontanes und kreatives Handeln. Gerade in diesem Alter sind Kinder spiel-, experimentier- und bewegungsfreudig, lernbegierig und lernfähig. In der Turnhalle bietet sich die Möglichkeit, möglichst frei und selbstständig vielfältige Bewegungserfahrungen zu sammeln und Bewegungssicherheit zu gewinnen. Über die Bewegung setzt sich das Kind mit sich selbst und seiner Umwelt auseinander. Seine zunehmende Bewegungsfähigkeit ist ein wichtiger Beitrag für seine Persönlichkeitsentwicklung.

Vielleicht erscheint es einigen ErzieherInnen, PädagogInnen und BetreuerInnen von Kindergruppen unüblich, mit Vorschulkindern in eine Turnhalle zu gehen. Ich möchte aus eigenen Erfahrungen berichten und aufzeigen, wie viele Erfolgserlebnisse und Bewegungserfahrungen Kinder durch den Umgang mit Geräten in der Halle erfahren können, wie das Selbstbewusstsein gestärkt wird, wie Zutrauen und Vertrauen zu sich selbst und den eigenen Leistungen und Fähigkeiten aufgebaut und wie Angst und Unsicherheit durch das neu geschaffene Zutrauen abgebaut werden können.

Das erste Mal in der Turnhalle

Die Kinder kennen die Turnhalle nur von unseren Erzählungen, sind sehr aufgeregt und voller Pläne: Ganz hoch wollen sie klettern, die ganze Stunde schaukeln, mit den Rollbrettern (Flizzis) fahren, ohne dass gleich die nächste Wand sie stoppt. Von uns wissen sie, dass sie dort in der Halle machen dürfen, was sie wollen. Aber es gibt auch einige Regeln, die vorher besprochen worden sind: nicht von der Sprossenwand oder von einem Kasten oder Stufenbarren springen, ohne dass eine Matte darunter liegt. Niemanden von einem Gerät herunterschubsen.

Nachdem sich die Kinder so schnell wie noch nie umgezogen haben, stürmen sie in die Halle. Es entsteht ein ohrenbetörender Lärm. Wir rennen mit ihnen durch die Halle und kümmern uns um die Kinder, die dem Getümmel noch nicht so gewachsen sind. Bald sind die ersten Geräte, Weichböden, Taue entdeckt. Mit unserer Hilfestellung werden die ersten Aufbauten getätigt.

Zu Anfang geben wir Anregungen, Tipps, wie die Geräte aufgestellt werden können. Doch schon bald entwickeln die Kinder eigene Ideen und Vorstellungen, die sie umsetzen. So sind die verschiedensten Aufbauten zum Klettern, Rutschen und Springen entstanden. Alle Kinder sind eifrig dabei, die Geräte auszuprobieren.

Mit zwei Kästen, Matten und dem Schwungtuch haben wir eine Höhle als Rückzugsmöglichkeit für die Kinder geschaffen, die mal einen Moment Ruhe haben möchten.

In der einen Ecke entsteht ein Rollenspiel „Tiere im Wald“, wobei die Kästen und Matten als Höhle und die Bank zum Rutschen sich hervorragend mit einbeziehen lassen.

Zum Schluss räumen alle zusammen die Geräte wieder zurück, wobei natürlich einige Kinder immer wieder Gelegenheit finden, auf den Geräten zu turnen. Am Ende der Stunde machen wir Bewegungsspiele oder Angebote aus dem rhythmischen Bereich, um die Stunde gemeinsam in Ruhe zu beenden.

Nach dieser Stundenbeschreibung könnte der Eindruck entstehen, dass die Kinder während des Turnens tun und lassen können, was sie möchten und vom Betreuer vorher keine Zielsetzung und keine Stundenplanung über den Einsatz der Geräte und den Verlauf der Stunde vorgenommen worden ist. Deshalb möchte ich einige wichtige Vorüberlegungen zu einer Turnstunde aufzeigen.

Gespielte Förderung

Die Gestaltung einer Stunde ändert sich von Mal zu Mal durch das aktive Einbeziehen der Kinder und durch unseren gesteuerten Einsatz der Geräte. Nach jeder Stunde werden für die nächste Stunde von uns Schwerpunkte für die folgende Stunde gesetzt. Das heißt, dass die Kinder auch weiterhin ihre Ideen und Vorstellungen umsetzen können und wir diese mit aufgreifen. Aber es werden auch ganz gezielt Aufbauten oder Angebote zur Förderung und Stärkung der Muskeln (Fuß, Haltung), der Körperkoordination und des Gleichgewichts vorgenommen.

Anfangs sollte eine Auswahl an Geräteaufbauten stattfinden. Die Kinder wollen meistens alle Geräte auf einmal. Zu viele Aufbauten nebeneinander können auch hemmend wirken. Springen, Schaukeln, Laufen sind erst einmal die grundsätzlichen Bewegungsarten, die Kinder bevorzugen. Diese sollten am Anfang eingesetzt werden. Nach und nach andere Geräte einzusetzen, erhöht den Reiz des Neuen. Es ist ganz wichtig, vor und bei dem Aufbau einige Sicherheitsvorkehrungen zu beachten. Es müssen Bewegungsbereiche wie etwa Ballspielfläche, Rollbrettecke, Springen am Minitrampolin (Anlauf) ganz deutlich abgegrenzt werden.

Hierbei üben die Kinder das Planen der Aufbauten, bekommen eine Raumorientierung und üben das Einschätzen von Gefahren: z. B. kann nicht gleich hinter den Ringen, die Platz zum Schwingen brauchen, ein Aufbau stehen, der eine Anlaufstrecke benötigt, die zu den Ringen führt. Außerdem ist es unbedingt notwendig, immer einen Teil des Raumes zum Toben freizulassen.

Die Geräte und ihre Zusammenstellung zu Landschaften erfolgt erst, wenn die Kinder in der Turnhalle sind. Sobald die Kinder die Halle und die Bewegungsmöglichkeiten in ihr und an den Geräten kennengelernt haben, werden sie selbst angeregt, Bewegungsideen zu entwickeln und diese Ideen in Gerätearrangements einzubringen.

Durch das Miteinbeziehen entwickeln die Kinder eine Beziehung zu den Aufbauten und können nachvollziehen, wie aus Einzelteilen Gelegenheiten zum Springen, Klettern oder Rutschen entstehen können. Für Kinder stellen solche Aufbauten Bewegungsprobleme dar und sie werden zu einer Auseinandersetzung damit herausgefordert.

Bei einem Mattenberg versuchten die Kinder hinauf zu gelangen, sie probierten „Hinaufkrabbeln“ oder „Hochklettern“. Herunter kamen sie durch Springen oder „Herunterkrabbeln“.

Die Aufbauten sollten so gestaltet werden, dass sie zur Entwicklung von Ideen anregen und möglichst auch einen Eingriff zur Veränderung zulassen.

In einer Turnstunde geht es nicht darum, Fähigkeiten an Geräten zu vermitteln. Würde man versuchen den Kindern nahezubringen, wie man sich an bestimmten Geräten bewegen soll, würden die Kinder in ihrer Phantasie und ihrem Bewegungsdrang eingeengt und die soziale Dynamik einer Kindergruppe wäre nur auf die Anweisung der Betreuer/Erzieherinnen hin ausgerichtet.

Dies ist häufig das Problem im Schulsport Hier werden wenige Bewegungsmöglichkeiten angeboten, und genau vorgeschrieben, welche Bewegungsabläufe stattfinden sollen.

Der Reiz einer psychomotorischen Turnstunde liegt aber gerade in der Vielseitigkeit des Einsetzens der Geräte und des Miteinbeziehens der Kinder. Die Freude an der Bewegung, am Toben, am Wagen, stehen hier im Vordergrund. Welche Aufgaben, Funktionen hat der Erzieher während der Stunde?

Als Betreuer sind wir wichtige Bezugspersonen der Kinder und gestalten mit ihnen zusammen Bewegungsanlässe. Wir geben Hilfestellung beim Aufbau, regen an und motivieren, wo es nötig ist. Wir nehmen uns einzelner Kinder an und helfen bei Schwierigkeiten. Wir geben aber keine Bewegungsvorschriften. Direkte Eingriffe erfolgen nur, um Gefahren auszuschließen.

Wenn die Möglichkeit besteht, ist es sehr hilfreich, während der Stunde einige Beobachtungen anzustellen, die in die nächsten Stundenplanungen einbezogen werden können. Dazu folgende Anregungen:

  • Was tun die Kinder wo und wie lange?
  • Welche Veränderungen sind eventuell notwendig, um einige Kinder zusätzlich zu motivieren?
  • Was und wie lange tun die Kinder etwas gemeinsam?
  • Welche Konflikte und kritischen Ereignisse können auftreten, und wie kann der Erzieher darauf eingehen?
  • Welche neuen Aufbauten können erprobt werden, um neue Bewegungsanlässe zu geben und damit neue Erfahrungsmöglichkeiten zu eröffnen?
  • Welche Aufbauten sind geeignet, parallel aufgebaut zu werden, welche nicht?

Beobachtung des einzelnen Kindes

Anhand der Einzelbeschreibung eines Kindes möchte ich nochmals zeigen, welche Erfolgserlebnisse ein Kind innerhalb einer psychomotorischen Turnstunde erzielen kann. Florian (dreieinhalb Jahre) ist sehr ängstlich und zurückhaltend, aber voller Bewegungsdrang. Nur mit Hilfestellung der Mutter geht er zaghaft an die Geräte heran. Sie haben einen sehr großen Aufforderungscharakter für ihn und nach und nach wird er mutiger und klettert auf den Mattenberg. Wir ermuntern ihn immer wieder hinaufzuklettern, ohne ihn zu drängen. Er kann sich selbst seine Grenzen setzen und bestimmen, ob er sich weiter vorwagt oder nicht. Innerhalb der nächsten Wochen geht eine deutliche Veränderung mit ihm vor. Er wird wesentlich sicherer in seinen Bewegungen. Eine langsame Ablösung zur Mutter während der Stunde erfolgt durch das neu gewonnene Selbstbewusstsein (sie darf nun schon auf der Bank sitzen bleiben). Seine anfängliche Angst und Unsicherheit wird durch die Erfolgserlebnisse an den Geräten mehr und mehr abgebaut.

Diese Beobachtungen können wir in unseren Turnstunden immer wieder feststellen. Durch den angstfreien Umgang mit den Geräten, die einfach durch ihre vielseitige Zusammenstellung für die Kinder einen Aufforderungscharaker und Anreiz bieten, werden ängstliche Kinder über ihre Bewegung in ihrem Selbstbewusstsein gestärkt. Überaktive Kinder können ihre motorische Unruhe ausleben, ohne gleich wieder in ihrer Bewegung durch Vorschriften eingeengt zu werden. Die Kinder werden nicht durch Leistungs- und Wettkampfdruck eingeengt. Im Folgenden finden Sie nun einige Anregungen und Möglichkeiten für Aufbauten in der Halle.

Praxisteil

Aus dem Angebot der Psychomotorischen Übungsgeräte möchte ich das Schwungtuch und die Flizzis/Rollbretter vorstellen:

In der Praxis haben sich diese Geräte als unerhört erfolgreich und vielseitig einsetzbar herausgestellt. Sie regen zum Spielen und Gestalten an, vermitteln vielfältige Erfahrensmomente im sozialen Bereich, locken spontane Bewegungsaktionen hervor, vermitteln Erlebensfreude und Erfolg und motivieren zum Lernen.

Das Schwungtuch

Das Tuch ist in verschiedenen Größen und Farben (weiß, rot) erhältlich, meist 5 mal 5 Meter und besteht aus reißfestem Gewebe. Durch seine Größe, seine Leichtigkeit und die Fähigkeit für verschiedene Flugbewegungen ist es ein unheimlich reizvolles Übungsgerät.

Für das Erlernen sozialen Verhaltens ist es sehr gut geeignet, da das Schwingen zu einem Zelt etc. nur gemeinsam passieren kann. Es eignet sich für das Sammeln von Gruppenerfahrungen genauso wie für Einzelaktivitäten.

Übungsbeispiele

  • das Tuch in der Gruppe schwingen, schweben lassen, sich darunter setzen und es auf sich fallen lassen
  • das Tuch hochschwingen und darunter laufen
  • sich zu mehreren unter dem Tuch bewegen
  • Bälle, Luftballons mit dem Tuch hochwerfen, auffangen
  • sich von der Gruppe auf dem Tuch im Sitzen, Knien, Stehen ziehen lassen, versuchen, aus dem Tuch zu krabbeln
  • Zelt, Höhlengänge mit dem Tuch gestalten.

Rollbretter

Sie bieten eine große Vielfalt an Bewegungsmöglichkeiten

  • Sie können einzeln und paarweise im Liegen, Sitzen und Knien vorwärts benutzt werden
  • paarweise können sich die Kinder im Raum ziehen oder schieben
  • Materialtransport

Hindernisbahnen

Aufgrund unserer Erfahrungen sind wir überzeugt, dass es sinnvoll ist, Bewegungsgelegenheiten zu schaffen, die ein eigenständiges Deuten der Geräte als Bewegungsgeräte ermöglichen. Tobe-, Bau- und Konstruktionsspiele, individuelle und gruppenbezogene Symbol- und Rollenspiele, R egelspiele, selbstständiges und angeleitetes Üben von Bewegungsformen: alles ist zugleich möglich und bietet eine Hülle von pädagogischen Ansätzen und Perspektiven.

 

Diesen Artikel haben wir aus dem Buch von Regina Grabbet mit dem Titel „Laufen, Toben, Springen ... Loben“ entnommen. Das Buch ist bei Burckhardthaus-Laetare erschienen:

Laufen, toben und springen – sehr oft mit Lärm verbunden – haben nicht nur den Zweck, den Bewegungsdrang der Kinder ausagieren zu lassen. Kinder erschließen sich die räumliche und soziale Welt, das Selbst und den eigenen Körper durch Bewegung. Erzieherinnen und Eltern finden hier eine profunde pädagogische Basis für den Bewegungsalltag mit Kindern. Erprobte Spielvorlagen führen dabei direkt in die Praxis.

Regina Grabbet
Laufen, Toben, Springen ... Loben
Bewegungsspiele in Kindergruppen
Broschur, 96 Seiten
ISBN: 978-3-944548-11-1
9,90 €