Kita und Corona: Regelmäßige Tests werden gut angenommen und ermöglichen sicheren Betrieb

Greenvalley Pictures on Unsplash

Um die Umsetzbarkeit und langfristige Akzeptanz verschiedener Testkonzepte in Betreuungseinrichtungen zu vergleichen, waren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Würzburger Universitätsmedizin in neun Würzburger Kitas aktiv: Dort haben sie in enger Kooperation mit der Stadt Würzburg Kinder und Betreuungspersonal während der zweiten Coronawelle regelmäßig auf eine Infektion mit dem SARS-CoV-2-Virus getestet. Das zentrale Ergebnis der Studie: Kommen nicht invasive Testmethoden wie die Abgabe von Mundspülwasser zum Einsatz, wird das regelmäßige Testen sowohl vom Betreuungspersonal als auch von den Kindern auch langfristig gut akzeptiert.

Neben der Durchführbarkeit der Testmethoden wurden auch die Effekte, die regelmäßige Tests auf Kinder, Eltern und das Betreuungspersonal haben, umfassend analysiert. Basierend auf den Studienergebnissen wurde zudem ein mathematisches Modell entwickelt, das Infektionsketten und deren Eindämmung unter verschiedenen Szenarien darstellt. Die Ergebnisse der Würzburger Kinderbetreuungsstudie (Wü-KiTa-CoV) wurden nun in der Fachzeitschrift JAMA Network Open veröffentlicht.


Die wichtigsten Kernaussagen der Wü-Kita-CoV-Studie sind:

  • Über einen Zeitraum von zwölf Wochen wurden bei knapp 5000 Tests nur zwei Sars-CoV-2-Infektionen nachgewiesen. Dies belegt eine geringe Infektionsrate von Kindern in den ersten Infektionswellen der Pandemie.
  • Die Bereitschaft zur Teilnahme an einer regelmäßigen Testung war nach einer umfassenden Aufklärung über den Ablauf der Testungen und über den zu erwartenden Nutzen sowohl bei Kindern und deren Eltern als auch bei den Mitarbeitenden der Kitas hoch.
  • Die größte Zustimmung und zugleich die geringste Abbruchrate fand sich sowohl bei den Kindern als auch den Betreuerinnen für die nicht-invasive und wenig belastende Testmethode: die Entnahme von Mundspülwasser im häuslichen Umfeld.
  • Lassen sich mindestens die Hälfte der Kinder und des Betreuungspersonals zweimal wöchentlich testen, ist die Gefahr einer Infektionsübertragung in der Betreuungseinrichtung so gering, dass eine kontinuierliche Kita-Betreuung möglich ist. Dabei sollte der erste Test am Wochenbeginn erfolgen, und die Testergebnisse müssen innerhalb von 24 Stunden vorliegen. Dies zeigt eine bioinformatische Modellierung der Virusausbreitung basierend auf den Studiendaten.
  • Regelmäßiges Testen wirkte sich positiv auf das Sicherheitsempfinden der teilnehmenden Eltern und des Betreuungspersonals aus und minderte die empfundene psychische Belastung durch die Covid-19-Pandemie.

Nach der Einschätzung der beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zeigen diese Ergebnisse einen praxisnahen Weg auf, wie mit einer optimalen Teststrategie eine sichere Kinderbetreuung aufrechterhalten werden kann.

Allerdings geben sie zu bedenken, dass das mathematische Modell nur die Infektiosität der bisher in Deutschland verbreiteten Virusvarianten berücksichtigt. Sollten sich Virusvarianten durchsetzen, die deutlich ansteckender sind, wie beispielsweise Omikron, kann dieses Modell den neuen Gegebenheiten angepasst werden. Auch der mögliche Effekt von Impfungen, die zum Zeitpunkt der Studie noch nicht verfügbar waren, ist in dieser Studie nicht berücksichtigt.

Auf Basis der Studiendaten hat das Studienteam einen konkreten Handlungsleitfaden für Kitas entwickelt, der über die Homepage der Studie frei verfügbar ist (https://go.uniwue.de/ueitaov).


Mehr Informationen zur Wü-KiTa-CoV-Studie

Um ein gut akzeptiertes und praktikables Corona-Testkonzept für Kinderbetreuungseinrichtungen zu ermitteln, hat die Wü-Kita-CoV-Studie über ein halbes Jahr hinweg fast 600 Kinder im Alter von bis zu sechs Jahren und deren Eltern sowie Betreuerinnen und Betreuer durch die zweite Welle der Coronapandemie begleitet. Mehr als 60 Prozent der zur Teilnahme eingeladenen Kinder und des Betreuungspersonals aus neun Kinderbetreuungseinrichtungen im Stadtgebiet Würzburg nahmen zwischen Oktober 2020 und März 2021 – unterbrochen durch den Lockdown – an den Testungen auf das neuartige Coronavirus im Rahmen der Studie teil.

Fast 5000 Tests auf das SARS-CoV-2-Virus hat das Team der Würzburger Universitätsmedizin während der aktiven Studienphase von zwölf Wochen gewonnen. Zusätzlich konnten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer über den gesamten Studienzeitraum hinweg in Interviews und Fragebögen Auskunft darüber geben, wie sie die Pandemie und die regelmäßigen Testungen erleben.

Durchgeführt wurde die Studie von einem interdisziplinären Studienteam, zusammengesetzt aus Mitgliedern der Universität, des Universitätsklinikums und der Stadt Würzburg unter der Leitung von Professor Oliver Kurzai (Institut für Hygiene und Mikrobiologie, Universität Würzburg) und Professor Johannes Liese (Kinderklink, Universitätsklinikum Würzburg).

Unter den beteiligten Partnern waren außerdem das Institut für Virologie und Immunbiologie, die Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, das Institut für Allgemeinmedizin und das Institut für Klinische Epidemiologie und Biometrie sowie Experten für bioinformatische Modellierung des Leibniz Instituts für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie – Hans-Knöll-Institut in Jena.

Unterschiedliche Testmethoden im Einsatz

Unterschiedliche Konzepte kamen in den neun Studien-Kitas zum Einsatz, um so herauszufinden, welches Testkonzept sich am besten durchführen lässt und welches die höchste Akzeptanz erreicht:

  • regelmäßige Tests bei allen Betreuerinnen, Betreuern und Kindern mittels Nasenabstrich durch ein Studienteam einmal oder zweimal pro Woche vor Ort
  • Mundspülwasserproben, die von den Eltern zweimal pro Woche selbständig entnommen und in der Kita für die nachfolgenden PCR-Labortestungen abgegeben wurden.
  • Der Verzicht auf regelmäßige Testungen. Beim Auftreten von Erkältungszeichen wurde den Betroffenen eine rasche Testung in einer Untersuchungsstelle außerhalb der Kita angeboten.


Um festzustellen, ob Teilnehmer bereits vor Studienbeginn eine Coronainfektion durchgemacht hatten oder ob sich im Studienverlauf Infektionen ereignet hatten, die durch die regelmäßigen Testungen der Teilnehmenden nicht entdeckt wurden, wurde vor und nach der Studie der Corona-Antikörperstatus der Studienteilnehmer bestimmt.

Stimmen zur Studie

„Neben der hohen Teilnehmerrate und der klar dokumentierten positiven Auswirkung der regelmäßigen Testungen auf das psychische Befinden der Eltern und des Betreuungspersonals ist es besonders erfreulich, dass es während des gesamten Studienzeitraumes keine unentdeckte Covid-19-Infektion gegeben hat, wie wir mittels Antikörpertests feststellen konnten.“ (Dr. Johannes Forster; Institut für Hygiene und Mikrobiologie, Universität Würzburg)

„Eine regelmäßige Testung symptomfreier Kita-Kinder sowie deren Betreuerinnen und Betreuer auch über mehrere Monate wurde von dem Großteil der Kinder, Eltern und des Betreuungspersonals wirklich gut akzeptiert und vermittelte den Teilnehmenden ein hohes Sicherheitsgefühl. Im Gegensatz dazu nahm in der Kontrollgruppe, in der allen Haushaltsangehörigen nur beim Auftreten von Erkältungssymptomen eine Testung angeboten wurde, die psychische Belastung zu und die Teilnehmenden äußerten eine geringere Zufriedenheit mit ihrer Testmethode als in den anderen Gruppen.“ (Privatdozentin Dr. Andrea Streng; Kinderklink, Universitätsklinikum Würzburg)

„Das zweimal wöchentliche Testen der Hälfte der Kita-Kinder in einer Betreuungseinrichtung scheint ein realistisches und praktikables Konzept zu sein, um ein durchgängiges Offenhalten von Kinderbetreuungseinrichtungen zu ermöglichen. Ein nicht-invasives Testkonzept wie die Abgabe von Mundspülwasser oder Lollitests ließe sich sicher auch auf eine größere Zahl von Kinderbetreuungseinrichtungen übertragen.“ (Prof. Dr. Johannes Liese; Kinderklink, Universitätsklinikum Würzburg)

„Um Zweitinfektionen in den Kita-Gruppen zu vermeiden, ist es entscheidend, eine bestehende Covid-19-Infektion so schnell wie möglich zu detektieren. Das PCR-Ergebnis sollte entsprechend am Abend des Testtages, spätestens jedoch am Morgen des Folgetages vorliegen. Wenn das logistisch nicht möglich ist, kann ein Antigen-Schnelltest trotz seiner niedrigen Sensitivität definitiv die bessere Wahl sein.“ (Prof. Dr. Oliver Kurzai; Institut für Hygiene und Mikrobiologie, Universität Würzburg)

Die Beteiligten

Finanziert wurde die Studie mit mehr als einer Million Euro vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen des Forschungsnetzwerks InfectControl. Die Modellierung wurde vom Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit Bayern finanziert. In der täglichen Arbeit wurde das interdisziplinäre Studienteam aktiv von der Stadt Würzburg unterstützt.

 

Zurück