Interview mit Kindermusiker Oliver Ehmsen

(c) Oliver Ehmsen

Oliver Ehmsen ist eigentlich hauptberuflich Grundschullehrer und stellvertretener Schulleiter in Hamburg."Nebenbei" schreibt er tolle Kindermusik, gibt Mitmachkonzerte und bietet in der Schule das Pausensingen an (auch derzeit – mit Abstand). Grund genug für ein Interview über Musik für Kinder, Singen in der Schule und musikscheue Eltern.

Warum ist Singen und Tanzen so wichtig für Kinder?

Oliver Ehmsen: Kinder bewegen sich von Natur aus gerne. Musik kommt den Kindern beim Bewegen entgegen. Der Rhythmus von Liedern wird von ihnen aufgenommen und in natürliche Bewegung umgesetzt. Einige Songs meines neuen Albums laden direkt zum Tanzen ein, z.B. die neue Version des Klassikers „Hokey Pokey“ im Big Band-Arrangement.

Die Stimme selbst ist unser Ur-Instrument, das wir Menschen immer dabeihaben. Singen ist ein wichtiges Ausdrucksmittel für verschiedenste Stimmungen, im Kinderlieder-Bereich vielfach für die der Freude.

Ist aus deiner Sicht jedes Kind musikalisch?

Oliver Ehmsen: Aus meiner Sicht bringt jedes Kind eine Grundmusikalität mit. Musikalisch sein bedeutet für mich nicht nur gut singen zu können oder einen Rhythmus zu klatschen. Auch das Empfinden für Musik und das Reagieren auf Musik ist schon ein Teil von Musikalität. Was aus diesen Grundzügen entstehen kann, ist dann eine Mischung aus Anlage und Umwelt. Es hängt viel davon ab, welche musikalischen Angebote Kindern gemacht werden, um ihre Musikalität weiterentwickeln zu können.

Warum scheuen sich manche Eltern mit ihren Kindern zu singen?

Oliver Ehmsen: Leider gibt es immer noch genügend Erwachsene, die eigene negative Erfahrungen mit dem Singen gemacht haben, z.B. weil ihnen in ihrer eigenen Schulzeit Sätze wie „Sei du mal ruhig, du kannst nicht gut singen!“ entgegengebracht wurden. Das hatte sicher für einige abschreckende Wirkung und wirkt auch heute noch nach. Auf der anderen Seite werden uns durch die Medien viele perfekte Singvorbilder präsentiert. In Musikproduktionen wird durch die heutige Technik auch vieles „glatt gebügelt“, also mancher falsch gesungene Ton einfach berichtigt. Da ist es dann manchmal schwierig, mit der eigenen Stimme sich dem Vergleich zu stellen und es wird lieber Spotify oder AppleMusic eingeschaltet, statt selbst zu singen. Der eigene Gesang klingt eben anders. Aber genau dieses „anders“ ist richtig und wichtig für die Kinder. Es ist doch toll, die eigene Mutter oder den eigenen Vater singen zu hören, selbst mit einzustimmen und dadurch Primärerfahrungen beim Singen zu gewinnen. Wenn sich Eltern von Beginn an trauen, selbst zu singen, wird der Kreislauf durchbrochen und Kindern schon früh vermittelt, dass singen Freude bereitet. Das können die Kinder dann später an ihre eigenen Kinder weitergeben. Ich hoffe, dass einige meiner Songs der neuen CD „Fliegen“ auch nachgesungen oder zumindest mitgesungen werden!

Was muss ein gutes Kinderlied mitbringen? Reicht ein guter Groove und ein schmissiger Reim?

Oliver Ehmsen: Es gibt sehr viel gute Kindermusik im deutschsprachigen Raum. Die Schwerpunkte der einzelnen Künstlerinnen und Künstler sind dabei ganz unterschiedlich gelagert. Manche Songs zielen aufs Mitsingen und Mitbewegen ab, andere erzählen Geschichten und sind mehr zum Zuhören, wieder andere behandeln Themen wie den Klimawandel und regen damit zum Nachdenken und Handeln an. Der Funke für ein Lied kann bei Kindern aus ganz unterschiedlichen Gründen überspringen. Manchmal ist es tatsächlich der Groove, der sofort in die Beine geht, ein anderes Mal ist es ein witziger Text, der „um die Ecke“ gedacht ist. Ich habe bei meinem Album auch einen Mix an unterschiedlichen Liedern versucht. Titel wie „Voll in Bewegung“ sind ganz klar zum Tanzen gedacht, ein Lied wie „Wir Kinder haben Rechte“ regt zum Nachdenken und darüber sprechen an und „Verkehrte Welt“ hat einen Text zum Zuhören und Schmunzeln.

Wie wichtig sind dir als Kindermusiker die Inhalte und vielleicht auch pädagogischen Botschaften?

Oliver Ehmsen: Ich möchte mit meinen Liedern nicht pädagogisierend agieren. Es gibt eine Menge Lieder, die einfach nur Spaß machen. „Der grüne Frosch mit der roten Mütze“ ist z.B. ein Song, der besonders gut ankommt und bei nahezu jedem meiner Mitmachkonzerte zu hören ist. Er feiert in diesem Jahr sein 15-jähriges Jubiläum. Hier geht es einfach ums Mitsingen und Mitbewegen. Aber natürlich sind mir auch Botschaften in manchen Songs wichtig. Vor einigen Jahren habe ich den Titel „Hey du, siehst du mich?“ geschrieben, der der Siegertitel des Wettbewerbs der Hamburger Polizeiverkehrslehrer war und das Thema Straßensicherheit zum Inhalt hat. Im letzten Jahr haben wir mit einer Klasse den Wettbewerb „Klasse inklusiv – gemeinsam stark“ mit dem Song „Vielfalt ist das Leben“ gewonnen, der auch mit auf dem neuen Album ist. Auch dieser Song trägt eine Botschaft, nämlich dass jeder etwas anderes gut kann, jeder einzelne wichtig ist für die Gemeinschaft und man gemeinschaftlich mehr erreichen kann.

Deine Konzerte sind Mitmach-Konzerte mit vielen Elementen – was macht das so spannend für die Kinder?

Oliver Ehmsen: Ich gebe Mitmachkonzerte in Kitas und in der Grundschule für Klasse 1 und 2 und passe das Programm jeweils der Altersgruppe an. Immer gibt es einen ganzheitlichen Zugang zur Musik durch Mitsingen, Bewegen, Tanzen und Bodypercussion. Im kleineren Rahmen kommen auch mal Orff-Instrumente oder Boomwhackers zum Einsatz. Das Programm ist abwechslungsreich gestaltet, es beinhaltet viele Mitmachaktionen, aber es gibt auch ruhigere Phasen zum Zuhören. Die regulären 45 Minuten vergehen dabei meistens so schnell, dass das Konzert oft noch durch ein paar Zugaben verlängert werden muss.

Welchen Zugang zur Musik kann Kita und Grundschule liefern?

Oliver Ehmsen: Die Zeit in der Kita und in der Grundschule ist für die Kinder eine Zeit, die von einer besonderen „Offenohrigkeit“ geprägt ist. Kinder lassen sich für vielerlei Musik begeistern, wenn man sie ihnen entsprechend präsentiert. Mit zunehmendem Alter kann man mit den Kindern auch intensiv über Musik sprechen und sie lernen auch zu begründen, warum sie eine bestimmte Musik gerne oder nicht so gerne hören. Daraus entwickelt sich nach und nach ein bestimmter Musikgeschmack. Mir ist es in meinem Grundschulmusikunterricht, den ich auch gebe, wichtig, verschiedenste Musik in den Unterricht zu bringen. Natürlich habe ich auch eine Präferenz für bestimmte Musik, aber diese möchte ich den Kindern nicht überstülpen. Das was ich als Kindermusiker mit meinen Mitmachkonzerten und meinen eigenen Liedern anbiete, ist nur ein ganz kleiner Baustein des großen Musikspektrums.

 

Über Oliver Ehmsen

Oliver Ehmsen (*1978) ist waschechter Hamburger und im "normalen" Leben stellvertretener Schulleiter und Musiklehrer an einer Grundschule der Hansestadt. Neben der Arbeit in der Klasse spielt er Klavier, Keyboard und Gitarre und singt in Chören. Ehmsen komponiert Kinderlieder und schreibt für Fachzeitschriften über Kindermusik in der Grundschule.

 

Reinhören: Olli Ehmsen: Wir fliegen, fliegen, fliegen

„FLIEGEN“ – Das neue Album von Kindermusiker Olli Ehmsen

Wer hatte ihn nicht selbst schon einmal, den Traum vom Fliegen? Es sieht so einfach aus, wenn man den Vögeln dabei zuschaut. Um es ihnen gleichzutun, brauchen wir Menschen technische Hilfsmittel oder aber … unsere Fantasie … Genau dazu regt der Titelsong des neuen Kinderlieder-Albums „Fliegen“ von Olli Ehmsen an. Im Refrain heißt es dort: „Wir fliegen wie noch nie – in uns’rer Fantasie …“. Bei diesem Bewegungslied werden alle Kinder und ihre Familien mitgenommen, in Gedanken einmal übers Land und übers Meer zu fliegen.

Insgesamt 11 neue Songs mit frischem Sound plus ein Bonus-Track befinden sich auf der Zusammenstellung „Fliegen“. Es sind Songs zum Mitsingen, Tanzen und Bewegen, aber auch zum Zuhören und Nachdenken.  Lieder wie „Voll in Bewegung“ und „Keine Hexerei“ laden zum Mittanzen und zur Bodypercussion ein. „Vielfalt ist das Leben“ – der Siegertitel des Hamburger Wettbewerbs „Klasse inklusiv - gemeinsam stark“ – thematisiert das gemeinschaftliche Miteinander, das trotz aller Unterschiedlichkeiten für jeden so gewinnbringend ist. Rolf Zuckowski spricht in Bezug auf diesen Song von einer „starken Botschaft“ und meint, dass wir „Lieder wie dieses, die Kindern eine Perspektive geben, brauchen“. Der Titel „Verkehrte Welt“ stellt das normale Leben einfach auf den Kopf. Da sind dann auf einmal Fußbälle eckig, Würfel rund und die Fische gehen spazieren.

www.singen-ist-stark.de

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