Wald, Tiere und Gemüse: Mit Naturgruppen löst die Kita Umkirch ihr Raumproblem

(c) Ackerdemia

 

Das ganze Jahr draußen in der Natur verbringen? Das können die Kinder in einer Wald-, einer Tier- und einer Gartengruppe der Kita Umkirch in Baden-Württemberg. Wie es dazu kam, wie das funktioniert und welche Tipps Kitaleiterin Beate Rupp-Kappler für andere hat, erfahrt ihr in unserem Kita-Porträt.

Insgesamt 16 Gruppen mit 300 Kindern zwischen einem und sechs Jahren hat Kitaleiterin Beate Rupp-Kappler aktuell unter ihren Fittichen: zehn im Hauptgebäude, drei in einer Außenstelle und – das ist das Besondere an der Kita Umkirch – drei unter freiem Himmel! 2011 übernahm sie die Leitung der Kita, deren Träger die kleine Gemeinde nahe der französischen Grenze in Baden-Württemberg ist. Ihre erste Aufgabe war es, die zwei Kitas des Ortes zusammenzuführen. „Damals gab es noch einen Trend zu weniger Kindern“, erinnert sich Rupp-Kappler. 2013 zog die Kita mit nur neun Gruppen in das heutige Gebäude. Doch schon zwei Jahre später reichte der Platz nicht mehr aus. „Wir waren einfach voll. Die Zahl der Kinder entwickelte sich anders als angenommen.“

 

Drinnen kein Platz? Ab nach draußen!

Doch die Kitaleiterin hatte eine Idee: Eine Waldgruppe könnte ihr Problem lösen! Kurzerhand informierte sie sich und hospitierte bei einer Kita, die viel Zeit im Wald verbringt. Schließlich fand sie eine Viertelstunde Fußweg entfernt ein Waldstück in Gemeindeeigentum und die Gemeinde kaufte einen Waldwagen. „Am Anfang waren die Eltern unsicher. Aber ich habe gesagt: Wir müssen uns ein, zwei Jahre Zeit lassen. Wenn es bis dahin nicht läuft, dann war es ein Flop.“ Das Gegenteil war der Fall: Das Konzept sprach sich rum, und plötzlich gab es sogar eine Warteliste.

Als die Kita weiter wuchs, wurde eine Außenstelle eröffnet und die nächste Naturgruppe sollte her. „Ich wollte nicht noch einmal das Gleiche machen“, erklärt Rupp-Kappler. „Der Wald war noch aus der Not geboren – aber ich wollte schon immer Tiere!“ Der Bürgermeister war gleich begeistert, und so startete 2016 die tiergestützte Gruppe. „Wir haben über den Kleintierzuchtverein zunächst mit Hühnern begonnen.“ Mittlerweile gehören außerdem ein Hund und vier Ziegen zum Ensemble. Es gibt Ferien- und Wochenendpläne, dann kümmern sich die Eltern mit ihren Kindern um die Tiere. „Ich träume ja noch von Schweinen …“, sagt Rupp-Kappler schmunzelnd.

 

Selbst angebautes Gemüse zum Mittag

Doch 2018 stand erstmal etwas anderes auf dem Programm: „Der Andrang wurde immer größer, das Haupthaus kann nicht weiter ausgebaut werden, also haben wir gesagt: Wir wagen es noch mal, eine Naturgruppe zu gründen.“ Bei einem Kita-Leitungs-Kongress erhält Beate Rupp-Kappler einen Flyer von der GemüseAckerdemie und weiß sofort: Genau, das ist es! „Das gibt es doch sonst nicht. Klar, mal ein kleines Beet, aber keinen Kindergarten, der seine Felder bestellt“, schwärmt sie. Das Team der GemüseAckerdemie bezog sie gleich zu Beginn bei der Suche nach einer geeigneten Ackerfläche ein. Ende 2018 startete dann die Gartengruppe.

„Das Ackern ist toll: Wie bei den Tieren tragen die Kinder die Verantwortung für etwas, das wächst. Das ist auch mein Anspruch, den Kindern etwas mitzugeben. Wo kommt eine Zucchini, eine Tomate her?“ Die reiche Ernte verkochen die Erzieher*innen mit den Kindern in einem Dutch-Oven direkt auf der Feuerstelle. Was übrig bleibt, nehmen die Eltern mit nach Hause. „Es ist toll, dass es Gemüse gibt, das man so noch gar nicht gekannt hat. Ich sage nur: Palmkohl! Und zu sehen, dass die Kinder das alles auch probieren!“

Am eindrücklichsten ist Beate Rupp-Kappler aus dem ersten AckerJahr der trockene Sommer in Erinnerung geblieben: „Ich hätte das nie im Leben gedacht: Wir mussten kein einziges Mal gießen!“ Direkt nach der Pflanzung habe es noch geregnet, sodass die Pflanzen gut versorgt waren und die Saat aufging. „Ich war wirklich sprachlos. Ohne Düngen, ohne alles. Die Kinder haben nur gehäckelt und gemulcht – das hat gereicht!“ (*Wie genau das funktioniert, erklären wir unten in unserem AckerTipp!)

Ob das auch dieses Jahr klappt? „Es hat jetzt seit fünf Wochen nicht geregnet“, erzählt Rupp-Kappler. Anfang Mai steht der erste Pflanztermin für die neue AckerSaison an – in der aktuellen Situation werden andere Kinder dabei sein als sonst. „Die Erzieher*innen haben den Acker schon umgegraben und wir bepflanzen ihn dieses Mal mit den Kindern aus der Notbetreuung.“

 

Ein Konzept zum Nachahmen

Alle drei Naturgruppen sind ganzjährig draußen und verfügen jeweils über einen beheizbaren Waldwagen. Die Kinder werden täglich bis halb zwei betreut. „Bei der Gartengruppe handelt es sich sogar um eine ganz autarke Gruppe. Die Kinder werden dorthin gebracht und auch dort wieder abgeholt“, erklärt Rupp-Kappler. „Als der Wahnsinns-Sturm tobte, haben wir die drei Gruppen natürlich ins Gebäude geholt. Aber sonst sind sie immer draußen.“

An der Kita Umkirch ist das Naturgruppen-Konzept aufgegangen. Selbst bei der Finanzierung ihrer Ideen sei Beate Rupp-Kappler auf Unterstützung gestoßen: „Es war ja klar, dass wir weitere Gruppen brauchen und dass der Gemeinderat Geld zur Verfügung stellen muss. Ich habe dann die Finanzierung von Umbaumaßnahmen dagegengehalten – die wären deutlich höher ausgefallen.“

Das Raumproblem wurde gelöst, ein ganz besonderes Angebot ist entstanden und Eltern sowie Kinder sind überzeugt. Tipps für Nachahmer*innen hat die Kitaleiterin auch in petto: „Einfach den Mut zu haben, es zu probieren! Und dem zwei Jahre Zeit zu geben. Es ist toll, den Kindern auf diese Weise etwas mitzugeben und so einen Beitrag zu ihrem ökologischen Bewusstsein zu leisten.“ Unterstützung sei außerdem das A und O. „Die Fortbildungen und Materialien für die Kinder von der GemüseAckerdemie fand ich total wichtig. Klar, einige Erzieher*innen haben auch schon vorher ein wenig gegärtnert. Aber das ist nicht vergleichbar.“

 

AckerTipp: Hacken und Mulchen für wassersparenden Gemüseanbau

Im Boden befinden sich feine, senkrechte Tunnel durch die Feuchtigkeit verdunstet. Beim regelmäßigen Hackenwerden diese sogenannten Kapillaren durchtrennt und die Feuchtigkeit bleibt in den unteren Bodenschichten: Sie steht den Wurzeln zur Verfügung und ein Wässern der Pflanzen ist nur selten nötig.

Zusätzlich können die Beete gemulcht werden. Achtung, hier ist nicht von Rindenmulch die Rede, sondern zum Beispiel von altem Laub, Rasen- oder Strauchschnitt. Dieses Mulchmaterial kann um die Pflanzen herum auf den Beeten gesammelt werden. Viele Gemüsepflanzen, wie Kürbis und Tomaten, lieben so eine dicke Mulchschicht, da sie Nährstoffe enthält und vor Wind und Kälte schützt. Außerdem verhindert sie das Austrocknen des Bodens und Unkrautwuchs.

 

Ackerdemia e. V. und das Bildungsprogramm GemüseAckerdemie

„Eine Generation, die weiß, was sie isst” – genau so lautet das Ziel des gemeinnützigen Vereins Ackerdemia, der 2020 mit seinem vielfach ausgezeichneten Bildungsprogramm GemüseAckerdemie fast 650 Kitas und Schulen in ganz Deutschland auf den Acker schickt. Innerhalb eines Jahres bauen die Kinder dabei bis zu 30 verschiedene Gemüsearten eigenständig an und lernen alles rund um Natur, Landwirtschaft und Nachhaltigkeit. Ackerdemia unterstützt Schulen und Kitas mit einem umfangreichen Service bei der Einrichtung, Durchführung und nachhaltigen Etablierung des Bildungsprogramms.

Sie möchten ab dem Sommer gemeinsam mit Ihren Kita-Kindern an der GemüseAckerdemie teilnehmen? Dann melden Sie sich zeitnah unter kita@ackerdemia.de und sichern Sie sich einen der letzten bezuschussten Plätze für dieses Jahr.

www.gemueseackerdemie.de

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