Wenn es mit dem Lernen nicht so richtig klappen will

Vom Umgang mit Entwicklungsproblemen

Es gibt Kinder, bei denen grundlegende Hilfestellungen nicht ausreichen. Wenn das Kind anhaltende Schwierigkeiten beim Lernen hat, dann sollten Sie nochmals die besonderen Stärken und Schwächen des Kindes beobachten. Falls dann noch Fragen offen sind, sollte ein Spezialist gezielt Untersuchungen und Entwicklungstests durchführen. Es könnte eine spezielle „Lernstörung“ vorliegen.

Durch solche ausführlichen Analysen können wir bei den meisten Kindern eine geistige Lernbehinderung ausschließen und ebenso eine Erkrankung des Gehirns oder der Sinnesorgane. Die meisten Kinder überraschen uns sogar mit erstaunlichen Fähigkeiten: Sie sind clever, phantasievoll und empfindsam. Sie haben „nur“ ein spezielles Entwicklungsproblem, das aber riesige Schwierigkeiten bereiten kann.

Solche Kinder haben weniger Lernerfolge als ihre Mitschüler, meist ein geringes Selbstbewusstsein und oft viel Frust. Sie sind nicht absichtlich schwierige Kinder, die bewusst ihre Lehrer und Eltern ärgern wollen. Ihr Problem nimmt allerdings oft so viel Raum ein, dass sie selbst denken, sie seien dumm und könnten nichts.

Den Eltern geht es oft nicht anders. Sie sind enttäuscht und manchmal verzweifelt. Sie machen sich viele Gedanken und haben in der Regel schon alle möglichen Tipps angewandt. Hilflosigkeit, Ärger und Selbstvorwürfe sind dann an der Tagesordnung.

Diese Probleme können nicht mit Erziehungsfehlern oder mangelndem Üben zu Hause erklärt werden. Im Gegenteil: Eltern von „gehandicapten“ Kindern sind meist besonders engagiert.

Oft bringt schon allein das Analysieren der Leistungsmöglichkeiten und des Verhaltens eine Entlastung. Kinder und Eltern wissen dann, auf welche besonderen Stärken sie bauen können und wie sie – in Zusammenarbeit mit Fachleuten – eine individuelle Förderung und Unterstützung aufbauen können.

Was gibt es nun für besondere Entwicklungsprobleme?

Ungefiltert sehen, hören, fühlen – was ist eine Wahrnehmungsstörung?

Bei vielen Kindern mit Lernproblemen tauchen die Begriffe „Wahrnehmungsstörung“ oder „Sensorische Integrationsstörung“ auf.

Was ist damit gemeint?

Wahrnehmungsverarbeitung ist die  Grundlage für Entwicklung und Verhalten. Jeder über unsere Sinnessysteme aufgenommene Eindruck ist eine Wahrnehmung, die das Gehirn verarbeiten muss.

Genau genommen hat jedes Kind mit einem Entwicklungsproblem in irgendeinem Bereich eine mangelnde Verarbeitung der Sinneseindrücke und somit eine „Wahrnehmungsstörung“.

Bei unseren Untersuchungen und Tests bekommen wir ein gutes Bild über die individuelle Informationsverarbeitung und das Zusammenspiel der Sinnessysteme. Lernt das Kind besser über den Körper- und Bewegungssinn, über den Gleichgewichtssinn, über die Hörwahrnehmung oder über die Seheindrücke? Gibt es in diesem Zusammenspiel Defizite?

Erst, wenn diese Fragen geklärt sind, können entwicklungsauffällige Kinder individuell – abgestimmt auf ihre persönlichen Bedürfnisse – gezielt unterstützt werden.

Unsere Erfahrungen mit „wahrnehmungsgestörten“ Kindern bringen uns zunächst immer wieder auf die wichtige Funktion des „Ordnungszentrums“ zurück. Jedes Kind hat es beim Lernen leichter, wenn es konzentriert ist und Reize filtern kann, ehe es sie weiter verarbeitet und speichert. Für die Förderung gehandicapter Kinder ist es besonders wichtig, die Aufmerksamkeitsfähigkeit zu trainieren.

Hyperaktiv oder verträumt? A•D•S – das Aufmerksamkeits•Defizit•Syndrom

Fabians Eltern sind sehr um ihn bemüht. Trotz vieler Hilfen bei der Organisation seines Schulalltags gab es immer wieder Ärger. Sein Hausaufgabenheft führt er mittlerweile gut und vergisst ganz selten, seine Hausaufgaben zu machen. Aber in seiner Klasse wird er – einmal in die Rolle des schwarzen Schafes gerutscht – für jeden Blödsinn verantwortlich gemacht. Auch, wenn er es gar nicht war. Er kann sich nicht konzentrieren und nicht stillsitzen.

Jannik besucht die zweite Grundschulklasse. Seit der Einschulung machen sich die Eltern immer größere Sorgen um ihn. Trotz Hilfestellungen von Eltern und Lehrerin kann Jannik immer nur ein paar Minuten lang aufpassen. Obwohl alle sich Mühe geben, erledigt er nur einen Teil der Aufgaben. Entweder zappelt er auf seinem Stuhl hin und her, oder er träumt vor sich hin. Wenn er etwas zum Unterricht beitragen möchte, ruft er einfach in die Klasse. Er kann einfach nicht abwarten.

Die Lehrerin wird mit Jannik immer ungeduldiger, weil er in den Pausen fast in jeden Streit verwickelt ist. Er lässt sich schnell provozieren, reagiert impulsiv, manchmal auch aggressiv.

Jannik hat keinen richtigen Freund. Zu Hause ist es ähnlich anstrengend. Es fällt ihm schwer, Regeln einzuhalten. Meist hört er nicht hin und vergisst alles, was für ihn nicht besonders spannend ist. Seine Eltern sind der Verzweiflung nahe.

Max hat ähnliche Probleme wie Fabian und Jannik. Mit unserer neurologischen und psychologischen Untersuchung haben wir ein „Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom“ festgestellt (ADS).

Diese Aufmerksamkeitsstörung ist gar nicht so selten: ca. 8-10% aller Kinder leiden darunter. Statistisch gesehen sind also zwei Kinder einer normalen Schulklasse betroffen.

ADS-Kinder zappeln nicht mit Absicht herum. Eigentlich möchten sie sich auch gar nicht auffällig verhalten oder vor sich hin träumen. Sie haben eine Störung in ihrem Aufmerksamkeitszentrum. Am liebsten würden sie genauso „funktionieren“ wie ihre erfolgreicheren Klassenkameraden.

Grund der Störung ist eine mangelnde Filterung eintreffender Reize im Steuerungszentrum. Die betroffenen Kinder nehmen viele Reizeindrücke auf einmal wahr und bekommen dadurch einen „Datensalat“, so dass sie Informationen nicht einordnen und wiederfinden können. Sie wirken sehr vergesslich, unkonzentriert, impulsiv und oft auch sehr unruhig. Einige Kinder mit ADS (oft sind es Mädchen) haben keinen übertriebenen Bewegungsdrang, sind eher verträumt und bekommen dadurch viele Informationen nicht mit. Durch ihre „inneren Bilder“ sind sie abgelenkt, schaffen es nicht, ihr Aufmerksamkeitszentrum gezielt einzuschalten, und verlieren sich in ihrer Gedankenwelt.

Aus wissenschaftlichen Untersuchungen wissen wir, dass der Störung ein Ungleichgewicht der Überträgerstoffe an den Nervenenden zugrunde liegt – eine „Neurotransmitter“-Störung, die intensivere therapeutische Hilfen nötig macht.

Um diese Kinder vor einer „inneren Reizüberflutung“ und einem Durcheinander ihrer Sinneseindrücke zu schützen, sind Strukturierungsmaßnahmen besonders wichtig. So lernen die Kinder, sich und ihre Umwelt besser zu sortieren und ihre Stärken und Schwächen einzuordnen. Das ist nicht immer so einfach. Oft ist ein spezielles, zusätzliches Training für Kind und Eltern sehr hilfreich.

Max hat im Laufe eines Jahres gelernt, seine Aufmerksamkeits-Schwäche zu kompensieren. Seine besonderen Stärken und Begabungen sind jetzt für alle deutlich sichtbar. Seine Eltern und er haben bei der Gestaltung des „Tages- und Lernmanagements“ begeistert mitgemacht. Sie hatten immer wieder neue und gute Ideen. Zusätzlich hat Max an einem speziellen Trainingsprogramm für ADS-Kinder teilgenommen. Max erledigt jetzt seine Hausaufgaben in angemessener Zeit. Er hat viel mehr Freiraum, sich auf dem Fußballplatz auszutoben. In der Klasse muss er auch nicht mehr ständig den Kasper spielen, um Aufmerksamkeit zu bekommen. Es gibt längst nicht mehr so viel Ärger.

Bei einigen Kindern mit ADS gibt es trotz Trainings- und Therapiemaßnahmen immer wieder Schwierigkeiten. Um weiteren Frustrationen und Problemen in der Persönlichkeitsentwicklung vorzubeugen, sind dann Medikamente als zusätzliche Unterstützung unumgänglich. Sie gleichen die angeborene Störung im Neurotransmitter-Stoffwechsel gut aus.

Melissa (6 Jahre) wurde uns vor der Einschulung vorgestellt. Sie ist an allem interessiert. Sie spielt sehr phantasievoll und erfindet schon selbst kleine Geschichten. Sie ist sprachlich sehr gewandt und hat den Drang, immer und zu allem etwas zu sagen. Es kommt kaum jemand anderes zu Wort. Das führt im Kindergarten und zu Hause zu Problemen. Melissa will über alles bestimmen und kann Anweisungen ihrer Mutter oder der Kindergärtnerin nicht befolgen. Da sie immer dominieren will, findet sie keine Freundin und ist darüber ganz traurig.

Durch ihre Zappeligkeit geht sie vielen auf die Nerven. Je mehr Melissa erlebt, umso unruhiger und „chaotischer“ reagiert sie. So werden z. B. Kindergeburtstage für die Eltern zum Alptraum.

Melissa ist schnell durcheinander, weil sie alles auf einmal wahrnimmt und auch alles gleichzeitig machen möchte. Sie lässt sich zum Beispiel beim Malen keine Zeit, wird ganz hektisch und bringt alle Dinge, die ihr gerade einfallen, schnell zu Papier. Das Bild ist sehr phantasievoll und ausdrucksstark – nur etwas durcheinander.

Wir haben mit Melissa und ihren Eltern einen Plan entworfen, wie sie abwarten lernen und überlegter reagieren kann. Dafür muss sie zu Hause lernen, Regeln zu akzeptieren. Der Tagesablauf dient als „Orientierungsgerüst“ mit immer wieder gleichen Abläufen (Aufstehen, Anziehen, Zähneputzen, Essen). Hält sie sich an die Spielregeln, wird sie belohnt. Nach mehreren Wochen konsequenter Übung kann sie sich besser am Gespräch beteiligen und auch mal abwarten. Sie lernt, überlegter und ruhiger zu erzählen und akzeptiert zwischendurch auch mal einen Spielvorschlag ihrer Schwester.

In Gruppen von mehr als drei Kindern findet sie sich allerdings nach wie vor schwer zurecht. Sie dominiert, fühlt sich aber gleichzeitig immer ungerecht behandelt. Ihre Konzentrationsfähigkeit hält meist nur ein paar Minuten lang an.

Neben den beschriebenen „Trainingsmaßnahmen“ haben wir eine medikamentöse Therapie begonnen. Jetzt fällt Melissas Aufmerksamkeitsschwäche kaum noch auf. Sie kann alle Aktivitäten mitmachen, provoziert keinen Ärger mehr und freut sich auf die Schule, wo sie endlich lesen lernt.

(Mehr über ADS finden Sie in unserem „A•D•S-Buch – neue Konzentrationshilfen für Zappelphilippe und Träumer“, erschienen bei Oberstebrink.)

Schriepen ist schwer! – Was ist eine Lese-Rechtschreib-Schwäche (LRS)?

Adriana stopft sich mit Süßigkeiten voll – aus Frust über ihre ständigen Fünfer im Diktat. Dadurch, dass sie die Rechtschreibung auch mit viel Üben nicht in den Kopf bekommt, dass auch das Lesen noch sehr schleppend und mühsam ist, scheitert sie meist zusätzlich in Mathe wegen der Textaufgaben. Es ist zum Heulen!

Melanie leidet schon in der 1. Klasse an ihren Misserfolgen im Schreiben. Sie kann sich die Wörter nicht merken und erinnert sich an manche Buchstaben gar nicht mehr. Sie verdreht Silben und braucht unglaublich viel Zeit beim Schreiben.

Kevin besucht die 2. Klasse. Er geht seit einigen Wochen nicht mehr so gern in die Schule. Er beteiligt sich sehr lebhaft am Unterricht, hat aber große Probleme, fehlerfrei zu schreiben. Mittlerweile wird er beim Vorlesen öfter ausgelacht, weil er ins Stottern kommt. Er hat morgens Angst vor der Schule. Die Lehrerin ist, bis auf das noch sehr stockende Lesen, zufrieden mit ihm. Bei geübten Diktaten macht er nur wenige Fehler. Allerdings muss er diese Diktate zu Hause zehnmal so häufig üben wie sein Freund Sven. Wenn er Wörter noch nicht auswendig schreiben kann, macht er sehr viele Fehler. In der Regel verwechselt er ähnlich klingende Laute, wie K und G. Meist vergisst er einzelne Silben – besonders die Endungen – oder verdreht die Reihenfolge von Buchstaben. Langsilbige Wörter kann man bei ihm deshalb nur schwer entziffern.

Markus, mittlerweile in der 4. Klasse, wäre froh, wenn er endlich zaubern könnte und nicht ständig Diktat üben müsste. Trotz vieler Nachhilfestunden und wiederholtem Abschreiben der fehlerhaften Wörter im Diktat wird seine Note in Deutsch nicht besser. Er kann tolle Aufsätze schreiben. Leider werden diese wegen der Rechtschreibfehler auch nur mit einer schwachen Vier bewertet. Es ist zum Weglaufen.

Adriana, Melanie, Kevin, Justin und Markus sind altersgemäß entwickelt und verfügen über eine normale Intelligenz. Sie gehören zu den Kindern mit einer sogenannten „umschriebenen Teilleistungsschwäche beim Erlernen des Lesens und Schreibens“. Diese Lernschwäche nennt man auch „Lese-Rechtschreib-Schwäche“ oder „Legasthenie“.

Für solche Kinder ist es sehr schwierig, die Lautsprache in Schriftsprache umzusetzen. Etwa zehn Prozent aller Schüler haben Schwierigkeiten, das Lesen und Schreiben schnell zu lernen – bei ansonsten guten Leistungen in den anderen Fächern. Für die betroffenen Kinder ist es wichtig, dass das Teilleistungsproblem möglichst schnell erkannt wird. Nur so sind Folgestörungen, wie Schulunlust, schwaches Selbstbewusstsein und psychosomatische Beschwerden, zu vermeiden.

Bei genauem Hinsehen fällt den Eltern meist schon am Ende der ersten Klasse auf, dass ihr Kind besonders viel Mühe hat, richtig und lautgetreu zu schreiben. Das Lesen wird meist vermieden. Die Kinder lernen den Text aus dem Lesebuch schnell auswendig. Bei neuen mehrsilbigen Wörtern ist das Zusammenziehen der Silben sehr holprig. Sie sind noch so mit dem Erlesen einzelner Wörter beschäftigt, dass sie Mühe haben, einen ganzen Satz zu verstehen und den Sinn zu behalten. Sie schmökern nie in einem Buch mit viel Text.

An einem Beispiel aus unserer Praxis erkennen Sie, wie man eine Lese-Rechtschreib-Schwäche (LRS) bei Kindern feststellen kann. Kinder mit dieser Schwäche sind nicht weniger intelligent als ihre Mitschüler. Sie kennen alle Begriffe und deren Bedeutung und sie kennen auch alle Buchstaben. Allerdings können sie – aufgrund ihrer Wahrnehmungsstörung – die einzelnen Buchstaben nicht richtig ordnen und verknüpfen.

Alle Kinder mit solch einer „Lese-Rechtschreib-Schwäche“ sind in sämtlichen anderen Berei­chen normal entwickelt. Dies zeigt u. a. der Intelligenztest. Die Kinder sind clever und können gut logisch denken. Nur im Rechtschreibtest erreichen sie im Vergleich zu ihren gleichaltrigen Mitschülern weniger als 15 Prozent der möglichen Punkte. Das heißt, mehr als 85% der Klassenkameraden haben bessere Rechtschreibleistungen.

Das Problem liegt in der Verarbeitung von aufgenommenen Informationen (siehe Kapitel 2). Viele „Legastheniker“ haben eine Störung in der Hörverarbeitung. Sie nehmen z. B. den Laut „o“ als „u“ wahr oder „g“ als „k“ und schreiben ihn so hin. Unglücklicherweise ist häufig darüber hinaus die Merkfähigkeit für Reihenfolgen nicht gut ausgeprägt, so dass sie Wortbilder in ihrem fotografischen Gedächtnis schlecht abspeichern können. Dies ist ein weiteres „Handicap“ auf dem Weg zur richtigen Rechtschreibung. Es wird dann z. B. aus dem Wort „Mus“ der Begriff „Nuss“. Markus las früher z. B. „ni“ statt „in“; oder „Musa“ statt „Maus“.

Kinder mit dieser Teilleistungsstörung brauchen gezielte Hilfen, um Kompensationsstrategien zu erlernen, mit denen sie ihre Schwäche ausgleichen können.

Das Beherrschen der Rechtschreibung wird auch durch spezielle Förderung nicht zu einer ihrer herausragenden Stärken. Die Kinder lernen aber, mit ihrer Schwäche umzugehen und Hilfsstrategien anzuwenden. Dazu sind aber besonders gute Aufmerksamkeitsleistungen nötig. Die Kinder brauchen eine gute Arbeitsstrukturierung, um besser zuhören und zuschauen zu können. Sie profitieren von festen Arbeitszeiten und Regelmäßigkeit beim Lernen.

Bei der Förderung vergisst man allerdings manchmal das Allerwichtigste: Den Ausgleich zum konzentrierten Lernen – das Unterstützen der Lernmotivation durch andere Aktivitäten, die Spaß machen, und bei denen die Kinder schnell Erfolgserlebnisse haben.

Denken Sie immer daran: Ohne Erfolgserlebnisse keine Erfolgsergebnisse.

9 + 5 = 16? Was ist eine umschriebene Rechenstörung (Dyskalkulie)?

Wenn ein Kind im Musik- oder Sportunterricht keine guten Leistungen zeigt, ist das für die meisten Eltern kein Grund zur Beunruhigung. Anders dagegen sind die Reaktionen auf schlechte Noten in „Deutsch“ oder „Mathematik“.

Sowohl das Kind als auch die Eltern sind enttäuscht. Sie machen sich Sorgen um die weitere Schulkarriere und die Zukunft ihres Kindes.

Dennis und Ines, sitzen häufig besonders lange an ihren Rechenaufgaben. Für Ines fingen die Schwierigkeiten schon in der 1. Klasse an, als die Aufgaben den 10er-Raum überschritten. Sie konnte nicht mehr schnell genug mit den Fingern rechnen. Auch jetzt, in der 3. Klasse, sind ihr Zahlenverständnis und ihre Mengenvorstellung eine Katastrophe. In Mathe muss sie sich alles noch mühsam erarbeiten. Sie braucht viel Anschauungsmaterial, sonst versteht sie die Aufgaben erst gar nicht.

Ähnlich wie bei der Lese-Rechtschreib-Schwäche gibt es Schulkinder, denen – bei sonst gutem Leistungsvermögen – das Rechnen sehr schwer fällt. Diese isolierte Lernstörung nennt man auch Dyskalkulie.

Den betroffenen Kindern fehlt eine Zahlen- und Mengenvorstellung. Sie haben einen schlechten räumlichen Orientierungssinn und brauchen z. B. beim Überschreiten des Zehners, wenn die Finger nicht mehr ausreichen, konkrete Anschauungshilfen, wie den „Zahlenstrahl“ oder auf einer Kette aufgereihte Perlen.

Obwohl ca. 1-4% aller Schulkinder davon betroffen sind, wird diese umschriebene Teilleistungsstörung in der Regel übersehen oder mangels Wissen ignoriert. Diese Kinder werden oft als minderbegabt eingestuft. Es scheint so, als ob mathematische Leistungen allen anderen Fächern voran als das Kriterium für allgemeine Intelligenz angesehen und Kinder mit diesem isolierten Lernproblem schlicht für dumm erklärt würden. Ihre allgemeinen guten Denkfähigkeiten werden dabei oft übersehen.

Neben der therapeutischen Unterstützung muss den Kindern deshalb immer von Neuem bestätigt werden, dass sie nicht dumm sind, sondern nur ein isoliertes Problem haben. Sie brauchen eine gute Selbsteinschätzung, um nicht durch Frustrationen in der Schule generell die Lernmotivation zu verlieren.

Das Wichtigste in Kürze

Spezielle Lernstörungen wie etwa die Lese-Rechtschreib-Schwäche sind kein Anzeichen für mangelnde Intelligenz, sondern für eine Teilleistungsstörung. Kinder mit solchen Schwächen sind meist in anderen Bereichen sehr gut entwickelt und haben Fähigkeiten, die Sie fördern und entwickeln können. Gemeinsam mit Fachleuten können Sie diesem Kind helfen, seine Schwäche zu akzeptieren und damit umzugehen. So können Sie das Selbstvertrauen des Kindes für die anderen Entwicklungsbereiche stärken.

Diesen Artikel haben wir aus folgendem Buch entnommen:

Auch das Lernen kann man lernen
Was Sie tun können, damit Ihr Kind gut und gern lernt
Aust-Claus, Elisabeth, Hammer, Petra-Marina
Oberstebrink
ISBN: 9783934333529
19,95 €

Mehr dazu auf www.oberstebrink.de

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