So machen Sie Kinder stark für die Schule

Erfolgreich durch die Grundschule

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Fünf bis sieben Kinder pro Grundschulklasse haben ausgeprägte Schulprobleme – Probleme in der Konzentration, beim Lesen und Schreiben, beim Rechnen und in der Kommunikation mit Mitschülern und Lehrern. Hier lesen Sie, was Sie tun können, um Kinder auf ihrem Weg durch die Grundschule zu unterstützen und bei Problemen zu helfen. Sie erfahren, wie Sie Kinder motivieren und stärken können, wie Sie ihnen Sicherheit und Selbstvertrauen geben und eine positive Grundeinstellung vermitteln. Und was Sie für eine gute Beziehung tun können.

Probleme sind lösbar

Seitdem es Schulen gibt, gibt es Kinder, die Spaß am Lernen haben und gern zur Schule gehen. Und seitdem es Schulen gibt, gibt es Kinder, die nicht gern zur Schule gehen.

Um diese Kinder geht es hier. Um Kinder, die erhebliche Konzentrationsprobleme haben und nur einen Bruchteil des Lernstoffes aufnehmen können; um Kinder, die vor Schulbeginn immer wieder über Kopfschmerzen oder Bauchweh klagen; um Kinder, die durch ihr unruhiges Verhalten den Unterricht stören; um Kinder, die Lese-, Rechtschreib- und/oder Rechenprobleme haben; um Kinder, die schüchtern und zurückhaltend sind; um Kinder, die Angst vor Klassenarbeiten haben; um Kinder, die eine kaum leserliche Schrift haben; um Kinder, die sich morgens nur schwer von ihrer Mutter lösen können; um Kinder, für die das Erledigen der Hausaufgaben puren Stress bedeutet; um Kinder, die immer wieder in Streitsituationen mit ihren Mitschülern geraten; um Kinder, die die Mitarbeit in der Schule verweigern. Probleme sind lösbar – das gilt auch für Schulprobleme.

Die Kraft von Liebe und Vertrauen

Mit dem ersten Schultag beginnt für Kinder ein völlig neuer Lebensabschnitt. Erwachsene nennen ihn gern den „Ernst des Lebens“. Kinder werden jetzt mit vielen neuen Eindrücken konfrontiert: neue Umgebung, neue Menschen, neue Situationen, neuer Tagesablauf und vieles andere mehr. Ein Kind ist zunächst einmal damit beschäftigt, all das zu verarbeiten. Das erfordert seine ganze Kraft und ­Energie, seine ganze Konzentration und Aufmerksamkeit. Es erfordert den ganzen Einsatz seiner Persönlichkeit.

Ein Kind braucht festen Halt, es muss sich fallen lassen können, es muss auftanken können.  Gerade jetzt brauchen Kinder ganz besonders viel Liebe und Ihre Zuwendung. Sie können auf vielfältige Weise dazu beitragen, dass Kinder einen guten Start in den Schulalltag haben und ihm auch der „Ernst des Lebens“ Spaß macht.

Wie Sie Kinder motivieren können

Das Wichtigste, was ein Kind jetzt braucht, ist ein gesundes Selbstvertrauen – damit es stark genug ist, die Anforderungen des neuen Lebensabschnittes zu bewältigen. Eine wesentliche Vorraussetzung dafür ist das Gefühl, geachtet und geliebt zu werden. Kinder, die sich gesehen und geschätzt fühlen, stehen mit beiden Beinen auf dem Boden. Kinder, die einen Rückhalt erfahren dürfen, können sich sicher und beschützt fühlen. Kinder, die spüren, dass sie geliebt werden, können Vertrauen lernen und positive soziale Bindungen eingehen. Kinder, die sich wohl fühlen, können entspannt reagieren und glücklich sein. Eines der wichtigsten Grundelemente, die Sie einem Kind mitgeben können, ist das Gefühl des Geliebt-Werdens. Kinder, die sich geliebt fühlen, sind in der Lage, sich auf den Schulalltag zu konzentrieren und Lernstoff aufzunehmen.

Woran Kinder spüren, dass sie geliebt werden

In ihrem Buch „Fünf Sprachen der Liebe für Kinder“ beschreiben Gary Chapman und Ross Campbell, woran Kinder merken, dass Erwachsene sie lieb haben:

  • Körperliche Berührungen wie Kuscheln, Umarmen
  • Bestärkende Worte wie Lob, Aufmunterung, Ermutigung
  • „Quality Time“ in Form von gemeinsam verbrachter Zeit, Gesprächen
  • Geschenke und Mitbringsel
  • Dienstleistungen wie z. B. Essen zubereiten

Wir können uns das so vorstellen, als hätten Kinder große Tanks, in denen sie die Zuneigung, die sie von anderen gezeigt bekommen, aufbewahren. Ein Kind, das sich geschätzt und geliebt fühlt, füllt ständig seinen Tank. Dieser immer gut gefüllte Tank ist eine wichtige emotionale Basis für das Kind: Es kann jederzeit Kraft, Selbstvertrauen und Zuversicht tanken. Das hilft ihm, mit den Herausforderungen des Alltags zurechtzukommen und sein ge­samtes Potenzial entfalten zu können.

Kinder müssen sich geliebt und sicher fühlen, um den Kopf frei zu haben für neue Lernerfahrungen und um sich an bisher Gelerntes erinnern zu können. Sorgen Sie dafür, dass die emotionalen Tanks des Kindes immer wieder neu gefüllt werden – mit dem „Treibstoff“ Liebe.

Und achten Sie bei diesem „Treibstoff“ auf die richtige Mischung. Bei Kindern gibt es nämlich große Unterschiede, welche Zeichen der Liebe sie am ehesten verstehen. Manche Kinder fühlen sich geliebt, weil die Mutter sie oft in den Arm nimmt, andere Kinder empfinden es als Liebesbeweis, wenn der Vater mit ihnen einen halben Tag zum Angeln geht. Außerdem gibt es Kinder, die am besten spüren, dass sie geliebt werden, wenn Sie ihnen sagen, wie lieb sie sie haben. Viele Kinder verstehen ein tolles Geschenk als Beweis der Zuneigung. Andere Kinder fühlen sich geliebt, wenn Sie ihnen einmal pro Woche ihr Lieblingsessen zubereiten.

Wenn Sie wissen möchten, welche Signale der Zuneigung das Kind am leichtesten aufnimmt und bevorzugt, können Ihnen folgende Hinweise helfen:

  • Beobachten Sie, wie ein Kind seine Liebe zeigt
  • Achten Sie darauf, wie das Kind anderen Menschen gegenüber seine Zuneigung ausdrückt
  • Hören Sie, worum ein Kind Sie am häufigsten bittet: Möchte es von Ihnen hören, dass Sie es lieb haben? Möchte es täglich Kuscheleinheiten mit Ihnen haben? Möchte es ein Geschenk als Liebesbeweis?
  • Nehmen Sie wahr, worüber sich das Kind am häufigsten beklagt: „Du hast nie Zeit, mit mir zu spielen!“, „Nie kaufst Du mir was!“
  • Geben Sie dem Kind die Wahl zwischen zwei Möglichkeiten, wie Sie ihm Ihre Zuneigung zeigen können, z. B. „Eric, ich habe am Donnerstagnachmittag früher frei. Möchtest Du, dass wir ein Eis essen gehen, oder sollen wir neue Fußballschuhe für Dich kaufen?“

Dabei ist wichtig, dass Ihre Liebe nicht an Bedingungen geknüpft ist, sondern dass Sie das Kind akzeptieren und bestärken für das, was seine Persönlichkeit ausmacht – und nicht für das, was es tut.

Die Kraft einer guten Erwachsenen-Kind-Beziehung

Leas Sprache der Liebe

Lea, neun Jahre alt, dritte Klasse. Ihre Mutter hatte das Buch über die „fünf Sprachen der Liebe“ gelesen und beschlossen, einige Veränderungen im Alltag vorzunehmen. Sie überlegte, auf welchem Weg ihre Tochter ihre Zuneigung am leichtesten spüren werde. Dabei fand sie heraus, dass es in Form der Dienstleistungen am ehesten gelingt. Morgens war es gewöhnlich hektisch, der Vater verließ das Haus um 7 Uhr, Leas Bus fuhr um 7.30 Uhr, die Mutter musste kurz danach ebenfalls gehen. Jedes Familienmitglied kümmerte sich um seine eigenen Belange. Der einzig wirkliche Kontakt war der Moment des Abschieds. Die Mutter fragte Lea: „Wenn ich eine Sache für Dich tun könnte, um Dein Leben am Morgen schöner zu gestalten, was könnte das sein?“ Lea überlegte und antwortete: „Wenn Du mir mein Müsli mit Bananen machen könntest, das wäre toll.“ Am nächsten Morgen wartete das Frühstück bereits auf Lea. Ihre Mutter bemerkte eine Veränderung bei ihrer Tochter, sie schien in besserer Stimmung zu sein, als sie das Haus verließ, und bedankte sich sogar an den folgenden Tagen. Als nächstes begann Leas Mutter, nach ihrer Arbeit Muffins zu backen (eine weitere Dienstleistung in Leas Sprache der Liebe), die sie gemeinsam mit Lea nach der Schule aß (Quality Time in der Sprache der Liebe). Leas Mutter bemerkte eine große Veränderung, wenn sie mit ihrer Tochter über die Schule sprach. Leas Kommentare waren viel positiver als zuvor, sie fühlte sich offensichtlich wohler. Und sie wirkte deutlich motivierter. Die Beziehung zwischen Lea und ihrer Mutter wurde enger.

Die fünf Sprachen der Liebe

Folgende Ideen können von Kindern als Ausdruck Ihrer Zuneigung (Sprache der Liebe) wahrgenommen werden und sie in ihrem Selbstwertgefühl stärken:

1 Körperliche Nähe:

  • Streicheln Sie dem Kind beim Wecken sanft übers Gesicht.
  • Kuscheln Sie dann noch einen Moment mit ihm.
  • Lassen Sie es für einige Minuten auf Ihrem Schoß sitzen.
  • Nehmen Sie das Kind noch einmal fest in den Arm, wenn Sie es verabschieden.
  • Geben Sie ihm einen Kuss, wenn es das Haus verlässt (natürlich nur, wenn es Kind das möchte).

2 Bestärkende Worte:

  • Legen Sie eine kleine Überraschungsnotiz in die Schulbrot-Dose Ihres Kindes – mit einer schönen Botschaft („Ich hab dich lieb“ • „Ich freue mich, dich heute Mittag wiederzusehen“ • „Du bist die beste Tochter auf der Welt“ • „Ich bin so froh, dass ich deine Mutter bin“).
  • Gewöhnen Sie sich an, Ihrem Kind zu sagen, dass Sie es lieb haben, wenn Sie es wecken oder verabschieden.
  • Wenn sich Ihr Kind unwohl fühlt, nennen Sie ihm fünf Gründe, warum Sie stolz auf es sind.
  • Kleben Sie einen Zettel mit einer positiven Botschaft an den Badezimmerspiegel, die Haustür oder an eine andere Stelle, die das Kind ganz sicher sehen wird.
  • Machen Sie es sich zur Gewohnheit, das Kind sofort zu loben, wenn Sie eine positive Handlung/Verhaltensweise bei ihm feststellen („Ich find’s prima, dass du heute ohne zu murren sofort aufgestanden bist“ • „Ich finde es toll von dir, dass du mir deine Schulbrot-Dose und die Trinkflasche in die Küche gebracht hast“).

3 Qualitiy Time:

  • Unterbrechen Sie kurz Ihre Arbeit und suchen Sie Blickkontakt zum Kind, wenn es Ihnen etwas erzählen möchte.
  • Setzen Sie sich mit an den Esstisch, und wenn es nur fünf Minuten sind (das ist eine hervorragende Investition in den Gefühlstank des Kindes).
  • Versuchen Sie, Mahlzeiten gemeinsam einzunehmen.
  • Planen Sie immer mal wieder Zeiten ein, in denen Sie nur mit dem Kind etwas unternehmen (was ihm gefällt).
  • Bieten Sie dem Kind hin und wieder eine gemeinsame Zeit mit Ihnen an, um z. B. ein Spiel zu machen, gemeinsam ein Buch zu lesen oder „nur“ miteinander zu reden.

4 Geschenke:

  • Legen Sie sich einen Vorrat an Kleinigkeiten mit Dingen an, über die sich das Kind freut. Wann immer die Gelegenheit ist, können Sie ihm so eine kleine Aufmerksamkeit zukommen lassen.
  • Packen Sie eine kleine Überraschung in die Schulbrot-Dose (z.B. einen Glückskäfer aus Schokolade) oder einen neuen Radiergummi (Lineal, Glitzerstift) ins Federmäppchen.
  • Gestalten Sie kleine Gutscheine für kleine Geschenke, ein Eis oder ähnliches, von denen beim nächsten gemeinsamen Einkauf einer eingelöst werden kann.
  • Schenken Sie dem Kind z. B. einen Schlüsselanhänger mit kleinem Kuscheltier, den es an seinen Schulranzen hängen kann und dadurch immer an Sie erinnert wird.
  • Kaufen Sie eine Brot-Dose und Trinkflasche, die dem Kind sehr gut gefällt (am besten lassen Sie es sie selbst aussuchen), dann freut es sich in den Pausen immer wieder darüber.

5 Dienstleistungen:

  • Wenn Sie sehen, dass das Kind in Zeitnot gerät, helfen Sie ihm (ausnahmsweise) beim Anziehen.
  • Stehen Sie gelegentlich eine halbe Stunde früher auf und bereiten Sie ein spezielles Überraschungsfrühstück für das Kind.
  • Bereiten Sie einen speziellen, besonders liebevollen Snack für die Schulbrot-Dose vor, z. B. Karottenscheiben in Herzchenform, Gurkensticks, vielleicht einen Pfannkuchen vom Vortag mit süßem Aufstrich einrollen, mit Zahnstochern feststecken und in kleine Streifen („Schnecken“) zurechtschneiden.
  • Fahren Sie dem Kind hin und wieder selbst zur Schule, oder begleiten Sie es auf seinem Schulweg.
  • Überraschen Sie das Kind damit, dass Sie sein Lieblingsshirt gleich am nächsten Tag gewaschen und gebügelt haben.

Erwachsene, die Kindern ihre Zuneigung zeigen, legen einen ganz wichtigen Grundstein für eine erfolgreiche positive Beziehung. Denn ein Kind, das sich geliebt und geschätzt fühlt, kann Selbstvertrauen entwickeln und sich sicher und gestärkt fühlen, um dann seinen (Schul-) Alltag selbständig zu meistern.

Auch Disziplin ist wichtig

Das Wort Disziplin kommt aus dem Griechischen und bedeutet übersetzt „trainieren“. Viele Eltern nehmen an, Disziplin und Bestrafung sei das Gleiche und Disziplin sei ein anderes Wort für Bestrafung. Tatsächlich gehört die Bestrafung zur Disziplin, sie stellt aber die negativste Form dar. Kinder zu trainieren, dass sie konstruktive Mitglieder der Familie und der Gemeinschaft werden, erfordert, dass jede verfügbare Methode der Kommunikation mit dem Kind zum Einsatz kommt. Dazu gehört es, dass Sie als Eltern durch Ihr eigenes Verhalten eine Vorbildfunktion ausüben, dass Sie nicht nur Anweisungen geben, sondern erklären, wie richtiges Verhalten aussehen kann, dass Sie unerwünschtes Verhalten korrigieren, Lernerfahrungen ermöglichen und vieles mehr.

Der Umgang mit Disziplin erfordert, dass zunächst eine stabile Basis vorhanden ist, mit deren Hilfe sich ein Kind geborgen und angenommen fühlen kann. Erst dann sind die Voraussetzungen für eine gelungene Erziehung geschaffen. Manche Erwachsene – besonders solche, die als Kinder selbst wenig Zuwendung erfahren haben – unterschätzen die Bedeutung der Zuneigung bei der Erziehung des Kindes. Dabei sind die Zeichen der Liebe in der Kindererziehung so wichtig wie für eine Maschine das Öl: Die Maschine funktioniert nur, wenn genügend Öl vorhanden ist.

Je mehr sich ein Kind geliebt fühlt, desto leichter ist es, es zu erziehen. Wenn es unerwünschte Verhaltensweisen zeigt, kann es immer auch sein, dass es eigentlich wissen möchte, ob es angenommen und geliebt wird.

Im Gegensatz zu Erwachsenen sind Kinder deutlich mehr emotional orientiert. Sie erinnern sich an Gefühle eher als an gelernte Fakten. So kann das Kind beispielsweise die Einzelheiten des Lernstoffs vergessen, aber sich gut an den Lehrer erinnern. Und es wird sich ganz sicher daran erinnern, wie es sich in einer bestimmten Schulsituation gefühlt hat – etwa während des Referates vor allen Mitschülern.

Die Kraft der positiven Erwartung

Das Problem verabschieden

Durch unsere Sprache hypnotisieren wir uns und andere am laufenden Band, ohne dass wir uns dessen bewusst sind. Wenn wir uns als Person definieren, die ein bestimmtes Problem hat, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit beträchtlich, dass das auch künftig so bleibt. Man könnte sagen, dass wir das Problem dazu einladen, uns treu zu bleiben – jedesmal, wenn wir uns mit dem Problem beschreiben.

Zum Beispiel wird eine Frau, die sich als jemanden schildert, der Angst vor dem Autofahren auf der Autobahn hat, vermutlich auch in Zukunft derartige Situationen sorgfältig vermeiden. Sie wird keine Schritte in Richtung einer Lösung gehen (z.B. mit einem Beifahrer als Unterstützung das erste Mal ein Stück auf der Autobahn fahren).

Das Gleiche gilt für den Umgang mit unseren Kindern. Jedesmal, wenn wir unser Kind mit seinem Problem beschreiben, dann erhöhen wir die Chancen, dass es sich selbst als Problemkind definiert. Dabei wollen wir gerade das doch gar nicht.

Wir sind es allerdings nicht anders gewohnt. Denn die allermeisten Menschen sprechen problem-orientiert statt lösungs-orientiert.

Wenn Sie die Macht der Sprache nutzen wollen, um das Kind zu stärken und positiv zu beeinflussen, dann können Sie zum Beispiel folgendes Wettspiel mit ihm machen:

„Wetten, dass ich es schaffe, über dein (mein) Problem nur noch so zu sprechen, als gäbe es das bereits nicht mehr?“ Kündigen Sie Ihrem Kind an, dass Sie beschlossen haben, über das bestehende Problem (z. B. die unleserliche Handschrift, die Konzentrations-Probleme, die Angst vor Klassenarbeiten etc.) nur noch so zu sprechen, als bestünde das Problem nicht mehr. Erklären Sie ihm, dass Sie ab jetzt von seinem Problem nur noch in der Vergangenheit sprechen werden, und warum das nützlich ist. Weil es nämlich den Weg frei macht für eine Lösung des Problems.

Sagen Sie zum Beispiel nicht: „So schwer, wie du dich immer mit deinen Hausaufgaben tust, können wir das Schwimmbad ja heute wohl mal wieder vergessen.“ Sondern sagen Sie: „Heute ist ein richtig tolles Wetter fürs Freibad. Und heute Nachmittag hab ich auch Zeit. Lass uns doch nach deinen Hausaufgaben schwimmen gehen.“

Auch wenn wir nicht immer sofort erkennen, wie so eine Lösung aussehen könnte – schlagen Sie dem Kind vor, dass es Sie jederzeit ermahnen darf, wenn es Sie dabei ertappt, dass Sie Ihrem Vorsatz untreu werden (indem Sie das Problem wieder aufkommen lassen). Und versprechen Sie dem Kind, dass Sie es darauf aufmerksam machen werden, wenn es selbst von seinem Problem so spricht, als wäre es noch vorhanden.

Den Blick auf die Lösung richten

Ein weiterer wichtiger Schritt, um Probleme hinter uns zu lassen, ist getan, wenn wir es schaffen, uns nicht vom negativen Sog eines Problems in einen Strudel reißen zu lassen. Wenn wir über Probleme ausführlich und mit großer Intensität sprechen, passiert immer das Gleiche: Das Problem erscheint uns (und allen, mit denen wir darüber sprechen) riesig und nicht zu bewältigen. Wenn wir dann auch noch sämtliche Einzelheiten, die zu dem Problem gehören, bis ins letzte Detail wieder und wieder zur Sprache bringen, dann scheint sich bald alles nur noch um diese Schwierigkeit zu drehen. Wir haben keinen Blick mehr für all das, was uns (und unserem Kind) täglich gut gelingt. Eine herausfordernde Denkübung, die etwas Training erfordert, ist folgendes Spiel, das Sie mit dem Kind machen können. Verzichten Sie auf die Beschreibung des Problemverhaltens.

Beschreiben Sie stattdessen Ihre Wünsche:

  • Statt „Ich möchte nicht, dass Du schon wieder jammerst, wenn ich Dich auffordere, mit den Hausaufgaben anzufangen“ sagen Sie: „Ich wünsche mir, dass Du einverstanden bist, wenn wir jetzt mal schauen, was Du an Aufgaben auf hast.“
  • Statt „Hoffentlich verhaust du die Mathe-Arbeit nicht schon wieder“ sagen Sie: „Ich stelle mir vor, dass Du in der Mathe-Arbeit einen kühlen Kopf bewahrst und alles, was Du gelernt hast, anwenden kannst.“
  • Statt: „Hör auf, Deinen Bruder dauernd zu ärgern“ sagen Sie: „Ich wünsche mir, dass Du freundlich mit Deinem Bruder umgehst.“

Versuchen Sie, Ihren Blick nicht auf das Problem zu richten – sondern auf die Lösung. Dadurch ziehen Sie zum Einen eine mögliche Lösung in Betracht – und zum Anderen gewinnen Sie eine positive Perspektive. Außerdem geben Sie dem Kind die Zuversicht, dass seine Situation veränderbar ist.

„Wie schön wäre es, wenn …“

Wenn wir über die Probleme von Kindern nachdenken, erscheinen die uns manchmal als außerordentlich groß und schwierig zu bewältigen. Besonders dann, wenn eine Problematik schon länger besteht, fällt es nicht leicht sich vorzustellen, dass sie veränderbar ist. Auch hier spielen die Gedanken und die damit verbundenen Erwartungen eine erhebliche Rolle. Denn durch unsere Erwartungshaltung beeinflussen wir die Wahrscheinlichkeit, mit der eine Lösung möglich wird, in erheblichem Maße.

Wenn Sie es schaffen möchten, eine positive Erwartungshaltung aufzubauen, dann malen Sie sich aus, wie schön die Lösung des Problems sein könnte. So lenken Sie Ihre Gedanken wie von selbst in eine positive Richtung und beeinflussen damit Ihre Erwartungshaltung. Zum Beispiel, wenn es um ein Schulproblem des Kindes geht:

„Wie schön wäre es, wenn Paul sich allmählich mit Buchstaben anfreundete. Wie toll wäre es, wenn wir einen Weg fänden, wie wir Paul das Lesen erleichtern könnten. Wie entspannend wäre es, wenn Paul gern zur Schule ginge. Wie super wäre es, wenn die Lehrerin beim nächsten Elternsprechtag erzählte, dass Paul schon Fortschritte im Lesen gemacht hat. Wie schön wäre es, wenn Paul anfinge, sich für das Lesen von Büchern zu interessieren.“ Dieser Prozess hilft Ihnen, sich eine angenehme Lösung besser vorstellen zu können und sich auf das wünschenswerte Ergebnis zu konzentrieren. Der spielerische Ansatz kann die positive Nebenwirkung mit sich bringen, dass Sie die Situation im Moment nicht mehr als so ernst und belastend empfinden. Dieser Effekt wiederum kann zur Folge haben, dass die negativen Gedanken, mit denen das Problem behaftet ist, nicht mehr so präsent sind.

Die meisten Menschen fühlen sich besser, weil sie sich auf diese Weise die möglichen Lösungen für das entsprechende Problem näher vorgestellt haben.

Die Positiv-Listen

Zahlreiche Alltagssituationen können dazu führen, dass Erwachsene ihre Aufmerksamkeit auf die unerwünschten Verhaltensweisen von Kindern richten. Das wiederum verstärkt das Verhalten des Kindes auf ungünstige Weise. Die Situation wiederholt sich wieder und wieder in ähnlicher Form. Außerdem kann durch die Konzentration auf negative Aspekte des Alltags mit dem Kind leicht der Eindruck entstehen, die Probleme seien überwältigend groß. Richten Sie Ihre Aufmerksamkeit auf Dinge, die gut gelingen. Damit wird Ihr Blick wieder frei für Lösungswege und positive Veränderungen.

Den negativen Kreislauf zu unterbrechen, gelingt Ihnen am besten, wenn Sie damit beginnen, hauptsächlich den erwünschten Verhaltensweisen des Kindes Beachtung zu schenken. Betrachten Sie jeden Tag als Neubeginn und geben Sie sich und dem Kind eine neue Chance. Dazu stellen wir Ihnen drei geeignete Möglichkeiten vor:

Das Positiv-Tagebuch

Besorgen Sie sich ein Heft oder ein kleines Buch, in dem Sie sich für eine oder mehrere Wochen Notizen machen können. Wählen Sie einen Zeitpunkt am Tag, an dem Sie ungestört sind. Nehmen Sie sich täglich einige Minuten Zeit (z. B. abends) und denken Sie über den Tag mit dem Kind nach. Welches Verhalten des Kindes hat Ihnen gut gefallen? Listen Sie das in der linken Spalte auf. In der rechten Spalte notieren Sie, wie Sie auf das positive Verhalten des Kindes reagiert haben.

Ziel dieses Positiv-Tagebuchs ist die positive Verstärkung erwünschten Verhaltens. Durch die Auflistung der einzelnen positiven Verhaltensweisen wird deutlich, dass im Laufe eines Tages viele Dinge gut funktionieren, auch wenn manche Situationen schwierig sind. Außerdem wird Ihre Aufmerksamkeit darauf gerichtet, dem Kind für seine erfreulichen Handlungen Anerkennung zu zeigen. Alle Kinder sehnen sich nach Lob, Anerkennung und Aufmerksamkeit. Wenn ein Kind keine positive Aufmerksamkeit bekommen kann, weil Erwachsene das, was gelingt, nicht mehr wahrnehmen können, gibt es sich sogar mit negativer Aufmerksamkeit (Ermahnung, Schimpfen) zufrieden – oder provoziert sie sogar.

Der Verhaltensplan

Bei einer ganzen Reihe von täglich wiederkehrenden konflikthaften Situationen (wie z. B. die Hausaufgaben) hat sich die Einführung eines Verstärkersystems in Form eines Punkteplans sehr bewährt. Dabei wird zunächst die Problemsituation genau analysiert. Anschließend werden die einzelnen unerwünschten Verhaltensweisen aufgeschrieben – daneben dann jeweils die erwünschten Verhaltensweisen.

Zeichnen Sie nach dieser Analyse dann einen Wochenplan, bei dem Sie in die Spalten die Wochentage eintragen (ähnlich, wie bei einem Stundenplan). In die Zeilen können Sie die erwünschten Verhaltensweisen eintragen. Zum Beispiel: das Bett spätestens nach der zweiten Aufforderung zu verlassen, sich unmittelbar zum Frühstückstisch zu begeben, zur verabredeten Zeit ins Badezimmer zu gehen, sich innerhalb von fünf Minuten vollständig anzuziehen etc.

Im nächsten Schritt werden den einzelnen Verhaltensweisen Belohnungs-Punkte zugeordnet. Durch die Erfüllung der im Plan vermerkten Bedingungen können pro Situation bzw. pro Tag mehrere Belohnungs-Punkte gesammelt werden. Wenn das Kind die vorher vereinbarte Punktezahl gesammelt hat, bekommt es dafür die vorher vereinbarte Belohnung.

Diesen Artikel haben wir aus folgendem Buch entnommen:

Erfolgreich durch die Grundschule
Wie Sie Ihr Schulkind unterstützen und motivieren können
Birgit Sesterhenn/Katrin Edelmann
Oberstebrink
208 Seiten, 22,90 €
ISBN 9783934333437
Mehr auf www.oberstebrink.de



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