Kitas: Vielfalt mit Hindernissen

Deutsches Kinderhilfswerk e.V. stellt Studie vor

Kindertageseinrichtungen sind nach eigener Auffassung auf die gesellschaftliche Vielfalt gut vorbereitet. Sie fühlen sich in der Lage, alle Kinder unabhängig von Migrationshintergrund, Religion, Behinderung oder Familienform zu inkludieren. Das ist eines der Ergebnisse eines Forschungsberichts zur gesellschaftlichen Vielfalt in Kitas.

Das Deutsche Kinderhilfswerk e.V. hatte die Studie „Herausforderungen von Kindertageseinrichtungen in einer vielfältigen Gesellschaft“ bei der Hochschule in Rosenheim in Auftrag gegeben. Bei den jetzt veröffentlichten Ergebnissen zeigt sich auch, dass die eng bemessenen Personalschlüssel und Probleme bei der Gewinnung von Fachkräftenachwuchs die Umsetzung gewünschter pädagogischer Aktivitäten erschweren. Zu diesen gehören etwa eine verbesserte und intensivere Zusammenarbeit mit Eltern, individuelle pädagogische Angebote für Kinder und Teamentwicklung. Unter engen räumlichen Bedingungen und defizitärer personeller Ausstattung leiden insbesondere Kinder, die auch aus dem familiären Umfeld weniger Bildungsressourcen mitbringen. Kinderarmut wirkt sich so doppelt negativ aus.

Kindertageseinrichtungen vom Wandel mitbetroffen

„Zuwanderung, demografische Veränderungen und familialer Wandel betreffen alle gesellschaftlichen Bereiche und Akteure. Kindertageseinrichtungen als erste und wichtigste Bildungs- und Sozialisationsinstanzen nach den Eltern sind davon nicht ausgenommen. Im Gegenteil: Kinderarmut, Zeitknappheit von Familien, Migration und soziale Ungleichheiten kommen hier zuallererst an und stellen die Einrichtungen vor neue Herausforderungen. Hinzu kommen gesellschaftliche Bewegungen, wie der neu erstarkte Rechtspopulismus, gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit und Abwertung bis zu Rechtsextremismus. Hier muss mit verstärkter Demokratieförderung, Demokratiebildung und Partizipation entgegen gehalten werden“, sagt Prof. Dr. Sabina Schutter von der Hochschule Rosenheim.

„Abstiegsängste und Ehrgeiz der Eltern bezogen auf ihre Kinder dringen direkt zu den Kitas durch, die Angst der Eltern vor dem Scheitern wächst und äußert sich als Druck auf die pädagogischen Fachkräfte. Zudem haben viele Einrichtungsleitungen Erfahrungen mit rechtsradikalen Familien. Da diese sich meist unauffällig verhalten gibt es insbesondere Unsicherheiten im pädagogischen Umgang mit deren Kindern. Mit den daraus resultierenden Anforderungen dürfen die Kitas nicht alleine gelassen werden“, so Schutter weiter.

Kita-Programm der frühen Förderung gefordert 

„Wir brauchen ein Kita-Programm der frühen Förderung von Demokratiebildung, Partizipation sowie eines wertschätzenden Umgangs mit Vielfalt. Dabei muss es insbesondere darum gehen, auf Grundlage der UN-Kinderrechtskonvention partizipative Prozesse sowie ein vielfalts- und vorurteilsbewusstes Miteinander in Kindertageseinrichtungen zu verankern. Dazu werden wir als Kinderrechtsorganisationen mit unseren Partnern einen Beitrag leisten“, betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.

Hohe Erwartungen im Spannungsfeld zu Bildungserfordernissen

Der Forschungsbericht zeigt auch das mehrdimensionale Spannungsfeld auf, in dem sich die Fachkräfte in Kindertageseinrichtungen befinden: Die Erwartungen von Eltern mit hohen Bildungsansprüchen stehen in Spannung zu den Bildungserfordernissen von Kindern mit weniger Ressourcen. Gleichzeitig stehen die Erwartungen der Grundschulen an die abrufbaren Bildungsleistungen von Kindern im Widerspruch zu einer offenen situationsorientierten Pädagogik. In diesem doppelten Spannungsverhältnis sind Einrichtungsleitungen gefordert, den Bedürfnissen gerecht zu werden und gleichzeitig ihren Konzepten treu zu bleiben. Zugleich äußern die Kita-Fachkräfte Fortbildungsbedarf im Bereich Kinderrechte, Partizipation und Umgang mit Vielfalt. Die Untersuchung hat darüber hinaus Fortbildungsbedarfe im Bereich der pädagogischen Qualität mit engen Ressourcen und im Bereich Umgang mit Rechtsextremismus und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit identifiziert.

94 Leitungen von Kitas befragt

Der Forschungsbericht hat 94 Leitungen von Kindertageseinrichtungen in Sachsen und Thüringen nach ihren Umgangsweisen mit gesellschaftlicher Vielfalt gefragt. Hierzu wurde spezifisch der Umgang mit benachteiligten Gruppen und mit Diversität untersucht. Zehn qualitative Experteninterviews mit Einrichtungsleitungen wurden ergänzend dazu durchgeführt, um spezifischen und sensiblen Fragestellungen auf den Grund zu gehen. Die Ergebnisse des Forschungsberichts „Herausforderungen von Kindertageseinrichtungen in einer vielfältigen Gesellschaft“ sind in großen Teilen bundesweit übertragbar. Der Forschungsbericht und eine Zusammenfassung können unter www.dkhw.de/vielfalt-in-kitas heruntergeladen werden.

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