Gastbeitrag: Digitale Bildung: Ersatz ist Quatsch

Photo by stem.T4L on Unsplash

Müssen digitale Medien eine Rolle in Kitas spielen? Fachkräfte diskutieren intensiv und emotional. Über die Chancen.

Ein Gastbeitrag von Marion Lepold

Die Integration von digitalen Medien in die bestehenden Konzepte der frühkindlichen Bildungsarbeit ist durch die Lebenswirklichkeit der Kinder unabdingbar. Ziel der frühen Medienförderung ist das medienkompetente Kind. Dabei geht es nicht darum, dass Kinder in der Kita möglichst viel und oft in Kontakt mit digitalen Medien kommen. Sie machen weiter ihre Erfahrungen, vom Klettern und Toben im Garten über das Malen, Kleben und Basteln hin zu Rollenspielen und Brettspielen. Doch pädagogische Fachkräfte sollen auch die digitalen Medien als ein Element unter vielen anderen berücksichtigen.

Chance der professionellen Medienerziehung

Die Kultusministerkonferenz hat die Kompetenzen in der digitalen Welt als vierte Kulturtechnik in ihrem Kompetenzrahmen festgehalten. Sie legt den Fokus darauf, die Bildungschancengerechtigkeit auch in der digitalen Welt anzustreben. Zu den Kompetenzen in der digitalen Welt zählt die Kompetenz im Umgang mit digitalen Geräten, die den Alltag der Kinder prägen: Verwendungs- und Funktionsweisen kennenlernen sowie Fertigkeiten des praktischen Umgangs damit erlangen. Ebenso die Medienkompetenz, die die Fähigkeit umfasst, Medien zweckbestimmt und kreativ zu nutzen und damit eigene Werke zu erstellen.

Kinder erwerben digitale Kompetenzen nur im begleiteten Umgang. Die Kindertagesstätten sollten also als Chance zur professionellen Medienerziehung gesehen werden. Im heimischen, familiären Umfeld sind die Zugänge für die Kinder zu Medien unterschiedlich: von Eltern, die ihren Kindern einen reflektierten und begleiteten Umgang mit den digitalen Medien ermöglichen, über Familien, in denen ein unreflektierter und unbegleiteter Umgang üblich ist, bis hin zu solchen, bei denen der Umgang mit Medien den Kindern strikt verboten ist. Kitas können hier ein professionelles Pendant sein. Mit einer fachlichen Haltung zur Medienbildung ermöglichen sie den Kindern einen weiteren und alternativen Zugang zur Welt der digitalen Medien. Dies erfordert ein individualisiertes, an den Kompetenzen und Möglichkeiten des einzelnen Kindes, ausgerichtetes Arbeiten eben auch in Bezug auf die digitalen Medien. Denn digitale Medien bergen für Kinder Chancen und Risiken gleichermaßen. Denn je früher sich Kinder aktiv und wertvoll begleitet mit Medien auseinandersetzen können, desto größere Chancen bestehen, dass sie beispielsweise nicht von Medien „abhängig“ werden, sondern mit den Medien selbstbestimmt und kompetent umgehen können.

Der Einsatz von digitalen Medien in der Kita beschränkt sich nicht auf die gemeinsame Mediennutzung mit den Kindern. Kinder lernen durch Beobachtung, damit fungieren die Pädagogen auch in Bezug auf die Mediennutzung als Vorbilder. Die Integration von digitalen Medien in die Kita beginnt also bei der Nutzung der digitalen Werkzeuge durch die pädagogischen Fachkräfte.

Digitale Medien in den Händen der Pädagogen

In vielen Arbeitsfeldern werden digitale Medien bereits zur Arbeitserleichterung für die jeweiligen Fachkräfte genutzt. Viele erfolgreich erprobte Praxisbeispiele zeigen, wo ein Medieneinsatz den Aufwand der Pädagogen für zeitintensive und administrative Tätigkeiten reduzieren kann.

Teamplanung und -organisation
Elterngespräche, Ausflüge, Schließzeiten, Urlaubstage und andere Termine müssen pädagogische Fachkräfte planen und im Blick behalten. Auf allen Tablets sind Anwendungen für Kalender verfügbar, die es den Pädagogen einfach machen, die aktuellen Termine einzusehen, aber auch neue Termine anzulegen.

Pädagogische Dokumentation
Für die individuelle Dokumentation der Kinder gibt es erste digitale und sinnvolle Lösungen. So entfällt beispielsweise bei den standardisierten Beobachtungsverfahren die aufwändige händische Auswertung. Die Beobachtungen werden direkt über das Tablet eingegeben und können dann automatisch ausgewertet werden. Die Zeitersparnis liegt dabei auf der Hand. Einige digitale Anwendungen können die Fachkräfte für die Portfolioarbeit nutzen.

Kommunikation mit den Eltern
Erste Apps haben sich dem Thema der Kommunikation zwischen Pädagogen und Eltern angenommen. Der Fokus liegt hierbei nicht darauf, das persönliche Gespräch zwischen Fachkraft und Eltern zu ersetzen. Vielmehr bieten die Anwendungen, entsprechend eingesetzt, die Möglichkeit, sich im Gespräch auf das Wesentliche – nämlich das Kind – zu fokussieren, organisatorische Punkte, wie beispielsweise die fehlenden Windeln oder ein anstehender Elternabend, können ganz einfach Eltern und Fachkräfte über Nachrichten klären.

Medienerziehung im Dialo

Digitale Medien gemeinsam mit Kindern

Die Förderung von Medienkompetenz bei den Kindern beginnt – ganz ohne direkte Mediennutzung – mit Gesprächen über deren Medienerlebnisse und -erfahrungen.

Portfolio-Arbeit
Die digitale Dokumentation kann ein Einstieg in die gemeinsame Mediennutzung mit den Kindern sein. Kinder können durch die digitalen Medien stärker an ihrer eigenen Bildungsdokumentation beteiligt werden. Dabei ist die Form der Partizipation von der individuellen Entwicklung und den Fähigkeiten des jeweiligen Kindes abhängig. Ein erster Schritt kann sein, dass die Kinder direkt am Tablet gemeinsam mit der Fachkraft entscheiden, welches Foto sie für ihr Portfolio verwenden. Medienerfahrene Kinder können Fotos, Video- oder Audioaufzeichnungen für ihre Bildungsdokumentation mit dem Tablet auch selbst erstellen, so wird die Perspektive des Kindes noch deutlicher.

Medienprojekte/Medienarbeit

Eine kreative begleitete Medienarbeit mit Kindern kann ganz unterschiedlich aussehen. So kann die Fachkräfte das Tablet samt einem digitalen Mikroskop bei einem Ausflug in die Natur mitnehmen, damit die Kinder die Umgebung erforschen. Mit Tablet, Stativ und Mikrofon können die Kinder ihr eigenes Bilderbuch vertonen. Oder aber es wird einmal in der Kleingruppe ein digitales Bilderbuch anstelle eines klassisch analogen Bilderbuches vorgelesen.

Bei der Diskussion um digitale Medien in der Kita ist die Divise wichtig: Ersatz ist Quatsch! Es geht in der Kindertageseinrichtung darum, bestehende Konzepte und Angebote sinnvoll durch digitale Elemente anzureichern. So kann der Entstehung einer digitalen Kluft entgegengewirkt werden. Denn Bildungschancengerechtigkeit brauchen wir auch in der digitalen Welt. Dafür ist eine Integration von digitalen Medien in Kitas unabdingbar.

Der Gastbeitrag erschien ursprünglich in Meine Kita 02/2020 – Ohne geht es nicht. Wie digitale Medien den Kita-Alltag bereichern. Abrufbar unter: https://www.yumpu.com/de/document/read/63432649/meine-kita-02-20

Über Marion Lepold

Marion Lepold ist Sozialpädagogin und Montessori-Pädagogin und als Beraterin, Fortbildnerin und Coach in Kindertagesstätten tätig. Sie leitet die Online-Akademie "Qualität in der Kita". Als Expertin für digitale Inklusion und neue Medien in Kita und Schule beschäftigt sie sich intensiv mit der Rolle digitaler Angebote für die Qualität in der frühen Bildung.

Buchtipp: Lepold, M.; Ullmann, M. (2018): Digitale Medien in der Kita. Alltagsintegrierte Medienbildung in der pädagogischen Praxis. Freiburg: Verlag Herder

Online-Kurse zu diesem Thema

Die "Qualität in der Kita"–Online-Akademie bietet zum Thema Digitale Bildung mehrere spannende Kurse an.

Wieso – weshalb – warum? Digital Antworten finden!

https://qualitaet-kita.de/produkt/wieso-weshalb-warum-digital-antworten-finden/

Digitales Bilderbuch gestalten

https://qualitaet-kita.de/produkt/digitales-bilderbuch-gestalten/

Dokumentation digital gedacht

https://qualitaet-kita.de/produkt/dokumentation-digital-gedacht/

  •  

Zurück