Fachkräfte in Kitas: Ein Brief an Deutschland

FRÖBEL e.V./Bettina Straub

Die Politik beteuert, dass die Kitas während der zweiten Welle geöffnet bleiben. In einem gemeinsamen Brief wenden sich die Kita-Fachkräfte von über 30 Trägern jetzt an die Öffentlichkeit.

Kita-Regelbetrieb bis ganz zuletzt: Geht es nach dem Willen der Politik werden die Kindertagesstätten in diesem Lockdown für alle Familien geöffnet bleiben. Eine Notbetreuung nur für Eltern in systemrelevanten Berufsgruppen wie im Frühjahr soll um jeden Preis vermieden werden. Jetzt melden sich diejenigen zu Wort, die den Kita-Regelbetrieb in den kommenden Wochen sicherstellen müssen: In einem "Brief an Deutschland" wenden sich die Fachkräfte aus Einrichtungen verschiedener Träger an die Öffentlichkeit. 

Der Brief an Deutschland

Liebe Eltern,
liebe Verantwortliche in der Politik,

uns allen ist bewusst, dass einmal mehr schwierige Wochen auf unser Land zukommen. Doch etwas ist anders als beim letzten Lockdown: Unsere Kindertageseinrichtungen müssen diesmal nicht zur Notbetreuung zurückkehren und es ist ein großes Glück für uns alle, dass wir weiterhin für Ihre Kinder da sein dürfen – denn wir haben sie im Frühjahr wirklich sehr vermisst!

Doch während der Betreuungsalltag bei uns irgendwie weitergeht, tobt draußen immer noch die größte Gesundheitskatastrophe seit rund hundert Jahren. Wir tun alles dafür, dass unsere Einrichtungen auch in dieser schweren Zeit geöffnet bleiben können. Auch deshalb wenden wir uns jetzt mit einer Bitte an Sie: Unterstützen Sie uns, damit wir Sie weiterhin unterstützen können!

Wir brauchen Eltern als Verbündete

Unsere Kitas befinden sich nicht im luftleeren Raum. Auch wir können uns mit COVID 19 infizieren. Und wenn das passiert, dann begeben wir uns natürlich sofort in Quarantäne – genau wie die Kollegen und Kolleginnen, mit denen wir in der fraglichen Zeit Kontakt hatten. Beides bleibt dann nicht ohne Konsequenzen: Denn Kindertagesstätten ohne Personal können nicht geöffnet bleiben, auch wenn die Politik gerade gebetsmühlenartig das Gegenteil beteuert.

Im Sommer hat sich vielerorts die Zuordnung von Kindern und Fachkräften in strikt getrennte Gruppen etabliert. Leider ist diese Form der Betreuung aber wesentlich personalintensiver als der Kita-Alltag unter Normalbedingungen. Sollten die krankheitsbedingten Ausfälle in den kommenden Wochen zunehmen, werden wir gemeinsam mit Ihnen Alternativen finden, wie Ihre Einrichtung dennoch geöffnet bleiben kann: Die Lösung kann dann  zum Beispiel eine eng befristete Verkürzung der Öffnungszeiten sein. Und einige Bundesländer geben auch Spielraum für eine Vergrößerung der Betreuungsgruppen. Sollten wir eine solche Maßnahme in Ihrer Einrichtung für sinnvoll halten, dann gehen wir selbstverständlich vorher mit Ihnen ins Gespräch. Für diesen Fall bitten wir Sie schon jetzt um Ihr Verständnis aber auch um Ihre Kreativität bei der Suche nach anderen Lösungen, die vielleicht eher in Ihrem Sinne sind – denn so können wir die zeitweise Schließung von Einrichtungen gemeinsam vermeiden.

Wir fordern Rückendeckung der Politik für einen flexiblen Regelbetrieb

Wenn unsere Leitungen aufgrund der spürbar steigenden Personalausfälle mit dem Rücken zur Wand stehen, ist es oftmals nur das Wohlwollen bereits stark gebeutelter Eltern, das sie rettet. Anderswo bringen Mütter und Väter weniger Verständnis für Szenarien mit Einschränkungen auf – zu sehr sitzt ihnen die Erfahrung des ersten Lockdowns noch im Nacken. Und zu sehr bauen sie auf die Versprechen zahlreicher Politikerinnen und Politiker, dass es diesmal nicht so weit kommen wird.

Die gute Nachricht ist: Wir können gemeinsam eine ganze Menge dafür tun, dass die Politik recht behält. Dafür müssen wir aber alle akzeptieren, dass die Welt nicht nur schwarzweiß ist: Es gibt mehr als „Die Kita öffnet wie immer“ oder „Die Kita macht nur Notbetreuung“. Dazwischen ist vieles möglich, was Eltern, Arbeitgebern und uns Kita-Fachkräften hilft, gut durch diese schwierige Zeit zu kommen. Gemeinsam mit den Eltern wurden vielerorts bereits gute Lösungen gefunden. Wir würden uns aber viel wohler fühlen, wenn wir im Krisenfall verschiedene festdefinierte Lösungsmodelle rechtssicher mit den Eltern aushandeln könnten: Dazu gehören die Vergrößerung oder Auflösung getrennter Gruppen (offener Regelbetrieb), die Einschränkung der Öffnungszeiten (fixer Regelbetrieb) und auch die zeitlich eng befristete Verkürzung der Betreuungszeiten (verkürzter  Regelbetrieb) als allerletztes Mittel. Nur wenn wir flexibel bleiben, können wir auch offen bleiben.

Liebe Verantwortlichen in der Politik, Sie haben uns in dieser Krise jetzt zum zweiten Mal in die erste Reihe geschickt. Wir nehmen diese Verantwortung gerne wieder an. Bitte lassen Sie uns jetzt nicht hängen!

Bleiben Sie gesund!

Ihre pädagogischen Fachkräfte bei

  • Berliner Stadtmission
  • Deutscher Kinderschutzbund LV Berlin e.V.
  • Deutsches Rotes Kreuz, Kreisverband Berlin-Nordost e.V.
  • Diakonisches Werk Berlin-Stadtmitte e.V. 
  • Evangelischer Kirchenkreisverband für Kindertageseinrichtungen Berlin Mitte-Nord
  • Evangelischer Kitaverband Mitte-West, Berlin
  • eventus-BILDUNG e.V.
  • FiPP e.V. – Fortbildungsinstitut für die pädagogische Praxis, Berlin
  • Forum Soziale Dienste GmbH
  • Forum Soziale Dienste Kita I GmbH
  • FRÖBEL Bildung und Erziehung gGmbH
  • Hanna gGmbH
  • IKT-Stadtindianer e.V.
  • Johannesstift Diakonie Jugendhilfe Berlin
  • Jugendwerk Aufbau Ost JAO gGmbH
  • Kindertageseinrichtungen Ev. Kirchenkreis Spandau - Berlin
  • Kinder und Jugend der Volkssolidarität Berlin gGmbH
  • KITA-Dialog gGmbH
  • Kleiner Fratz GmbH
  • KUBIBE.Berlin gGmbH
  • Kunterbunt gGmbH
  • Lebenshilfe iKita gGmbH
  • Mittelhof e.V.
  • Outlaw gemeinnützige Gesellschaft für Kinder- und Jugendhilfe mbH
  • pad – präventive, altersübergreifende Dienste im sozialen Bereich – gGmbH
  • PUTTE e.V.
  • Spielhaus e.V.
  • Stadtteilzentrum Steglitz e.V.
  • urban kita gGmbH
  • VAK e.V. – Kindertagesstätten
  • Verein für aktive Vielfalt e.V.
  • Vereinigung für Jugendhilfe Berlin e.V.
  • Villa Luna gGmbH
  • Zweckverband Katholische Tageseinrichtungen für Kinder im Bistum Essen

Die Unterzeichner kündigen an, das Gespräch mit den Eltern zu suchen, falls sich der krankheitsbedingte Personalausfall in den kommenden Wochen verschärfen sollte – um gemeinsam Lösungen zu finden wie der Betreuungsalltag aufrecht erhalten werden kann. Dabei seien die Kita-Leitungen aber auf das Wohlwollen der „bereits stark gebeutelten“ Familien angewiesen. Von der Politik fordern die Kita-Mitarbeitenden deshalb Rechtssicherheit beim Aushandeln abgestufter Modelle des Regelbetriebs – damit Eirichtungen auch mit bei großen Personalengpässen geöffnet bleiben können. Dazu gehören die Vergrößerung oder Auflösung von bisher getrennt betreuten Gruppen, die Einschränkung von Öffnungszeiten und die zeitlich befristete Verkürzung von Betreuungszeiten als letztes Mittel.

Nur wenn man anerkenne, dass es mehr gebe als "Die Kita öffnet wie immer" oder "Die Kita macht nur Notbetreuung" könne man gemeinsam dafür sorgen, dass die Einrichtungen in der zweiten Welle auch wirklich geöffnet bleiben. "Dazwischen ist vieles möglich, was Eltern, Arbeitgebern und uns Kita-Fachkräften hilft, gut durch diese schwierige Zeit zu kommen."

Über FRÖBEL

FRÖBEL ist Deutschlands größter überregionaler freigemeinnütziger Träger von Kindertageseinrichtungen. FRÖBEL betreibt 190 Krippen, Kindergärten und Horte sowie weitere Einrichtungen in zehn Bundesländern. 4.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten bei FRÖBEL gemeinsam für die beste Bildung, Erziehung und Betreuung von rund 17.000 Kindern. 

Mehr im Web: www.froebel-gruppe.de

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