Lernort Bibliothek: Lebendiger Teil des Bildungsökosystems
Bibliotheken sind von zentraler Bedeutung als außerschulische Lernorte und Partner im deutschen Bildungssystem. Eine zeitgemäße Ausstattung mit digitalen Geräten und WLAN ist in den meisten Bibliotheken ebenso Standard wie ein breites Bildungsangebot für Menschen jeden Alters – von der Förderung des Lesens über die Vermittlung von Informations- und Medienkompetenzen bis hin zur Unterstützung im MINT-Bereich (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik). Damit sie diese Rolle insbesondere an Orten übernehmen können, an denen es kaum oder gar keine anderen Bildungsangebote gibt, ist jedoch eine Erhöhung und verlässliche Bereitstellung von Ressourcen erforderlich. Dies betonten die Ergebnisse einer Umfrage unter knapp 650 Öffentlichen Bibliotheken deutschlandweit, durchgeführt vom Meinungsforschungsinstitut forsa im Auftrag der Deutschen Telekom Stiftung und des Deutschen Bibliotheksverbandes.
80 Prozent der Bibliotheken sehen sich gut in ihre lokale Bildungslandschaft integriert. Nahezu alle befragten Einrichtungen (93 Prozent) richten ihre Angebote auch an Kinder und Jugendliche im Alter von zehn bis 16 Jahren. Die wichtigsten Kooperationspartner sind Kindergärten und Grundschulen, mit denen 98 Prozent der Bibliotheken zusammenarbeiten, aber auch weiterführende Schulen (82 Prozent). 61 Prozent nennen die Kinder- und Jugendarbeit, während ein knappes Drittel Museen als Kooperationspartner angibt. Insbesondere in Groß- und mittelgroßen Städten mit 100.000 Einwohnern und mehr kooperieren viele Bibliotheken (44 Prozent) auch mit Makerspaces, Schülerlaboren oder Science Centern. Neben Führungen für Schulklassen, die 98 Prozent der Bibliotheken durchführen, gehören Lesungen, Vorträge und Filmvorführungen zum Angebot fast jeder Bibliothek (93 Prozent). Vier von fünf Bibliotheken bieten zudem spezielle Programme während der Schulferien an. Seminare und Workshops werden von der Hälfte der Bibliotheken durchgeführt, wobei in Groß- und mittelgroßen Städten sogar vier von fünf Bibliotheken entsprechende Angebote haben.
MINT und Medienkompetenz spielen eine besonders wichtige Rolle im Kontext der Bibliothek als Lernort: 57 Prozent der Bibliotheken bereiten MINT-Themen in Seminaren und Workshops auf, bei 38 Prozent gibt es Ferienangebote mit MINT-Bezug. Die Förderung von Medien- und Informationskompetenzen ist bei 73 Prozent im Rahmen von Führungen für Schulklassen, bei 68 Prozent in Seminaren und Workshops und bei 52 Prozent in den Ferienprogrammen verankert.
Jacob Chammon, Geschäftsführer der Telekom-Stiftung, betont: „Die Ergebnisse verdeutlichen klar, dass Bibliotheken heute mehr bieten als nur die Ausleihe von Büchern. Sie sind ein zentraler Lernort für alle, unabhängig von finanziellen Ressourcen oder Bildungshintergrund. Gerade für Kinder und Jugendliche sind solche außerschulischen Akteure entscheidend, um zusätzliche Lernmöglichkeiten zu schaffen, entweder allein oder in Kooperation mit Schulen. Ein herausragendes Beispiel ist hier die Vermittlung von Medienkompetenz, bei der Bibliotheken über beträchtliche Expertise verfügen und diese sinnvoll in das Bildungsökosystem für junge Menschen integrieren können.“
Dr. Holger Krimmer, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Bibliotheksverbandes e.V. (dbv), freut sich über die Ergebnisse der Umfrage: „Es wird klar, wie Bibliotheken heute als moderne Bildungs- und Begegnungsorte positioniert sind. Mit ihrem breiten Angebot und ihrer besonderen Expertise sollten sie zukünftig eine noch größere Rolle im Bildungsbereich spielen. Allerdings müssen die Rahmenbedingungen dafür stimmen. Das Ziel sollte sein, alle Bibliotheken, unabhängig von ihrer Lage in Großstädten oder ländlichen Regionen, so auszustatten, dass sie flächendeckend ihr Potenzial als verlässliche Bildungspartner und eigenständige Lernorte entfalten können – personell, räumlich, finanziell. Dies muss auch in Zeiten knapper kommunaler Haushalte gewährleistet sein.“
Die Umfrageergebnisse zeigen vier Handlungsfelder für Bund, Länder und Kommunen auf, um die Entwicklung von Bibliotheken weiter zu fördern: eine verstärkte Integration der Arbeit von Bibliotheken in kommunale Bildungskonzepte, eine stärkere Förderung von Informations- und Medienkompetenz, eine gezieltere Ansprache der Zielgruppe der 10- bis 16-Jährigen sowie eine Unterstützung von Bibliotheken in ländlichen Regionen, um mehr Bildungsangebote anbieten zu können.
Zum Hintergrund:
Den Deutschen Bibliotheksverband und die Deutsche Telekom Stiftung verbindet die Überzeugung, dass Bibliotheken eine wesentliche Rolle für zukunftsrelevante Bildung spielen. Seit 2017 vergeben sie gemeinsam die bereits langjährige Auszeichnung „Bibliothek des Jahres“ und würdigen damit innovative Bibliotheksarbeit in Deutschland. Seit 2020 verleihen sie zudem die Auszeichnung „Bibliothek des Jahres in kleinen Kommunen und Regionen“. Bei der Auswahl für beide Preise liegt besonderes Augenmerk auf der Qualität und Zukunftsorientierung der bibliothekarischen Arbeit, dem kreativen Einsatz digitaler Angebote sowie regionalem bzw. überregionalem und internationalem Engagement. Die Preisverleihungen finden immer zum Tag der Bibliotheken am 24. Oktober statt.