Beim Essen sollten wir das Klima nicht vergessen

Wie der Deutsch-Chinesische Kindergarten in Hamburg zum klimafreundlichen Frühstück kam

„Angefangen hat alles mit der Frage: Woher kommt eigentlich die Milch?“ Tanja Meyer Marelja, Leiterin des Deutsch-Chinesischen Kindergartens in Hamburg lacht. Im Herbst 2017 kam diese Frage durch Zufall auf und die Antwort der Kinder erstaunte die pädagogischen Fachkräfte: „Na aus dem Supermarkt!“

Seitdem ist das Thema Ernährung in der Kita ein Dauerbrenner. Tanja Meyer Marelja erklärt: „Das kommt allein schon durch die kulturellen Unterschiede, die vor allem unsere chinesischen Kinder in den Alltag mit einbringen. Die Tatsache, dass die Kinder aber wirklich nicht wussten, wo Eier, Bananen und Nudeln ihren Ursprung haben, nahmen wir zum Anlass für unser Jahresprojekt ,Beim Essen wollen wir das Klima nicht vergessen’.“

Es ist nicht egal, was, wann und wo wir kaufen

Ein Besuch auf dem Wochenmarkt brachte den Kindern erste wichtige Erkenntnisse. Viele Lebensmittel, die es im Supermarkt zu kaufen gibt, suchten sie bei den Händlern auf dem Markt vergebens. Keine Erdbeeren oder Kirschen im Herbst, keine Kürbisse und Pflaumen im Frühling. Dafür war es um so spannender zu entdecken, was aktuell bei uns in der Region wächst. Die Erzieherinnen und Erzieher des Deutsch-Chinesischen Kindergartens nutzten die Markterlebnisse, um mit den Kindern über Saisonalität und Regionalität zu sprechen und spannten damit den Bogen zum Thema Klimaschutz.

„Auf einer Weltkarte schauten wir nach, wo die Länder liegen, aus denen Ananas und Bananen kommen und stellten Vermutungen dazu an, wie lange sie zu uns brauchen. Die Kinder verstanden sofort, dass Obst und Gemüse, das von weit her mit Flugzeugen, Schiffen oder LKW zu uns transportiert werden muss, die Umwelt mit Abgasen schädigt.“ Beeindruckt erzählt Grit Holz weiter: „Die Kinder sagten dann, dass wir also immer Nahrungsmittel vom Wochenmarkt aus der Nähe kaufen und nur das essen sollten, was auch in den Jahreszeiten wächst. Oder wir sollten eben selbst Gemüse anpflanzen.“

Kinder stellen Butter her

Jeder Bissen kann das Klima schützen

Gesagt getan. Die Kita bestellte ein kleines Gewächshaus, welches die Kinder sofort mit Paprika bepflanzten. Die kleinen Gärtner stärkten durch die Pflege ihres Gemüses nicht nur ihr Verantwortungsbewusstsein, sie waren auch mächtig stolz auf ihre erste Ernte. Seit dem Wochenmarktbesuch wird im Kindergarten regelmäßig Brot gebacken und Butter hergestellt. Außerdem zog eine Flockenquetsche ein, mit der die Kinder ihr Müsli nun selbst zubereiten.

Kita-Leiterin Tanja Meyer Marelja ist von dem Gedanken des Selbermachens überzeugt. „Wir haben festgestellt, dass wir damit auch in der Kita einen Beitrag zum Klimaschutz leisten können. Viele Schritte sind so einfach und es macht uns allen Spaß, sie zu gehen. Indem wir einige Lebensmittel selbst herstellen, wissen wir zum einen genau, was drin ist und erkennen den Wert unserer Nahrungsmittel. Zum anderen erleben wir den Aufwand, der hinter der Lebensmittelproduktion steckt und können gleichzeitig eine Menge Abfall einsparen.“

Mit Henne und Kuh lernen

Zum Highlight des Ernährungsprojekts wurde der Besuch eines echten Huhns in der Kita. Die Kinder durften es streicheln, füttern, und der Halterin alle Fragen stellen, die ihnen in den Sinn kamen. „Wir haben in diesem Zuge mit den Kindern auch die Themen Fleischkonsum und Tierhaltung besprochen“, sagt Grit Holz. „Auf Initiative der Kinder haben wir beschlossen, unseren Fleischkonsum in der Kita zu reduzieren und mehr vegane Alternativen anzubieten.“ Durch die aufgeworfenen Frage eines Jungen, wieso aus manchen Eiern Hühner und aus anderen Frühstückseier werden, wurde ein Besuch auf dem Bauernhof eingerichtet. Hier konnten die Kinder nicht nur die dort lebenden Tiere kennenlernen, sondern schließlich auch mit eigenen Augen sehen, woher nun tatsächlich die Milch kommt. Auch die Frage nach den Frühstückseiern ließen sie sich vom Bauern beantworten.

Besuch auf dem Bauernhof

Klimaschonende Ernährung – gut für uns und die Umwelt

Zum Abschluss ihrer Bildungsaktivitäten zum Thema Ernährung veranstaltete der Deutsch-Chinesische Kindergarten im Rahmen des Hamburger KLIMAfuchs-Projekts ein großes Klimafrühstück mit regionalen und saisonalen Speisen, zu dem auch alle Eltern eingeladen wurden. Hieraus entstand die Idee, zukünftig eine wöchentlich stattfindende Kochgruppe mit den Eltern zu initiieren und einmal im Monat ein chinesisches Frühstück anzubieten. Außerdem bewarb sich die Kita mit ihren Aktivitäten im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung für die Auszeichnung als KITA21 (s. unten).

„Durch all unsere Aktivitäten haben die Kinder, aber auch die Eltern und wir, ein Gefühl für Lebensmittel entwickelt. Wir wissen über die Herstellung Bescheid, können uns für gesunde Ernährung begeistern und dabei eben auch die Umwelt schützen“, so Tanja Meyer Marelja und Grit Holz über ihre gelungene Arbeit. Sie werden das Projektthema zukünftig weiterführen und es um andere Aspekte wie Energie oder Plastikvermeidung erweitern.

(Autorin: Susann Meyer, S.O.F. Save Our Future - Umweltstiftung)

Hintergrund

Für ihre Bildungsarbeit im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung erhielt der Deutsch-Chinesische Kindergarten im September 2018 zum zweiten Mal die Auszeichnung als „KITA21“. Diese wird von der S.O.F. Save Our Future – Umweltstiftung aus Hamburg vergeben, die damit Kindertageseinrichtungen ehrt, die sich auf den Weg zu einem Lernort für zukunftsfähiges Denken und Handeln gemacht haben.
Die S.O.F. bietet das KITA21-Verfahren 2019 erstmalig in ganz Schleswig-Holstein an. Pädagogische Fachkräfte können sich für Fortbildungen in Lübeck und Kiel sowie Kitas für Teamfortbildungen anmelden. Ermöglicht wird dies durch eine Förderung des Ministeriums für Soziales, Gesundheit, Jugend, Familie und Senioren Schleswig-Holstein. 
Weitere Infos und Anmeldung: 
https://www.kita21.de/termine/fortbildungen/

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