Februar 2013

Praxis

EIN DREIKLANG / Zuhören – Sprechen – (Vor)Lesen

Die vorliegende Praxisbroschüre möchte Ihnen Ideen anbieten, wie Sie „gemeinsam Zuhören – Sprechen – (Vor)Lesen“ in Ihren Einrichtungen, noch weiter ausbauen können.

Die hier vorgestellten Projekte zur Zuhör-, Sprach- und (Vor)Leseförderung sind in die Themenbereiche
„Künstlerischer, kreativer und fantasievoller Umgang mit Medien“ und „Mit allen Sinnen
entdecken, erforschen und erkunden“ gegliedert. Beim ersten Themenbereich bildet ein bestimmtes
Medium, beispielsweise ein Hörspiel, den Ausgangspunkt, während beim zweiten Themenbereich
der sinnliche Zugang zur kindlichen oder einer fremden Lebenswelt im Mittelpunkt steht. Projekte,
die zusätzlich einen Schwerpunkt auf die Mehrsprachigkeit setzen, tragen einen entsprechenden
Vermerk.

Jede Projektbeschreibung wird auf einer Doppelseite präsentiert und ist übersichtlich in mehrere
Rubriken gegliedert. Jeweils am Anfang fi nden sich Angaben zum zeitlichen Umfang (Vorbereitung,
Durchführung und ggf. Nachbereitung), zur Anzahl der teilnehmenden Kinder und der Zusammensetzung der Gruppe sowie zu den verwendeten Materialien, Büchern und CDs. Der überwiegende Teil der in den Projekten eingesetzten Medien ist im Handel erhältlich. Einige CDs und Bücher können nur bei der Stiftung Zuhören bestellt werden. Bezugsmöglichkeiten fi nden Sie im Serviceteil am Ende der Broschüre.

Die komplette Broschüre zu kostenlosen Download unter:
http://www.zuhoeren.de/fileadmin/content/documents/Praxisbrosch%C3%BCre_Ein_Dreiklang.pdf

Quelle: www.zuhoeren.de


Praxis

Karneval Teil 4: Kinderfastenaktion

Materialien zur Umsetzung der Kinderfastenaktion in Kindergarten, Schule und Gemeinde mit Kindern zwischen 5 und 12 Jahren.

Geschichte mit Anregungen zur Durchführung
Der folgende Text basiert auf der Vorlesegeschichte der Kinderfastenaktion.

http://www.kinderfastenaktion.de/fileadmin/upload/Upload_2013/PDF_Dateien/Kindergarten.pdf

Quelle: www.kinderfastenaktion.de

Praxis

Kleine Schlauberger - Hochbegabung in der Kita

Kleine Schlauberger, die im Kindergarten wortgewandt über den Sinn des Lebens philosophieren, während die anderen Kinder sich über den Außenseiter wundern und sich dann doch lieber wieder den Bauklötzen oder den Buntstiften zuwenden – so etwa stellt man sich hochbegabte Vorschulkinder vor. Was aber ist dran an diesem Klischee? Sind Hochbegabte tatsächlich so anders oder haben sie nicht doch genau dieselben Bedürfnisse wie andere Kinder ihres Alters auch? Woran erkennt man Hochbegabung in einem so jungen Alter? Und wenn man ein hochbegabtes Kind in seiner Gruppe hat: Was kann man tun, um es so gut wie möglich in seiner Entwicklung zu unterstützen?

Hochbegabung und ihre Entwicklung im Vorschulalter

Was ist Hochbegabung?

Was Hochbegabung eigentlich ist, ist viel weniger eindeutig, als man gemeinhin denkt. Das liegt zum einen daran, dass Definition, Diagnostik und Zweck der Diagnostik sehr eng miteinander verwoben sind. Als hochbegabt kann jemand gelten, der einen sehr hohen IQ (üblicherweise von 130 oder mehr) hat; aber auch eine Person, die in eine Hochbegabtenfördermaßnahme aufgenommen worden ist, muss ja irgendwie besonders begabt sein, sonst wäre sie schließlich nicht aufgenommen worden … Erschwerend kommt dazu, dass IQ nicht gleich IQ ist. Intelligenz ist ein sehr facettenreiches Konstrukt ‒ so facettenreich, dass man sie mit einem einzigen Test gar nicht komplett abbilden kann. Zwar messen so gut wie alle Intelligenztests die allgemeine kognitive Fähigkeit , die Schwerpunktsetzung variiert jedoch von Test zu Test.

Für eine Prognose, wie gut ein vorzeitig eingeschultes Kind in der Schule zurechtkommen wird, sind Tests sinnvoll, die schulrelevante Fähigkeiten mit abprüfen; das sind vor allem sprachliche Fähigkeiten. Für ein Kind, das nicht gut Deutsch kann, wäre ein solcher Test kaum aussagekräftig. Hier würde man eher auf abstrakte, weniger sprachlastige Tests zurückgreifen . Und auch Begabtenprogramme stellen sehr unterschiedliche Anforderungen: Wer gut rechnen kann, muss beispielsweise nicht gleichzeitig auch sprachlich hochbegabt sein. Hohe Intelligenz ist zwar eine sehr gute Voraussetzung dafür, dass ein Kind in einer Begabtenförderung gut zurechtkommt; weil die unterschiedlichen Programme aber teilweise auch mehr fordern als „nur“ Intelligenz, ist ein hoher IQ nicht automatisch die Garantie dafür, dass ein Kind von der Förderung auch tatsächlich etwas hat. Hier müssen zusätzliche Verfahren herangezogen werden – beispielsweise Gespräche mit dem Kind und den Eltern oder auch eine „Teilnahme auf Probe“. 


Kinderzeit-Podcast: Hochbegabung in der Kita

Informationshungrige Kinder
Jeder, der mit Kindern zu tun hat, weiß: Kinder lernen verblüffend schnell.. Man spricht von einer „negativ beschleunigten Lernkurve“, denn es gilt: Je jünger ein Kind ist, desto mehr Wissen kommt jeden Tag dazu. Das ist bei Hochbegabten übrigens nicht anders als bei durchschnittlich Begabten. Die einzelnen Schritte der intellektuellen Entwicklung sind exakt die gleichen; Hochbegabte durchlaufen sie bloß schneller. Und wenn wir uns an das Modell von Cattell und Horn erinnern, wird klar, dass auch die absolute Höhe der Intelligenz einen Unterschied macht: Wer von Anfang an viel zum Investieren hat, erzielt auch höhere Gewinne – sprich, die Wissenserwerbs-Schere klafft bei optimalen Lernbedingungen mit der Zeit immer weiter auseinander. Ein hochbegabtes Kind aber in seinem Wissenserwerb bremsen zu wollen, wäre sicherlich der falsche Weg. Fair wäre es auch nicht; denn schließlich geht es ja darum, den Lernbedürfnissen jedes Kindes individuell gerecht zu werden, unabhängig von seiner Intelligenz. Und das kann bei Hochbegabten heißen, dass man ihrem leistungsstarken Gehirn einfach „mehr Futter“ vorsetzen muss – so ähnlich wie bei einem Leistungssportler, der ja auch mehr Kalorien benötigt als ein Schönwetterjogger.

Ungleichmäßige Entwicklungen

Die intellektuelle Entwicklung verläuft bei Hochbegabten also schnell; manchmal sogar so schnell, dass andere Bereiche nicht hinterherkommen. Als Erzieherin oder Erzieher ist man oft versucht, bei Kindern, die intellektuell schon sehr weit sind, auch in anderen Bereichen einen Entwicklungsvorsprung anzunehmen – und ist dann ganz erstaunt, wenn die Vierjährige, die eben noch eloquent das Sonnensystem erklärt hat, einen ganz und gar altersgemäßen Trotzanfall bekommt, wenn sie ihren Willen nicht durchsetzen kann. Solche Entwicklungsdiskrepanzen – in der Fachsprache als „Asynchronien“ bezeichnet – können bei hochbegabten Kindern zu starker Frustration führen. Wenn ein Kind eine Idee zu einer tollen Maschine hat, motorisch aber noch nicht so geschickt ist, sie auch zu zeichnen, ist das auch wirklich ärgerlich! Bei dem hochbegabten Sohn eines Freundes war es so, dass sein Mund mit dem Ausformulieren seiner Gedanken nicht hinterherkam – der hilfreich gemeinte Kommentar der Erzieherin „Erst denken, dann reden!“ verfehlte völlig den Kern des Problems, denn das Denken selbst funktionierte einwandfrei. Asynchronien können unter Umständen sogar Ängste auslösen, zum Beispiel wenn Kinder in den Nachrichten etwas mitbekommen haben, was sie kognitiv zwar verstehen, emotional aber noch nicht angemessen verarbeiten können. Auch für Erwachsene können solche Diskrepanzen frustrierend sein, etwa wenn sie von dem Kind erwarten, dass es so „vernünftig“ sein soll, wie es seinem intellektuellen Alter entspräche – und dabei sein chronologisches Alter aus dem Blick verlieren.

Wie erkennt man Hochbegabung im Vorschulalter?
Kindergarten und Kindertagesstätte bieten gute Vergleichsmöglichkeiten
Ob ein hochbegabtes Kind in einem nichtintellektuellen Bereich noch „zurück“ ist oder ob sein Entwicklungsstand eigentlich völlig altersgemäß ist und der Eindruck nur aufgrund seines starken intellektuellen Vorsprungs entsteht, lässt sich feststellen, indem man das Kind mit Gleichaltrigen vergleicht. Die Möglichkeit hat man im Kindergarten oder in der Kindertagesstätte in ganz besonderem Maße – und oft genug wird man feststellen, dass hochbegabte Kinder sich kaum von ihren Altersgenossinnen und -genossen unterscheiden, wenn man von der Intelligenz mal absieht.

Klischee und Wirklichkeit

Hochbegabte Kinder sind eine sehr heterogene Gruppe – eine Patentlösung, wie man sie erkennen kann, gibt es also leider nicht. Ob ein hochbegabtes Kind erkannt wird, hängt u. a. von den Vorannahmen ab, die jemand über Hochbegabte hat. Da Hochbegabte ja nicht der Regelfall sind, besteht die Gefahr, dass diese Vorannahmen durch Erfahrungen mit einzelnen Kindern geprägt sind, die aber aufgrund der Heterogenität der Gesamtgruppe nicht unbedingt repräsentativ für Hochbegabte insgesamt sein müssen. Auch die Medien prägen das Bild von Hochbegabten. Nicht immer ist die Darstellung aber auch realistisch: Was Einschaltquoten bzw. Auflage bringt, sind in der Regel nicht die unauffälligen Hochbegabten, sondern die „Wunderkinder“, „Nerds“ oder „Underachiever“, die einen verblüffen, aber manchmal auch befremdet zurücklassen. Studien an unserem Lehrstuhl, die wir mit Grundschul- und Gymnasiallehrkräften durchgeführt haben, haben gezeigt, dass allein die Nennung des Begriffs „hochbegabt“ Assoziationen weckt, die nicht nur in Richtung hohe Intelligenz und Leistung gehen, sondern in der Vorstellung der Lehrkräfte auch mit negativen sozialen und emotionalen Auffälligkeiten gekoppelt zu sein scheinen. Es ist zu vermuten, dass das bei Erzieherinnen und Erziehern nicht wesentlich anders ist.

Problemgruppen: Nicht alle Hochbegabten werden gleich gut erkannt
Subjektive Einschätzungen und Wahrnehmungen sind auch mit entscheidend, wenn es darum geht, wer überhaupt als hochbegabt erkannt wird. Etwa zwei Drittel der Kinder, die bei Beratungsstellen vorstellig werden oder eine spezielle Begabtenförderung genießen, sind Jungen – und das, obwohl es etwa gleich viele hochbegabte Mädchen wie Jungen gibt! Ein Grund liegt darin, dass Jungen deutlich kommunizieren, wenn ihnen etwas nicht passt. Sie stören dann beispielsweise („externalisierendes Verhalten“), während Mädchen sich eher ruhig mit etwas anderem beschäftigen („internalisierendes Verhalten“) – folglich fallen Jungen auch eher auf. Insofern ist es wichtig, auch bei den „braveren“ Mädchen die Möglichkeit einer hohen Begabung nicht gleich deshalb auszuschließen, weil sie sich unauffällig verhalten.

Kindern mit Migrationshintergrund oder aus bildungsfernen Familien werden oft weniger intellektuelle Fähigkeiten zugetraut, wenn sie sprachlich weniger gewandt sind. Hochbegabung kommt jedoch selbstverständlich in allen Bevölkerungsgruppen vor. Gerade bei Kindern, die in irgendeiner Form benachteiligt sind, können Erzieherinnen und Erzieher Begabungen entdecken, für die die Eltern der Kinder mangels Vergleichsmöglichkeiten vielleicht keinen Blick haben.
Nicht zuletzt soll noch das Problem der „doppelten Diagnosen“ erwähnt werden. Bei Kindern, die gleichzeitig hochbegabt sind und noch eine andere Besonderheit aufweisen (z. B. Aufmerksamkeitsschwierigkeiten oder das Asperger-Syndrom), neigt man dazu, zunächst ihre Schwächen kompensieren zu wollen und darüber ihre Stärken zu vernachlässigen. Genau Letzteres ist aber ganz zentral, um das Selbstvertrauen dieser begabten Kinder zu stärken, die nur allzu oft auf ihre „Störung“ reduziert werden.

Checklisten und Verhaltensbeobachtung
Ob es um wissenschaftliche Definitionen oder um Alltagsvorstellungen von Laien geht: Der kleinste gemeinsame Nenner ist die herausragende Denkfähigkeit Hochbegabter. Wie aber lässt sich diese im Alltag beobachten? Checklisten, wie man sie im Internet oder der einschlägigen Ratgeberliteratur findet, sind da nur bedingt hilfreich. Die Merkmale, die dort beschrieben werden, sind oft nicht „verhaltensnah“ genug und können somit nicht direkt beobachtet werden. Auch beinhalten manche Checklisten Merkmale, die mit intellektueller Begabung nicht unbedingt viel zu tun haben und auch bei durchschnittlich Begabten vorkommen: Frühes Lesen und Rechnen, aber auch das angebliche geringe Schlafbedürfnis Hochbegabter, das nach wie vor durch die Ratgeberliteratur geistert, bis hin zu Linkshändigkeit, Kurzsichtigkeit oder gar Bettnässen sind keine Merkmale und Fähigkeiten, die Hochbegabte wirklich präzise von durchschnittlich Begabten unterscheiden – dazu gibt es dann beispielsweise doch zu viele durchschnittlich begabte kurzsichtige Kinder. Der Fokus sollte also auf intellektuellen Fähigkeiten liegen. Im Kleinkind- und frühen Kindesalter können besondere sprachliche Fähigkeiten und schnelles Begreifen von Regelhaftigkeiten (logisches Denken), die deutlich über dem liegen, was Gleichaltrige normalerweise leisten, Indizien für eine hohe Begabung sein. Einige Autoren nennen außerdem ein auffallend gutes Gedächtnis oder auch das sogenannte „metakognitive Verständnis“ (Denken über das Denken) als Merkmale besonderer intellektueller Begabung. Gerade bei den sprachlichen Fähigkeiten (großer Wortschatz, komplexer Satzbau, gewählte und abwechslungsreiche Formulierungen etc.) sollte man aber unbedingt berücksichtigen, dass diese auch durch den sozioökonomischen Hintergrund des Elternhauses beeinflusst werden. Ein hochbegabtes Kind aus einer bildungsfernen Familie kann unter Umständen sogar ein geringeres sprachliches Niveau aufweisen als ein durchschnittlich begabtes Kind, dessen Eltern viel mit ihm sprechen, ihm vorlesen und ihm schon früh zahlreiche Bücher zur Verfügung stellen. Hier haben Kindergarten und Kindertagesstätte die Chance, das Kind bei der Entwicklung und Entfaltung seiner Begabung zu unterstützen und somit ein wenig zu kompensieren, was das Elternhaus nicht leisten kann. 

IQ-Tests
Im Gegensatz zu subjektiven Einschätzungen durch Erzieherinnen/Erzieher und Eltern liefern IQ-Tests ein objektiveres Bild. Kein anderes psychologisches Merkmal kann so gut gemessen werden und kein anderes Einzelmerkmal sagt den späteren Schul- und Berufserfolg so gut voraus wie die Intelligenz. Je jünger ein Kind ist, desto fehleranfälliger ist das Testergebnis jedoch: Kleine Kinder können sich beispielsweise noch nicht so lange konzentrieren; sie können weniger gut mit Frustration umgehen, und viele brauchen auch einfach Zeit, um sich an die unvertraute Testsituation zu gewöhnen. Deshalb ist es wichtig, dass die Psychologen, die den Test durchführen, zunächst eine vertrauensvolle Beziehung zu dem Kind aufbauen. Schließlich soll der Test ja erfassen, was das Kind maximal zu leisten in der Lage ist – und da sollten die Rahmenbedingungen so förderlich wie möglich sein, damit sich das Kind ganz auf die Aufgaben konzentrieren kann. Als Faustregel sagt man, dass ein IQ-Test etwa ab einem Alter von fünf Jahren aussagekräftig ist – das ist das Alter, in dem es beispielsweise um Fragen wie vorzeitige Einschulung geht. Es gibt zwar durchaus Testverfahren, die schon bei Zweieinhalbjährigen angewandt werden können; aber Ergebnisse, die in einem so jungen Alter erzielt wurden, hängen oft nur schwach mit späteren Testresultaten zusammen. Tests werden beispielsweise von niedergelassenen Psychologen oder den schulpsychologischen Diensten durchgeführt.

Ein IQ von 130 gilt allgemein als Minimum dafür, dass eine Hochbegabung diagnostiziert wird. Das bedeutet aber nicht, dass Kinder ab dieser Grenze in irgendeiner Weise „anders“ wären: Ein Kind mit einem IQ von 127 hat keine anderen pädagogischen Bedürfnisse als eines, das einen IQ von 133 hat. Der Grenzwert von 130 ergibt sich aus der IQ-Verteilung. Einige werden sich vielleicht noch an die Gauß’sche Glockenkurve auf dem Zehnmarkschein erinnern. So etwa verteilen sich auch die Intelligenzquotienten, wenn man eine hinreichend große Menge an Personen testet: Die meisten erreichen einen Wert im Mittelfeld (also um 100 – das ist der Mittelwert), nur wenige liegen in den extrem niedrigen oder extrem hohen Bereichen. Die Verteilung hat also einen „Buckel“ in der Mitte und läuft nach rechts und links gleichmäßig auseinander. Dafür, wie breit sie auseinanderläuft, gibt es einen statistischen Kennwert: die sogenannte „Standardabweichung“. Diese ist für die IQ-Verteilung auf 15 festgelegt; einen Wert innerhalb des Bereichs von +/- einer Standardabweichung um den Mittelwert 100 (also im Bereich von IQ 85 bis 115) erreichen etwa zwei Drittel der Getesteten. Die 130 ergibt sich nun aus der Summe „Mittelwert plus zwei Standardabweichungen“ – mit anderen Worten, „weit genug über dem Durchschnitt“. Die Festlegung ist also rein statistisch, nicht inhaltlich begründet. Gerade bei jüngeren Kindern sollte man sich vor einer vorschnellen Kategorisierung in „hochbegabt“ versus „nicht hochbegabt“ hüten. Im Laufe der Entwicklung kann sich da noch einiges tun – und zwar umso mehr, je jünger ein Kind ist. 

Förderung: Was kann man mit hochbegabten Kindern machen?
„Wieso denn fördern? Und das schon so früh? Man muss ein Kind doch auch Kind sein lassen!“ Diesen Einwand hört man häufig, wenn es um Hochbegabtenförderung geht. Aber was heißt das? Ein zentrales Merkmal des Kindseins ist doch, ohne größeren Druck die Welt entdecken und täglich Neues dazulernen zu dürfen. Jedes Kind will lernen – und Hochbegabte wollen eben mehr und schneller lernen! Ihnen Angebote zu machen und so vielfältige Gelegenheiten zum Lernen und Entdecken zu geben ist also der erste Schritt zu einer Förderung, die nicht nur Hochbegabten, sondern allen Kindern die Möglichkeit gibt, neue Erfahrungen zu machen und ihr Wissen zu erweitern. Dabei lässt sich vieles schon leisten, auch ohne „Extrawürste“ zu braten. Der kindliche Alltag bietet zahlreiche Situationen, die sich zum Lernen und zur Förderung nutzen lassen.

Wie oben geschrieben sind Hochbegabte, abgesehen von ihren intellektuellen Fähigkeiten, gar nicht großartig anders als andere Kinder. Auch sie wollen als einzigartige kleine Menschen angenommen werden, auch sie brauchen die Sicherheit, dass die Erzieherinnen und Erzieher für sie da sind, wenn sie sie brauchen. Nur, weil sie intellektuell schon weiter sind, heißt das nicht, dass sich diese größere Reife auch auf den sozialen und emotionalen Bereich erstreckt. Solche Diskrepanzen müssen Erziehende berücksichtigen und annehmen, wenn sie das Verhalten des Kindes verstehen wollen; denn emotionale Sicherheit ist die Grundlage für Erkundungsverhalten.

Die anregungsreiche Situation in Kindergarten und Kindertagesstätte, wo Kinder jeglichen Begabungsniveaus zusammentreffen, bietet die Chance zur inklusiven Förderung hochbegabter Kinder: zum einen in intellektueller Hinsicht, zum anderen in sozialer und emotionaler Hinsicht. Ein zentraler Aspekt ist dabei die Herausforderung. Damit ein Kind einen ursächlichen Zusammenhang zwischen eigener Anstrengung und Erfolg herstellen kann, muss die Aufgabe ausreichend schwierig sein. Wenn man weiß, dass man Erfolg und Misserfolg durch eigene Anstrengung aktiv beeinflussen kann, hat das weitreichende positive Auswirkungen auf Motivation und leistungsbezogene Emotionen – vor allem dann, wenn es einmal nicht geklappt hat: Wer nicht glaubt, dass Anstrengung etwas ändern kann, wird bei einem Misserfolg eher aufgeben und sich als hilflos und unfähig erleben, statt zu überlegen, wie es doch klappen könnte.

Wie kann man ein Kind also fordern? Ganz allgemein: indem man es auf seinem Weg zur Selbstständigkeit unterstützt. Hier kommt das oben angesprochene „Denken über das Denken“, das sogenannte „metakognitive Verständnis“, ins Spiel. Im Hinblick auf diese höheren kognitiven Prozesse der Planung, prozessbegleitenden Kontrolle, Überprüfung und Reflexion des eigenen Handelns sind hochbegabte Kinder Gleichaltrigen oft ohnehin ein wenig voraus, sodass man an dieser Ressource mit der Förderung ansetzen kann. Das kann beispielsweise im Dialog mit dem Kind geschehen: Warum hast du das so und nicht anders gemacht? Wie könnte es noch gehen? Wen könntest du um Hilfe fragen, wenn du nicht weiterkommst? Du ärgerst dich jetzt, dass es nicht geklappt hat – klar, das ginge wahrscheinlich jedem so! Aber was kannst du machen, damit es dir wieder besser geht? Dabei ist wichtig, dem Kind das Gefühl des Angenommenseins zu geben und ihm auf Augenhöhe zu begegnen – mit anderen Worten: ihm zu vermitteln, dass man ihm zutraut, eine Lösung zu finden. Auch für die Erziehenden sind solche alltäglichen Gespräche eine bereichernde Erfahrung. In ähnlicher, möglicherweise in etwas stärker „gestützter“ Form, lassen sich solche Fragen bei allen Kindern anwenden; die Erziehenden müssen nur aufmerksam dafür sein, wo und in welchen Situationen gerade Lernprozesse ablaufen.

Projektbezogenes Arbeiten ist eine weitere Art der Förderung, die für alle Kinder geeignet ist. Hierbei müssen die Erziehenden sensibel dafür sein, wie viel Unterstützung ein Kind noch braucht. Das gesamte Spektrum von kompletter Vorbereitung und Steuerung durch einen Erwachsenen bis hin zu völlig eigenständiger Themenwahl, Vorbereitung und Durchführung lässt sich hier ausnutzen, je nachdem, wie weit das Kind schon ist.

Fazit
Hochbegabte Kinder sind Gleichaltrigen kognitiv zwar voraus, in den übrigen Bereichen aber eigentlich gar nicht so anders: Alle Kinder wollen lernen; alle Kinder brauchen den emotionalen Rückhalt ihrer Bezugspersonen. Heterogene Kindergarten- und Kindertagesstättengruppen bieten eine großartige Gelegenheit für Erziehende, hochbegabte Kinder im Kreis von Gleichaltrigen zu beobachten und ganz alltägliche Situationen zur Förderung durch angemessene Herausforderung, insbesondere der höheren kognitiven Funktionen, zu nutzen.
Typologische Ansätze über „die Hochbegabten“ sind, wie wir gesehen haben, in Anbetracht der Heterogenität dieser Gruppe immer willkürlich und in der erzieherischen Praxis auch nur bedingt sinnvoll. Das brachten Getzels und Jackson schon 1962 auf den Punkt: „Letzten Endes gibt es keine Typen, sondern nur Kinder.“ Und genau das ist es ja, was die erzieherische Arbeit jeden Tag aufs Neue so spannend macht.


Literatur

•Arnold, D. & Preckel, F. (2011). Hochbegabte Kinder klug begleiten. Weinheim: Beltz.
•Getzels, J. W., & Jackson, P. W. (1962). Creativity and intelligence. New York, NY: Wiley.
•Koop, C., Schenker, I., Müller, G., Welzien, S. & Karg-Stiftung (Hrsg.) (2010). Begabung wagen. Ein Handbuch für den Umgang mit Hochbegabung in Kindertagesstätten. Weimar: verlag das netz.
•Preckel, F., Schneider, W. & Holling, H. (Hrsg.) (2010). Diagnostik von Hochbegabung (Tests und Trends Neue Folge, Band 8). Göttingen: Hogrefe.
•Sternberg, R. J. & Kaufman, S. B. (2011). The Cambridge handbook of intelligence. New York: Cambridge University Press.

Autorin:
Dr. Tanja Gabriele Baudson ist Diplompsychologin und Romanistin. Sie arbeitet als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Hochbegabtenforschung und -förderung an der Universität Trier schreibt auch für den Blog der Karg-Stiftung: http://blog.karg-stiftung.de/blogs/ext/karg/index.php


Praxis

Karneval Teil 3: Kinderfreundliche Ziele für eine Faschingsreise

Sich verkleiden, schminken und wie verrückt feiern, das liebt jedes Kind. Warum dem Nachwuchs also nicht mal eine Freude machen und dahin reisen, wo es im Februar "singt und lacht"? Wir haben ein paar Vorschläge für (Kinderparty taugliche) Reiseziele gesammelt.

Am Donnerstag vor dem Karnevalssonntag beginnt in Köln die größte Party des Jahres mit der „Wieverfastelovend“ (Weiberfastnacht). Kinder können am Sonntag über ihre verkleideten Altersgenossen auf den „Schulzügen“ staunen – die Tribünenplätze entlang des Zugweges sind an diesem Tag noch kostenlos. Am Rosenmontag winden sich die Festumzüge vom Chlodwigsplatz sieben Kilometer durch die Kölner Innenstadt. Von den Wagen werden jedes Jahr 150 Tonnen (!) Süßigkeiten, Schokoladentafeln und Blumensträuße geworfen – da erwacht in jedem Kind das Jagdfieber. Achtung, nicht erschrecken: Feierlustige Karnevalisten verteilen auch gern „Bützje“ (Küsschen) an Passanten jedes Alters.

In Duisburg spielen Kinder am Karnevalssonntag die Hauptrolle: Dann zieht der größte Kinderkarnevalszug Europas hinter der „Blumenkönigin“ und ihrem Hofstaat aus Teneriffa durch den Stadtteil Hamborn.

In Bremen hat der Karneval ein exotischeres Flair: Hier tanzen schon eine Woche vor dem Kölner Karneval bunt kostümierte Stelzenläufer und Samba-Gruppen aus Brasilien durch die Stadt und verbreiten Licht und Wärme im kalten norddeutschen Winter. Geheimnisvoll kommt die „Freinacht der Masken“ daher: Die Bremer Wallanlagen sind in märchenhaftes Licht getaucht, zauberhafte Kulissen verwandeln den ganzen Park in eine Open-Air-Bühne. Kinder können je nach Belieben und Alter die fantastischen Masken bestaunen oder die improvisierten Stücke auf den verschiedenen Spielflächen anschauen. Krönender Abschluss ist die Verbrennung der „Karnevalsteufelin“.

Wenn es euch in den Großstädten zu trubelig ist, könnt ihr einen Abstecher zum „Geisterzug“ nach Blankenheim bei Euskirchen machen: Mit lodernen Pechfackeln tanzen und springen weiß verkleidete, gehörnte „Frühlingsgeister“ am Abend des Fastnachtssamstags durch die dunklen Gassen und vertreiben den Winter. Der schönste Geist, der sogar Flügel trägt, darf auf einem Pferd hinter dem „Prinzenpaar“ reiten. Das Beste am Geisterzug: Alle dürfen mitmachen! Ihr braucht nur ein Bettlaken und eine Schnur, mit der man die „Hörner“ des Geistes bindet. Pechfackeln könnt ihr zum Ausleihen.

In Süddeutschland geht es traditionell mystisch zu: Bei der schwäbisch-alemannischen Fastnacht ziehen gruselig verkleidete Narren und „Eckhexen“ durch die Straßen, deren Gesichter hinter hölzernen Masken verborgen sind. Im Odenwald zündet man am Faschingssonntag große, mit Stroh ausgestopfte Räder an und lässt sie brennend zu Tal rollen. Im Allgäu und im Schwarzwald werden riesige Holz- oder Strohtürme aufgeschichtet und verbrannt. Besonderes Glück soll es bringen, wenn das Feuer die oben befestigte „Funkenhexe“ mit lautem Knall zum Explodieren bringt (hier wird auch gern mit Feuerwerkskörpern nachgeholfen).

Auch in Sachsen wird gern Karneval gefeiert: Im Erzgebirge feiern tausende Besucher den Ski- und Eisfasching in Geising in lustigen (schneetauglichen!) Kostümen. Wer in Dresden ist, sollte die Winteraustreibung am Faschingsdienstag nicht verpassen: Gespenstische Hexen und andere Pappfiguren, die auf langen Holzstangen schweben, taumeln die Hauptstraße hinunter bis zum Goldenen Reiter. Dort geht es dem Winter an den Kragen: Er wird mit Feuerwerkskrach verbrannt. (Tipp: Das Café Venezia gleich nebenan spendiert traditionell jedem verkleideten Kind eine Kugel Eis!)

Frühaufsteher sollten nach Basel in die Schweiz fahren: Hier versammelt man sich, wohlgemerkt erst am Montag nach Aschermittwoch, schon um vier Uhr morgens zum Baseler „Morgestraich“. Im Stockfinsteren tanzen verkleidete Gestalten zu dumpfen Trommel- und Flötenklängen durch die Straßen. Am Abend zuvor werden beim „Chienbäse-Umzug“ zentnerschwere Feuerwagen mit brennenden „Besen“ durch die Altstadt von Liestal (17 km südlich von Basel) geschoben. Achtung, hier solltet ihr alte Kleidung tragen und nicht zu nahe an den Wagen stehen: Die Flammen schlagen bis zu zehn Meter hoch!

Auch in der Sonne könnt ihr Fasching feiern: Zum Beispiel in Santa Cruz auf Teneriffa, wo drei Wochen lang einer der größten Karnevals der Welt mit Umzügen und Festen gefeiert wird. Wenn am Aschermittwoch die Pappsardine verbrannt wurde, können alle wieder zurück an den Strand gehen.

Beim „Carnaval de Barranquilla“ in Kolumbien, der seit 2003 UNESCO-Weltkulturerbe ist, schauen Touristen aus aller Welt den ausgelassenen Feiern, einer einzigartigen Blumenschlacht und den Paraden mit fantasievollen Puppen und folkloristischen Tanzgruppen zu. Wer mitfeiern will, sollte sich auf eine „Sauerei“ einstellen: Traditionell wird in Kolumbien kein Konfetti geworfen, sondern Mehl und Rasierschaum…

Ihr habt die Faschingswoche verpasst oder euch war es zu kalt zum zünftigen Verkleiden? Beim „Notting Hill Carnival“ in London könnt ihr brasilianisches Karnevalsflair im Warmen erleben: Bis zu 1,5 Millionen Besucher kommen am letzten Augustwochenende nach Notting Hill, wo das größte Volksfest Europas mit viel Tanz, exotischen Kostümen und Live-Musik auf unzähligen kleinen Bühnen stattfindet – unter freiem Himmel und hoffentlich ohne Regen.

Quelle: www.kidsaway.de