Märchen und Waldorfpädagogik

An Waldorfschulen hat das fantasievolle Erzählen eine lange, ehrwürdige Tradition.

Kinder beim Zuhören

Wer jemals eine erste Klasse dabei beobachtet hat, wie sie sich innerhalb weniger Augenblicke von quirligster Lebendigkeit in ein großes, mit gespannter Ruhe lauschendes Ohr verwandelt, wenn die Zauberworte  «Es war einmal» erklingen, der ahnt, dass hier viel tiefere Schichten der Kinderherzen berührt werden, als sie das Wort «Intelligenz» landläufig auszudrücken vermag.

An Waldorfschulen hat das fantasievolle Erzählen eine lange, ehrwürdige Tradition. Es begleitet die gesamte Unter- und Mittelstufenzeit und schließt auch die künstlerische Eigentätigkeit der Schüler im Schauspiel und den bildenden Künsten ein. Dabei entwickelt sich der Erzählstoff während der ersten acht Schuljahre gemeinsam mit den Kindern.

So hören sie zum Beispiel im dritten Schuljahr, wenn die Kinder sich auf einer neuen Stufe ihrer selbst bewusst werden und dabei auch Phasen der Verunsicherung durchmachen, Geschichten aus dem Alten Testament, die von der Schöpfungsgeschichte über die Vertreibung aus dem Paradies bis zur Knechtschaft der Juden in Ägypten, ihrer Befreiung und anschließenden Wanderung durch die Wüste reichen. Im gleichen Schuljahr bauen sie Häuser oder Schiffe, bearbeiten einen Acker und lernen Handwerke kennen, üben also, sich hier auf der Erde immer besser zurechtzufinden.

Im vierten und fünften Schuljahr lernen die Kinder dann die großen Mythen der bedeutendsten Kulturen der Urgeschichte und Antike kennen, von der nordischen Edda über vedische und altpersische Legenden, den Mythos von Isis und Osiris bis zur griechischen Sagenwelt und den Erzählungen Homers. So erleben die Kinder die lange Reise der Menschheit bei ihrer Entdeckung und Eroberung der äußeren Welt und die allmähliche innere Entdeckung der persönlichen Freiheit und Verantwortung nach.

Im siebten und achten Schuljahr stehen schließlich Biografien bedeutender Persönlichkeiten von Columbus bis zu Sophie Scholl, von Anne Frank bis Nelson Mandela im Vordergrund der Erzählungen, also von Menschen, die durch ihre Ideen und Überzeugungen die Welt verändert haben.

Wer mehr darüber lesen möchte, dem sei das Buch „Jedes Kind ein Könner“ von Henning Kullak-Ublick empfohlen (Verlag Freies Geistesleben, Stuttgart 2014)

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